Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.04.2023, Az.: 9 LB 189/20

Eigennutzung; Ferienwohnung; Jahresnettokaltmiete; Maßstab; Mietspiegel; Mietwert; Mischnutzung; Nutzungsfaktor; Rückwirkung; Schätzausfall; Schätzung; Staffelung; Steuersatz; Vertrag; Zweitwohnungsteuer; Zweitwohnungsteuermaßstab

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
19.04.2023
Aktenzeichen
9 LB 189/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 26150
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0419.9LB189.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 16.05.2019 - AZ: 10 A 3094/16

Fundstellen

  • GK 2023, 346-366
  • NVwZ-RR 2023, 874
  • NordÖR 2023, 551
  • ZAP EN-Nr. 511/2023
  • ZAP 2023, 796

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Der Mietwert der Wohnung multipliziert mit einem Nutzungsfaktor für die sog. Mischnutzung ist ein zulässiger Maßstab der Zweitwohnungsteuer.

  2. 2.

    Die Ermittlung des Mietwerts nach der auf 12 Monate hochgerechneten, aufgrund des Mietvertrages im Erhebungszeitraum geschuldeten Nettokaltmiete ist zulässig. Wird auf die geschuldete Nettokaltmiete abgestellt, schließt dies die Anwendung dieser Regelung auf Fälle aus, in denen der Eigentümer Nutzer und Innehaber der Zweitwohnung ist.

  3. 3.

    Die Bemessung der Zweitwohnungsteuer bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen anhand einer Schätzung der Jahresnettokaltmiete in ortsüblicher Höhe in Anlehnung an den jeweils aktuellen Mietspiegel ist nicht zu beanstanden.

  4. 4.

    Ein Steuersatz von 14 v. H. der Jahresnettokaltmiete als Mietwert wirkt nicht erdrosselnd.

  5. 5.

    Bei der Beurteilung der Frage, ob die Möglichkeit zur Eigennutzung einer Zweitwohnung vertraglich ausgeschlossen ist, muss auf den Wortlaut und den Inhalt bestehender Verträge abgestellt und von deren Einhaltung ausgegangen werden, sofern dem nicht konkrete Anhaltspunkte entgegenstehen. Daher genügt nicht schon jeder formal-vertragliche Ausschluss über die Verfügbarkeit der Zweitwohnung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 14.5.2014 9 ME 230/13 juris Rn. 15).

  6. 6.

    Die Nachholung der Schätzung der Nettokaltmiete aufgrund eines rückwirkend ersetzten Steuermaßstabs ist zulässig und beruht nicht auf einem vorherigen sog. Schätzausfall.

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Festsetzung von Zweitwohnungsteuern in dem Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2016 in Höhe von 509,60 EUR übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade vom 16. Mai 2019 ist insoweit wirkungslos.

Im Übrigen wird die Berufung der Kläger zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens tragen die Beklagte zu 1/10 und die Kläger als Gesamtschuldner zu 9/10.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Heranziehung der Kläger zu Zweitwohnungsteuern für die Jahre 2012 bis 2016.

Die Kläger sind seit dem 1. Juli 1989 Eigentümer einer Wohnung mit der Adresse H. im Stadtgebiet der Beklagten. Sie wohnen mit Erstwohnsitz in A-Stadt (Hessen).

Mit Schreiben vom 19. Mai 2016 hörte die Beklagte die Kläger zu der beabsichtigten Erhebung von Zweitwohnungsteuern an und bat sie, den beigefügten Erklärungsbogen auszufüllen.

Die Kläger füllten den Erklärungsbogen aus und teilten der Beklagten mit Schreiben vom 29. Mai 2016 mit, dass sie die Wohnung als Kapitalanlage angeschafft hätten. Sie legten einen Vermietungs-Auftrag "I." vom 5. Mai 2008 mit der "J." vor. Darin heißt es u. a.:

"Hierdurch wird die J. mit der Alleinvermietung des nachstehend beschriebenen Appartements entsprechend den umseitig aufgeführten Vereinbarungen beauftragt."

In den auf einer zweiten Seite aufgeführten "Vermietungs-Vereinbarungen" heißt es in Absatz 6:

"Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass eine Eigennutzung durch den Eigentümer nicht geplant ist. Es wird eine möglichst lückenlose Vermietung angestrebt. Die Selbstnutzung der Wohnung wird für die Laufzeit des Vermietungsauftrages ausgeschlossen."

Die Kläger erklärten, dieser Vertrag habe die Möglichkeit der Eigennutzung ihrer Wohnung ausgeschlossen. Unterstützend hätten sie die Wohnung nach der Generalrenovierung im Jahr 2012 über Ferienportale angeboten und die jeweiligen Buchungen an die Vermietungsagentur weitergeleitet. Eine Selbstnutzung der Wohnung sei in all den Jahren nicht erfolgt. Sie hätten diesen Vermittlungsvertrag im März 2016 gekündigt. Seit Mai 2016 erbringe eine andere Firma den Service für die bisherigen laufenden Buchungen.

Die Beklagte erwiderte darauf mit Schreiben vom 7. Juni 2016, dass die von den Klägern vorgenommene Vermietung in Eigenleistung die Zweitwohnungsteuerpflicht nicht ausschlösse. Ferner sei eine Vermietung durch einen neuen Vermittler nicht nachgewiesen.

Die Kläger teilten der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Juni 2016 mit, dass es sich bei den Internetplattformen, über die sie ihre Ferienwohnung beworben hätten, nicht um solche gehandelt habe, die den Abschluss eines Mietvertrags ermöglichten. Dazu habe es in der Vergangenheit stets einer Abstimmung zwischen ihnen und der Geschäftsführerin der Vermittlungsagentur bedurft. Die Kläger reichten Ausdrucke einer Website mit Bewertungen ihrer Zweitwohnung ein.

Die Beklagte wies die Kläger mit Schreiben vom 20. Juli 2016 darauf hin, dass sie mit den vorgelegten Bewertungen eine tatsächliche Eigennutzung der Wohnung offengelegt hätten.

Die Kläger erwiderten mit anwaltlichem Schreiben vom 17. August 2016, dass die von ihnen eingebrachten Buchungen direkt an die Geschäftsführerin der Vermittlungsagentur weitergeleitet worden seien, die sich um alles Weitere gekümmert habe. Im Übrigen sei der Ordnung halber darauf hinzuweisen, dass sie im fraglichen Zeitraum zwei Nächte in dem Apartment verbracht hätten, weil sich ein massiver Wasserschaden ereignet hätte und eine bereits erfolgte Buchung mit einem Kunden habe storniert werden müssen. Die Übernachtung auf der Baustelle habe dazu gedient, das Ausmaß der Schäden festzustellen und Maßnahmen zur Schadensbeseitigung zu beauftragen. Sie erwögen, die Vermietung nicht mehr in fremde Hände zu geben.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2016 setzte die Beklagte für diese Wohnung Jahreskurbeiträge für die Jahre 2012 bis 2016 von insgesamt 828 EUR sowie auf der Basis der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten vom 23. Juni 2011, zuletzt geändert durch die 2. Änderungssatzung vom 11. Dezember 2012 (im Folgenden ZwStS 2011), nach dem in dieser Satzung vorgesehenen Maßstab der auf den 1. Januar 1964 festgestellten (indexierten) Jahresrohmiete Zweitwohnungsteuern für 2012 in Höhe von 712,94 EUR, für 2013 in Höhe von 850,72 EUR, für 2014 in Höhe von 866,81 EUR, für 2015 in Höhe von 874,04 EUR und für 2016 in Höhe von 867,62 EUR, also in Höhe von insgesamt 4.172,13 EUR fest.

Hiergegen haben die Kläger am 21. November 2016 Klage erhoben. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren vertieft.

Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2018 hat die Beklagte den Bescheid vom 25. Oktober 2016 auf der Grundlage ihrer neuen, mit Rückwirkung in Kraft getretenen Tourismusbeitragsatzung vom 7. Dezember 2017 teilweise abgeändert und die Festsetzungen der Jahreskurbeiträge für die Jahre 2014, 2015 und 2016 insgesamt in Höhe von 60 EUR aufgehoben. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt geklärt.

Die Kläger haben beantragt,

den Bescheid der Beklagten über Zweitwohnungsteuer und Jahreskurbeitrag vom 25. Oktober 2016 in der Fassung des Schreibens vom 18. Juni 2018 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der vorgelegte Vermietungsauftrag sei nicht geeignet, die zu Gunsten der Beklagten sprechende Vermutung eines zweitwohnungsteuerpflichtigen Innehabens der Wohnung zu widerlegen. Die "weiche" Formulierung in Absatz 6 der Vermietungs-Vereinbarung schließe eine entgeltliche Eigennutzung nicht aus. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Ausdrucke der Bewertungen der Kläger bestätigten eine nicht nur mögliche, sondern vielmehr eine tatsächliche Eigennutzung. Hinsichtlich des Jahres 2016 fehle es an jeglichem Ausschluss der Eigennutzungsmöglichkeit.

Mit Urteil vom 16. Mai 2019 hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Hinsichtlich der Zweitwohnungsteuer finde der Bescheid seine Rechtsgrundlage in der ZwStS 2011. Der Maßstab der indexierten Jahresrohmiete sei rechtmäßig.

Die Beklagte habe an die Tatsache, dass die Kläger zu gleichen Teilen (Mit-)Eigentümer der Wohnung seien, die Vermutung knüpfen dürfen, dass die Wohnung auch dem Zweck der persönlichen Lebensgestaltung diene.

Für den Erhebungszeitraum 2016 fehle es bereits an einem Vertrag, der zu Gunsten der Kläger für eine Erschütterung dieser Vermutung streiten könne. Einen bindenden Vermittlungsvertrag hinsichtlich der Wohnung habe es im weit überwiegenden Teil des Jahres 2016 (rund zehn Monate) nicht gegeben. Den Vermittlungsvertrag vom 5. Mai 2008 mit der Agentur "J." hätten die Kläger im März 2016 gekündigt. Ihrem Vortrag zufolge hätten die Kläger zwar ursprünglich beabsichtigt, die Vermietung anschließend durch eine weitere Agentur durchführen zu lassen, dieses Vorhaben jedoch letztlich nicht realisiert.

Für die weiteren Erhebungszeiträume der Jahre 2012 bis 2015 habe zwar formal ein Vermittlungsvertrag bestanden. Wegen der relativierenden Formulierung der weiteren Regelung bezüglich der Eigennutzung ("Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass eine Eigennutzung durch den Eigentümer nicht geplant ist.") bestünden aber bereits Zweifel an einem tatsächlich bindenden Ausschluss der Eigennutzung. Letztlich könne die rechtliche Bewertung dieser konkreten Klausel jedoch offenbleiben. Denn insgesamt handele es sich bei umfassender Würdigung der objektiven äußeren Umstände bei der vorgelegten Vereinbarung tatsächlich nicht um einen geeigneten Vertrag, der die Verfügungsbefugnis des Inhabers der Zweitwohnung wirksam ausschließe. Die Vertragspartnerin der Kläger habe sich - für die Kläger erkennbar - über den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht vertragstreu verhalten, so dass insgesamt nicht von einem verbindlichen Einhalten und Beachten der Vertragspflichten ausgegangen werden könne. Nach ihren eigenen Angaben hätten die Kläger, nachdem die Vertragspartnerin bereits im Jahr 2012 davon abgesehen habe, Kurbeiträge der Mieter an die Beklagte abzuführen, schon im Jahr 2014 diesbezügliche Gespräche mit der Vertragspartnerin geführt. Sie hätten zu dem Zeitpunkt jedoch Mitleid für sie empfunden, vorerst keine Konsequenzen gezogen und die Zusammenarbeit fortgesetzt. Sie seien von der Beklagten als Haftungsschuldner für nicht abgeführte Übernachtungs- und Kurbeiträge für das zweite und dritte Quartal 2012 herangezogen worden. Weitere Haftungsbescheide für weitere Zeiträume seien gefolgt. Objektiv und auch für die Kläger ersichtlich habe sich ihre Vertragspartnerin nicht bemüht, die konsequente Einhaltung der vertraglichen Regelungen sicherzustellen.

Außerdem sprächen die Angaben der Kläger in dem Bewertungsportal für die Wohnung dafür, dass sie die Möglichkeit zur Nutzung der Zweitwohnung in den Jahren 2015 und 2016 jeweils für deutlich mehr als zwei Monate gehabt hätten. Daher komme es vorliegend nicht mehr darauf an, dass die Kläger die Wohnung selbst über das Internet zur Vermietung angeboten hätten.

Die Kläger seien auch kurbeitragspflichtig.

Gegen dieses Urteil haben die Kläger die Zulassung der Berufung beantragt (9 LA 439/19).

Mit Kammerbeschluss vom 18. Juli 2019 (- 1 BvR 807/12 und 1 BvR 2917/13 - juris) hat das Bundesverfassungsgericht zu den Zweitwohnungsteuersatzungen zweier bayerischer Gemeinden erkannt, dass die Bemessung einer Zweitwohnungsteuer nach dem Maßstab einer auf den 1. Januar 1964 festgestellten Jahresrohmiete mit dem Grundsatz der Lastengleichheit bei der Besteuerung nicht vereinbar und seit dem Jahr 2009 verfassungswidrig ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteilen vom 27. November 2019 (- 9 C 6.18, 7.18, 3.19 und 4.19 - juris) unter Bezugnahme auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2019 (a. a. O.) festgestellt, dass eine Zweitwohnungsteuer nicht anhand der auf den 1. Januar 1964 festgestellten Jahresrohmiete bemessen werden kann.

Die Beklagte hat am 5. Dezember 2019 eine neue Zweitwohnungsteuersatzung (im Folgen ZwStS 2019) beschlossen, die rückwirkend am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist und die Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten vom 23. Juni 2011, zuletzt geändert durch die 2. Änderungssatzung vom 11. Dezember 2012, ersetzt, welche gleichzeitig außer Kraft getreten ist.

In der ZwStS 2019 ist u. a. Folgendes geregelt:

"§ 4 Steuermaßstab

(1) Die Steuer bemisst sich nach dem Mietwert der Wohnung (Absätze 2 und 3), multipliziert mit dem Nutzungsfaktor (Absatz 4).

(2) Mietwert ist die auf 12 Monate hochgerechnete aufgrund des Mietvertrages im Erhebungszeitraum (§ 6) geschuldete Nettokaltmiete. Sollte im Mietvertrag zwischen den Parteien eine Miete vereinbart worden sein, in der Nebenkosten enthalten sind, sind zur Ermittlung der Nettokaltmiete angemessene Kürzungen vorzunehmen.

(3) Für eine Wohnung, für die keine Nettokaltmiete vereinbart ist oder die zu einer Nettokaltmiete unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen wird, ist die Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe anzusetzen. Sie wird von der E. in Anlehnung an die Nettokaltmiete, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung nach dem jeweils vom "Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer - Verein im Landkreis E-Stadt e.V. von 1896" und dem "Deutschen Mieterbund E-Stadt, Stadt und Landkreis e.V." herausgegebenen, aktuellen Mietspiegel für den Landkreis E-Stadt, regelmäßig zu entrichten ist, geschätzt.

(4) Der Nutzungsfaktor der Zweitwohnung für den Inhaber wird wie folgt bemessen:

NutzungsstufeNutzungsartNutzungsfaktor
1Eigennutzungsmöglichkeit, soweit nicht von den Nutzungsstufen 2 bis 5 erfasst, insbesondere
- bei einer von vornherein durch Vermittlungsvertrag begrenzten Eigennutzungsmöglichkeit von mindestens 63 Übernachtungstagen oder
- bei nachträglich nachgewiesener Eigenvermietung mit weniger als 304 Übernachtungstagen
2Von vornherein durch Vermittlungsvertrag begrenzte Eigennutzungsmöglichkeit von maximal 62 Übernachtungstagen oder nachträglich nachgewiesene Eigenvermietung mit mehr als 303 bis 322 Übernachtungstagen0,8
3Von vornherein durch Vermittlungsvertrag begrenzte Eigennutzungsmöglichkeit von 21 bis 42 Übernachtungstagen oder nachträglich nachgewiesene Eigenvermietung mit mehr als 322 bis 344 Übernachtungstagen0,6
4Von vornherein durch Vermittlungsvertrag begrenzte Eigennutzungsmöglichkeit von maximal 20 Übernachtungstagen oder nachträglich nachgewiesene Eigenvermietung mit mehr als 344 Übernachtungstagen.0,4
5Ganzjährig ausgeschlossene Eigennutzung, insbesondere0,0
- bei einer ganzjährigen (Dauer-)Vermietung
- bei einem Vermittlungsvertrag, der die Eigennutzungsmöglichkeit ausschließt und
- bei einer nachgewiesenen ganzjährigen Eigenvermietung (sogenannte reine Kapitalanlage).

(5) Liegen keine das Veranlagungsjahr betreffenden Vermietungsunterlagen vor, bemisst sich der Nutzungsfaktor nach Stufe 1. Der Nutzungsfaktor verringert sich bei vorheriger Vorlage eines Vermittlungsvertrages entsprechend der von vornherein vertraglich begrenzten Eigennutzungsmöglichkeit für die persönliche Lebensführung oder beim Nachweis von Vermietungstagen nachträglich auf die Nutzungsstufe nach Absatz 4. Eine zu viel gezahlte Zweitwohnungsteuer wird nachträglich auf Antrag insoweit erstattet, als Eigenvermietungszeiten belegt sind."

Der Senat hat mit Beschluss vom 29. September 2020 (9 LA 439/19) die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht darin die Klage hinsichtlich der Festsetzung von Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 bis 2016 abgewiesen hat. Im Übrigen - soweit das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16. Mai 2019 die Klage wegen der Festsetzung von Jahreskurbeiträgen für die Jahre 2012 bis 2016 abgewiesen hat - hat der Senat den Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung abgelehnt.

Mit ihrer am 27. Oktober 2020 vorgelegten Begründung ihrer Berufung tragen die Kläger im Wesentlichen vor:

Der mit der Vermietungsagentur geschlossene Vertrag habe die Möglichkeit der Eigennutzung ausgeschlossen. Der Wortlaut "Die Selbstnutzung der Wohnung werde für die Laufzeit des Vermietungsauftrags ausgeschlossen" sei eindeutig und enthalte keine Vorbehalte oder Einschränkungen. Es verbiete sich, aus der fehlenden Vertragstreue eines Vertragspartners die fehlende Vertragstreue auch des anderen Vertragspartners herzuleiten. Sie, die Kläger, seien stets vertragstreu gewesen. Bis zur Kündigung des Vertrags sei für sie nicht erkennbar gewesen, dass die Vertragspartnerin Kurbeiträge nicht abgeführt habe. Die Kündigung des Vermietungsvertrags am 15. März 2016 sei Folge des vertragswidrigen Verhaltens seitens der Vermietungsagentur gewesen. Sie hätten sich im Übrigen lediglich zu drei Anlässen im streitgegenständlichen Zeitraum von fünf Jahren zur Kapitalerhaltung in der Ferienwohnung aufgehalten.

Die Satzungen von 2011 und 2019 seien rechtswidrig, weil die Regelungen der Satzungen einen Nachweis, dass die Wohnung nicht der persönlichen Lebensführung diene, ausschlössen. Sie, die Kläger, könnten nach alter wie neuer Satzung einer unberechtigten Zweitwohnungsteuer nur entgehen, wenn sie sich unter Aufgabe ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit und Inkaufnahme hoher Provisionen zu einem Vertrag mit einer Vermietungsagentur zwingen ließen.

Die Satzung der Beklagten, auf deren Grundlage der Bescheid vom 25. Oktober 2016 ergangen sei, sei auch deshalb rechtwidrig, weil sie bei der Berechnung der Zweitwohnungsteuer an die Jahresrohmiete nach den Wertverhältnissen im Jahr 1964 anknüpfe, was gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße.

Sie hätten Beweis über die Tatsache, dass sie die Wohnung nicht privat nutzen würden, angeboten. Diesem Beweisangebot sei das Verwaltungsgericht nicht nachgegangen.

Die Wohnung diene ihnen als Absicherung im Rentenalter. Sie würden ihre Urlaube in ihrer Wohnung in Spanien verbringen, die nicht vermietet werde und ausschließlich privaten Zwecken diene.

Die Beklagte hat unter dem 5. Januar 2021 die Zweitwohnungsteuern für die Jahre 2012 bis 2016 auf Basis der ZwStS 2019 neu berechnet und Zweitwohnungsteuern in Höhe von insgesamt 3.662,53 EUR ermittelt.

In der mündlichen Verhandlung am 19. April 2023 vor dem Senat hat sich die Beklagte verpflichtet, die Festsetzung der Zweitwohnungsteuern für die Jahre 2012 bis 2016 im Bescheid vom 25. Oktober 2016 zu ändern und von den ursprünglich festgesetzten Zweitwohnungsteuern in Höhe von insgesamt 4.172,13 EUR auf insgesamt 3.662,53 EUR, also um 509,60 EUR zu reduzieren. Daraufhin haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade vom 16. Mai 2019 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2016 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung am 19. April 2023 erklärten Reduzierung hinsichtlich der Zweitwohnungsteuerfestsetzung für die Jahre 2012 bis 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Kläger hätten die Zweifel, die das Verwaltungsgericht an den Formulierungen in dem Vermittlungsvertrag gehabt habe, nicht ausgeräumt. Sie hätten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst eingeräumt, dass sie sich in der Zeit vom 27. bis 30. November 2015 und vom 29. Februar bis 2. März 2014 in der Wohnung aufgehalten hätten. Dies belege, dass der Vertrag "nicht das Papier wert" sei, auf dem er stehe. Dies widerspreche auch den Erklärungen der Kläger im Erhebungsverfahren, wonach sie sich auch nicht zu Renovierungsarbeiten in der Wohnung aufhalten würden. Die Kläger hätten eine Obliegenheit zur Auswahl eines hinlänglich zuverlässigen Vermietungsvermittlungsbüros, damit sie den Nachweis führen könnten, dass eine Eigennutzung ausgeschlossen gewesen sei. Die Kläger hätten sich aber über Jahre keine Gedanken über die Zuverlässigkeit der Vermietungsagentur gemacht. Sie trügen selbst vor, von 2012 bis 2016 völlig im Unklaren gewesen zu sein, dass die Vermietungsvermittlerin keine Beiträge abgeführt habe. Der Vortrag der Kläger, sie hätten sich in ihrer Wohnung lediglich aufgehalten, um deren Zustand zu prüfen und Renovierungsarbeiten durchzuführen, sei unsubstantiiert. Im Hinblick auf das Erhebungsjahr 2016 fehle es erkennbar an einem Vermietungsvermittlungsvertrag oder an einem sonstigen Sachverhalt, der ein zweitwohnungsteuerpflichtiges Innehaben der Wohnung ausschließen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache hinsichtlich einer reduzierten Zweitwohnungsteuerfestsetzung in Höhe von 509,60 EUR für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO analog i. V. m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO einzustellen und das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Stade entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz ZPO für wirkungslos zu erklären.

Im Übrigen hat die zulässige Berufung keinen Erfolg.

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind nur noch Zweitwohnungsteuern für die Jahre 2012 bis 2016 in Höhe von insgesamt 3.662,53 EUR.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2016 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung am 19. April 2023 erklärten Reduzierung auf Zweitwohnungsteuern für die Jahre 2012 bis 2016 in Höhe von 3.662,53 EUR ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.

Der Zweitwohnungsteuerbescheid war im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig, weil er in der am 23. Juni 2011 beschlossenen Satzung (ZwStS 2011) in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 21. Juni 2012 (betreffend die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2012) bzw. der 2. Änderungssatzung vom 11. Dezember 2012 (betreffend die Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2013 bis 2016), die im Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Zweitwohnungsteuerbescheids angewandt worden sind, keine Rechtsgrundlage finden konnte.

Die ZwStS 2011 i. d. F. der 1. bzw. 2. Änderungssatzung war nichtig, weil sie in § 4 Abs. 2 und 3 unwirksame Maßstabsregelungen enthielt.

In jener Satzung bemaß sich die Steuer nach dem Mietwert der Wohnung (§ 4 Abs. 1 ZwStS 2011). Als Mietwert galt die auf den 1. Januar 1964 festgestellte und nach dem Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte im früheren Bundesgebiet hochgerechnete Jahresrohmiete (§ 4 Abs. 2 ZwStS 2011).

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Kammerbeschluss vom 18. Juli 2019 (- 1 BvR 807/12 und 1 BvR 2917/13 - juris) festgestellt, dass dieser Maßstab der indexierten Jahresrohmiete nicht mit dem Grundsatz der Lastengleichheit bei der Besteuerung vereinbar und dass er seit dem Jahr 2009 verfassungswidrig ist. Dem hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 27. November 2019 (- 9 C 6.18, 7.18, 3.19 und 4.19 - juris) unter Bezugnahme auf diesen Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts angeschlossen.

2.

Der Zweitwohnungsteuerbescheid findet seine Rechtsgrundlage aber in der während des Berufungszulassungsverfahrens am 5. Dezember 2019 beschlossenen und rückwirkend am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der E. vom 5. Dezember 2019 (ZwStS 2019).

a)

Die Beklagte hat zulässigerweise die ZwStS 2019 rückwirkend erlassen und damit die unwirksame ZwStS 2011 ersetzt.

Die Kommunen sind berechtigt, eine ungültige Satzung rückwirkend durch eine neue Satzung zu ersetzen und auf dieser Grundlage Steuern auch für einen zurückliegenden Zeitraum neu zu erheben (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2019 - 9 C 7.18 - juris Rn. 20).

Diese Möglichkeit sieht § 2 Abs. 2 NKAG ausdrücklich vor. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 NKAG können Satzungen innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen rückwirkend erlassen werden. Eine Satzung kann gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 NKAG insbesondere rückwirkend erlassen werden, wenn sie ausdrücklich eine Satzung ohne Rücksicht auf deren Rechtswirksamkeit ersetzt, die eine gleiche oder gleichartige Abgabe regelte. Die Rückwirkung kann nach § 2 Abs. 2 Satz 3 NKAG bis zu dem Zeitpunkt ausgedehnt werden, zu dem die zu ersetzende Satzung in Kraft getreten war oder in Kraft treten sollte. Durch die rückwirkend erlassene Satzung darf die Gesamtheit der Abgabepflichtigen nicht ungünstiger gestellt werden als nach der ersetzten Satzung (§ 2 Abs. 2 Satz 4 NKAG).

In der Senatsrechtsprechung ist vor diesem Hintergrund geklärt, dass das Inkrafttreten einer - wie hier aus den nachfolgend dargestellten Gründen - wirksamen kommunalen Abgabensatzung während eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einen mangels einer solchen Satzung zunächst rechtswidrigen kommunalen Abgabenbescheid mit der Folge heilt, dass er nicht mehr nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgehoben werden kann (vgl. Senatsurteil vom 20.6.2018 - 9 LB 124/17 - juris Rn. 54).

Die am 5. Dezember 2019 beschlossene und rückwirkend am 1. Januar 2011 in Kraft getretene ZwStS 2019 wird den Vorgaben des § 2 Abs. 2 NKAG gerecht. Mit ihr wurde gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 NKAG die ZwStS 2011 in den Fassungen der 1. und 2. Änderungssatzung ersetzt, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Kammerbeschluss vom 18. Juli 2019 (- 1 BvR 807/12 und 1 BvR 2917/13 - juris) die Bemessung einer Zweitwohnungsteuer nach dem Maßstab einer auf den 1. Januar 1964 festgestellten Jahresrohmiete für verfassungswidrig erklärt hat. Die Rückwirkung reicht zulässiger Weise nach § 2 Abs. 2 Satz 3 NKAG bis zum 1. Januar 2011 - dem Zeitpunkt, an dem die ZwStS 2011 in Kraft trat - zurück.

Die am 5. Dezember 2019 beschlossene Zweitwohnungsteuersatzung verstößt ferner nicht gegen das in § 2 Abs. 2 Satz 4 NKAG geregelte Schlechterstellungsverbot. Insoweit muss durch die Satzung selbst - mithin normativ - sichergestellt sein, dass es im Rückwirkungszeitraum nicht zu Mehreinnahmen gegenüber der früheren Satzungslage kommen kann (vgl. Senatsurteil vom 20.6.2018 - 9 LB 124/17 - juris Rn. 63 m. w. N.). Dem wird § 11 Abs. 2 Satz 1 ZwStS 2019 gerecht, wonach für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2019 die nach § 5 dieser Satzung zu berechnende Zweitwohnungsteuer der Höhe nach auf die sich aus der nach Absatz 1 außer Kraft tretenden Satzung ergebende Höhe der Zweitwohnungsteuer beschränkt ist.

Unschädlich ist, dass die rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene ZwStS 2019 in § 5 Abs. 1 einen Steuersatz von jährlich 14 v. H. des Steuermaßstabs nach § 4 Abs. 1 ZwStS 2019 bestimmt, während der Steuersatz gemäß § 5 Abs. 1 ZwStS 2011 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 21. Juni 2012 nur 12 v. H. des Steuermaßstabs betrug. Denn die Abgabenpflichtigen werden durch die rückwirkende Änderung des Steuersatzes nicht belastet. Wegen des in § 11 Abs. 2 Satz 1 ZwStS 2019 geregelten Schlechterstellungsverbots wird die Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2011 und 2012 der Höhe nach auf die seinerzeit nach dem Steuersatz von 12 v. H. ermittelte Zweitwohnungsteuer beschränkt. Dementsprechend hat die Beklagte bei ihrer Neuberechnung der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2012 einen Steuersatz von nur 12 v. H. zugrunde gelegt.

b)

Der in § 4 ZwStS 2019 geregelte Steuermaßstab ist wirksam.

Sowohl die in § 4 Abs. 1 ZwStS 2019 geregelte Bemessungsgrundlage der Zweitwohnungsteuer nach dem Mietwert der Wohnung als auch die neue Ausgestaltung des Steuermaßstabs in § 4 Abs. 2 bis 5 ZwStS 2019 sind mit höherrangigem Recht vereinbar.

aa)

Der in § 4 ZwStS 2019 geregelte Steuermaßstab des Mietwerts der Wohnung verstößt nicht gegen Art. 3 GG.

Art. 3 Abs. 1 GG verlangt stets auch eine gleichheitsgerechte Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage einer Steuer. Die Bemessungsgrundlage muss, um die gleichmäßige Belastung der Steuerpflichtigen zu gewährleisten, so gewählt und ihre Erfassung so ausgestaltet sein, dass sie den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abbildet. Um beurteilen zu können, ob die Bemessungsregelungen eine in der Relation realitätsgerechte Bewertung der erfassten Güter und damit die Vergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse im Einzelfall sicherstellen, muss das Gesetz bzw. die Satzung das für den steuerlichen Belastungsgrund als maßgeblich erachtete Bemessungsziel erkennen lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.4.2018 - 1 BvL 11/14 u. a. - juris Rn. 97 m. w. N.). Bei der Ausgestaltung von Regelungen zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage einer Steuer hat der Normgeber einen weiten Spielraum. Dabei darf er sich in erheblichem Umfang auch von Praktikabilitätserwägungen mit dem Ziel der Einfachheit der Steuerfestsetzung und ihrer Erhebung leiten lassen. Dies gilt in besonderem Maße bei steuerlichen Massenverfahren. Bei der Ausgestaltung des Systems zur Erfassung der Bemessungsgrundlage kann er Praktikabilitätserwägungen Vorrang vor Gesichtspunkten der Ermittlungsgenauigkeit einräumen und dabei auch beträchtliche Bewertungs- und Ermittlungsunschärfen in Kauf nehmen, um die Festsetzung und Erhebung der Steuer handhabbar zu halten. Begrenzt wird sein Spielraum dadurch, dass die Bemessungsregeln grundsätzlich in der Lage sein müssen, den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation realitätsgerecht abzubilden (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.4.2018, a. a. O., Rn. 131; Senatsurteil vom 20.6.2018 - 9 LB 124/17 - juris Rn. 76).

Der Belastungsgrund einer kommunalen Zweitwohnungsteuer ist der finanzielle Aufwand des einzelnen Zweitwohnungsinhabers für das Innehaben der Zweitwohnung. Denn die Zweitwohnungsteuer knüpft als örtliche Aufwandsteuer an das Innehaben einer Zweitwohnung im Gebiet der betreffenden Kommune an. Mit ihr soll die in der Einkommens- und Vermögensverwendung für das Innehaben der Zweitwohnung zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Zweitwohnungsinhabers erfasst werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - juris Rn. 61; Senatsurteil vom 20.6.2018 - 9 LB 124/17 - juris Rn. 77).

Ausgehend davon wäre zwar der tatsächliche Aufwand des einzelnen Zweitwohnungsinhabers für das Innehaben einer Zweitwohnung in der betreffenden Kommune der wirklichkeitsnächste Maßstab für die Bemessung der Zweitwohnungsteuer. Er ist aber kaum zuverlässig feststellbar. So fallen neben dem Kaufpreis für den Erwerb der Zweitwohnung einschließlich der damit verbundenen Nebenkosten bzw. dem Mietzins für eine gemietete Zweitwohnung als weitere finanzielle Aufwendungen für das Innehaben einer Zweitwohnung z. B. von den individuellen Umständen abhängige Nebenkosten sowie Kosten für die Anschaffung von Mobiliar und Haushaltszubehör an (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2003 - 9 C 3.02 - juris Rn. 28; Senatsurteil vom 20.6.2018 - 9 LB 124/17 - juris Rn. 78).

Lässt sich der individuelle, wirkliche Aufwand nicht oder - wie hier - kaum zuverlässig erfassen und steht damit kein praktikabler Wirklichkeitsmaßstab zur Verfügung, so darf der Satzungsgeber zur Bemessung einer Aufwandsteuer auf einen Ersatzmaßstab zurückgreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.6.2017 - 9 C 7.16 - juris Rn. 54). Er darf sich bei der Festlegung und Ausgestaltung des Ersatzmaßstabs von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen, die je nach Zahl der zu erfassenden Bewertungsvorgänge an Bedeutung gewinnen und so auch in größerem Umfang Typisierungen und Pauschalierungen rechtfertigen können, dabei aber deren verfassungsrechtliche Grenzen wahren müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.4.2018 - 1 BvL 11/14 u.a. - juris Rn. 98). Der gewählte Ersatzmaßstab muss allerdings einen zumindest lockeren Bezug zu dem zu erfassenden Aufwand aufweisen. Er muss die Erfassung des Aufwands wenigstens wahrscheinlich machen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4.2.2009 - 1 BvL 8/05 - juris Rn. 59; BVerwG, Beschluss vom 19.5.2021 - 9 C 2.20 - juris Rn. 10 m. w. N.).

Diesen Anforderungen wird der von der Beklagten gewählte Maßstab in § 4 Abs. 1 ZwStS 2019 - der Mietwert der Wohnung multipliziert mit einem Nutzungsfaktor - gerecht. Der Mietwert spiegelt die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers wieder (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - juris Rn. 61; BVerwG, Urteil vom 14.12.2017 - 9 C 11.16 - juris Rn. 15). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem Zweitwohnungsinhaber um einen Mieter oder Eigentümer der Zweitwohnung handelt. Der Aufwand, den der Eigentümer einerseits und der Mieter andererseits für das Vorhalten einer Zweitwohnung für den persönlichen Lebensbedarf zu tragen haben, hat erfahrungsgemäß jedenfalls keine erheblich unterschiedliche Höhe. Angesichts dessen ist die undifferenzierte Anwendung des Mietwerts auf Eigentümer und Mieter aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sachlich gerechtfertigt (vgl. Senatsurteil vom 20.6.2018 - 9 LB 124/17 - juris Rn. 80 m. w. N.).

bb)

Die Ausgestaltung des Maßstabs in § 4 Abs. 2 ZwStS 2019 ist nicht zu beanstanden, insbesondere hinreichend bestimmt.

Nach § 4 Abs. 2 ZwStS 2019 ist Mietwert die auf 12 Monate hochgerechnete aufgrund des Mietvertrages im Erhebungszeitraum (§ 6) geschuldete Nettokaltmiete. Sollte im Mietvertrag zwischen den Parteien eine Miete vereinbart worden sein, in der Nebenkosten enthalten sind, sind zur Ermittlung der Nettokaltmiete angemessene Kürzungen vorzunehmen.

Der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 ZwStS 2019 bezieht sich in Abgrenzung zu Abs. 3 nicht auf eigennutzte Wohnungen des Eigentümers als Innehaber der Zweitwohnung.

Der anhand der Jahresnettokaltmiete festgestellte Mietaufwand ist eine von der Rechtsprechung anerkannte Ermittlungsgrundlage für die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.5.2021 - 9 C 2.20 - juris Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 29.3.2003 - 9 C 3.02 - juris Rn. 22). Er spiegelt die in der Einkommensverwendung typischerweise zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit der Wohnungsinhaber wider (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.7.2019 - 1 BvR 807/12 u. a. - juris Rn. 56; Senatsurteil vom 20.6.2018 - 9 LB 124/17 - juris Rn. 80; BayVGH, Beschluss vom 4.3.2021 - 4 ZB 20.246 - juris Rn. 14).

Aus dem Umstand, dass Mietwert die auf 12 Monate hochgerechnete aufgrund des Mietvertrages im Erhebungszeitraum (§ 6) geschuldete Nettokaltmiete ist, lässt sich entnehmen, dass § 4 Abs. 2 Satz 1 ZwStS 2019 nur Anwendung in den Fällen findet, in denen ein Schuldverhältnis über die Wohnraumnutzung begründet ist, d. h. der Wohnraum für unbestimmte Zeit bzw. dauerhaft vermietet oder verpachtet wird, vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 ZwStS 2019. Dies schließt eine Anwendung des § 4 Abs. 2 ZwStS 2019 in den Fällen aus, in denen der Eigentümer Nutzer und Innehaber der Zweitwohnung ist, da er sich selbst keine Jahresnettokaltmiete schuldet. Die Zugrundelegung einer auf zwölf Monate hochgerechneten Nettokaltmiete in dem o. g. Anwendungsbereich ist realitätsnah und hat deshalb einen ausreichenden Bezug zum individuellen Aufwand. Der Satzungsbestimmung lässt sich hinreichend entnehmen, dass für die Ermittlung der auf zwölf Monate hochzurechnenden Monatsmiete maßgeblich ist, welche Nutzung zu Beginn des Veranlagungsjahrs für das Steuerjahr zu erwarten ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 30.6.1999 - 8 C 6.98 - juris Rn. 18 und 19 zur Jahresrohmiete und § 6 Abs. 1 HS 2 ZwStS 2019, wonach Erhebungszeitraum das Kalenderjahr ist, an dessen Beginn die Steuerschuld entsteht).

cc)

§ 4 Abs. 3 ZwStS 2019 genügt ebenfalls dem Bestimmtheitsgrundsatz.

Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 ZwStS 2019 ist für eine Wohnung, für die keine Nettokaltmiete vereinbart ist oder die zu einer Nettokaltmiete unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen wird, die Nettokaltmiete in der ortsüblichen Höhe anzusetzen. Sie wird von der Beklagten in Anlehnung an die Nettokaltmiete, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung nach dem jeweils vom "Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer - Verein im Landkreis E-Stadt e.V. von 1896" und dem "Deutschen Mieterbund E-Stadt, Stadt und Landkreis e.V." herausgegebenen, aktuellen Mietspiegel für den Landkreis E-Stadt regelmäßig zu entrichten ist, geschätzt.

(1)

Zu den Wohnungen, für die gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 ZwStS 2019 keine Nettokaltmiete vereinbart ist, gehören insbesondere die selbst genutzten (also nicht vermieteten) Wohnungen der Eigentümer gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 ZwStS 2019 - auch wenn die Satzungsregelung anders als Zweitwohnungsteuersatzungen anderer Kommunen nicht ausdrücklich eine Eigennutzung als Tatbestandsmerkmal benennt (hierzu bereits Senatsbeschluss vom 6.1.2023 - 9 LA 213/20 -). Dies schließt die Fälle ein, in denen die Wohnung von dem Eigentümer entweder selbst genutzt oder sowohl selbstgenutzt als auch zur Erzielung von Einkünften vermietet wird (sog. Mischnutzung; vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2004 - 10 C 2.04 - juris Rn. 22). Die Bemessung der Zweitwohnungsteuer bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen anhand einer Schätzung der Jahresnettokaltmiete in ortsüblicher Höhe ist zulässig. Da für selbstgenutzte Eigentumswohnungen keine Miete geschuldet wird, liegt der für das Innehaben einer solchen Wohnung anfallende Aufwand im Verzicht auf die dadurch erzielbaren Mieteinnahmen. Mangels einer für das konkrete Objekt bestehenden Mietvereinbarung stellt in solchen Fällen die Schätzung der Nettokaltmiete in ortsüblicher Höhe eine geradezu zwingende Ermittlungsmethode dar (vgl. Senatsbeschluss vom 20.10.2021 - 9 ME 146/21 - juris Rn. 32; Senatsurteil vom 17.6.2008 - 9 LB 8/07 - juris Rn. 35; BayVGH, Beschluss vom 4.3.2021 - 4 ZB 20.246 - juris Rn. 15).

Soweit nach § 4 Abs. 3 Satz 1 ZwStS 2019 bei Wohnungen, die auf unbestimmte Zeit zu einer Nettokaltmiete unterhalb der ortsüblichen Miete überlassen werden, eine geschätzte ortübliche Nettokaltmiete und nicht gemäß § 4 Abs. 2 ZwStS 2019 die tatsächlich vereinbarte Miete zugrunde legt wird, ist dies nicht zu beanstanden. Zwar ist die Bemessung des Mietwerts der Zweitwohnung durch eine Hochrechnung der tatsächlichen Mieteinnahmen grundsätzlich realitätsnäher als eine Schätzung der ortsüblichen Miete. Es entspricht aber dem Grundsatz der Lastengleichheit, Inhaber von vermieteten Wohnungen den Selbstnutzern gleichzustellen und ebenfalls auf den ortsüblichen Mietzins abzustellen, wenn der vereinbarte Mietzins ersichtlich niedriger ist als ortsüblich.

(2)

Die satzungsrechtlichen Vorgaben für die Ermittlung der Nettokaltmiete in ortsüblicher Höhe im Wege der Schätzung in Anlehnung an den jeweils aktuellen Mietspiegel des Landkreises E-Stadt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS 2019 sind nicht zu beanstanden.

Ein Mietspiegel ist als Schätzungsgrundlage zulässig (vgl. Senatsbeschluss vom 20.10.2021 - 9 ME 146/21 - juris Rn. 32; BayVGH, Beschluss vom 4.3.2021 - 4 ZB 20.246 - juris Rn. 15).

Keine Bedenken bestehen dagegen, dass die Schätzung nicht anhand eines Mietspiegels für die beklagte E., sondern in Anlehnung an den aktuellen Mietspiegel für den Landkreis E-Stadt vorgenommen wird. Denn der Mietspiegel umfasst auch die Mieten im Stadtgebiet der Beklagten. Zudem werden in dem Mietspiegel die Unterschiede zwischen den Mietwerten in den Städten E-Stadt, Otterndorf und Bad Bederkesa einerseits sowie in ländlichen Gemeinden oder Ortsteilen der E. andererseits berücksichtigt, indem für letztere Abschläge von der ermittelten Basismiete vorgenommen werden.

Ein Mietspiegel kann der Steuererhebung im Rahmen der Schätzung allerdings nur dann unbesehen zugrunde gelegt werden, wenn bei seiner Erstellung nach Art, Lage und Ausstattung vergleichbare Ferienwohnungen berücksichtigt wurden (Senatsurteil vom 17.6.2008 - 9 LB 8/07 - juris Rn. 37). Eine unbesehene Übertragung der Mietwerte für dauerhaft vermietete Wohnungen auf Ferienwohnungen ist unzulässig, weil die Objekte nicht vergleichbar sind (vgl. Senatsbeschluss vom 20.10.2021 - 9 ME 146/21 - juris Rn. 38; OVG RP, Urteil vom 26.4.2002 - 6 A 11636/01 - juris Rn. 24). Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist für Ferienwohnungen trotz eines höheren Leerstandes im Vergleich zu dauerhaft genutzten Erstwohnungen regelmäßig bezogen auf das Erhebungsjahr eine höhere Miete zu veranschlagen (vgl. Senatsurteil vom 17.6.2008, a. a. O., Rn. 38).

Solche Zu- und Abschläge bei der Schätzung der Nettokaltmiete für Ferienwohnungen gibt § 4 Abs. 3 ZwStS 2019 nicht vor. Zwar berücksichtigt der jeweils aktuelle Mietspiegel des Landkreises E-Stadt bei der Berechnung der Nettokaltmiete Zu- und Abschläge. Diese werden aber der Berechnung der Nettokaltmiete für alle Wohnungen gleichermaßen zugrunde gelegt. Dass die ZwStS 2019 nicht ausdrücklich Zuschläge vorsieht, die die Besonderheiten der zu schätzenden Nettokaltmiete für Ferienwohnungen berücksichtigen, ist jedoch unschädlich. Denn § 4 Abs. 3 ZwStS 2019 lässt jedenfalls die Vornahme von Zuschlägen für Ferienwohnungen bei der Heranziehung im Einzelnen zu. Die Beklagte hat in ihrer Satzung die Schätzung der Nettokaltmiete in Anlehnung an den aktuellen Mietspiegel vorgegeben. Dies lässt Raum für konkrete Zuschläge bei der Schätzung im jeweiligen konkreten Einzelfall.

(3)

Die Satzungsregelung über die Schätzung der ortsüblichen Jahresnettokaltmiete in § 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS 2019 lässt hinreichend die wertbestimmenden Faktoren erkennen.

Die Bestimmtheit der Regelung betreffend das Schätzungsverfahren erfordert, dass der Satzungsgeber die Parameter benennt, an denen sich die Schätzung zu orientieren hat (vgl. Senatsurteil vom 17.6.2008 - 9 LB 8/07 - juris Rn. 33).

Dies ist hier der Fall.

Der für die Schätzung der Nettokaltmiete heranzuziehende Mietspiegel wird ausdrücklich bezeichnet und kann von dem Eigentümer einer selbstgenutzten Wohnung eingesehen werden.

§ 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS 2019 nennt weiter ausdrücklich die Parameter für die Schätzung der Nettokaltmiete, nämlich "Art, Lage und Ausstattung". Unschädlich ist, dass der Parameter "Größe" nicht ausdrücklich aufgeführt wird. Zwar ist die Größe einer Wohnung ein für die Ermittlung der Nettokaltmiete maßgebliches Kriterium. Dieses Kriterium findet jedoch bei der Schätzung der Nettokaltmiete gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS 2019 gleichwohl Berücksichtigung, weil der zur Schätzung heranzuziehende Mietspiegel die Wohnfläche in die Berechnung der Nettokaltmiete für Wohnraum einbezieht.

dd)

Gegen die Regelung in § 4 Abs. 4 ZwStS 2019 über den jeweiligen Nutzungsfaktor als Teil der Maßstabsregelung bestehen keine Bedenken. Diese Regelung ist gegenüber der ZwStS 2011 i. d. F. der 1. Änderungssatzung vom 21. Juni 2012 unverändert geblieben.

In § 4 Abs. 4 ZwStS 2019 werden Nutzungsfaktoren gemessen an der jeweiligen Nutzungsart gestaffelt nach der Verfügbarkeit bzw. Dauer der Eigennutzungsmöglichkeit bestimmt.

Diese Maßstabsregelung berücksichtigt die Fälle der sog. Mischnutzung, in denen - wie ausgeführt - der Zweitwohnungsinhaber einerseits seine Wohnung selbst nutzt und sie andererseits zur Erzielung von Einkünften vermietet. Hierbei sind die Zeiten eines Wohnungsleerstandes, für die eine Eigennutzungsmöglichkeit rechtlich nicht ausgeschlossen worden ist, grundsätzlich den Zeiträumen zuzurechnen, in denen die Wohnung für Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs vorgehalten wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10. 2004 - 10 C 2.04 - juris Rn. 22). Steht die Mischnutzung der Zweitwohnung und damit ihre Nutzung zumindest auch zur persönlichen Lebensführung fest, ist aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Bestimmung der Eigennutzungszeiten im Veranlagungsjahr erforderlich, um eine, gemessen an der Eigennutzungsmöglichkeit, unverhältnismäßige Steuerbelastung auszuschließen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2004, a. a. O., Rn. 22)

Die Erhebung des vollen Jahresbetrags der Zweitwohnungsteuer ist in den Fällen der Mischnutzung noch verhältnismäßig und damit zulässig, wenn der Inhaber der Zweitwohnung mindestens zwei Monate im Jahr über die rechtlich gesicherte Möglichkeit zur Eigennutzung der Wohnung verfügt. Liegen die Möglichkeiten zur Eigennutzung und das damit einhergehende Vorhalten für die persönliche Lebensführung hingegen unter zwei Monaten, kann der Inhaber einer Zweitwohnung gemäß der genannten Rechtsprechung nicht zur vollen, sondern nur zu einer geminderten Jahressteuer herangezogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2004 - 10 C 2.04 - juris Rn. 28; Senatsurteil vom 15.1.2010 - 9 LB 256/08 - juris Rn. 21; Henke in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Erg.Lfg. September 2020, Rn. 217). In welcher Weise die Steuererhebung für Zeiträume einer möglichen Eigennutzung von weniger als zwei Monaten gestaffelt wird, unterliegt der Satzungsautonomie der steuererhebenden Gemeinde. Dies erlaubt eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte pauschalierende Aufsplittung des Jahresbetrages in wenigen Stufen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.9.2001 - 9 C 1.01 - juris Rn. 36).

Diesen Anforderungen wird die Staffelung der Nutzungsfaktoren in § 4 Abs. 4 ZwStS gerecht.

Nach dieser Staffelung wird in Nutzungsstufe 1 der Nutzungsfaktor 1,0 z. B. für eine Eigennutzungsmöglichkeit von mindestens 63 Übernachtungstagen und in Nutzungsstufe 5 der Nutzungsfaktor 0 bei ganzjährig ausgeschlossener Eigennutzung festgelegt. Die weiteren Nutzungsstufen 2 bis 4 staffeln die Nutzungsfaktoren von 0,8 bzw. 0,6 bzw. 0,4 für eine begrenzte Eigennutzungsmöglichkeit von maximal 62, 21 bis 42 und maximal 20 Übernachtungstagen. Damit wird ein verminderter Jahresbetrag bei einer Verfügbarkeit der Wohnung von weniger als zwei Monaten im Jahr erhoben. Die in § 4 Abs. 4 ZwStS 2019 vorgesehene Staffelung der Nutzungsfaktoren entsprechend den Verfügungszeiten von weniger als zwei Monaten im Jahr bis zur ganzjährig ausgeschlossenen Eigennutzung ist verhältnismäßig. Soweit im Falle einer Eigennutzungsmöglichkeit von maximal 20 Übernachtungstagen ein Nutzungsfaktor von 0,4 vorgesehen ist, ist dies angesichts des Umstandes, dass bei einer Eigennutzungsmöglichkeit der Zweitwohnung von mindestens zwei Monaten bereits der volle Jahresbetrag mit Nutzungsfaktor 1 erhoben werden kann, nicht unverhältnismäßig.

ee)

§ 4 Abs. 5 ZwStS 2019 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach dieser Vorschrift wird nachträglich auf Antrag eine zu viel gezahlte Zweitwohnungsteuer insoweit erstattet, als Eigenvermietungszeiten belegt sind. Mit dieser Vorschrift wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Steuerschuld gemäß § 6 Abs. 1 HS 2 ZwStS 2019 am Beginn des Kalenderjahres (Steuerjahres) entsteht. Zu diesem Zeitpunkt kann nur auf Umstände des Vorjahres zurückgegriffen werden. Ändert sich nach Beginn des Erhebungszeitraums die Dauer der Verfügbarkeit der Wohnung, wird die Zweitwohnungsteuer entsprechend zurückerstattet. Daher unterliegt es auch keinen Bedenken, dass sich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 ZwStS 2019 der Nutzungsfaktor nach Stufe 1 richtet, wenn keine das Veranlagungsjahr betreffenden Vermietungsunterlagen vorliegen, d. h. zu Beginn des Kalenderjahres. Damit beschränkt § 4 Abs. 5 ZwStS 2019 die Anwendung der Nutzungsfaktoren in § 4 Abs. 4 ZwStS 2019 auch nicht unzulässig auf die Fälle des Abschlusses von Vermittlungsverträgen. Denn auch ein geführter Nachweis von teilweiser oder ganzjähriger Eigenvermietung ohne Vermittlungsvertrag wird von § 4 Abs. 4 und 5 ZwStS 2019 erfasst.

c)

Der einheitliche Steuersatz gemäß § 5 Abs. 1 ZwStS 2019 von 14 v. H. des Steuermaßstabs nach § 4 Abs. 1 ZwStS 2019 verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Anders als ein gestaffelter degressiver Steuersatz, der eine steuerliche Ungleichbehandlung der Steuerschuldner bewirken kann, weil er nach dem betriebenen Aufwand typischerweise weniger leistungsfähige Steuerschuldner prozentual höher belastet als wirtschaftlich leistungsfähigere (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.7.2019 - 1 BvR 807/12, 1 BvR 2917/13 - juris Rn. 42 ff.), bewirkt der lineare Steuersatz von 14 v. H. des jeweiligen Mietaufwands multipliziert mit einem Nutzungsfaktor eine gleichmäßige Belastung der Steuerpflichtigen gemessen an der durch den Mietwert zum Ausdruck kommenden jeweiligen Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners und seines hierfür vermutlich betriebenen Aufwands.

d)

Der ZwStS 2019 kommt nicht offensichtlich eine erdrosselnde Wirkung zu.

Die satzungsrechtliche Ausgestaltung des Steuermaßstabs in § 4 ZwStS 2019 macht das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet der Beklagten nicht offensichtlich wirtschaftlich unmöglich. Insbesondere wirkt der Steuersatz von 14 v. H. der Jahresnettokaltmiete als Mietwert der Wohnung nicht erdrosselnd. In der Rechtsprechung sind Steuersätze, die sich in einem Bereich bis zu 20 v. H. des jährlichen Mietaufwands bewegen, als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen worden (Senatsbeschluss vom 22.11.2020 - 9 ME 76/10 - juris Rn. 2 m. w. N.; vgl. Henke in: Driehaus, a. a. O., Rn. 216). Ungeachtet dessen ist der Steuersatz allein nicht maßgeblich für die Frage, ob von einer Steuer eine erdrosselnde Wirkung ausgeht. Vielmehr muss die Höhe der Zweitwohnungsteuer das Innehaben einer Zweitwohnung in aller Regel wirtschaftlich unmöglich machen. Dafür, dass dies hinsichtlich des Satzungsgebiets der Beklagten der Fall sein könnte, gibt es keine Anhaltspunkte.

3.

Die Heranziehung der Kläger zu Zweitwohnungsteuern für die Jahre 2012 bis 2016 durch den Bescheid vom 25. Oktober 2016 in dem reduzierten Umfang ist rechtmäßig.

a)

Die Kläger, die ihren Wohnsitz in Hessen haben, besitzen eine im Gebiet der Beklagten gelegene Zweitwohnung. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, stellt diese Wohnung nicht eine reine Kapitalanlage dar, sondern die Kläger halten die Wohnung zu Zwecken der eigenen persönlichen Lebensführung i. S. v. § 1 Abs. 2 ZwStS 2019 vor.

Die Zweitwohnungsteuer ist eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt. Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Das nach dem Aufwandsbegriff im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG gebotene Innehaben einer weiteren Wohnung für die persönliche Lebensführung setzt eine dahingehende Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung voraus. Demzufolge liegt eine steuerbare Zweitwohnung dann nicht vor, wenn sie nach dem subjektiven Verwendungszweck nicht der persönlichen Lebensführung dient, sondern der reinen Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes. Für die im Ausgangspunkt subjektive Bestimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung ist nicht die - unüberprüfbare - innere Absicht des Zweitwohnungsinhabers maßgeblich, sondern dass diese innere Tatsache nur auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.10.2014 - 9 C 5.13 - juris Rn. 12).

Die Gemeinde darf an das Innehaben einer Zweitwohnung bei bestehendem Nutzungsrecht und der offen gehaltenen Nutzungsmöglichkeit grundsätzlich zunächst die Vermutung knüpfen, dass die Wohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten wird. Es ist gerade der Leerstand der Zweitwohnung trotz rechtlich bestehender Nutzungsmöglichkeit, der in der Regel auf die der Besteuerung zugrundeliegende Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers schließen lässt. Dies gilt, solange der Zweitwohnungsinhaber keine objektiven Umstände vorträgt, die diese Vermutung erschüttern. Hierfür genügt einerseits nicht die bloße Behauptung, die Zweitwohnung nicht zu nutzen und auch künftig nicht zum Wohnen nutzen zu wollen. Andererseits steht der fehlende vertragliche Ausschluss einer objektiven Eigennutzungsmöglichkeit allein der Annahme einer reinen Kapitalanlage nicht entgegen. Auch in einem solchen Fall muss dem Wohnungsinhaber der Nachweis gestattet sein, dass seine Wohnung entgegen einer möglicherweise zunächst begründeten Vermutung nicht der persönlichen Lebensführung dient. Dieser Nachweis kann nicht nur dadurch geführt werden, dass die Wohnung mehr oder weniger regelmäßig vermietet wird. Die Kapitalanlageabsicht kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Es kommt deshalb auf eine umfassende Würdigung aller objektiven Umstände des Einzelfalles an (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.10.2014 - 9 C 5.13 - juris Rn. 13).

Die steuererhebende Gemeinde kann demnach von der tatsächlichen Vermutung der Vorhaltung einer Zweitwohnung (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen, solange der Zweitwohnungsinhaber keine Umstände vorträgt, die - wie etwa die Lage der Hauptwohnung innerhalb desselben Feriengebiets, der Abschluss eines Dauermietvertrags, die Übertragung der Vermietung an eine überregionale Agentur unter Ausschluss der Eigennutzung sowie unter Nachweis ganzjähriger Vermietungsbemühungen usw. - diese tatsächliche Vermutung erschüttern. Erhobene Einwände kann die Gemeinde ihrerseits gegebenenfalls entkräften und dadurch die ursprüngliche tatsächliche Vermutung zugunsten des Steuertatbestandes wiederherstellen (BVerwG, Urteil vom 10.10.1995 - 8 C 40.93 - juris Rn. 12; s. a. Senatsbeschluss vom 14.5.2014 - 9 ME 230/13 - juris Rn. 14).

Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte von der Vermutung des Vorhaltens der Zweitwohnung der Kläger zum Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen, weil diese keine Umstände vorgetragen haben, die einen Ausschluss ihrer Eigennutzungsmöglichkeit ergeben würden.

Die Vermutung der Beklagten haben die Kläger auch im Berufungsverfahren nicht erschüttert.

Der von den Klägern vorgelegte Vermittlungsvertrag über die Vermietung ihrer Wohnung als Ferienwohnung vom 5. Mai 2008 mit der Agentur "J." ist nicht geeignet, die Vermutung der Beklagten, dass die Kläger die Zweitwohnung (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorhalten, zu widerlegen.

Was das Veranlagungsjahr 2016 betrifft, vermag der Vermittlungsvertrag bereits deshalb nicht die Vermutung der Eigennutzungsmöglichkeit zu erschüttern, weil die Kläger den Vermietungsvertrag im März 2016 gekündigt haben. Dass sie die Vermietung der Zweitwohnung anschließend durch eine andere Vermittlungsagentur hätten durchführen lassen, haben sie nicht nachgewiesen. Die Kläger hatten es deshalb ab März 2016 in der Hand, ihre Zweitwohnung selbst zu nutzen. Dem steht nicht entgegen, dass die Kläger nach ihrem Vortrag die Wohnung im Jahr 2016 selbst vermietet haben. In Fällen der Eigenvermietung der Zweitwohnung ist davon auszugehen, dass die die Verwendung als reine Kapitalanlage ausschließenden Umstände regelmäßig gegeben sind, da diese Art der Vermietung gerade die Möglichkeit der kurzfristigen Zweckänderung offenlässt und sie im Übrigen nicht geeignet ist, objektiv die Inanspruchnahme zu eigenen Zwecken auszuschließen. Denn die Verfügungsbefugnis des Zweitwohnungsinhabers ist in einem solchen Fall weitgehend uneingeschränkt, da er nach wie vor darüber entscheiden kann, ob er die Wohnung vermietet oder nicht (vgl. Senatsbeschluss vom 14.4.2008 - 9 LA 37/07 - juris Rn. 19). Die Kläger hätten die Wohnung im Jahr 2016 auch tatsächlich nutzen können. Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich, dass die Wohnung im Jahr 2016 mindestens 90 Tage nicht belegt war. Es ist gerade der Leerstand der Zweitwohnung trotz rechtlich bestehender Nutzungsmöglichkeit, der in der Regel auf die der Besteuerung zugrundeliegende Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers schließen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.10.2004 - 10 C 2.04 - juris Rn. 21). Im Übrigen haben die Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 16. Mai 2019 angegeben, dass sie sich vom 28. bis zum 30. Oktober 2016 in der Wohnung aufgehalten haben.

Der Vermittlungsvertrag ist aber auch nicht geeignet, eine Eigennutzungsmöglichkeit der Wohnung durch die Kläger für die Jahre 2012 bis 2015 auszuschließen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Möglichkeit zur Eigennutzung einer Zweitwohnung vertraglich ausgeschlossen ist, muss auf den Wortlaut und den Inhalt bestehender Verträge abgestellt und von deren Einhaltung ausgegangen werden, sofern dem nicht konkrete Anhaltspunkte entgegenstehen. Dabei genügt nicht schon jeder formal-vertragliche Ausschluss der Verfügbarkeit über die Zweitwohnung. Erforderlich ist vielmehr ein Vertrag, der die Verfügungsbefugnis des Inhabers der Zweitwohnung mit der Folge wirksam ausschließt, dass er nicht mehr über die rechtliche Möglichkeit verfügt, während des Veranlagungszeitraums eine Eigennutzung vorzunehmen bzw. sie Dritten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen (vgl. Senatsbeschluss vom 14.5.2014 - 9 ME 230/13 - juris Rn. 15).

Der vorgelegte Vermittlungsvertrag schließt schon nach seinem Wortlaut und Inhalt eine Verfügungsbefugnis der Kläger nicht aus.

Zwar ist mit dem Vermittlungsvertrag die "J." mit der Alleinvermietung der Zweitwohnung der Kläger beauftragt worden. Außerdem ist in Absatz 6 Satz 3 der Vermietungs-Vereinbarungen geregelt, dass die Selbstnutzung der Wohnung für die Laufzeit des Vermietungsauftrages ausgeschlossen wird.

Dem vertraglichen Ausschluss der Selbstnutzung steht jedoch die in Absatz 6 Satz 1 der Vermietungs-Vereinbarungen vereinbarte Regelung entgegen, in der es heißt: "Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass eine Eigennutzung durch den Eigentümer nicht geplant ist.". Diese Formulierung belässt den Klägern eine Verfügungsbefugnis über ihre Zweitwohnung. Sie ist nur eine Absichtserklärung dergestalt, dass die Kläger keine Eigennutzung planen. Dies schließt es aber nicht aus, dass die Kläger "umplanen" und tatsächlich die Wohnung selbst nutzen. Diese Absichtserklärung relativiert deshalb nicht nur den Inhalt der Regelung in Absatz 6 Satz 3 der Vermietungs-Vereinbarungen über den Ausschluss der Selbstnutzung der Wohnung, sondern widerspricht dieser Regelung. Deshalb lässt sich nicht feststellen, dass ein Ausschluss der Eigennutzung verbindlich geregelt worden wäre. Dies geht zu Lasten der Kläger.

Zudem liegen objektive Umstände vor, dass der Vertrag nicht eingehalten wurde. Ein etwaiger Eigennutzungs- und Eigenbelegungsausschluss in einem Vermittlungsvertrag ist nur dann geeignet, die Vermutung des Vorhaltens der Wohnung für persönliche Zwecke zu widerlegen, wenn dieser Ausschluss auch tatsächlich "gelebt" wird (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 27.6.2022 - 4 B 14/22 - juris Rn. 48 m. w. N.). Hiergegen sprechen vorliegend gewichtige Anhaltspunkte.

Nach Absatz 1 der Vermietungs-Vereinbarungen war vereinbart, dass die Vermittlungsagentur die Vermietung des Appartements einschließlich der Werbung übernimmt. Entgegen dieser Regelung haben die Kläger die Wohnung jedoch selbst im Internet angeboten und Buchungen vorgenommen. Der Kläger zu 2. hat der Beklagten mit Schreiben vom 29. Mai 2016 mitgeteilt, dass die Wohnung im "Vermietungspool" der Vermittlerin angeboten worden sei. Unterstützend dazu hätten sie, die Kläger, die Wohnung nach der Generalrenovierung im Jahr 2012 begleitend über die heute üblichen Ferienportale angeboten und die Buchungen an die Vermietungsagentur weitergeleitet. Dadurch hätten sie das Buchungsaufkommen zusätzlich steigern können, da ihnen die Auslastung zu gering gewesen sei.

Demnach haben die Kläger ihre Zweitwohnung entgegen Absatz 1 der Vermietungs-Vereinbarungen nicht nur beworben, sondern sogar selbst Buchungen vorgenommen. Soweit die Kläger der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Juni 2016 mitgeteilt haben, dass die Internetplattformen nicht den Abschluss eines Mietvertrags ermöglicht hätten, haben sie dies zum einen nicht belegt. Zum anderen begründet üblicherweise bereits die Buchung einer Ferienwohnung im Internet einen vertraglichen Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Miete. Dieser (Miet-)Vertrag kann regelmäßig nur durch Rücktritt oder je nach den Vertragsbedingungen durch eine (ggf. kostenpflichtige) Stornierung rückgängig gemacht werden. Der Vortrag der Kläger, es habe in der Vergangenheit bei den Buchungen stets einer Abstimmung zwischen ihnen und der Geschäftsführerin der Vermittlungsagentur bedurft, führt zu keiner anderen Einschätzung. Das Erfordernis einer Abstimmung besagt nichts darüber, dass die Kläger die Wohnung nicht selbst vermietet hätten. Sollte eine Abstimmung mit der Vermittlungsagentur hinsichtlich der Belegungszeiten erforderlich gewesen sein, spricht dies gerade dafür, dass die Kläger für die Wohnung in Zeiten, in denen die Wohnung nicht belegt war, selbst Buchungen vornehmen konnten. Nichts Anderes ergibt sich aus dem weiteren anwaltlichen Schreiben der Kläger vom 17. August 2016. Darin haben die Kläger angegeben, dass sie die von ihnen eingebrachten Buchungen direkt an die Geschäftsführerin der Vermittlungsagentur weitergeleitet hätten, die sich dann um alles Weitere gekümmert habe. Sie legen aber nicht dar, um was sich die Vermittlungsagentur in diesen Fällen konkret gekümmert hätte. Weiter haben sie in diesem Schreiben mitgeteilt, dass sie im fraglichen Zeitraum zwei Nächte in dem Apartment verbracht hätten, u. a. weil eine bereits erfolgte Buchung mit einem Kunden habe storniert werden müssen. Dies spricht dafür, dass nicht nur die Vermittlungsagentur, sondern die Kläger auch Vermietungen ihrer Wohnung vorgenommen haben.

Die Kläger hatten es aufgrund dieser Vorgehensweise letztlich selbst in der Hand zu bestimmen, wann die Wohnung von wem genutzt wird bzw. ob sie die Wohnung vermieten oder nicht.

Im Übrigen hätten die Kläger auch tatsächlich die Möglichkeit gehabt, die Wohnung zu nutzen bzw. dies zu "planen". Die Wohnung war ausweislich der Aufstellung der Kläger im Jahr 2015 an 170 Tagen nicht belegt. Den vorliegenden Verwaltungsvorgängen kann weiter entnommen werden, dass die Wohnung in den Jahren 2012 und 2014 jeweils in den Monaten Januar bis März und November und Dezember nicht vollständig vermietet worden ist. Ob - wovon das Verwaltungsgericht ausgegangen ist - die Anmerkungen der Kläger zu den Bewertungen ihrer Wohnung im Internetportal für eine eigene Nutzung der Wohnung durch die Kläger sprechen, kann dahinstehen. Maßgeblich ist, dass die Kläger jedenfalls in den Zeiten des Leerstandes aufgrund der von ihnen vorgenommenen Eigenvermietungen die Möglichkeit hatten, die Wohnung selbst zu nutzen. Es ist - wie ausgeführt - gerade der Leerstand der Zweitwohnung trotz rechtlich bestehender Nutzungsmöglichkeit, der in der Regel auf die der Besteuerung zugrundeliegende Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers schließen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.10.2014 - 9 C 5.13 - juris Rn. 13; Henke in: Driehaus, a. a. O., Rn. 192).

Die Kläger vermögen die Vermutung des Vorhaltens der Zweitwohnung auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung nicht mit ihrem Vorbringen zu erschüttern, sie hätten sich nur vom 29. Februar bis 2. März 2014 zum Zwecke der Beendigung des Vermietungsvertrages und vom 27. bis 30. November 2015 zur Behebung eines Wasserschadens in der Wohnung aufgehalten. Zum einen kommt es nicht darauf an, ob die Kläger die Zweitwohnung tatsächlich in Anspruch genommen haben, sondern dass sie sich nach den vorstehenden Ausführungen eine zeitweilige Eigennutzung während des Veranlagungszeitraums offengehalten haben. Zum anderen dient die Durchführung von Renovierungsarbeiten zwar der Erhaltung beziehungsweise der Verwaltung der Zweitwohnung und ist damit der Einkommenserzielung zuzuordnen. Vorliegend haben die Kläger aber nicht substantiiert belegt, dass tatsächlich Renovierungsarbeiten durchgeführt worden wären und dass die mehrtägigen Aufenthalte ausschließlich dazu gedient hätten, die Vermietbarkeit der Wohnung zu erhalten oder zu verbessern. Ihre Angaben zu Renovierungsaufenthalten sind zudem widersprüchlich. Denn in der Erklärung, die einem Schreiben des Klägers zu 2. an die Beklagte vom 29. Mai 2016 beigefügt war, haben sie "nein" angekreuzt auf die Frage, ob sie oder ihre Angehörigen sich in der Wohnung zu Reinigungs- und/oder Renovierungsarbeiten aufhalten würden.

Angesichts dieser unterschiedlichen Erwägungen und schwerwiegenden Indizien bedarf es keiner Ausführungen mehr dazu, ob - was das Verwaltungsgericht angenommen hat - die verbindliche Einhaltung des Vertrags auch deshalb zu verneinen wäre, weil die Kläger Kenntnis von der Vertragsuntreue der Vertragspartnerin gehabt und die Einhaltung der vertraglichen Regelungen nicht sichergestellt hätten.

b)

Gegen die Ermittlung der ortüblichen Jahresnettokaltmiete als Grundlage für die Festsetzung der Zweitwohnungsteuern für die Jahre 2012 bis 2016 bestehen keine Bedenken.

Rechtsgrundlage für die Ermittlung des Mietwerts ist § 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS 2019, denn es liegt ein Fall der sog. Mischnutzung vor. Die Kläger hatten - wie oben ausgeführt - zum einen die Möglichkeit der Eigennutzung ihrer Zweitwohnung und zum anderen die Wohnung an Feriengäste vermietet.

Die Beklagte durfte die Nettokaltmiete gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS 2019 schätzen.

Die Schätzung der maßgeblichen Nettokaltmiete gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 ZwStS 2019 erst im Rahmen einer im Berufungsverfahren vorgelegten Neuberechnung vom 5. Januar 2021 beruhte nicht auf einem vorherigen sog. Schätzausfall. Denn die Beklagte hat nicht eine im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids vorgesehene Schätzung unterlassen. Vielmehr sah die vorherige, im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids geltende ZwStS 2011 keine Schätzung des Mietwerts vor, sondern der Mietwert wurde anhand des (unwirksamen) Maßstabs der indexierten Jahresrohmiete ermittelt. Die hier vorgenommene Schätzung der Beklagten beruht auf der erstmaligen Anwendung einer Maßstabsregelung, die den vorherigen, unwirksamen Steuermaßstab der indexierten Jahresrohmiete zulässigerweise rückwirkend ersetzt hat und deshalb auf den Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids zurückwirkt (hierzu schon der Senatsbeschluss vom 6.1.2023 - 9 LA 213/20 -).

Die Nachholung der Schätzung nach Erlass der den unwirksamen Maßstab heilenden ZwStS 2019 im gerichtlichen Verfahren ist auch in Anlehnung an § 114 Satz 2 VwGO als Nachschieben von Gründen zulässig.

Nach § 114 Satz 2 VwGO kann die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Zwar schafft § 114 Satz 2 VwGO grundsätzlich die prozessualen Voraussetzungen lediglich dafür, dass die Behörde defizitäre Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann, nicht hingegen, dass sie ihr Ermessen nachträglich erstmals ausübt. Der in der Vorschrift angelegten prozessualen Ermächtigung der Behörde, ihre Ermessenserwägungen auch noch im gerichtlichen Verfahren zu ergänzen, ist aber kein generelles Verbot zu entnehmen, eine Ermessensentscheidung erstmals im gerichtlichen Verfahren zu treffen (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 9). Im Übrigen regelt § 114 Satz 2 VwGO nicht die Voraussetzungen für die materiell-rechtliche und verwaltungsverfahrensrechtliche Zulässigkeit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen, sondern betrifft nur deren Geltendmachung im Prozess. Ihr Zweck ist es, klarzustellen, dass ein materiell- und verwaltungsverfahrensrechtlich zulässiges Nachholen von Ermessenserwägungen nicht an prozessualen Hindernissen scheitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.6.2013 - 8 C 46.12 - juris Rn. 34).

Bei der Nachholung einer Schätzung geht es zwar nicht um das Nachschieben von Ermessenerwägungen auf der Rechtsfolgenseite. Der Rechtsgedanke des § 114 Satz 2 VwGO ist aber entsprechend anzuwenden auf einen Schätzungsspielraum, der im Abgabenrecht einer Behörde auf der Tatbestandsseite eingeräumt wird, mit der Folge, dass ein Nachschieben von Gründen, sofern es materiell- und verwaltungsverfahrensrechtlich zulässig ist, nicht an prozessualen Hindernissen scheitert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.5.2014 - 9 B 57.13 - juris Leitsatz 2 und Rn. 10, 11).

Vorliegend ist die Nachholung der Schätzung materiell-rechtlich zulässig. Denn wie oben ausgeführt sind die Kommunen berechtigt, eine ungültige Satzung rückwirkend durch eine neue Satzung zu ersetzen und auf dieser Grundlage Steuern auch für einen zurückliegenden Zeitraum neu zu erheben (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.2019 - 9 C 7.18 - juris Rn. 20).

Die Nachholung der Schätzung auf der Grundlage eines rückwirkend ersetzten Steuermaßstabs ist auch verfahrensrechtlich zulässig. Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht wie nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften der Abgabenordnung (§ 11 NKAG) nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.5.2014 - 9 B 57.13 - juris Rn. 11). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Beklagte hat ihrer erstmaligen Schätzung Schätzungsgrundlagen zugrunde gelegt, die schon bei Erlass des Bescheids vorhanden waren, wie z. B. den für die jeweiligen Veranlagungsjahre geltenden Mietspiegel. Der angefochtene Bescheid ist durch die neue Begründung auch nicht in seinem Wesen verändert worden, sondern hat weiterhin die Festsetzung von Zweitwohnungsteuern zum Gegenstand. Die Kläger sind schließlich nicht in ihrer Rechtsverteidigung beeinträchtigt. Denn wird der angefochtene Steuerbescheid - wie hier - während des Verfahrens durch eine nachgeschobene oder neue Begründung "geheilt", so kann der Kläger die Kostenlast dadurch abwenden, dass er das Verfahren für erledigt erklärt (vgl. etwa zum Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urteil vom 28.11.1975 - IV C 45.74 - juris Rn. 25).

c)

Bedenken gegen die Höhe der Zweitwohnungsteuern für die Jahre 2012 bis 2016 in der Fassung der Neuberechnung vom 5. Januar 2021 sind weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.

Zwar hat die Beklagte keine Zuschläge vorgenommen, die die Besonderheiten der Ferienwohnung berücksichtigen (siehe hierzu auch Ziffer 2 b) cc) (2)). Dies hat jedoch nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids in dem noch aufrecht erhaltenen Umfang zur Folge. Bei der rechtmäßigen Schätzung der ortsüblichen Jahresnettokaltmiete für eine Ferienwohnung wäre allenfalls eine höhere Zweitwohnungsteuer festzusetzen gewesen (vgl. das Senatsurteil vom 17.6.2008 - 9 LB 8/07 - juris Rn. 38). Die Kläger werden durch die Heranziehung zu Zweitwohnungsteuern, die keine Zuschläge enthalten und deshalb niedriger sind als rechtlich zulässig, nicht beschwert.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 2 Satz 1, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 2 VwGO. Soweit die Beteiligten im zweitinstanzlichen Verfahren den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache hinsichtlich eines Betrags von 509,60 EUR für erledigt erklärt haben, hat sich die Beklagte in die Rolle der Unterlegenen begeben und insoweit die Kosten zu tragen. Im Übrigen sind die Kläger unterlegen. Ihr unterliegender Anteil entspricht etwa 9/10 der im zweitinstanzlichen Verfahren noch streitigen Abgaben in Höhe von 4.940,13 EUR. Ihnen sind deshalb als Gesamtschuldner 9/10 und der Beklagten 1/10 der Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.