Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.02.2004, Az.: 18 LP 9/02
Dienstvereinbarung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.02.2004
- Aktenzeichen
- 18 LP 9/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 50495
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 13.05.2002 - AZ: 9 A 3345/01
Rechtsgrundlagen
- § 70ff PersVG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Das Verfahren bei Nichteinigung findet bei Dienstvereinbarungen nicht statt.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt Feststellungen im Zusammenhang mit einem von ihm gestellten Initiativantrag.
Der Antragsteller möchte als örtlicher Personalrat mit der Leitung der städtischen Kliniken in Wilhelmshaven eine Dienstvereinbarung über „Grundsätze der Dienstplangestaltung“ abschließen. Nach Diskussionen und Verhandlungen legte er der Dienststellenleitung aufgrund des Beschlusses vom 6. Juni 2001 den Entwurf einer entsprechenden Dienstvereinbarung vor. Die Vereinbarung betrifft Grundsätze für die Aufstellung von Dienstplänen für die Mitarbeiter und Auszubildenden des Pflegedienstes, und zwar hinsichtlich der Arbeitszeit, den Dienstplan im Einzelnen für einen Zeitraum von mindestens vier Wochen, der Ruhepausen und Ruhezeiten. Wegen des Inhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf Blatt 12 bis 15 der Gerichtsakte.
Die Dienststelle lehnte den Abschluss der Dienstvereinbarung mit Schreiben vom 13. Juni 2001 ab. Der Entwurf enthalte Vorschläge, die einer Dienstvereinbarung nicht zugänglich seien, da gesetzliche und tarifliche Regelungen entgegenstünden. Zu den Einzelheiten wurde auf die bereits geführte Korrespondenz verwiesen. Der Antragsteller beschloss darauf, das Einigungsverfahren durchzuführen. Er legte die Angelegenheit mit Schreiben vom 20. Juni 2001 dem Verwaltungsausschuss der Stadt Wilhelmshaven vor und ging dabei auch auf die rechtlichen Bedenken der Dienststelle ein. Der Verwaltungsausschuss führte das Verfahren jedoch trotz Aufforderung der Personalvertretung nicht weiter; er beteiligte insbesondere nicht den Gesamtpersonalrat.
Zur Fortführung des Verfahrens und zur Wahrung seiner Rechte hat der Antragsteller am 8. Oktober 2001 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet. Seiner Ansicht nach ist das Einigungsverfahren auch für den Abschluss von Dienstvereinbarungen anwendbar. Der Beteiligte als Vorsitzender des Verwaltungsausschusses sei deshalb verpflichtet, die Angelegenheit zu fördern und den Gesamtpersonalrat zu beteiligen. Er habe nicht die Kompetenz, das Verfahren einseitig auszusetzen. Inhaltlich sei die Dienstvereinbarung nicht zu beanstanden. Tarifrecht und Gesetze würden beachtet und stünden nicht entgegen.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, dass der Beteiligte verpflichtet ist, das Einigungsverfahren zur "Dienstvereinbarung zu Grundsätzen der Dienstplangestaltung" durch Stellungnahme gegenüber dem Gesamtpersonalrat fortzusetzen.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Seiner Ansicht nach kann ein Einigungsverfahren bei Abschluss einer Dienstvereinbarung nicht durchgeführt werden, weil die Personalvertretung die Dienststelle nicht einseitig zum Abschluss eines Vertrages zwingen dürfe. Nach der Systematik des NPersVG seien die Regelungen über die Nichteinigung in Mitbestimmungsangelegenheiten auf das Verfahren zum Abschluss von Dienstvereinbarungen nicht anwendbar. Davon abgesehen, enthalte der Entwurf der Dienstvereinbarung mehrere Regelungen, die mit Gesetzen und Tarifverträgen nicht vereinbar seien oder bereits dadurch abschließend geregelt würden.
Mit Beschluss vom 13. Mai 2002 hat die Fachkammer den Antrag abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller habe nicht Anspruch auf Durchführung eines Verfahrens bei Nichteinigung (Einigungsverfahren) zum Abschluss einer Dienstvereinbarung. Der Beteiligte sei nicht verpflichtet, mit dem Gesamtpersonalrat in Verhandlungen über den vorgelegten Entwurf einer Dienstvereinbarung einzutreten.
Ein Verfahren nach § 70 NPersVG sei durchzuführen, wenn zwischen Dienststelle und Personalrat eine Einigung über einen Antrag der jeweils anderen Seite nicht erzielt werden könne. Sein Gegenstand sei entweder eine von der Dienststelle beabsichtigte Maßnahme, die nach § 68 NPersVG der Mitbestimmung unterliege und der nicht zugestimmt worden sei, oder ein Antrag des Personalrates auf Durchführung einer Maßnahme, die die Dienststelle nach § 69 Abs. 2 NPersVG abgelehnt habe. Das Einigungsverfahren sei Teil der Bestimmungen im 2. Abschnitt (Mitbestimmung) des 5. Kapitels (Beteiligung des Personalrates) des NPersVG. Demgegenüber sei das Verfahren zum Abschluss einer Dienstvereinbarung in § 78 NPersVG im 3. Abschnitt („Andere Formen der Beteiligung“) des 5. Kapitels geregelt. Dazu gehörten neben der Dienstvereinbarung die Herstellung des Benehmens nach § 75 NPersVG und der Arbeits- und Gesundheitsschutz nach § 77 NPersVG. Im Falle des Fehlens einer Einigung im Rahmen der Benehmensherstellung seien in § 76 NPersVG Sonderregelungen getroffen worden, die teilweise auf das Einigungsverfahren der Mitbestimmung verwiesen. Für den Fall der Nichteinigung bei dem Antrag auf Abschluss einer Dienstvereinbarung fänden sich dagegen Regelungen nicht. Allein schon die Behandlung des Mitbestimmungsverfahrens mit ausführlichen Einigungsregelungen einerseits und des Verfahrens auf Abschluss einer Dienstvereinbarung andererseits in zwei unterschiedlichen, in sich abgeschlossenen gleichwertigen Abschnitten des 5. Kapitels schließe es aus, das Einigungsverfahren des 2. Abschnittes auf Fälle von Uneinigkeit bei Gegenständen des 3. Abschnittes anzuwenden.
Dem Abschluss einer Dienstvereinbarung liege gegenüber der Mitbestimmung auch eine andere Situation zugrunde. Schon der Wortlaut "Vereinbarung" lege es nahe, ein freiwilliges und einverständliches Vertragswerk und nicht eine im Einigungsverfahren ersetzte Willenserklärung vorauszusetzen. Die Vereinbarung sei das Ergebnis von Verhandlungen und gleichberechtigten Vorschlägen, bei der keine Seite die andere durch Fristen und fingierte Zustimmungen unter Druck setzen könne. Somit unterscheide sich das Mitbestimmungsverfahren von der Dienstvereinbarung durchaus auch unter dem Aspekt der Freiwilligkeit.
Gegen die Annahme, der Abschluss einer Dienstvereinbarung könne im Einigungsverfahren mit dem Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle durchgeführt werden, spreche ferner die freie Kündbarkeit durch jede Seite (§ 78 Abs. 4 Satz 1 NPersVG). Es sei unangebracht, die übergeordnete Dienststelle und die höhere Stufe der Personalvertretung mit der Angelegenheit zu befassen und dort umfangreiche Erörterungen zu führen, wenn die Seite, die mit dem Inhalt der aufgedrängten Vereinbarung nicht einverstanden sei, sie nach Abschluss des Stufenverfahrens und nach Unterzeichnung sofort kündigen könne. Das aufwendige und komplizierte Einigungsverfahren des NPersVG sei auf dauerhafte Befriedung und Regelung gerichtet und nicht auf ein Ergebnis, das von der mit ihm nicht einverstandenen Seite sofort durch Kündigung wieder beseitigt werden könne. Wenn aber der Abschluss einer Dienstvereinbarung nicht durch ein Stufenverfahren ersetzt werden könne, sei nicht nur die verbindliche Entscheidung der übergeordneten Stufe und letztendlich der Einigungsstelle über die Dienstvereinbarung ausgeschlossen, sondern es entfalle das Stufenverfahren insgesamt. Deshalb bestehe ein Anspruch der Personalvertretung auf Vorlage an die übergeordnete Stufenvertretung ebenso wenig wie ein Anspruch der Dienststelle auf Vorlage im Stufenverfahren, wenn die Personalvertretung einer von ihr vorgelegten Dienstvereinbarung nicht zustimme. Im Übrigen wird auf den Beschluss verwiesen.
Gegen diesen, ihm am 24. Mai 2002 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12. Juni 2002 eingelegte Beschwerde des Antragstellers, die er am 9. Juli 2002 begründet hat. Er verfolgt sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung seiner dortigen Ausführungen weiter und ergänzt sein Vorbringen im Wesentlichen wie folgt: Allein daraus, dass der niedersächsische Gesetzgeber die Benehmensherstellung und die Dienstvereinbarung im Gegensatz zum Bundesgesetzgeber in einem besonderen Abschnitt des gleichen Kapitels aufgeführt habe, könne nicht geschlossen werden, dass die Regelungen zur Dienstvereinbarung einen grundsätzlich anderen Inhalt hätten. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass in § 74 BPersVG ebenfalls nicht auf das Nichteinigungs- und Einigungsstellenverfahren verwiesen werde. Auch die Begründung zum Regierungsentwurf eines Personalvertretungsgesetzes für das Land Niedersachsen vom 12. Januar 1993 (Drucks. 12/4370, S. 145, 146) enthalte einen Hinweis auf den vom Verwaltungsgericht angenommenen Anschluss des Stufenverfahrens nicht. Jedenfalls habe eine solche Absicht in Wortlaut und Aufbau des Gesetzes nicht Niederschlag gefunden.
Das Verwaltungsgericht verkenne auch den Charakter einer Dienstvereinbarung. Dienstvereinbarungen seien entgegen seiner Auffassung nicht ein eigenständiges Instrument der Beteiligung, sondern ein Mittel zur Ausübung des Beteiligungsrechts bei generellen Regelungen. Da im Bereich des NPersVG Dienstvereinbarungen grundsätzlich in allen der Beteiligung des Personalrats unterliegenden Angelegenheiten geschlossen werden könnten, richte sich das Verfahren für das Zustandekommen einer Dienstvereinbarung nach den Regeln, die für das jeweils in Anspruch genommene Beteiligungsrecht gelten. Weder bedürfe es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in der Vorschrift über Dienstvereinbarungen eines Verweises auf die Vorschriften über das Mitbestimmungsverfahren, noch wäre eine solche Verweisung überhaupt sachlich angemessen. Dadurch, dass sich das Verfahren nach den für das jeweils materiell in Anspruch genommene Beteiligungsrecht geltenden Regeln richte, finde auch eine Ausweitung der Beteiligungsrechte des Personalrates dadurch, dass er das Mittel der Dienstvereinbarung in Anspruch nehme, nicht statt.
Der insoweit gegenständlich begrenzten Erzwingbarkeit von Dienstvereinbarungen stehe auch nicht der in dem besonderen Unterschriftserfordernis zum Ausdruck kommende Vereinbarungscharakter einer Dienstvereinbarung entgegen. Zum einen sei die Erzwingbarkeit von Verträgen keinesfalls grundsätzlich ausgeschlossen. Hierzu sei beispielsweise auf den Abschluss von Tarifverträgen aufgrund von Arbeitskampfmaßnahmen verwiesen, die von ihrer Rechtsnatur her mit Betriebs- und Dienstvereinbarungen vergleichbar seien. Auf der anderen Seite stelle die Ersetzung der Einigung zwischen betrieblicher Interessenvertretung und Dienststelle durch die Entscheidung der Einigungsstelle beim Zustandekommen von Dienst- und Betriebsvereinbarungen eine übliche Regelung dar. Da dem niedersächsischen Gesetzgeber dies bei der Ausweitung der Möglichkeit zum Abschluss von Dienstvereinbarungen bekannt gewesen sei, hätte er den Ausschluss des Zustandekommens von Dienstvereinbarungen durch die Entscheidung der Einigungsstelle ausdrücklich regeln müssen.
Auch die Kündbarkeit einer Dienstvereinbarung spreche nicht gegen deren Erzwingbarkeit. Da eine Dienstvereinbarung grundsätzlich auf eine generelle, zeitlich unbefristete Regelung gerichtet sei, müsse sie wie jedes Dauerschuldverhältnis kündbar sein. Die Kündbarkeit sage daher nichts über das Verfahren des Zustandekommens aus. Ebenso wenig greife der Hinweis des Verwaltungsgerichts durch, das aufwendige und komplizierte Einigungsverfahren des NPersVG sei auf dauerhafte Befriedung und Regelung gerichtet und nicht auf ein durch Kündigung wieder zu beseitigendes Ergebnis. Das Einigungsstellenverfahren sei in Einzelfällen durchzuführen und habe im Gegensatz zu der Entscheidung über eine Dienstvereinbarung gerade nicht Wirkung für folgende Fälle. Die Befriedungswirkung eines Spruches der Einigungsstelle zu einer Dienstvereinbarung sei daher größer als bei der Regelung eines Einzelfalles.
Auch könne der Personalrat bei Dienstvereinbarungen im Falle der Nichtgeltung der für das jeweilige Beteiligungsrecht geltenden Verfahrensregelungen nicht sinnvoll auf die Ausübung des Mitbestimmungsrechts im Einzelfall verwiesen werden. Gerade bei der vorliegend in Rede stehenden Arbeitszeitgestaltung müssten eine Vielzahl von Mitbestimmungsverfahren durchgeführt werden, was weder für die Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben förderlich wäre, noch die Belange der Beschäftigten oder die Rechte der Personalvertretung wirksam wahren könnte.
Unabhängig davon, dass in den Fällen der Mitbestimmung nach § 66 NPersVG der Abschluss einer Dienstvereinbarung auch durch Entscheidung der Einigungsstelle erfolgen könne, könne aus der gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht abgeleitet werden, dass auch schon die Beratung über eine Dienstvereinbarung im Stufenverfahren ausgeschlossen sei. Der Grundsatz der vertrauensvollen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalvertretung gebiete es vielmehr, dass bei Meinungsverschiedenheiten "vor Ort" auf übergeordneter Ebene nach Lösungen gesucht werde. Da vorliegend nicht die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruches zu einer Dienstvereinbarung oder die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens über eine Dienstvereinbarung Verfahrensgegenstand sei, sondern die Beratung eines Dienstvereinbarungsentwurfs des Personalrats im Stufenverfahren, trügen die vom Verwaltungsgericht gegen eine Erzwingbarkeit von Dienstvereinbarungen angeführten Gründe den angefochtenen Beschluss nicht.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluss zu ändern sowie festzustellen, dass der Beteiligte verpflichtet ist, das Stufenverfahren zum Abschluss einer „Dienstvereinbarung zu Grundsätzen der Dienstplangestaltung“ durch Stellungnahme gegenüber dem Gesamtpersonalrat fortzusetzen.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er erwidert: Ein Zwang zum Abschluss einer Dienstvereinbarung sei im NPersVG nicht vorgesehen. Insoweit stehe die Systematik des Gesetzes einer entsprechenden Interpretation entgegen. Auch eine planwidrige Lücke sei nicht festzustellen. Der Antragsteller meine, den Beteiligten dazu zwingen zu können, im Verfahren der Nichteinigung eine Entscheidung herbeizuführen. Hierzu reiche aber nicht die Erwägung, dass der niedersächsische Gesetzgeber den Ausschluss eines Nichteinigungsverfahrens für den Abschluss von Dienstvereinbarungen ausdrücklich hätte regeln müssen, wenn er dies gewollt hätte. Auf diese Weise werde der im Aufbau und Wortlaut erkennbare Wille des niedersächsischen Gesetzgebers vielmehr ins Gegenteil verkehrt. Fern ab von dem, was das BPersVG von seiner Systematik her zulassen möge oder nicht, sei auf die Systematik des NPersVG abzustellen, die eine eigenständige sei und gerade nicht den Rückschluss darauf zulasse, dass ein Initiativrecht auch auf die andere Form der Beteiligung durch Abschluss einer Dienstvereinbarung auszudehnen wäre.
Schließlich sei den Darlegungen des Verwaltungsgerichts beizupflichten, dass das aufwendige und komplizierte Einigungsverfahrens des NPersVG auf dauerhafte Befriedung und Regelung gerichtet sei und nicht auf ein durch Kündigung wieder zu beseitigendes Ergebnis. Es bleibe dabei, dass eine durch ein Nichteinigungsverfahren erzwungene Dienstvereinbarung jederzeit wieder kündbar wäre, mit dem Ergebnis, dass anschließend der Ausgangspunkt wieder erreicht sei. Nicht überzeugend sei auch die Darstellung des Antragstellers, dass ohne Dienstvereinbarung angeblich eine Vielzahl von Mitbestimmungsverfahren zur Arbeitszeitgestaltung notwendig sei. Ein derartiges Bedürfnis würde vielmehr nicht entstehen. § 66 Abs. 1 Nr. 1 NPersVG beziehe sich seinem Sinngehalt nach nur auf generelle Regelungen, die für die Beschäftigten einer Dienststelle insgesamt oder jedenfalls für eine Gruppe von Beschäftigten die Arbeitszeit festlegten und dabei ihre Verteilung auf die Wochentage vornähmen. In § 66 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG gehe es nur um die Festlegung von Grundsätzen. Auch der Grundsatz der vertrauensvollen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit trage die Auffassung des Antragstellers nicht. Kernfrage bleibe, ob nach ordnungsgemäßer Interpretation der die verschiedenen Rechtsinstitute regelnden Vorschriften die Anwendung von Regelungen für den Fall der Nichteinigung im zweiten Abschnitt des 5. Kapitels auf Regelungen des 3. Abschnitts für den Abschluss von Dienstvereinbarungen ausgedehnt werden dürfe. Dies sei zu verneinen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Feststellungsantrag abgelehnt. Der Antragsteller hat nicht Anspruch auf Durchführung eines Verfahrens bei Nichteinigung i.S. der §§ 70 ff. NPersVG (Einigungsverfahren) zum Abschluss einer Dienstvereinbarung.
Die Auffassung des Antragstellers, die vom Verwaltungsgericht unterstellte Absicht des niedersächsischen Gesetzgebers, Dienstvereinbarungen nicht dem Nichteinigungs- und Einigungsstellenverfahren zu unterwerfen, habe in Wortlaut und Aufbau des NPersVG nicht Niederschlag gefunden, vermag im Hinblick auf den ersten Gesichtspunkt - Wortlaut – nicht zu überzeugen und ist im Hinblick auf den zweiten – Aufbau des Gesetzes – eben nicht zutreffend. So spricht bereits der Wortlaut des § 78 NPersVG entgegen der Auffassung des Antragstellers gegen die Zulässigkeit der Durchführung des Stufenverfahrens bei der Dienstvereinbarung. Vor allem aber folgt dies aus der Systematik des Gesetzes.
Wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, ist das Mitbestimmungsverfahren (§§ 68 ff. NPersVG) mit ausführlichen Einigungsregelungen einerseits und das Verfahren auf Abschluss einer Dienstvereinbarung (§ 78 NPersVG) andererseits in zwei unterschiedlichen, in sich abgeschlossenen gleichwertigen Abschnitten des 5. Kapitels des NPersVG geregelt worden. Das Bundesrecht ist demgegenüber anders aufgebaut und rechtfertigt daher nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts die Annahme eines Anspruchs auf Vorlage einer abgelehnten Dienstvereinbarung zum Zweck der Fortführung des Mitbestimmungsverfahrens, so dass der Personalrat vom Leiter der übergeordneten Dienststelle die Entgegennahme der Vorlage und die Einleitung des Stufenverfahrens durch Einschaltung der Stufenvertretung beanspruchen kann (BVerwGE 91, 346). Das ergibt sich daraus, dass sich die Dienstvereinbarung in § 73 BPersVG im 2. Abschnitt („Formen und Verfahren der Mitbestimmung und Mitwirkung“) des 5. Kapitels unmittelbar im Anschluss an die Regelungen des Mitbestimmungsverfahrens findet und im Übrigen auch sonst als Unterfall der Mitbestimmung geregelt ist, wobei sie allerdings eine andere und viel geringere Bedeutung gefunden hat. So ist dem Personalrat in § 75 Abs. 3 BPersVG in den Fällen der vollen Mitbestimmung bei personellen und organisatorischen Maßnahmen die Befugnis eingeräumt worden, „ggf. durch Abschluss von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen“. Gleiches gilt für Maßnahmen der eingeschränkten Mitbestimmung nach § 76 Abs. 2 BPersVG, wo der Personalrat ebenfalls „ggf. durch Abschluss von Dienstvereinbarungen mitzubestimmen“ hat. Im BPersVG ist die Dienstvereinbarung danach – anders als im NPersVG - als Form der Mitbestimmung geregelt, während im Mitbestimmungskatalog des § 68 NPersVG und auch in sonstigen Bestimmungen die Dienstvereinbarung als Mittel der Mitbestimmung auch bei Gegenständen, die denen des Bundespersonalvertretungsrechts ähnlich sind, nicht als Mittel der Mitbestimmung aufgeführt ist. Insbesondere fehlt auch bei organisatorischen und innerdienstlichen Maßnahmen i.S. der §§ 66, 67 NPersVG der Hinweis auf die Möglichkeit einer Regelung durch Dienstvereinbarung. Dies erscheint folgerichtig, weil anders als im Bundesrecht die Dienstvereinbarung hier als eigenständiges Instrument der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung - in § 78 NPersVG im 3. Abschnitt - geregelt ist. Während die Zulässigkeit der Dienstvereinbarung im Bundesrecht auf abschließend aufgeführte Gegenstände beschränkt ist, ist dies im niedersächsischen Recht nicht der Fall. Den Beteiligten steht es offen, ob sie eine Einigung über Maßnahmen und Initiativen im Verfahren nach § 70 NPersVG suchen, oder ob sie den Weg über eine Dienstvereinbarung gehen. Gerade weil die Dienstvereinbarung nicht dem Mitbestimmungsverfahren unterliegt, hat sie nicht nur eine inhaltliche, sondern auch eine verfahrensrechtlich eigenständige Bedeutung. Da anders als im Bundesrecht Dienstvereinbarungen nach niedersächsischem Recht nicht nur im Bereich der Mitbestimmung, sondern auch über Gegenstände der Beteiligung durch Benehmen oder sogar über nicht der Beteiligung des Personalrats unterliegende Regelungen abgeschlossen werden können, hätte es entgegen der Auffassung des Antragstellers einer ausdrücklichen Vorschrift über die Anwendbarkeit des Einigungsverfahrens nach §§ 70 ff. NPersVG auch bei Dienstvereinbarungen bedurft. Auch ohne dass der Wortlaut der niedersächsischen Regelungen also die Durchführung des Nichteinigungsverfahrens ausdrücklich verbietet, spricht allein schon die Systematik des Gesetzes gegen dessen Zulässigkeit. Die noch vom Verwaltungsgericht mehrfach zitierte anderslautende Auffassung bei Dembowski/Ladwig/Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, ist offenbar infolge der vom Senat aus Gründen der Gesetzessystematik im Beschluss vom 18. Oktober 2000 – 18 L 2100/99 – geäußerten Zweifel zugunsten einer offenen Auffassung aufgegeben worden (vgl. Dembowski/Ladwig/Sellmann, aaO, Stand 5/2003, § 78 Rdnr. 17). Ähnlich äußern sich auch Bieler/Müller-Fritsche (NPersVG, 11. Aufl., § 78 Rdnr. 5), wonach es wegen der gesetzessystematischen Stellung auszuschließen sei, dass der Personalrat eine Dienstvereinbarung im Wege des Initiativantrags durchsetzen könnte. Dies widerspreche den Grundsätzen demokratischer Legitimation. Die von Bieler/Müller-Fritsche vorgeschlagene Lösung, gleichwohl die Befassung der Einigungsstelle mit der Dienstvereinbarung vorzusehen, eine „Erzwingung“ jedoch im Bereich der Empfehlung stehenbleiben zu lassen, die von Personalrat und Dienststelle erst übernommen werden müsse, findet im Gesetz keine Stütze.
Gegen die Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens gemäß §§ 68 ff. NPersVG bei dem Abschluss von Dienstvereinbarungen, ggf. mit Entscheidung der Einigungsstelle bei Nichteinigung, lässt sich ferner einwenden, dass die Regelung der Dienstvereinbarung gemäß § 78 NPersVG als eine von mehreren Formen der Beteiligung des Personalrats gleichrangig neben Mitbestimmung und Mitwirkung steht. Dies hat insbesondere schon das VG Hamburg in seiner Entscheidung vom 12. Januar 1990 (- 1 VG FB 15/89 -, PersR 1990, 191) überzeugend ausgeführt.
Spricht danach bereits die Systematik des Gesetzes gegen die Zulässigkeit der Durchführung des Nichteinigungsverfahrens, erscheint dieses insbesondere auch mit dem Charakter einer Dienstvereinbarung als einer freiwilligen und einvernehmlichen Übereinkunft nicht vereinbar. Bei einer derartigen Sachlage erschiene die Kompetenz einer Letztentscheidung der Einigungsstelle als systemwidrig. Diese Systemwidrigkeit verdeutlicht sich in der in jedem Fall gegebenen freien Kündbarkeit einer Dienstvereinbarung durch jede Seite gemäß § 78 Abs. 4 Satz 1 NPersVG. Ist eine der Seiten in die Lage versetzt, eine durch die Einigungsstelle „verordnete“ Dienstvereinbarung durch Kündigung wieder zu beseitigen, so erscheint es entgegen der Auffassung des Antragstellers auch systemwidrig, die übergeordnete Dienststelle und die höhere Stufe der Personalvertretung mit der Angelegenheit zu befassen und dort umfangreiche Erörterungen zu führen. Das aufwendige und komplizierte Einigungsverfahren des NPersVG ist auf eine dauerhafte Befriedung und Regelung gerichtet und nicht auf ein Ergebnis, das von der mit ihm nicht einverstandenen Seite sofort oder nach kurzer Frist durch Kündigung wieder beseitigt werden könnte. Die freie Kündbarkeit ist Zeichen eines wesentlichen Unterschiedes zwischen der Dienstvereinbarung einerseits und den Maßnahmen andererseits, die der Mitbestimmung unterliegen. Die vom Personalrat initiierte (Einzel-)Maßnahme muss, ggf. nach Durchführung des Einigungsverfahrens, ausgeführt werden. Die Dienststelle kann sich nicht nachträglich davon lösen, auch wenn sie mit ihren Vorstellungen im Einigungsverfahren nicht durchgedrungen ist. Wie das Verwaltungsgericht überzeugend begründet hat, belegt die freie Kündbarkeit der Dienstvereinbarung, dass nicht nur das Entstehen, sondern auch das Bestehen der Dienstvereinbarung auf Konsens beruht. Ein Einigungsverfahren kann diese Konsensbildung nicht ersetzen.
Schließlich spricht gegen die Auffassung des Antragstellers, dass der Niedersächsische Landesgesetzgeber bei der umfassenden Neuregelung des Personalvertretungsrechts im Jahre 1994 das Stufenverfahren im Zusammenhang mit der Dienstvereinbarung nicht ausdrücklich zugelassen hat. Wie auch der Antragsteller in der Anhörung eingeräumt hat, hat dies im Gesetzgebungsverfahren vielmehr keine Rolle gespielt. Da aber dem Gesetzgeber die Problematik angesichts der durchaus unterschiedlichen Regelungen nicht nur im Bundes-, sondern auch im Landesrecht deutlich gewesen sein dürfte, spricht der Verzicht auf eine entsprechende ausdrückliche Regelung gegen seinen Willen, das Stufenverfahren in diesem Zusammenhang vorzusehen. Nach alledem vermag der Senat insoweit eine Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung der §§ 70 ff. NPersVG geschlossen werden müsste, nicht zu erkennen.