Landgericht Osnabrück
Urt. v. 30.10.2002, Az.: 12 O 2240/02
Formbedürftigkeit; Geschäftsraummiete; Geschäftsraummietvertrag; Gewerberaummiete; Gewerberaummietvertrag; konkludentes Verhalten; Mietoptionsausübung; Schriftformerfordernis; Schriftlichkeit; unbestimmte Zeit; Unwirksamkeit; Verlängerungsoptionsausübung; Vertragsschluss; Wirksamkeitserfordernis
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 30.10.2002
- Aktenzeichen
- 12 O 2240/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43802
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 550 BGB
- § 566 BGB
- § 566aF BGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Ausübung einer Mietoption bedarf der Schriftform, wenn auch der Mietvertrag, aus dem sich das Optionsrecht ergibt, formbedürftig war (im Anschluß an OLG Frankfurt OLG-Report 1998, S. 374f)
Tenor:
Es wird festgestellt, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die gewerblichen Räume auf dem ... beendet ist.
Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Unter dem Datum vom 10.5.1998 schlossen die Parteien einen Mietvertrag über das im Tenor genannte Grundstück. Der Mietbeginn war auf den 1.10.1998 datiert.
§ 3 Ziffer 3 des Mietvertrages hat folgende Fassung:
"Der Mietvertrag wird auf die Dauer von ... Jahren ab geschlossen und läuft am 30.9.2001 ab. Der Mieter hat das Recht, den Vertrag um 3 Jahre bis zum 30.9.2004 zu verlängern (Mietoption) unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten. Danach verlängert er sich jeweils um 1 Jahr, wenn er nicht von einem Vertragsteil unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten gekündigt wird."
Die Klägerin setzte das Mietverhältnis über den 30.9.2001 hinaus kommentarlos fort und kündigte mit Schreiben vom 26.3.2002 das Mietverhältnis zum 30.9.2002. Zwischenzeitlich hat sie das Mietobjekt geräumt und an die Beklagten zurückgegeben.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie die ihr eingeräumte Mietoption nicht ausgeübt habe, da sie keinerlei Erklärungen an die Beklagten gerichtet hätte, dass sie den Vertrag um weitere 3 Jahre verlängere. Ihrer Ansicht nach greife deshalb die vertragliche Klausel, wonach der Vertrag sich jeweils um 1 Jahr verlängert. Da sie befürchtet, dass die Beklagten sie nach der durchgeführten Räumung mit einem Mietzahlungsprozeß überziehen werde, klagt sie auf Feststellung und beantragt,
festzustellen, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien über die gewerblichen Räume in der G. Str. 1, ... O. (Büroflächen im Erdgeschoß mit WC-Anlagen, Teeküche, Abstellraum etc. einschließlich 6 Einstellplätze für Pkw) mit Wirkung zum 30.9.2002 endet.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie rügen das fehlende Feststellungsinteresse und vertreten die Ansicht, dass es der Klägerin durchaus zuzumuten ist, abzuwarten, ob sie nach Auszug und Rückgabe des Objektes weitergehende Mietzinsansprüche im Klagewege geltend machen würde.
Darüber hinaus sind sie der Ansicht, dass die Klägerin die Mietoption ausgenutzt und der Vertrag sich deshalb bis zum 30.9.2004 verlängert hätte. Eine Kündigung in dem Sinne, wie die Klägerin sie verstanden haben will, ergebe sich erst nach Ablauf dieses Zeitraumes.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Zwischen den Parteien herrscht Streit darüber, ob das Mietverhältnis zwischenzeitlich beendet ist oder noch bis 2004 fortbesteht. Die Beantwortung dieser Frage entscheidet darüber, ob den Beklagten weitergehende Mietzinsansprüche zustehen. Vor diesem Hintergrund erachtet es das Gericht als zulässig, wenn die Klägerin von sich aus die Initiative ergreift, um dadurch auf gegebenenfalls kostengünstigerem Wege diese Rechtsfrage alsbald zu klären. Andernfalls müßte sie abwarten, ob eine Zahlungsklage erhoben würde. Sie könnte den Zeitpunkt, in dem die Beklagten dies tun würden, nicht bestimmen und wäre zwischenzeitlich auf Unsicherheiten angewiesen, insbesondere etwa im Hinblick auf das Erfordernis der Suche nach einem Untermieter.
Die Klage ist auch begründet, da das Mietverhältnis zwischen den Parteien durch die seitens der Klägerin ausgesprochene Kündigung zum 30.9.2002 beendet worden ist. Das Gericht stimmt mit der Klägerin darin überein, dass der Mietvertrag sich nicht bis zum 30.9.2004 verlängert hat.
Zum einen ist bereits fraglich, ob die Klägerin die ihr eingeräumte Mietoption überhaupt ausgeübt hat. Dies könnte hier nur im Wege eines konkludenten Verhaltens der Fall sein, da entsprechende Erklärungen seitens der Klägerin unstreitig nicht abgegeben worden sind. Ob dies aber ausreichend ist, ist zweifelhaft. Denn die zwischen den Parteien vereinbarte Optionsklausel läßt sich durchaus in dem Sinne auslegen, dass es für die Ausübung der Option einer ausdrücklichen Erklärung der Klägerin bedarf. Die weitreichende Bedeutung, die die Optionsausübung für die Klägerin hat, ist so wesentlich, daß auch aus Sicht der Beklagten eine fehlende Erklärung nicht ohne weiteres aus Optionsausübung betrachtet werden könnte. Dies ergibt sich auch aus der Formulierung der Sätze 2 und 3 der Klausel. Dies können so verstanden werden, daß es einer ausdrücklichen Optionsausübung bedarf, andernfalls sich das Mietverhältnis um ein Jahr verlängert.
Letztlich kommt es aber nicht darauf an, wie die Klausel auszulegen ist. Denn die Ausübung der Mietoption bedarf der Schriftform, wenn auch der Mietvertrag, aus dem sich das Optionsrecht ergibt, formbedürftig war. Dies ist hier der Fall. Nach § 566 BGB a.F./§ 550 n.F. bedürfen Verträge, die für eine längere Zeit als 1 Jahr abgeschlossen werden, grundsätzlich der Schriftform, ansonsten laufen sie auf unbestimmte Zeit. An einer schriftlichen Ausübung der Option fehlt es aber gerade.
Die Ausübung der Option bedarf grundsätzlich der Form des Hauptvertrages. Dafür, dass die Optionsausübung der Schriftform bedarf, spricht vor allem der Zweck des § 566 BGB a.F./§ 550 BGB n.F., der für langfristige Mietverträge die Schriftform vorschreibt. Zum einen sollen sich Vermieter wie Mieter durch die schriftliche Abfassung des Vertrages bewußt werden, dass sie sich über lange Zeit binden, zum anderen sollen durch die Schriftform im Falle eines Eigentumswechsels die wechselseitigen Pflichten und Rechte aus dem Mietverhältnis dokumentiert werden (§ 571 BGB n.F., § 566 n.F. BGB). Die gleiche Interessenlage ist gegeben, wenn ein Mietverhältnis durch die Ausnutzung einer Option langfristig fortgesetzt werden soll. Der Unterschied besteht nur insoweit, dass sich der Vermieter bereits durch die Option, für die ebenfalls die Schriftform erforderlich war, gebunden hat. Dieses rechtfertigt aber keine andere Beurteilung, da die weitreichende Bindung auf Seiten des Mieters erst durch die Erklärung, die Option nutzen zu wollen, eintritt und es auch hierdurch erst zur abschließenden Dokumentation an einer bisher noch nicht vorhandenen langfristigen mietrechtlichen Bindung kommt (vgl. OLG Frankfurt, OLG-Report 1998, S. 373). Die in der Literatur vertretene andere Ansicht, vgl. Münchener Kommentar-Voelskow, §§ 535, 536 BGB, Rdnr. 33, vermag vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen.
Im übrigen spricht für das Erfordernis der Schriftform auch § 30 Ziffer 4 des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages, in dem es heißt, dass Änderungen und Ergänzungen des Vertrages schriftlich zu erfolgen haben. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Parteien von diesem Erfordernis hätten absehen wollen.
Da das Mietverhältnis somit nach dem 30. 9. 2001 auf unbefristete Zeit bzw. bei geltungserhaltender Reduktion der Klausel sich um ein Jahr verlängerte, konnte die Klägerin in Anwendung der Klausel bzw. unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungsfristen das Mietverhältnis kündigen. Dies ist hier erfolgt, so dass das Mietverhältnis beendet ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 100 Abs. 4 ZPO. Die Beklagten sind als Vertragspartei Gesamtschuldner mietrechtlicher Pflichten gewesen. Sie haften deshalb auch für die Prozeßkosten gesamtschuldnerisch, da sich der Feststellungsanspruch gegen sie in ihrer gesamthänderischen Bindung richtet.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 709 ZPO. Der Streitwert beträgt 21.474,26 €.