Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.11.2016, Az.: 13 Verg 8/16

Begriff der überwiegenden öffentlichen Subventionierung i.S. von § 99 Nr. 4 GWB

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
29.11.2016
Aktenzeichen
13 Verg 8/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 32206
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2016:1129.13VERG8.16.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VK Lüneburg - 18.10.2016 - AZ: VgK-41/2016

Fundstellen

  • GK/Bay 2017, 399-400
  • IBR 2017, 152
  • NZBau 2017, 5
  • NZBau 2017, 239-242
  • VS 2017, 22
  • Vergabe-Navigator 2017, 21
  • Vergabe-News 2017, 21-22

Amtlicher Leitsatz

Die Frage der überwiegenden öffentlichen Subventionierung i. S. v. § 99 Nr. 4 GWB ist grundsätzlich am Volumen der konkreten Gesamtbaumaßnahme zu prüfen und nicht am Umfang einzelner Module. Dabei kommt es bei der Berechnung der Projektkosten nicht auf die "förderfähigen Kosten" an, wenn die nicht förderfähige Baumaßnahme einen nicht unwesentlichen Teil der förderfähigen Gesamtbaumaßnahme darstellt und mit dieser in einem untrennbaren Funktionszusammenhang steht.

Tenor:

1. Die Antragsgegnerin wird darauf hingewiesen, dass ihre sofortige Beschwerde keinen Erfolg haben dürfte.

2. Die Antragsgegnerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von 2 Wochen nach Zugang dieses Beschlusses. Sie mag in Erwägung ziehen, im Kosteninteresse ihre sofortige Beschwerde zurückzunehmen.

3. Sollte eine Erledigung des Verfahrens durch Rücknahme nicht in Betracht kommen, regt der Senat an, im schriftlichen Verfahren zu entscheiden. Die Parteien werden gebeten, binnen einer Frist von 2 Wochen nach Zustellung dieses Hinweisbeschlusses zu erklären, ob sie einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zustimmen.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin plant eine grundlegende Modernisierung des E. K. O. in drei Bauabschnitten mit einem Gesamtvolumen von rund 117 Mio. €. Als erster Bauabschnitt ist dabei der Neubau eines Funktionstrakts vorgesehen, auf dessen Dach ein Hubschrauberlandeplatz geplant ist. Auf den Förderantrag der Antragsgegnerin vom 16. Mai 2012, mit dem für den ersten Bauabschnitt Fördermittel in Höhe von

44,88 Mio. € beantragt wurden, hat das Niedersächsische Sozialministerium auf der Basis des baufachlichen Prüfberichts der OFD Niedersachsen vom 29. Juni 2012 die Förderfähigkeit der Maßnahme geprüft und voraussichtlich förderfähige bereinigte Kosten im Umfang von 28,4 Mio. € anerkannt. Der Hubschrauberdachlandeplatz wurde dabei ausdrücklich von der Förderung ausgenommen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfbericht vom 29. Juni 2012 (Anlage AG 1, Bl. 223 ff. der Akten der Vergabekammer) verwiesen. Die zur Realisierung des Neubaus bisher durchgeführten Baumaßnahmen wie Tiefgründung, Rohbauarbeiten und Aufzugsanlagen hat die Antragsgegnerin jeweils in europaweiten VOB-Vergabeverfahren ausgeschrieben.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2016 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Teilnahme an einer nicht-förmlichen Ausschreibung für den Neubau des Hubschrauberdachlandeplatzes auf. Das Angebot war auf der Basis von aus dem Internet herunterzuladender Unterlagen bis zum 26. August 2016 abzugeben; dabei sollten die Vorschriften der VOB/A nicht gelten. Die Antragstellerin antwortete mit Schreiben vom 24. August 2016, dass sie an der Teilnahme an einer förmlichen, europaweiten Ausschreibung interessiert sei. Sie vertrat dabei die Auffassung, dass der Hubschrauberdachlandeplatz Teil eines Gesamtprojekts sei, bei dem die Antragsgegnerin gemäß § 99 Nr. 4 GWB als öffentliche Auftraggeberin anzusehen sei. Die Antragsgegnerin teilte mit Schreiben vom 31. August 2016 mit, es handele sich bei dem Vorhaben um ein eigenständiges Projekt, das vollständig mit Eigenmitteln finanziert werde.

Dem daraufhin von der Antragstellerin am 14. September 2016 erhobenen Nachprüfungsantrag hat die Vergabekammer mit Beschluss vom 18. Oktober 2016 stattgegeben und festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt und die Antragsgegnerin verpflichtet ist, auch den verfahrensgegenständlichen Auftrag für den Hubschrauberdachlandeplatz nur nach Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens zu vergeben. Die Vergabekammer hat zur Begründung ausgeführt, die Antragsgegnerin sei öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nr. 4 GWB. Abzustellen sei auf die Gesamtkosten der Baumaßnahme "Neubau Funktionstrakt 1. Bauabschnitt", nicht lediglich auf die nicht förderfähigen Kosten für den Hubschrauberlandeplatz. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss (Anlage BF 1, Bl. 40 ff. d. A.) Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie im Hauptantrag die Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer begehrt. Die Antragsgegnerin ist weiterhin der Auffassung, in Bezug auf den verfahrensgegenständlichen Hubschrauberdachlandeplatz kein öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 4 GWB zu sein. Bei der Prüfung, ob eine Förderung von mehr als 50 % vorliegt, sei allein auf den Hubschrauberlandeplatz als Teilprojekt abzustellen, weil § 99 Nr. 4 GWB an ein bestimmtes Bauvorhaben anknüpfe. Anderenfalls drohe eine Umgehung des Vergaberechts, wenn ein Auftraggeber an öffentliche geförderte Baumaßnahmen andere Vorhaben "anhängt". Es gehe nicht an, einerseits § 99 Nr. 4 GWB so zu interpretieren, unter einem Vorhaben das Gesamtvorhaben zu verstehen, wenn der Anteil der Förderung an den Kosten des Gesamtvorhabens > 50 % sei, aber andererseits unter einem Vorhaben nur den geförderten Teil des Gesamtvorhabens zu verstehen, wenn der Anteil an der Förderung an den Gesamtkosten < 50 % sei. Die bauliche Maßnahme des Hubschrauberdachlandeplatzes führe ein "komplettes Eigenleben", ihre Trennung von dem übrigen Bauvorhaben sei auch aus den Zuwendungsbescheiden ersichtlich.

Hilfsweise für den Fall, dass der Senat die öffentliche Auftraggebereigenschaft der Antragsgegnerin bejaht, begehrt sie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, den Auftrag für den Hubschrauberlandeplatz nur nach Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens zu vergeben, sondern dass sie nur verpflichtet sei, den Auftrag insgesamt oder in Teilen nach den vergaberechtlichen Regelungen zu vergeben, denen ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB unterliegt. Hierzu vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, die Vergabekammer habe mit der Formulierung ihres Tenors in die Entscheidungsbefugnis der Antragsgegnerin eingegriffen, indem sie es ihr beispielsweise untersagt habe, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben Teillose des Gesamtprojektes national zu vergeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung (Bl. 29 ff.

d. A.) verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache weder mit dem Hauptantrag Erfolg (dazu nachfolgend unter 1.) noch mit dem Hilfsantrag (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Der auf Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer gerichtete Hauptantrag der Antragsgegnerin ist unbegründet.

a) Für das Verfahren der sofortigen Beschwerde sind gemäß § 186 Abs. 2 GWB in der Fassung des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes vom 17. Februar 2016 (BGBl. I S. 203) die Regelungen des GWB in der seit dem 18. April 2016 geltenden Fassung anzuwenden. Denn die - außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens durchgeführte - Aufforderung zur Angebotsabgabe erfolgte hier nach dem 18. April 2016.

b) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere handelt es sich bei der Antragsgegnerin entgegen ihrer Auffassung um eine öffentliche Auftraggeberin i. S. v. § 99 Nr. 4 GWB (dazu im Folgenden unter aa). Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg (dazu im Folgenden unter bb).

aa) Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

(1) Die Antragsgegnerin ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 99 Nr. 4 GWB nicht nur - wie sie selbst einräumt - hinsichtlich des vom Land Niedersachsen geförderten Neubaus eines Funktionstrakts, sondern auch hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Hubschrauberlandeplatzes auf dem Dach dieses Gebäudes.

§ 99 Nr. 4 GWB erlaubt im Einzelfall eine Anwendung des Vergaberechts auf konkrete Projekte mit der Folge, dass dann auch solche Rechtssubjekte, die normalerweise nicht dem Vergaberecht unterliegen, für den Zeitraum der Projektrealisation dem Vergaberecht unterworfen sein können (Zeiss in: Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl., § 98 GWB Rn. 229). Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 99 Nr. 4 GWB liegen im Streitfall vor, weil die Antragsgegnerin für die als "Errichtung von Krankenhäusern" zu qualifizierende Baumaßnahme von Stellen, die unter § 99 Nrn. 1 bis 3 GWB fallen, Mittel erhält, mit denen dieses Vorhaben zu mehr als 50 vom Hundert finanziert wird. Im Einzelnen:

(a) Das streitgegenständliche Bauvorhaben "Neubau Funktionstrakt 1. Bauabschnitt" betrifft eine Errichtung von Krankenhäusern i. S. v. § 99 Nr. 4 GWB. Unter diesen Begriff sind - wie bereits bei der Vorgängervorschrift des § 98 Nr. 5 GWB a. F. - neben Neubauten auch Umbau-, Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen zu subsumieren (vgl. Zeiss, a. a. O., Rn. 234; Eschenbruch in: Kulartz/Kus/Portz, GWB, 3. Aufl., § 98 Rn. 335).

(b) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin liegt auch eine überwiegende Subventionierung des Bauvorhabens durch einen öffentlichen Auftraggeber i. S. v. § 99 Nr. 1 GWB - nämlich durch das Land Niedersachsen - vor.

Nach der herrschenden Auffassung und der Rechtsprechung des Senats ist die Frage der überwiegenden öffentlichen Förderung grundsätzlich am Volumen der konkreten Gesamtbaumaßnahme zu prüfen und nicht am Umfang einzelner Module (vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. August 2016 - 13 Verg 4/16 sowie vom 25. August 2011 - 13 Verg 5/11; Zeiss, a. a. O., Rn. 237; Dreher in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., § 98 GWB Rn. 213; Diehr in: Reidt/ Stickler/Glahs, Vergaberecht, 3. Aufl., § 98 GWB, Rn. 126; Just in: Schulte/Just, Kartellrecht, 2. Aufl., § 98 GWB Rn. 45; Wagner in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band I, 12. Aufl., § 98 GWB Rn. 77; Weyand, Vergaberecht, 4. Aufl, § 98 GWB Rn. 189). Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn sich den Zuwendungsbescheiden eine Zuordnung der öffentlichen Fördermittel zu den einzelnen Baumaßnahmen, insbesondere zum jeweils streitbefangenen Leistungsumfang, entnehmen lässt (Senat, a. a. O.; vgl. auch Eschenbruch, a. a. O., Rn. 321) bzw. wenn sich Förderanträge von vornherein nur auf bestimmte, abgrenzbare Teile eines Projekts beziehen (vgl. für die Abgrenzung zwischen studentischem und betreutem Wohnen: OLG München, Beschluss vom 10. November 2010 - Verg 19/10, juris Rn. 40 ff.).

Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen hat die Vergabekammer zutreffend entschieden, dass die Prüfung vorliegend an das gesamte Projekt "Neubau Funktionstrakt 1. Bauabschnitt" anzuknüpfen hat, und nicht an die als "Eigenanteil" nach dem Prüfbericht des Landes Niedersachsen verbleibenden Kosten, zu denen auch die nicht förderfähigen Kosten für die Errichtung des hier streitgegenständlichen Hubschrauberlandeplatzes gehören. Zwar ergibt sich aus dem Prüfbericht vom 29. Juni 2012, auf dem die fortlaufenden Zuwendungsbescheide des Landes basieren, eine Zuordnung der gewährten Fördermittel zu demjenigen Teil der konkreten Baumaßnahme, der als förderungswürdig eingestuft worden ist und zu dem gerade nicht der Hubschrauberdachlandeplatz gehört. Allerdings kommt es bei der Berechnung der Projektkosten im Rahmen des § 99 Nr. 4 GWB wie auch im Rahmen des § 98 Nr. 5 GWB a. F. gerade nicht auf die "förderfähigen Kosten" an (vgl. Zeiss, a. a. O.; Dreher, a. a. O.; Wagner, a. a. O.; Vergabekammer Nordbayern, Beschluss vom 30. September 2015, 21.VK-3194-33/15, juris Rn. 41). Anderenfalls hätte es der Auftraggeber in der Hand, sämtliche als nicht förderfähig eingestuften Baumaßnahmen bzw. Teile davon gesondert und ohne öffentliche Ausschreibung zu vergeben, weil sich jedes nur teilweise für förderfähig erachtete Projekt in eine - zu 100 % öffentlich geförderte - Baumaßnahme und einen - nicht geförderten, mithin nicht ausschreibungspflichtigen - Rest aufteilen ließe.

Die Entscheidung der Vergabekammer entspricht der vom erkennenden Senat im Beschluss vom 2. August 2016 im Verfahren 13 Verg 4/16 (= Bl. 282 ff. der Akten der Vergabekammer) geäußerten Rechtsauffassung, auch wenn die Rechtsfrage im dortigen Fall noch keiner abschließenden Entscheidung bedurfte, weil die 50 %-Grenze auch bei isolierter Betrachtung des nicht förderfähigen Eigenanteils überschritten war. An dieser Auffassung hält der Senat auch nach Prüfung der von der sofortigen Beschwerde angeführten Argumente fest. Die Einwendungen der Antragsgegnerin rechtfertigen nach Auffassung des Senats keine abweichende Beurteilung; insoweit gilt im Einzelnen Folgendes:

(aa) Der Senat zieht nicht in Zweifel, dass "Vorhaben" i. S. des § 99 Nr. 4 GWB - wie auch des § 98 Nr. 5 GWB a. F. - das konkrete, in § 99 Nr. 4 GWB bezeichnete Vorhaben ist und dass es wegen dieser Anknüpfung an ein bestimmtes Bauvorhaben grundsätzlich möglich ist, dass eine juristische Person für einige Bauvorhaben öffentlicher Auftraggeber ist und für andere nicht. Die von der Antragsgegnerin zitierte Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 10. November 2010 - Verg 19/10) zur daraus folgenden Möglichkeit der "Aufsplittung" eines Bauprojektes in Bauten nach § 98 Nr. 5 GWB a. F. und andere Bauten ist jedoch vorliegend nicht einschlägig. Anders als in dem vom OLG München entschiedenen Fall, der die gemeinsame Errichtung von Bauten zum studentischen Wohnen und (anderen) Bauten zum betreuten Wohnen betraf, stellt hier die nicht förderfähige Baumaßnahme - der Hubschrauberdachlandeplatz - einen nicht unwesentlichen Bestandteil der förderfähigen Gesamtbaumaßnahme - des geplanten Neubaus des Funktionstraktes - dar und steht mit dieser öffentlich geförderten Gesamtmaßnahme in einem untrennbaren Funktionszusammenhang. Dies ergibt sich bereits aus dem Förderantrag der Antragsgegnerin, der einerseits die Bedeutung des Hubschrauberdachlandeplatzes für das E. K. O. hervorhebt und andererseits die Auswirkungen seiner Errichtung auf die Statik, den Brandschutz u. a. Eigenschaften des Gesamtbauvorhabens berücksichtigt. So geht auch aus dem Prüfbericht der OFD Niedersachsen hervor, dass die Kosten für den Hubschrauberlandeplatz zunächst im Förderantrag nur teilweise separat ausgewiesen waren und eine diesbezügliche Aufstellung erst auf Anforderung nachgereicht wurde (vgl. S. 15 des Prüfberichts in der Anlage AG 1, Bl. 239 der Akten der Vergabekammer). In technischer Hinsicht ist davon auszugehen - etwas anderes trägt auch die Antragsgegnerin nicht vor -, dass die Hubschrauberlandeplattform nicht ohne den Neu- bzw. Umbau des Funktionstraktes errichtet werden konnte, weil sie des Fundaments in Gestalt des Gebäudedachs und des speziell zur Erschließung des Hubschrauberdachlandeplatzes errichteten Bettenaufzugs A3 ("Aufzug H.", vgl. den Vorplanungsbericht und die Kapazitätsanalyse der U. GmbH) bedurfte. Auch in Bezug auf die angestrebte Nutzung des Komplexes ist von einem funktionalen Zusammenhang auszugehen. Allein der Umstand, dass die Errichtung des Hubschrauberlandeplatzes nach seiner Einstufung als nicht förderfähig separat ausgeschrieben und vergeben werden kann, führt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin (auf S. 8 der Beschwerdebegründung, Bl. 36 d. A.) nicht dazu, dass dieser Teil einer ursprünglich einheitlichen Baumaßnahme auch vergaberechtliches ein "komplettes Eigenleben" führt.

(bb) Soweit die Antragsgegnerin auf die vermeintlich fehlende Umgehungsgefahr verweist, überzeugt diese Argumentation nicht. Zwar betrifft der vorliegende Fall nicht die Konstellation, dass der Auftraggeber eine zu mehr als 50 % subventionierte Baumaßnahme durch "Ergänzungen" um zusätzliche, nicht geförderte Maßnahmen dem Anwendungsbereich des § 99 Nr. 4 GWB zu entziehen versucht. Jedoch droht - wie der Senat vorstehend sowie im Beschluss vom 2. August 2016 im Verfahren 13 Verg 4/16 ausgeführt hat - auch in den Fällen der nachträglichen Aufteilung eines nur teilweise für förderfähig erachteten Projekts in eine - zu 100 % öffentlich geförderte - Baumaßnahme und einen - nicht geförderten, mithin nicht ausschreibungspflichtigen - Rest eine Umgehung des Vergaberechts.

(cc) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung (auf S. 8, Bl. 36 d. A.)hat die vom Senat vorgenommene Auslegung des Vorhabenbegriffs nicht zur Folge, "dass unter einem Vorhaben das Gesamtvorhaben zu verstehen ist, wenn der Anteil der Förderung an den Kosten des Gesamtvorhabens > 50 % ist, (und) unter Vorhaben nur der geförderte Teil des Gesamtvorhabens zu verstehen ist, wenn der Anteil an der Förderung an den Gesamtkosten < 50 % ist". Vielmehr führt die hier vertretene Auffassung zu dem Ergebnis, dass es - und zwar unabhängig von der Höhe der Förderung - grundsätzlich auf die Gesamtkosten und nicht auf die förderfähigen Kosten ankommt. Ob sich die Gesamtkosten des Projekts im Zweifel nach § 3 VgV bestimmen (so Wagner, a. a. O.; Diehr, a. a. O.; Dreher, a. a. O., Rn. 209) oder ob der Begriff des Vorhabens in § 98 Nr. 5 GWB a. F. und § 99 Nr. 4 GWB n. F. sogar noch weiter zu verstehen ist (so Vergabekammer Niedersachsen, Beschluss vom 28. Juli 2011 - VgK-27/2011; Vergabekammer Nordbayern, a. a. O., Rn. 42), bedarf - wie hier - keiner Entscheidung, wenn und soweit sich die Gesamtkosten auf ein einheitliches Vorhaben i. S. v. § 3 VgV beziehen. Im Rahmen von § 3 Abs. 2 VgV (Umgehungsverbot) sind all diejenigen Bestandteile einer Gesamtbaumaßnahme als Einheit zu betrachten, zwischen denen ein funktionaler Zusammenhang in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht besteht und die deshalb ohne die jeweils anderen Bauabschnitte keine sinnvolle Funktion erfüllen können, und zwar unabhängig davon, ob die einzelnen Bauabschnitte als eigenständiger Auftrag oder als Los eines Gesamtauftrags ausgeschrieben wurden (vgl. KG, Beschluss vom 27. Januar 2015, Verg 9/14, juris Rn. 9; Glahs in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 3. Aufl., § 3 VgV Rn. 13; Lausen in: jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl., § 3 VgV Rn. 45). Deshalb ist für mehrere Bauabschnitte bei der Sanierung eines Klinikstandorts ebenso ein einheitliches Bauvorhaben i. S. v. § 3 VgV angenommen worden (vgl. OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. März 2014 - 2 Verg 1/14, juris Rn. 42) wie für die Vergabe eines Auftrags "Sanierung ... und Errichtung einer Hubschrauberlandeplattform" (Vergabekammer Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. April 2005 - VK 9/05). So liegt der Fall auch hier.

(2) Der Nachprüfungsantrag ist auch im Übrigen zulässig.

Insbesondere liegt die Antragsbefugnis der durch die unterbliebene Ausschreibung möglicherweise in ihren Rechten verletzten Antragstellerin gemäß § 160 Abs. 2 GWB vor. Die mögliche Rechtsverletzung der Antragstellerin kann nicht nur in einer Verschlechterung ihrer Zuschlagschancen liegen, sondern auch in der Zuschlagerteilung in einem fehlerhaften Verfahren (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 11. Dezember 2009 - 9 Verg 2/08, juris Rn. 22), die im Falle eines Verstoßes gegen § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB nichtig wäre.

Einer Rüge nach § 160 Abs. 3 GWB bedurfte es gemäß Satz 2 dieser Vorschrift nicht, weil die Antragstellerin eine nach ihrer Auffassung drohende nichtige de-facto-Vergabe gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB geltend macht.

Die Fristen des § 135 Abs. 2 Satz 1 GWB sind schon deshalb gewahrt, weil noch keine Information über den Abschluss des Vertrages vorliegt. Im Übrigen hat die Antragstellerin den behaupteten Verstoß nach Zugang der Aufforderung zur Angebotsabgabe im Schreiben der Antragsgegnerin vom 15. Juli 2016 bereits mit Schreiben vom 24. August 2016 gerügt.

bb) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist auch begründet.

Die Antragsgegnerin war - wie dargelegt - zur Durchführung eines Vergabeverfahrens als öffentliche Auftraggeberin i. S. v. § 99 Nr. 4 GWB verpflichtet. Durch die unterlassene Ausschreibung ist die Antragstellerin gemäß §§ 97 Abs. 6, 168 Abs. 1 GWB in ihren Rechten verletzt, weil ihr bereits die Abgabe eines Angebots im ordnungsgemäßen förmlichen Vergabeverfahren mit der möglichen Folge einer rechtswirksamen Zuschlagserteilung unmöglich gemacht wurde.

2. Der Hilfsantrag der Antragsgegnerin gerichtet auf Feststellung, dass sie zur Ausschreibung des verfahrensgegenständlichen Auftrags für den Hubschrauberlandeplatz nicht nur nach Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens verpflichtet ist, hat ebenfalls keinen Erfolg.

Zwar weist die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass sie als öffentliche Auftraggeberin gemäß § 99 Nr. 4 GWB den Auftrag nicht zwingend als "Gesamtpaket" vergeben kann und muss. Vielmehr wird sie sich bei der Ausschreibung an den für öffentliche Auftraggeber geltenden vergaberechtlichen Bestimmungen zu orientieren haben, die u. U. - was der Senat derzeit nicht beurteilen kann - auch eine nationale Vergabe von Teillosen des Gesamtprojekts zur Folge haben könnten.

Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Vergabekammer der Antragsgegnerin mit der im angefochtenen Beschluss gewählten Formulierung auch keine andere - insbesondere keine von den gesetzlichen Vorgaben bzw. Möglichkeiten abweichende - Verpflichtung auferlegen wollte. Vielmehr hat die Vergabekammer die Antragsgegnerin - wie auch die Antragsgegnerin im Verfahren 13 Verg 4/16 - ersichtlich nur verpflichten wollen, ein ordnungsgemäßes förmliches Vergabeverfahren unter Berücksichtigung des für eine europaweite Ausschreibung geltenden Schwellenwertes durchzuführen, der bezogen auf die Gesamtkosten des Hubschrauberlandeplatzes unstreitig überschritten ist.

III.

Da die sofortige Beschwerde nach alledem ohne Erfolg bleiben dürfte, sollte die Antragsgegnerin aus Kostengründen die Rücknahme ihres Rechtsmittels erwägen.

Für den Fall, dass eine Rücknahme der sofortigen Beschwerde nicht in Betracht kommt, regt der Senat im Hinblick auf seine Terminslage eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren an.