Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 20.04.2023, Az.: 2 ME 13/23

Gewaltandrohung; Klassenkonferenz; Mitwirkungsverbot; Ordnungsmaßnahme: Schule; Todesliste; Verweisung von der Schule

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
20.04.2023
Aktenzeichen
2 ME 13/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 15641
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0420.2ME13.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Lüneburg - 20.01.2023 - AZ: 4 B 2/23

Fundstelle

  • DÖV 2023, 643

Amtlicher Leitsatz

Das Mitwirkungsverbot des § 41 Abs. 1 NSchG greift im Falle einer Ordnungsmaßnahmenkonferenz nur bei einer persönlichen Betroffenheit eines Konferenzmitgliedes durch die beabsichtigte Ordnungsmaßnahme ein. Besteht eine persönliche Betroffenheit eines Konferenzmitgliedes durch das der beabsichtigten Ordnungsmaßnahme zugrundeliegende Fehlverhalten, kommt der Ausschlussgrund der Besorgnis der Befangenheit nach § 21 VwVfG in Betracht, der neben § 41 Abs. 1 NSchG Anwendung findet.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 4. Kammer - vom 20. Januar 2023 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Ordnungsmaßnahme "Verweisung von der Schule".

Für den 2003 geborenen Antragsteller bestehen seit dem Kindergartenalter die Diagnose "Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (ICD F90.0)" und seit dem Grundschulalter zusätzlich die Diagnose "Asperger-Syndrom (ICD F84.5)". Die Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung wird seit 2009 medikamentös behandelt. Ab 2014 gewährte das Jugendamt dem Antragsteller wegen der mit den Diagnosen einhergehenden Teilhabebeeinträchtigung Eingliederungshilfen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) VIII Kinder- und Jugendhilfe.

Der Schulbesuch des Antragstellers im Primar- und Sekundarbereich I gestaltete sich schwierig; er erlitt Mobbing. Auf der Grundlage von § 35a SGB VIII erhielt der Antragsteller zunächst als Eingliederungshilfeleistung eine Schulbegleitung. Als seine Präsenzbeschulung nicht mehr als zuträglich angesehen wurde, übernahm das Jugendamt ab Herbst 2016 bis zum Erwerb des (Erweiterten) Realschulabschlusses im Rahmen der Externenprüfung im Sommer 2021 die Kosten für eine Onlinebeschulung. Um einem sozialen Rückzug entgegenzuwirken, erfolgte parallel die Anbindung an eine Autismus- und Förderambulanz; ab Ende 2019 wurde dem Antragsteller ein Ambulanter Einzelfallhelfer zur Seite gestellt. Diese nach Erreichen der Volljährigkeit auf § 41 SGB VIII gestützte Leistungsgewährung dauert auch derzeit noch an.

Nachdem seine Bemühungen um einen Ausbildungsplatz erfolglos geblieben waren, entschloss sich der Antragsteller, ab dem Schuljahr 2022/23 das Berufliche Gymnasium Wirtschaft der Antragsgegnerin zu besuchen. Die Schulform Berufliches Gymnasium führt in drei Jahren, aufgegliedert in die noch im Klassenverband stattfindende Einführungsphase (11. Schuljahrgang) und die auf ein Kurssystem mit unterschiedlichem Anforderungsniveau ausgelegte Qualifikationsphase (12. und 13. Schuljahrgang), zur allgemeinen Hochschulreife. Die den Antragsteller seit 2007 behandelnde Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie bescheinigte die Voraussetzungen für die Gewährung eines Nachteilsausgleichs. Nach ihren Angaben zeigt der Antragsteller aufgrund seines Asperger-Syndroms weiterhin Auffälligkeiten in der sozialen Interaktion, der Kommunikation und im Verhalten.

Der Antragsteller besuchte das Berufliche Gymnasium Wirtschaft der Antragsgegnerin bis etwa einen Monat nach Ende der Herbstferien 2022. Zu diesem Zeitpunkt kam es zu den die hier streitgegenständliche Ordnungsmaßnahme auslösenden Ereignissen:

Am Vormittag des 29. November 2022 wurde der Lehrerin E., die in dem 11. Schuljahrgang das u.a. von dem Antragsteller gewählte Fach Werte und Normen (WuN) unterrichtet, von einer - von der Antragsgegnerin namentlich nicht genannten - Schülerin mitgeteilt, dass der Antragsteller eine sogenannte "Todesliste" führe, auf der auch der Namen E. stehe. Frau E. gab die Information umgehend an die Klassenlehrerin des vom Antragsteller besuchten Klassenverbandes ... F. weiter. In einem Vier-Augen-Gespräch in der 5./6. Stunde desselben Tages konfrontierte Frau F. den Antragsteller mit dem Vorwurf, den dieser bestritt.

In der anschließenden Pause zwischen 13:00 Uhr und 13:15 Uhr vor dem Unterricht des Faches WuN und des dazu alternativ angebotenen Fachs Religion in der 7./8. Stunde ging der Antragsteller alleine im Flur vor den nebeneinanderliegenden Kursräumen auf und ab. Dort standen die Schüler G. und H. sowie die Schülerinnen L. - diese ist die Nichte der WuN-Lehrerin E. -, I. und J. zusammen. I. besuchte wie der Antragsteller den WuN-Unterricht; G., H., L. und J. gehörten dem Religionskurs von Frau K. an. Die Gruppe unterhielt sich über den dem Antragsteller gewährten Nachteilsausgleich. Dabei äußerte H. u.a.: "Der ist gar nicht behindert.", "Dann bin ich auch behindert." und "Das ist ja lächerlich." Der Antragsteller ging auf die Gruppe zu und sprach sie an. Nach den Feststellungen der Antragsgegnerin sagte der Antragsteller zunächst, dass er das unfair finde. Er schien sehr getroffen. Er zeigte seinen Behindertenausweis und erklärte, dass das Leben mit Behinderung total beschissen und er auch nur ein Mensch sei. Sodann fügte er - was der Antragsteller allerdings nicht bestätigt hat - an: "Ihr werdet schon sehen, wie behindert ich bin. Ich bringe den ganzen WuN-Kurs um."

Als kurz vor Beginn der 7. Stunde Frau E. und Frau K. zum Unterricht erschienen, kam L. auf sie zu und erklärte sinngemäß, dass es gleich noch richtig "knallen könnte", weil gerade etwas passiert sei; weitere Angaben machte sie zunächst nicht. Frau K. ging daraufhin mit ihrem Religionskurs in den Unterrichtsraum. Nach etwa 45 Minuten Unterricht bat L. Frau K. an ihren Tisch und erklärte unter Angabe des Vorgeschehens sinngemäß, dass der Antragsteller in der Pause damit gedroht habe, gleich den WuN-Kurs umzubringen. Der daraufhin von Frau K. zur Rede gestellte H. gab zu, sich negativ über behinderte Menschen und insbesondere den Antragsteller geäußert sowie die Berechtigung dessen Nachteilsausgleichs in Frage gestellt zu haben, was dieser habe mithören können. Was danach passiert sei, wollte H. nicht sagen, weil er keine anderen Schüler belasten wollte. Die anschließend von Frau K. befragte J. berichtete von den Äußerungen H. und der Reaktion des Antragstellers. Zudem gab sie an, aufgrund von Vorfällen aus der Vergangenheit vor dem Antragsteller Angst zu haben. Dabei sprach sie u.a. von einer von dem Antragsteller geführten "Todesliste" und einem "Ranking" auf dieser.

Daraufhin entschloss sich Frau K., Frau E. über den Sachverhalt zu informieren, die zu diesem Zeitpunkt Schülergespräche vor der Tür durchführte. Frau E. hatte im Verlauf ihres WuN-Unterrichts auch den Antragsteller in einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Vorwurf, er führe eine "Todesliste", konfrontiert, was dieser abermals bestritt. Nach nochmaliger Befragung von L. und J. entschieden Frau K. und Frau E., dass an diesem Tag ein weiterer Unterricht nicht geordnet und gefahrlos möglich sei, und schickten ihre Kurse gegen 14:30 Uhr getrennt voneinander nach Haus. H., G., L., J. und I. hielten sie für ein Gespräch über den Vorfall zurück. In ihm berichtete I. von Mobbing gegen den Antragsteller. Anschließend sorgten die beiden Lehrerinnen dafür, dass die Klassenlehrerin F. sowie der Leiter der Antragsgegnerin über das Geschehen unterrichtet wurden.

Noch am Abend des 29. November 2022 wurde der Antragsteller telefonisch vorläufig vom Schulbesuch suspendiert. Am Folgetag informierte der Leiter der Antragsgegnerin die Polizei, die Ermittlungen gegen den Antragsteller einleitete und bei ihm eine Hausdurchsuchung durchführte. Am 6. Dezember 2022 führte die Antragsgegnerin unter Hinzuziehung eines Schulpsychologen und eines Polizeibeamten ein Gespräch mit dem Antragsteller, an dem auch sein Vater und sein Ambulanter Einzelfallhelfer teilnahmen. Der Antragsteller und sein Vater gaben an, dass es nie eine "Todesliste" gegeben habe. Zu dem Vorfall am 29. November 2022 in der Pause vor der 7./8. Stunde wollten sie sich unter Verweis auf das laufende Strafverfahren nicht äußern. Mit Bescheid vom selben Tage ordnete der Leiter der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller einen bis zur Durchführung einer auf den 12. Dezember 2022 anberaumten Klassenkonferenz über die Festsetzung einer Ordnungsmaßnahme nach § 61 NSchG befristeten Unterrichtsausschluss an. Die Einladung zu der Konferenz erfolgte mit Schreiben ebenfalls vom 6. Dezember 2022.

Auf Veranlassung des Leiters der Antragsgegnerin gaben sieben der insgesamt neun stimmberechtigten Lehrkräfte vor der Klassenkonferenz am 12. Dezember 2022 schriftliche Stellungnahmen zu ihren bisherigen Erfahrungen mit dem Antragsteller ab. Den Mitschülerinnen und Mitschülern des Antragstellers wurde gleichfalls Gelegenheit gegeben, sich schriftlich dazu zu äußern, ob sie sich in der Vergangenheit von dem Antragsteller bedroht gefühlt hätten. Davon machten neben den fünf an dem Vorfall in der Pause vor dem WuN- bzw. Religionsunterricht am 29. November 2022 Beteiligten vier weitere Schülerinnen und Schüler Gebrauch.

Die Klassenkonferenz am 12. Dezember 2022 wurde nur für den Antragsteller durchgeführt. Für H. sowie G., die jeweils in den von der Antragsgegnerin mit ihnen nach dem 29. November 2022 geführten Gesprächen zugaben, den Antragsteller "in den letzten Wochen" gemobbt zu haben, wurden für den 19. Dezember 2022 eigene Ordnungsmaßnahmenkonferenzen angesetzt. In ihnen wurde gegen beide Schüler ein - in der Dauer nicht bekannter - Ausschluss vom Unterricht ausgesprochen.

An der den Antragsteller betreffenden Klassenkonferenz nahmen neben acht der insgesamt neun unterrichtenden Lehrkräfte als stimmberechtigte Mitglieder I. als Vertreterin der Schülerinnen und Schüler sowie ein Vertreter der Erziehungsberechtigten teil. I. hatte den Antragsteller in ihrer schriftlichen Äußerung nicht nur mit der Aussage "Ihr werdet gleich sehen, wie behindert ich bin, wenn ich gleich den ganzen WuN-Kurs umbringe" zitiert, sondern auch hinsichtlich der "Todesliste" belastet. In ihrer mit "Nach den Herbstferien" überschriebenen Auflistung von Begebenheiten mit dem Antragsteller hatte sie zum einen angegeben, sie habe beim Vorbeigehen an ihm den Namen von J. auf der Liste gesehen; als sie den Antragsteller gefragt habe, was das für eine Liste sei, habe er sie weggepackt. Zum anderen hatte sie festgehalten "Er hat vor sich hin genuschelt, dass es seine Todesliste ist."

Nach Schilderung der vom Leiter der Antragsgegnerin zusammengetragenen Ermittlungsergebnisse wurden der Antragsteller und sein Vater zu den Vorwürfen angehört; seinem Einzelfallhelfer und dem zudem anwesenden Schulpsychologen wurde ebenfalls Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Antragsteller wies darauf hin, dass die Polizei bei der Hausdurchsuchung nichts gefunden habe, und bestritt erneut die Existenz einer "Todesliste" sowie auch die ihm in den Stellungnahmen der Lehrkräfte und seiner Mitschülerinnen und Mitschüler darüber hinaus zugeschriebenen Aussagen, mit denen er ebenfalls konfrontiert wurde. Zu dem Geschehen in der Pause vor der 7./8. Stunde am 29. November 2022 erklärte er, dass er unter großem Druck und Stress gestanden habe. Auch sein Vater verwies darauf, dass in dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bislang nichts Belastendes herausgekommen sei. Seiner Meinung nach hätten Missverständnisse zu der Situation geführt und sei die von Seiten der Schule angenommene Bedrohung nicht existent. Der Einzelfallhelfer des Antragstellers gab an, zuvor nichts von dessen negativen schulischen Erfahrungen und seinem Stress gewusst zu haben. Er versicherte aber, dass aus seiner Sicht von dem Antragsteller keine Gefahr ausgehe und auch noch nie ausgegangen sei. Der Schulpsychologe erklärte, er könne nach den Gesprächen mit allen Beteiligten das Vorliegen einer Gefährdung nicht ausschließen.

In der anschließend unter den Konferenzmitgliedern durchgeführten Beratung schilderte I. die Situation mit der "Todesliste" erneut und beantwortete Fragen der Lehrkräfte. I. erklärte zudem, dass sie dem Antragsteller gegenüber nicht negativ eingestellt sei, dass (aber) einige Mitschüler Angst vor ihm hätten und sich in seiner Gegenwart bedroht fühlen würden, wenn er wieder in der Schule wäre. Weiter gab sie an, dass es ihr unverständlich sei, warum der Antragsteller sämtliche Vorwürfe abstreite; gerade dieses Verhalten mache ihr zusätzliche Sorgen.

Nach Abschluss der Beratung beschloss die Klassenkonferenz mit den Ja-Stimmen sämtlicher acht anwesenden Lehrkräfte bei einer Gegenstimme des Elternvertreters und unter Enthaltung der Schülervertreterin I., den Antragsteller von der Schule zu verweisen. Nachdem das Regionale Landesamt für Schule und Bildung M. die Ordnungsmaßnahme am 21. Dezember 2022 genehmigt hatte, wurde sie dem Antragsteller, der bis dahin weiterhin vom Unterricht ausgeschlossen worden war, mit Bescheid vom selben Tage unter Verweis auf die sofortige Wirksamkeit bekannt gegeben. Wegen der Begründung der Ordnungsmaßnahme wird auf das Protokoll der Klassenkonferenz vom 12. Dezember 2022 und den Bescheid vom 21. Dezember 2022 Bezug genommen.

Der Antragsteller erhob unter dem 23. Dezember 2022 Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist. Seinen - so verstandenen - Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, dass nach den bei der Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO anzuwendenden Maßstäben das öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiege. Denn nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verweisung von der Schule nach § 61 Abs. 3 Nr. 5 NSchG vor. Entgegen der Auffassung des Antragstellers seien Verfahrensfehler nicht festzustellen. U.a. greife sein Einwand, dass I. nicht als Schülervertreterin an der Klassenkonferenz hätte teilnehmen dürfen, da sie dem Mitwirkungsverbot des § 41 Abs. 1 NSchG unterliege, nicht durch. Die Ordnungsmaßnahme lasse nach derzeitigem Sachstand auch keine inhaltlichen Mängel erkennen. Ernsthafte Morddrohungen gegen Mitschüler oder Lehrkräfte bzw. die Ankündigung eines Amoklaufs seien geeignet, den Schulfrieden in erheblichem Maß zu stören und Ängste, Panik und Unsicherheit bei den Betroffenen auszulösen. Zwar sei zwischen den Beteiligten der Sachverhalt höchst umstritten. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand spreche aber Überwiegendes für die Annahme, dass der Antragsteller seine Mitschüler mit dem Tod bedroht und schon vorher eine "Todesliste" geführt habe und dieses von ihm nicht als bloßer übler Scherz gekennzeichnet gewesen sei. Die Verweisung von der Schule genüge auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Einschätzung der Klassenkonferenz, dass Sorge bestehe, es könne eine ernsthafte Bedrohungslage vorliegen, sei rechtlich nicht zu beanstanden und mit dem Vorbringen des Antragstellers nach wie vor nicht ausgeräumt. Auch wenn eine ernsthafte Gefahr für die Sicherheit der Mitschüler und Lehrkräfte nicht vorliegen sollte, so sei jedenfalls durch die Ereignisse der Schulbetrieb nachhaltig und schwer beeinträchtigt. Das Verwaltungsgericht folge schließlich auch der Einschätzung der Antragsgegnerin, dass eine mildere Ordnungsmaßnahme nicht in Betracht komme. Eine Überweisung in eine Parallelklasse und ein längerfristiger Unterrichtsausschluss würden die bestehende Konfliktsituation nicht beseitigen. Auch der Antragsteller könne ernsthaft kein Interesse an einem weiteren Verbleib an der Schule haben. Mit der Verweisung bleibe dem volljährigen Antragsteller die Möglichkeit, sich an einem anderen beruflichen Gymnasium mit der Fachrichtung Wirtschaft zu bewerben.

II.

Der Senat legt den Beschwerdeantrag dahin aus, dass der Antragsteller unter Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Ordnungsmaßnahmenbescheid der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2022 begehrt. Bereits das Verwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Schulordnungsmaßnahme nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 VwGO i.V.m. § 61 Abs. 4 Satz 3 Halbs. 2 NSchG keine aufschiebende Wirkung haben, so dass sich der einstweilige Rechtsschutz nach der 1. Alternative des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bestimmt.

Die so verstandene Beschwerde, deren Zulässigkeit keinen Bedenken ausgesetzt ist, ist unbegründet. Die von dem Antragsteller für sie angeführten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat den bei schulischen Ordnungsmaßnahmen anzulegenden Überprüfungsmaßstab zutreffend dargelegt. Nach der ständigen - von dem Antragsteller auch nicht in Zweifel gezogenen - Rechtsprechung des Senats hat die Art der Ordnungsmaßnahme darauf abzustellen, inwieweit der Erziehungszweck der Schule behindert wurde. Die Wahl der jeweiligen Ordnungsmaßnahme stellt sich dabei als pädagogische Ermessensentscheidung der nach § 61 Abs. 5 Satz 1 NSchG zuständigen Klassenkonferenz dar. Bei dieser Ermessensentscheidung ist darauf zu achten, dass die Ordnungsmaßnahme zur Schwere des zu ahndenden oder zu unterbindenden Verhaltens des Schülers in einem angemessenen Verhältnis steht. In der Sache ist die nach pflichtgemäßen Ermessen vorzunehmende Wahl der jeweiligen Ordnungsmaßnahme dessen unbeschadet durch pädagogische Erwägungen bestimmt, die sich daran auszurichten haben, in welcher Weise einem in der Schule nicht mehr hinzunehmenden Verhalten unter pädagogischen Gesichtspunkten adäquat, sinnvoll und wirksam zu begegnen ist. Bei einer Schulverweisung ist insbesondere maßgeblich, ob ein Verbleiben des Schülers an der betreffenden Schule im Hinblick auf die unbeeinträchtigte Erfüllung ihres Erziehungs- und Bildungsauftrags oder wegen des Schutzes Dritter, etwa der Mitschüler, nicht mehr hingenommen werden kann und ob dem Schüler in dieser Deutlichkeit und Konsequenz vor Augen geführt werden muss, dass sein Verhalten nicht geduldet werden kann. Diese pädagogische Bewertung einer schulischen Situation, die vor allem auch eine pädagogische und psychologische Beurteilung der Person und des Verhaltens des betreffenden Schülers und etwaiger anderer Beteiligter verlangt, entzieht sich einer Bewertung nach allein rechtlichen Kriterien. Der Klassenkonferenz steht vielmehr wie auch sonst bei Wertbeurteilungen im pädagogischen Bereich ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Bewertungsspielraum zu. Die Prüfungskompetenz der Verwaltungsgerichte beschränkt sich mithin darauf zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Anwendung einer Ordnungsmaßnahme vorliegen, die bestehenden Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob das zuständige Schulorgan gehandelt hat, ob von dem Ermessen ein dem gesetzlichen Zweck entsprechender Gebrauch gemacht worden ist, ob von einer richtigen und vollständigen Tatsachengrundlage ausgegangen worden ist, keine sachfremden Erwägungen angestellt worden sind, ob gleichgelagerte Fälle nicht ohne sachliche Rechtfertigung ungleich behandelt worden sind und ob die ausgewählte Maßnahme geeignet und verhältnismäßig ist (zuletzt Senatsbeschl. v. 14.5.2019 - 2 PA 490/18 -, juris Rn. 6; siehe auch Senatsbeschl. v. 14.1.2013 - 2 ME 416/12 -, juris Rn. 4; v. 26.1.2010 - 2 ME 444/09 -, NdsVBl. 2010, 213, juris Rn. 3; v. 25.4.2007 - 2 ME 382/07 -, juris Rn. 4).

Ebenfalls unstreitig korrekt führt der erstinstanzliche Beschluss die für den Erlass der Ordnungsmaßnahme "Verweisung von der Schule" nach § 61 Abs. 3 Nr. 5 NSchG gesetzlich bestimmten Voraussetzungen an. Gemäß § 61 Abs. 2 NSchG erfordert die Zulässigkeit von Ordnungsmaßnahmen, dass Schülerinnen oder Schüler ihre Pflichten grob verletzen, insbesondere gegen rechtliche Bestimmungen verstoßen, den Unterricht nachhaltig stören, die von ihnen geforderten Leistungen verweigern oder dem Unterricht unentschuldigt fernbleiben. Eine Ordnungsmaßnahme nach § 61 Abs. 3 Nr. 5 NSchG setzt gemäß § 61 Abs. 4 Satz 1 NSchG ergänzend voraus, dass die Schülerin oder der Schüler durch den Schulbesuch die Sicherheit von Menschen ernstlich gefährdet oder den Schulbetrieb nachhaltig und schwer beeinträchtigt hat. Darüber hinaus darf nach § 61 Abs. 4 Satz 2 NSchG die Verweisung von der Schule nur im Sekundarbereich II, jedoch nicht bei berufsschulpflichtigen Schülerinnen und Schülern, angeordnet werden.

Dass nach diesen Maßgaben das Verwaltungsgericht die gegen den Antragsteller ausgesprochene Ordnungsmaßnahme nicht hätte als aller Voraussicht nach rechtmäßig beurteilen dürfen, lässt sich nicht feststellen. Die Einwände des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen Beschluss dringen sämtlich nicht durch:

1. Die Teilnahme von I. an der Klassenkonferenz vom 12. Dezember 2022 als stimmberechtigte Vertreterin der Schülerinnen und Schüler nach § 36 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 NSchG ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Ein Verstoß gegen das in § 41 Abs. 1 NSchG statuierte Mitwirkungsverbot liegt entgegen der mit der Beschwerde wiederholten Rüge des Antragstellers nicht vor.

§ 41 Abs. 1 NSchG legt fest, dass Mitglieder von Konferenzen, von Bildungsgangs- und Fachgruppen, von Ausschüssen und des Schulvorstands bei der Beratung und Beschlussfassung über diejenigen Angelegenheiten, die sie selbst oder ihre Angehörigen persönlich betreffen, nicht anwesend sein dürfen. Hiernach greift das Mitwirkungsverbot in Bezug auf die Schülervertreterin I. nicht ein. Beraten und beschlossen worden ist in der Klassenkonferenz vom 12. Dezember 2022, ob gegen den Antragsteller eine Ordnungsmaßnahme - und wenn ja, welche - verhängt werden soll. Der Erlass einer Ordnungsmaßnahme gegen den Antragsteller ist aber keine Angelegenheit, die dessen Mitschülerin I. oder ihre Angehörigen persönlich betrifft. Darauf zielt auch das Argument des Verwaltungsgerichts, ein Fehlverhalten von und eine Ordnungsmaßnahme gegen I. seien nicht Gegenstand der Klassenkonferenz gewesen.

Auch in der Kommentarliteratur zu § 41 Abs. 1 NSchG wird davon ausgegangen, dass Schülervertreterinnen und Schülervertreter (nur dann) nicht anwesend sein dürfen, wenn über sie selbst, etwa in Bezug auf eine Versetzungsentscheidung, beraten wird (Kaufmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: Oktober 2022, § 41 Tz. 4.3; Galas/Krömer/Nolte/Ulrich, NSchG, 11. Aufl. 2021, § 41 Rn. 1). Soweit im Anschluss an einzelne verwaltungsgerichtliche Entscheidungen (VG Braunschweig, Urt. v. 18.1.2000 - 6 A 150/99 -, juris Rn. 23; Beschl. v. 17.6.2003 - 6 B 229/03 -, juris Rn. 20; VG Göttingen, Urt. v. 20.1.2005 - 4 A 56/03 -, juris Rn. 19) hinsichtlich der Mitwirkung von Lehrkräften an Ordnungsmaßnahmenkonferenzen eine zum Ausschluss nach § 41 Abs. 1 NSchG führende persönliche Betroffenheit auch dann angenommen wird, wenn die Lehrkraft durch das Fehlverhalten des betreffenden Schülers derart geschädigt worden ist, dass eine Strafanzeige oder ein zivilrechtliches Vorgehen ernsthaft in Betracht kommt (Kaufmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: Oktober 2022, § 41 Tz. 4.1; Galas/Krömer/Nolte/Ulrich, NSchG, 11. Aufl. 2021, § 41 Rn. 1), überzeugt dies nicht. Nicht nur, dass der Wortlaut der Vorschrift, nach der sich die Betroffenheit auf die der Beratung und Beschlussfassung unterliegende Angelegenheit beziehen muss, schon an sich überdehnt wird. Mit dem Abstellen auf das Ausmaß des durch das zu ahnende Fehlverhalten verursachten Schadens wird darüber hinaus in § 41 Abs. 1 NSchG eine dort nicht angelegte und gleichzeitig Betroffenheitsaspekte verkürzende Differenzierung hineingelesen. Außerdem besteht für eine solche erweiternde Auslegung auch kein Anlass. § 41 Abs. 1 NSchG mag die Funktion der allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Unvereinbarkeitsregelung des § 20 Abs. 1 VwVfG, die nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 NVwVfG für die Tätigkeit der Schulen bei Anwendung des Niedersächsischen Schulgesetzes nicht gilt, übernehmen (so VG Göttingen, Beschl. v. 17.5.1995 - 4 B 4097/95 -, juris Rn. 47). Das für schulische Gremien statuierte Mitwirkungsverbot muss aber nicht zusätzlich den Ausschlussgrund der Besorgnis der Befangenheit abdecken, der in der Sache in den angeführten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen angesprochen ist. Insoweit kommt schon § 21 VwVfG zum Tragen, der nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 NVwVfG u.a. für Teilkonferenzen nach § 36 Abs. 3 NSchG neben § 41 Abs. 1 NSchG Anwendung findet (vgl. Littmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: Oktober 2022, § 61 Tz. 7.2).

Hiernach hilft dem Antragsteller auch nicht weiter, dass in der Kommentarliteratur - an selber Stelle vorab - die Auffassung vertreten wird, der von § 41 Abs. 1 NSchG verwandte Begriff der "Angelegenheiten, die sie selbst oder ihre Angehörigen persönlich betreffen", beziehe sich nicht nur auf die Schülerin oder den Schüler, der oder dem die Pflichtverletzung zur Last gelegt werde, betroffen sei auch das Opfer der Pflichtverletzung (z.B. die bedrohte Schülerin, der verletzte Schüler, die bestohlene Lehrkraft), die zum Gegenstand der Konferenz gemacht werde (Littmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: Oktober 2022, § 61 Tz. 7.2). Wie bereits angeführt, ist nach dem Wortlaut des § 41 Abs. 1 NSchG für das Mitwirkungsverbot allein die Betroffenheit durch die Ordnungsmaßnahme, nicht durch das ihr zugrundeliegende Fehlverhalten maßgeblich. Anderenfalls könnte in dem Fall, dass ein Schüler eine Drohung gegen sämtliche der ihn unterrichtenden Lehrkräfte richtet, keine Ordnungsmaßnahmenkonferenz durchgeführt werden (ähnlich Kaufmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: Oktober 2022, § 41 Tz. 4.1). Offensichtlich zur Vermeidung dieser Konsequenz heißt es in der von dem Antragsteller für seine Rechtsposition in Anspruch genommenen Kommentierung nachfolgend, dass eine Lehrkraft erst dann von einer Pflichtverletzung im Sinne von § 41 Abs. 1 NSchG betroffen sei, wenn diese so massiv sei, dass eine nicht mehr objektive Einstellung der Lehrkraft zu dem betreffenden Schüler auch unter Berücksichtigung der Anforderungen des ihr übertragenen öffentlichen Amtes verständlich wäre (Littmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: Oktober 2022, § 61 Tz. 7.2). Diese Einschränkung stellt in der Sache aber erneut auf den Ausschlussgrund der Besorgnis der Befangenheit ab, der nicht in § 41 Abs. 1 NSchG, sondern in § 21 VwVfG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 3 NVwVfG seine Grundlage hat.

b) § 21 VwVfG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 3 NVwVfG stand der Mitwirkung von I. an der Klassenkonferenz vom 12. Dezember 2022 ebenfalls nicht entgegen.

Vor oder zumindest noch in der Ordnungsmaßnahmenkonferenz hat der Antragsteller eine Besorgnis der Befangenheit der Schülervertreterin I. nicht geltend gemacht (vgl. zur entsprechenden Obliegenheit sowie nachfolgend zum Rechtsschutz Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 21 Rn. 3 bzw. Rn. 31). Eine hier mit zu überprüfende Ablehnungsentscheidung des nach § 21 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 3 NVwVfG zuständigen Leiters der Antragsgegnerin liegt daher nicht vor. Allerdings ist auch kein Grund erkennbar, der geeignet (gewesen) wäre, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit von I. bei der Ausübung ihres Amtes als Vertreterin der Schülerinnen und Schüler zu rechtfertigen.

Zwar weist der Antragsteller in seiner Beschwerde zu Recht darauf hin, dass I., auch wenn sie sich bei der Beschlussfassung in der Klassenkonferenz der Stimme enthielt, maßgeblich zur Verhängung der Ordnungsmaßnahme gegen ihn beigetragen hat. Denn sie hatte den Antragsteller in ihrer vorab abgegebenen schriftlichen Äußerung sowohl durch die Bestätigung der von ihm selbst nicht eingeräumten Aussage "Ihr werdet gleich sehen, wie behindert ich bin, wenn ich gleich den ganzen WuN-Kurs" umbringe" als auch in Bezug auf die von ihm ausdrücklich bestrittene "Todesliste" belastet, zu der sie während der Beratung der Konferenzmitglieder auch noch näher Stellung nahm. Ebenfalls nicht positiv für den Antragsteller dürften sich ihre Erklärungen in der Konferenz ausgewirkt haben, dass einige Mitschüler vor ihm Angst hätten und sich bei Rückkehr in die Schule in seiner Gegenwart bedroht fühlen würden und dass ihr zusätzliche Sorgen mache, dass er das ihm zur Last gelegte Fehlverhalten nicht zugebe. Jede dieser Äußerungen würde aus der Sicht eines vernünftigen Beteiligten (vgl. zur maßgeblichen Perspektive Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 21 Rn. 15) aber nur dann die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn davon auszugehen wäre, dass I. bewusst die Unwahrheit gesagt hätte. Dies ist indes - wie noch ausgeführt werden wird (unten unter 2.a) - nicht der Fall.

Auch im Übrigen bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit von I.. Ihre Angabe, sie sei dem Antragsteller gegenüber nicht negativ eingestellt, erscheint jedenfalls nach gegenwärtigem Sachstand glaubhaft. Der Antragsteller hat zunächst selbst nicht behauptet, dass sich I. an dem Mobbing gegen ihn beteiligt hat. In seinem erstinstanzlich eingereichten persönlichen Schreiben vom 4. Januar 2023 hat er zwar über H. und G. hinaus L. und J. bezichtigt, ihm gedroht zu haben; den Namen I. hat der Antragsteller aber nicht genannt ("Eine Morddrohung oder andere Arten von Drohung sind nicht von meiner Seite gefallen, mir wurde aber gedroht (des Öfteren schon), dass ich jetzt dran bin und ich jetzt ,am Arsch' bin, geäußert von H., L., J. und G.."). Soweit es demgegenüber nun in der Beschwerdebegründung heißt, der Antragsteller sei - bereits seit Beginn des Schuljahres 2022/23 - von fünf Mitschülern (G., L., J., I. und H.) gemobbt worden, fehlt es an jeglicher Substantiierung. Für eine Unparteilichkeit von I. spricht zudem, dass sie in dem am 29. November 2022 nach Beendigung des Unterrichts gegen 14:30 Uhr zwischen den Lehrerinnen K. und E. und den fünf an dem Vorfall in der Pause vor der 7./8. Stunde Beteiligten geführten Gespräch ausdrücklich darauf hinwies, dass der Antragsteller gemobbt wurde. Schließlich hat I. auf die (hier als wahr unterstellte) Drohung des Antragstellers, dass er gleich den ganzen WuN-Kurs umbringe, in keiner Weise eskalierend reagiert, obwohl sie als einzige der Schülergruppe - H., G., L. und J. nahmen sämtlich am Religionsunterricht teil - tatsächlich davon betroffen gewesen wäre. Sie hat sich anscheinend nicht einmal veranlasst gesehen, die zuständige Lehrerin über das Geschehen in der Pause zu unterrichten. Aus der von Frau E. vor der Klassenkonferenz abgegebenen Stellungnahme ergibt sich nämlich kein Anhalt für die Annahme, dass diese von einer Drohung des Antragstellers gegen ihren Kurs schon Kenntnis hatte, als Frau K. - was gegen 14:15 Uhr gewesen sein dürfte - sie informierte. Anderenfalls hätte Frau E. den Antragsteller während ihres Unterrichts sicher nicht auch noch mit dem Vorwurf, er führe eine "Todesliste", konfrontiert.

2. Die Beschwerde vermag die erstinstanzliche Bewertung, dass die gegen den Antragsteller verhängte Ordnungsmaßnahme "Verweisung von der Schule" nach § 61 Abs. 3 Nr. 5 NSchG keine inhaltlichen Mängel erkennen lasse, nicht zu erschüttern. Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die maßgeblichen Voraussetzungen des § 61 Abs. 2 NSchG und des § 61 Abs. 4 Satz 1 NSchG vorliegen. Satz 2 des § 61 Abs. 4 NSchG steht dem Schulverweis ersichtlich nicht entgegen, da der Antragsteller den 11. Schuljahrgang besucht und nicht der Berufsschulpflicht unterliegt.

a) Sowohl in der Aussage "Ihr werdet gleich sehen, wie behindert ich bin, wenn ich gleich den ganzen WuN-Kurs umbringe" als auch in dem Führen einer "Todesliste" liegt die Androhung von erheblicher Gewalt gegen Mitschüler und Lehrkräfte, was sich als grobe Pflichtverletzung eines Schülers im Sinne von § 61 Abs. 2 NSchG darstellt (vgl. Littmann, in: Brockmann/Littmann/Schippmann, NSchG, Stand: Oktober 2022, § 61 Tz. 4.1; siehe zudem auch zur nur scherzhaften Ankündigung eines Amoklaufs Senatsbeschl. v. 26.1.2010 - 2 ME 444/09 -, NdsVBl. 2010, 213, juris Leitsatz und Rn. 7 ff.). Das stellt auch der Antragsteller nicht in Abrede. Soweit er die Erfüllung des Tatbestandes des § 61 Abs. 2 NSchG im Tatsächlichen in Frage stellt, folgt ihm der Senat nicht.

Dem Beschwerdevorbringen lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob der Antragsteller den ihm vorgeworfenen Ausspruch "Ihr werdet gleich sehen, wie behindert ich bin, wenn ich gleich den ganzen WuN-Kurs umbringe" weiterhin bestreiten will. Erstinstanzlich hatte er in seinem persönlichen Schreiben vom 4. Januar 2023 erklärt, er habe auf die Beleidigungen seiner Mitschüler in der Pause vor der 7./8. Stunde am 29. November 2022 erwidert, "..., dass meine Behinderung mich nicht daran hindern wird, ihnen überlegen zu sein"; eine Morddrohung oder andere Arten von Drohungen seien von seiner Seite nicht gefallen. Jedenfalls überzeugt die Einlassung des Antragstellers nicht. Gegen ihre Wahrhaftigkeit spricht schon, dass sie erstmals im gerichtlichen Verfahren erfolgt ist. In dem am 6. Dezember 2022 mit der Antragsgegnerin geführten Gespräch hatte sich der Antragsteller zu dem Vorfall vom 29. November 2022 unter Verweis auf das laufende Strafverfahren (und im Hinblick auf die Anwesenheit eines Polizeibeamten) nicht äußern wollen. In der Klassenkonferenz am 12. Dezember 2022 hatte er sich auf die Angabe beschränkt, dass er damals unter großem Druck und Stress gestanden habe. Zu dieser Zurückhaltung hätte bei einer solch harmlosen Reaktion wie der vor dem Verwaltungsgericht angegebenen kein Anlass bestanden. Darüber hinaus ist die zuerst von L. behauptete Äußerung nicht nur von I., sondern auch von J. bestätigt worden, wie sich aus dem mit "Schilderung der Vorfälle und des zeitlichen Ablaufs am 29.11.2022" überschriebenen Bericht der Religionslehrerin K. ergibt. Die darin enthaltene Ausführung, J. habe ihr von den Äußerungen von H. und von der Reaktion des Antragstellers erzählt, lässt sich mangels weiterer Darlegungen nur als Bestätigung der zuvor wiedergegebenen Beschuldigung von L. verstehen. Dagegen, dass der Antragsteller die Drohung tatsächlich ausgesprochen hat, steht auch nicht, dass sie in den von H. und G. vor der Klassenkonferenz abgegebenen Stellungnahmen nicht genannt ist. Offensichtlich hatten beide Schüler gegenüber dem Antragsteller, dessen Mobbing sie in den von der Antragsgegnerin mit ihnen nach dem Vorfall vom 29. November 2022 geführten Gesprächen eingeräumt haben, wegen ihrer vorangegangenen Provokationen ein schlechtes Gewissen. Dafür spricht auch die Angabe von H. bei seiner Befragung durch Frau K., er wolle zu der Reaktion des Antragstellers auf seine Bemerkungen zu dessen Nachteilsausgleichs nichts sagen, weil er keine anderen Schüler belasten wolle. Schließlich wird die Annahme, dass es tatsächlich zu dem dem Antragsteller vorgeworfenen Ausspruch gekommen ist, noch durch die Schilderung von Frau K. gestützt, deren Glaubwürdigkeit nicht in Zweifel gezogen worden ist. Nach ihrem Eindruck herrschte zu Beginn ihres Religionskurses eine "merkwürdige" Stimmung. H. und G. hätten ihr kaum in die Augen sehen können und auf den Tisch geguckt. Sie hätten nervös gewirkt und gerade H. sei kreidebleich gewesen. H. habe auch bei seiner Befragung mehr als eine dreiviertel Stunde später nach wie vor auf sie sehr nervös gewirkt. Diese Beobachtungen lassen sich dahingehend interpretieren, dass beide Schüler über den Verlauf des Pausengespräches ernstlich erschrocken waren. Hierzu hätten sie aber keinen Grund gehabt, wenn der Antragsteller sie nur darauf hingewiesen hätte, dass er ihnen trotz seiner Behinderung überlegen sei. Ohne eine tiefgreifende seelische Erschütterung hätten H. und G. ihr Fehlverhalten angesichts der ihnen deswegen selbst drohenden Ordnungsmaßnahmen wohl auch nicht gegenüber der Antragsgegnerin eingestanden.

Obwohl vom Antragsteller durchgehend bestritten, ist auch hinreichend wahrscheinlich, dass er eine "Todesliste" geführt oder zumindest bei seinen Mitschülerinnen und Mitschülern den entsprechenden Anschein erweckt hat. Die zweite Alternative, die in ihrem Drohpotential hinter dem tatsächlichen Führen einer "Todesliste" nicht zurückbleibt, ist in Erwägung zu ziehen, weil eine "Todesliste" bei der beim Antragsteller durchgeführten Hausdurchsuchung nicht gefunden wurde und auch die Angaben von I. deren Existenz nicht belegen. Zwar will sie den Namen von J. auf einer Liste bei dem Antragsteller gesehen haben; auf ihre Frage, was das für eine Liste sei, zeigte der Antragsteller sie ihr aber nicht, sondern packte sie weg. Auch bezieht sich der von I. in ihrer mit "Nach den Herbstferien" überschriebenen Aufstellung zudem vermerkte Satz "Er hat vor sich hin genuschelt, dass es seine Todesliste ist" nicht auf diese Begebenheit. Insoweit kommt durchaus in Betracht, dass der Antragsteller den Namen seiner Mitschülerin J. aus anderen Gründen aufgeschrieben hat. Allerdings hätte er dann auch die Möglichkeit gehabt, den Verdacht von I. auszuräumen, statt diesen durch das Wegpacken der Unterlage noch zu verstärken. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass der Antragsteller selbst den Eindruck geschürt hat, er führe eine "Todesliste". Nicht nur I. hat ihn mit entsprechenden Aussagen belastet (neben "Er hat vor sich hin genuschelt, dass es seine Todesliste ist" auch - nach der Vergabe der Noten für die Deutscharbeit - "Frau N. steht jetzt auch auf der Liste"), sondern auch L., bei der es sich wohl um die Schülerin handelt, die am Vormittag des 29. November 2022 die WuN-Lehrerin E. informierte (Vor den Herbstferien: "Ich schreib dich sonst auch gleich auf die Liste"; nach den Herbstferien: "Du rutschst jetzt auch ein(en) Platz höher" (zu I.), "Jetzt steht Frau E. auch auf der Liste" und "Er nuschelt vor sich hin, dass es seine Todesliste ist"). Auch J. hatte bereits bei ihrer Befragung durch Frau K. angegeben, dass der Antragsteller eine "Todesliste" führe, auf der ein "Ranking" bestehe. In ihrer schriftlichen Äußerung zitierte sie den Antragsteller mit dem Ausspruch "Du rutschst jetzt drei Plätze höher". Dass sich die drei Schülerinnen gegen den Antragsteller verschworen und, um ihm zu schaden, bewusst fälschlicherweise belastet haben könnten, lässt sich nicht annehmen. Dagegen spricht nämlich, dass sich nur eine von ihnen von sich aus mit ihrem Vorwurf gegen den Antragsteller an eine Lehrkraft wandte; die beiden anderen reagierten erst auf die Fragen der unterrichtenden Lehrerinnen bzw. des Leiters der Antragsgegnerin. Etwas Anderes folgt auch nicht aus der anscheinend bestehenden persönlichen Nähe von jedenfalls L. und J. zu H. und G.. Denn die beiden Schüler hatten sich nach dem Pausenvorfall vom 29. November 2022 gerade entschlossen, ihr bisheriges Fehlverhalten gegenüber dem Antragsteller offenzulegen und damit zu beenden. Darüber hinaus bestätigte auch der nicht des Mobbings bezichtigte Schüler O., der Antragsteller hätte gesagt, er habe eine Todesliste.

b) Die vom Antragsteller begangenen groben Pflichtverletzungen erfüllen auch die Anforderungen von § 61 Abs. 4 Satz 1 NSchG.

Dabei bedarf hier keiner Entscheidung, ob, wovon der Ordnungsmaßnahmenbescheid vom 21. Dezember 2022 ausgeht, durch das Verhalten des Antragstellers entsprechend § 61 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 NSchG die Sicherheit von Menschen ernstlich gefährdet war. Allerdings spricht im Nachhinein gegen ein tatsächlich vom Antragsteller ausgehendes Risiko, dass er seiner Ankündigung, "gleich den ganzen WuN-Kurs umzubringen", bis zur Beendigung des Unterrichts nach etwa eineinviertel Stunden keinerlei Taten folgen ließ. Anscheinend - Gegenteiliges ergibt sich aus der vom Leiter der Antragsgegnerin eingeholten Stellungnahme der WuN-Lehrerin jedenfalls nicht - zeigte der Antragsteller nicht einmal ein auffälliges Verhalten, obwohl er von Frau E. zusätzlich noch mit dem Vorwurf der "Todesliste" konfrontiert wurde. Auch die Mitschülerin I. sah sich nicht veranlasst, auf eine Gefährdung durch den Antragsteller hinzuweisen. Zudem wurden bei der beim Antragsteller durchgeführten Hausdurchsuchung keinerlei Waffen gefunden, mit denen die Drohungen hätten umgesetzt werden können. Schließlich haben sich in der Klassenkonferenz vom 12. Dezember 2022 für die Ungefährlichkeit des Antragstellers sowohl sein Vater als auch sein Ambulanter Einzelfallhelfer, die beide zu ihm in engerer Beziehung stehen, verbürgt. Der mit der Beschwerde noch erhobene Vorwurf des Antragstellers, die Erklärung des Schulpsychologen, dass er nach den Gesprächen mit allen Beteiligten das Vorliegen einer Gefährdung nicht ausschließen könne, könne nicht nachvollzogen werden, überzeugt jedoch nicht. Der Antragsteller hat sich mit dem Bestreiten des ihm angelasteten Fehlverhaltens ersichtlich keinen Gefallen getan. Die Aussage des Schulpsychologen ist vor dem Hintergrund verständlich, dass sich ohne Ehrlichkeit das für ein Gefühl der Sicherheit unabdingbare Vertrauen nicht herstellen lässt. Darauf zielte wohl auch die Bemerkung der Schülervertreterin I. in der Klassenkonferenzberatung, dass der Antragsteller sämtliche Vorwürfe abstreite, mache ihr zusätzliche Sorgen.

Jedenfalls hat der Antragsteller, worauf der Bescheid vom 21. Dezember 2022 ebenfalls abstellt, im Sinne von § 61 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 NSchG den Schulbetrieb nachhaltig und schwer beeinträchtigt. Die Ausführung des Verwaltungsgerichts, dass ernsthafte Morddrohungen gegen Mitschüler oder Lehrkräfte bzw. die Ankündigung eines Amoklaufs geeignet sind, den Schulfrieden in erheblichem Maß zu stören und Ängste, Panik und Unsicherheit bei den Betroffenen auszulösen, trifft zu und wird vom Antragsteller mit der Beschwerde auch ausdrücklich nicht in Frage gestellt. Sein stattdessen erhobener Einwand, dass eine derartige Situation jedoch nicht vorgelegen hätte und der Sachverhalt genau in diesem Punkt strittig sei, greift nicht durch. Die Ansicht des Antragstellers, aus dem Umstand, dass die Lehrkräfte erst etwa einen Monat nach Ende der Herbstferien auf die "Todesliste" hingewiesen wurden, lasse sich schließen, dass sich seine Mitschüler nicht ernsthaft gefährdet gefühlt hätten, ist schon nicht zwingend. Ungeachtet dessen bestanden zumindest seit dem 29. November 2022 nachweislich bei den Mitschülern des Antragstellers erhebliche Ängste. Nicht nur, dass sich an diesem Tag eine Klassenkameradin wegen der "Todesliste" an die Lehrerin E. wandte. Auch die Mitschülerin J. gab bei ihrer Befragung durch Frau K. an, aufgrund von Vorfällen aus der Vergangenheit, insbesondere der "Todesliste", Angst vor dem Antragsteller zu haben. Welch tiefgreifende seelische Erschütterung die Drohung des Antragstellers, "gleich den ganzen WuN-Kurs umzubringen", bei seinen Mitschülern H. und G. auslöste, ist bereits oben (unter 2.a) beschrieben. Auch haben insgesamt neun Schülerinnen und Schüler im Nachhinein von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, als bedrohlich empfundene Begebenheiten mit dem Antragsteller niederzuschreiben, und hat I. als Vertreterin der Schülerinnen und Schüler in der Klassenkonferenzberatung erklärt, dass einige Mitschüler Angst vor dem Antragsteller hätten. Darüber hinaus ergibt sich, worauf sich der Ordnungsmaßnahmenbescheid ausdrücklich bezieht, aus der Stellungnahme der Lehrerin N., dass am Tag nach dem 29. November 2022 der gesamte Klassenverband des Antragstellers sehr aufgeregt, besorgt und ängstlich war. Ein Schüler bat darum, den Klassenraum von innen abzuschließen; Unterricht war nicht möglich. Auch hat die Lehrerin E. in ihrer Stellungnahme angeführt, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des WuN-Kurses bedroht fühlten; ein angstfreies und ungezwungenes Lernklima scheine nachhaltig beeinträchtigt.

Soweit der Antragsteller weiter geltend macht, auch die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Lehrkräfte zutiefst verunsichert seien, könne nicht geteilt werden, überzeugt dies ebenfalls nicht. Entgegen seiner Auffassung kann der Antragsteller aus der Tatsache, dass die ihn unterrichtenden Lehrkräfte nicht schon vor dem 29. November 2022 Bedenken gegen seinen Schulbesuch thematisiert haben, nichts für sich herleiten. Zutreffend ist, dass in den vom Leiter der Antragsgegnerin eingeholten Stellungnahmen fünf der insgesamt sieben Lehrerinnen - Frau E., Frau P., Frau Q., Frau N. und Frau F. - Begebenheiten schon aus früherer Zeit schilderten, in denen sich der Antragsteller auffällig verhalten hätte. Übereinstimmend äußerten die betreffenden Lehrkräfte aber, dass sie den Antragsteller deswegen (noch) nicht als gefährlich angesehen hätten. Hiernach bestand weder für eine Information des Antragstellers und seines Vaters noch für die Einschaltung des Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentrums Inklusive Schule Anlass. Die offenbar noch auf Vertrauen zum Antragsteller beruhende Einstellung der Lehrkräfte "kippte" aber ersichtlich aufgrund der am 29. November 2022 geäußerten Drohung und dem gleichzeitigen Bekanntwerden der "Todesliste". Denn bis auf die Klassenlehrerin F. gaben alle anderen Lehrerinnen an, dass sie nunmehr Angst vor dem Antragsteller oder jedenfalls "ein komisches Bauchgefühl" hätten bzw. den Antragsteller als unberechenbar einschätzten. Dabei erklärten die Lehrerinnen R., S. und N. ausdrücklich, dass der Antragsteller durch seine Drohung auch unter Berücksichtigung des Mobbings gegen ihn eine Grenze überschritten habe. Frau E. und Frau N. lasteten dem Antragsteller zudem an, dass er sich zu den Vorwürfen gegen ihn nicht bzw. nicht umfassend äußern wolle. Schließlich haben sämtliche acht in der Klassenkonferenz anwesenden Lehrkräfte für die Verhängung der streitgegenständlichen Ordnungsmaßnahme gestimmt. Die Annahme aus dem Bescheid vom 21.12.2022, das Vertrauensverhältnis zwischen dem Antragsteller und der Schule sei dauerhaft gestört, findet hiernach eine hinreichende Stütze. Demgegenüber geht das reine Bestreiten des Antragstellers, der zwar eine "gewisse Aufregung im Schulbetrieb", nicht aber dessen nachhaltige und schwere Beeinträchtigung zugesteht, fehl.

3. Nach den obigen Darlegungen greift auch die mit der Beschwerde erhobene Rüge, der ausgesprochene Schulverweis sei unverhältnismäßig, nicht durch.

Die von dem Antragsteller angesprochene mildere Ordnungsmaßnahme eines Ausschlusses bis zu drei Monaten vom Unterricht sowie von den außerunterrichtlichen Angeboten nach § 61 Abs. 3 Nr. 3 NSchG hat die Klassenkonferenz ausweislich des Protokolls ausdrücklich erwogen und dabei eingestellt, dass so sein Wunsch nach einer Rückkehr in die Klasse erfüllt werden könnte und es möglich wäre, den Sachverhalt auch mit schulpsychologischer Hilfe weiter aufzuarbeiten. Der Antragsteller trägt dazu im Beschwerdeverfahren ergänzend vor, dass er erst im Rahmen der Ordnungsmaßnahmenkonferenz sein Verhalten gespiegelt bekommen habe. Die Ereignisse, die vor dem 29. November 2022 geschehen seien und in den Stellungnahmen der Lehrkräfte angeführt würden, habe er anders in Erinnerung. Auch bestätige die ihn seit 15 Jahren behandelnde Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, dass es ihm inzwischen gut gelinge, Konflikte und Krisen verbal zu bearbeiten, wenn ihm dazu Gelegenheit gegeben werde. Der in dem Vorbringen zum Ausdruck kommende Willen des Antragstellers, den von ihm zum Schuljahr 2022/23 erprobten Besuch des Beruflichen Gymnasiums Wirtschaft der Antragsgegnerin für sich noch zum Guten zu wenden, ist angesichts seiner früheren negativen Präsenzschulerfahrungen und der bereits erlebten Erfolglosigkeit seiner Bemühungen um einen Ausbildungsplatz ohne Weiteres verständlich. Auch ist zu Gunsten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass der von ihm am 29. November 2022 ausgesprochenen Drohung nachweislich ein Mobbing durch H. und G. vorausging. Die beiden Schüler haben zudem eingeräumt, den Antragsteller schon zuvor - "in den letzten Wochen" - gemobbt zu haben, was auch mitursächlich für die "Todesliste" gewesen sein könnte. Gerade, weil der Antragsteller schon in der Primar- und Sekundarstufe I Mobbing erleiden musste, dürfte die erneute Erfahrung für ihn besonders belastend gewesen sein. Der Antragsteller selbst hat dies allerdings so nicht geltend gemacht. Dem stünde auch entgegen, dass er das für die Ordnungsmaßnahme maßgebliche Fehlverhalten bislang nicht eingestanden hat.

Darüber hinaus setzt sich der Antragsteller nicht damit auseinander, dass die von ihm für sich erst neu gewonnenen Erkenntnisse für die Gegenseite bereits zu spät kommen. Denn die Klassenkonferenz hat die Verhängung einer Ordnungsmaßnahme nach § 61 Abs. 3 Nr. 3 NSchG nachvollziehbar mit der Begründung abgelehnt, dass das Vertrauensverhältnis zwischen dem Antragsteller und der Schule so nachhaltig gestört sei, dass bei seiner Rückkehr nach einem dreimonatigen Ausschluss inklusive schulpsychologischer Unterstützung Ängste bestehen bleiben würden. Für die Einschätzung ist insbesondere als maßgebend angesehen worden, dass die Aussagen des Antragstellers in der Klassenkonferenz, dass sämtliche Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprächen, keine Einsicht erkennen ließen und somit die nachhaltige Aufarbeitung der Vorfälle sowohl für seine Mitschüler als auch für die Lehrkräfte verhinderten. Dem hat der Antragsteller mit der Beschwerde nichts entgegengesetzt. Sein Vorwurf, dass sich die Antragsgegnerin mit dem Schulverweis für die einfachste Lösung entschieden habe, erscheint daher nicht gerechtfertigt. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zutreffend mit dem Argument verneint, dass ein längerfristiger Unterrichtsausschluss die bestehende Konfliktsituation nicht beseitigen würde. Damit liegt auch die nach der Senatsrechtsprechung für die Ordnungsmaßnahme "Verweisung von der Schule" geltende Anforderung, dass ein Verbleiben des Schülers im Hinblick auf die unbeeinträchtigte Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule nicht mehr hingenommen werden kann, vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung, die der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung entspricht, beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG (i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 Halbs. 1 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).