Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.06.2001, Az.: 9 K 1975/00

Normenkontrollantrag gegen eine Kurbeitragssatzung für Ferienwohnungen auf einer Insel; Frage der Zulässigkeit der Indienstnahme Privater für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben; Zumutbarkeit der Indienstnahme; Verpflichtung als Folge der Situationsgebundenheit des Eigentums; Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes; Notwendigkeit einer differenzierten Behandlung von Inselbewohnern und Eigentümern vom Festland; Rechtmäßigkeit der Verpflichtung zur Führung und Aufbewahrung eines Gästeverzeichnisses; Zweck der Aufzeichnungspflicht; Befugnis zur Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtung innerhalb der Gästebetriebe; Beachtlichkeit der grundrechtlich garantierten Unverletzlichkeit der Wohnung; Qualifizierung von Ferienwohnungen als "Gästebetrieb"; Ordnungsmäßigkeit der Verpflichtung der Wohnungsgeber zur gut sichtbaren Aushängung der Kurbeitragssatzung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.06.2001
Aktenzeichen
9 K 1975/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 30374
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2001:0613.9K1975.00.0A

Fundstellen

  • DVBl 2002, 72 (amtl. Leitsatz)
  • FStNds 2002, 132-135
  • FiWi 2002, 334
  • NVwZ-RR 2002, 456-458 (Volltext mit amtl. LS)
  • NWB 2002, 366
  • NdsVBl 2002, 247-249
  • NordÖR 2002, 33-34
  • ZKF 2002, 14-16

In der Verwaltungsrechtssache
...]
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 9. Senat -
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Jenke,
die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Claaßen und Dr. Rettberg sowie
die ehrenamtlichen Richterinnen {L.} und {M.}
für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag, die Kurbeitragssatzung für das Nordseeheilbad {N.}vom 14. September 1999 hinsichtlich der Bestimmungen in § 8 Abs. 1a) - d) für nichtig zu erklären, wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu je 1/11.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Antragsteller sind Eigentümer bzw. Miteigentümer von entgeltlich an Feriengäste vermieteten Wohnungen auf der Insel {O.}und leben selbst auf dem Festland. Die Stadt {P.}ist nach § 2 der Verordnung über die staatliche Anerkennung von Kurorten (Kurort-VO) vom 16. Dezember 1974 als Kurort mit der Artbezeichnung "Nordseeheilbad" staatlich anerkannt. Die Antragsteller wenden sich gegen die Neuregelung des Verfahrens zur Erhebung von Kurbeiträgen durch die zum 1. Januar 2000 in Kraft getretene "Kurbeitragssatzung für das Nordseeheilbad {Q.}" vom 14. September 1999.

2

Das Erhebungsverfahren für den Kurbeitrag war bis zum Inkrafttreten der hier angefochtenen Satzung dergestalt geregelt, dass der Wohnungsgeber die bei ihm gegen Entgelt oder Kostenerstattung verweilenden Personen innerhalb von 48 Stunden nach deren Ankunft der Antragsgegnerin unter Verwendung eines von dieser eingeführten Vordruckes zu melden hatte (§ 8 Abs. 1). Der Kurbeitrag war in der Zeit vom 3. bis 5. Werktag nach Ankunft vom Kurbeitragspflichtigen durch Erwerb einer auf den Namen des Beitragspflichtigen ausgestellten Kurkarte an der Kurbeitragskasse zu zahlen (§ 7 Abs. 1). Daneben bestand nach § 8a der alten Satzung die Möglichkeit eines freiwilligen Einzugs der Kurbeiträge durch die Wohnungsgeber.

3

Die Neufassung der Kurbeitragssatzung beinhaltet nunmehr die Verpflichtung des Wohnungsgebers, die Kurbeiträge selbst einzuziehen und an die Antragsgegnerin abzuführen. Die von den Antragstellern beanstandeten diesbezüglichen Regelungen haben folgenden Wortlaut:

§ 8

Pflichten der Wohnungsgeber und vergleichbarer Personen

Wer Personen beherbergt, ihnen Wohnraum zur vorübergehenden Nutzung aberrant, einen Campingplatz, Wochenendplatz, Jachthafen oder Bootsliegeplatz betreibt, ist verpflichtet,

den bei ihm gegen Entgelt oder Kostenerstattung verweilenden beitragspflichtigen Personen innerhalb von 24 Stunden nach deren Ankunft eine Kurkarte auszustellen und den Kurbeitrag gleichzeitig einzuziehen sowie den Kurbeitragspflichtigen innerhalb von 48 Stunden bei der Kurverwaltung Nordseeheilbad {Q.}GmbH anzumelden. Der von der Kurverwaltung Nordseeheilbad {Q.}GmbH ausgegebene amtliche Meldeschein der Stadt {Q.}ist zu verwenden.

Der Kurbeitrag ist innerhalb von 8 Tagen nach Zahlungsaufforderung durch die Kurverwaltung Nordseeheilbad {Q.}GmbH bzw. durch die Stadt {R.}zu entrichten.

ein Gästeverzeichnis zu führen, in das der Name des Wohnungsgebers und die genaue Lagebezeichnung der Unterkunft, Vor- und Zuname, Alter der beherbergten Personen sowie die Anschrift ihrer Hauptwohnung, An- und Abreisetag, Befreiungs- und Ermäßigungsgründe, soweit diese vorliegen, innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft des Gastes einzutragen sind. Die Durchschriften der Vordrucke zur Anmeldung von Kurbeitragspflichtigen gelten als Gästeverzeichnis. Sie sind entsprechend ihrer fortlaufenden Nummerierung abzuheften. Dies gilt auch für verschriebene oder falsch ausgefüllte Meldevordrucke. Das Gästeverzeichnis ist fünf Jahre ab Beginn des auf die Eintragung folgenden Kalenderjahres aufzubewahren. Nicht benötigte Meldevordrucke sind an die Kurverwaltung Nordseeheilbad {S.}GmbH zurückzugeben.

auf Verlangen der oder dem Beauftragten der Stadt das Gästeverzeichnis vorzulegen und die zur Festsetzung bzw. Prüfung des Kurbeitrages erforderlichen mündlichen und schriftlichen Auskünfte zu erteilen. Die oder der Beauftragte der Stadt ist berechtigt, entsprechende Kontrollen in den Gästebetrieben durchzuführen.

diese Satzung in den vermieteten Räumen an gut sichtbarer Stelle auszulegen.

4

In § 10 Abs. 1 der Satzung ist bestimmt, dass ordnungswidrig im Sinne von § 18 Abs. 2 lfd. Nr. 2 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes handelt, wer die ihm nach den zitierten Bestimmungen auferlegten Obliegenheiten nicht erfüllt. Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 10 Abs. 2 der Satzung mit einer Geldbuße bis zu 20.000 DM geahndet werden.

5

Die Antragsteller haben am 25. Mai 2000 das Oberverwaltungsgericht angerufen. Sie beantragen,

folgende Regelungen der Kurbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 14. September 1999 für nichtig zu erklären:

  1. § 8 Abs. 1a),

    soweit er die Antragsteller dazu verpflichtet, den in ihrer Ferienwohnung gegen Entgelt oder Kostenerstattung untergebrachten kurbeitragspflichtigen Personen innerhalb von 24 Stunden nach deren Ankunft eine Kurkarte auszustellen und den Kurbeitrag gleichzeitig einzuziehen sowie den Kurbeitragspflichtigen innerhalb von 48 Stunden bei der Kurverwaltung Nordseeheilbad {Q.}GmbH anzumelden und den Kurbeitrag innerhalb von acht Tagen nach Zahlungsaufforderung durch die Kurverwaltung Nordseeheilbad {Q.}GmbH bzw. durch die Stadt {Q.}zu entrichten.

  2. § 8 Abs. 1b),

    soweit die Antragsteller dazu verpflichtet werden, ein Gästeverzeichnis zu führen, in das innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft des Gastes der Name des Wohnungsgebers und die genaue Lagebezeichnung der Unterkunft, Vor- und Zuname, Alter der beherbergten Personen sowie die Anschrift ihrer Hauptwohnung, An- und Abreisetag, Befreiungs- und Ermäßigungsgründe einzutragen sind.

  3. § 8 Abs. 1 c),

    soweit sie die Antragsteller verpflichtet, Beauftragten der Antragsgegnerin die Durchführung von Kontrollen in den Gästebetrieben zu gestatten.

  4. § 8 Abs. 1d),

    wonach diese Regelung die Antragsteller verpflichtet, die Satzung der Antragsgegnerin in den vermieteten Räumen an gut sichtbarer Stelle auszulegen.

6

Die Antragsteller tragen zur Begründung ihres Normenkontrollantrags im Wesentlichen vor:

7

§ 8 Abs. 1a) der Satzung sei nichtig, weil hierdurch Pflichten begründet würden, die von ständig auf dem Festland wohnenden Wohnungsgebern als Normadressaten nicht erfüllt werden könnten. Zwar sei nach § 10 Abs. 3 NKAG die Übertragung der in dieser Bestimmung aufgeführten Pflichten auf die Wohnungsgeber grundsätzlich möglich. Der Satzungsgeber müsse indes bei der Umsetzung dieser Ermächtigungsgrundlage berücksichtigen, dass die Situation für Wohnungsgeber auf {Q.}eine grundlegend andere sei als die Situation der sog. Festlandsvermieter. Während es für die ersteren ohne größeren Aufwand möglich sei, den Kurbeitrag von den beitragspflichtigen Feriengästen direkt zu kassieren sowie diesen die Kurkarte auszustellen und auszuhändigen, scheitere diese Möglichkeit bei den Festlandsvermietern schon daran, dass sie sich bei Ankunft der Wohnungsmieter nicht selbst auf der Insel aufhielten und aus den verschiedensten Gründen nicht aufhalten könnten. Bei der strikten Erfüllung der übertragenen Verpflichtungen wäre der nicht ortsansässige Vermieter, der grundsätzlich nicht am Kurort präsent sei, gezwungen, sich bei jeder neuen Vermietung nach {Q.}zu begeben, vor Ort die Anzahl der kurbeitragspflichtigen Personen zu prüfen, den Kurbeitrag zu kassieren und die Kurkarten für die Feriengäste auszustellen. Die unmittelbare Präsens vor Ort sei aber Voraussetzung für die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten nach Maßgabe der in Rede stehenden Satzungsregelung. Denn in § 7 Abs. 7 und § 10 Abs. 2 der Kurbeitragssatzung werde eine gesamtschuldnerische persönliche Haftung der Wohnungsgeber für die Zahlung der Kurbeiträge begründet. Daraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass sich die Wohnungsgeber vor einem Regress der Antragsgegnerin nur dadurch schützen könnten, dass sie die in der Satzung geregelten Pflichten zur Ermittlung und Erhebung der Kurbeiträge höchstpersönlich erfüllten. Wolle der nicht ortsansässige Wohnungsgeber nicht in jedem Vermietungsfall nach {Q.}reisen, müsste er entweder einer Vermietungsgesellschaft auf {Q.}die Vermietung seiner Wohnung übertragen oder aber eine zuverlässige Vertrauensperson anstellen, um die in § 8 Abs. 1a) der Satzung normierten Pflichten zu erfüllen. Dies würde aber bedeuten, dass die nicht ortsansässigen Vermieter erhebliche finanzielle Einbussen erleiden würden. Denn gewerbliche Vermieter auf {T.}ließen sich ihre Dienstleistung in Höhe eines Entgelts von 20 bis 30% der jeweiligen Gesamtmiete pro Vermietungsfall vergüten. Dies hätte zur Folge, dass die Festlandsvermieter neben den bisher bestehenden zusätzlichen Lasten [Zweitwohnungsteuer und Jahreskurbeitrag], die sie anders als die Vermieter auf {Q.}zu tragen hätten, weitere finanzielle Einbussen erleiden würden. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise dränge sich geradezu die Schlussfolgerung auf, dass es der Antragsgegnerin bei der satzungsrechtlichen Ausgestaltung der Einziehung des Kurbeitrags nicht zuletzt auch darum gehe, den Vermietern auf {Q.}Wettbewerbsvorteile gegenüber den Festlandsvermietern zu verschaffen. Es seien keine vernünftigen, objektiv nachvollziehbaren Gründe erkennbar, weshalb die Antragsgegnerin von ihrer bisherigen Praxis der Erhebung der Kurbeiträge abweichen wolle. Eine nachhaltige Ersparnis an Verwaltungskosten sei mit der Neuregelung nicht zu erzielen. Die Möglichkeit, Ferienwohnungen vom Festland aus zu vermieten, sei seit Inkrafttreten der Satzung von der Antragsgegnerin weiter erschwert worden. Während es früher möglich gewesen sei, den sog. Urlaubsservice der Antragsgegnerin wahrzunehmen, wonach Kurgäste bereits langfristig vor Antritt ihres Urlaubs ihre Kurkarte im voraus direkt bei der Kurverwaltung bestellten konnten, sei diese Möglichkeit nunmehr entfallen. Dies habe zur Folge, dass Kurgäste sich weder vor Urlaubsantritt schriftlich noch nach ihrer Ankunft auf {Q.}persönlich bei der Kurverwaltung anmelden und dort ihren Kurbeitrag vor Ort bezahlen könnten.

8

Die fehlende Differenzierung zwischen ortsansässigen Vermietern und Festlandsvermietern verstoße auch gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Denn der Gleichheitssatz verbiete es auch, wesentlich ungleiches willkürlich gleich zu behandeln.

9

Die in § 8 Abs. 1b) der Satzung normierte Pflicht, nach Maßgabe der Satzungsregelung ein Gästeverzeichnis zu führen, sei für Festlandsvermieter aus denselben Gründen nicht durchführbar. Denn auch die korrekte Erfüllung dieser Verpflichtungen bedinge die Präsens des Wohnungsgebers vor Ort. Die Antragsgegnerin hätte deshalb in ihrer Satzung den Festlandsvermietern die Möglichkeit einräumen müssen, ihrer Meldepflicht dadurch nachzukommen, dass sich die beherbergten Personen bei der Antragsgegnerin bzw. bei der Kurverwaltung als Beauftragte der Wohnungsgeber anmelden könnten, sei es vor Antritt der Urlaubsreise schriftlich durch Übersendung der Kurbeitragsformulare, sei es persönlich vor Ort. Das Interesse der Antragsgegnerin an einer Kontrollmöglichkeit wäre auch in diesem Fall hinreichend gesichert. Denn die Wohnungsgeber seien nach allgemeinen Meldevorschriften ohnehin verpflichtet, diesbezügliche Anfragen der Antragsgegnerin wahrheitsgemäß zu beantworten.

10

Für die in § 8 Abs. 1c) der Kurbeitragssatzung normierte Verpflichtung der Wohnungsgeber, in ihren Wohnungen Kontrollen der Antragsgegnerin zu dulden, fehle es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundslage. Weder das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz noch andere landesrechtliche Vorschriften ermächtigten die Antragsgegnerin dazu, in ihrer Satzung zu regeln, dass ein Beauftragter die Wohnungen der Wohnungsgeber ohne ausdrückliche Zustimmung der Wohnungseigentümer betreten dürfe. Aus § 99 AO lasse sich eine solche Ermächtigungsgrundlage nicht herleiten, denn auf diese Vorschrift ließen sich lediglich behördliche Betretungs- und Besichtigungsrechte von Arbeits-, Geschäfts- und Betriebsräumen stützen. Bei den an Feriengäste vermieteten Ferienwohnungen handele es sich jedoch um Privaträume, die unter den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG fielen. Abgesehen davon sei auch nicht erkennbar und nachvollziehbar, welchen Zweck und welches Ziel die Antragsgegnerin mit einem Betretungs- und Besichtigungsrecht für die Ferienwohnungen verfolgen wolle. Denn das von den Wohnungsgebern zu führende Gästeverzeichnis befinde sich nicht in der Ferienwohnung, sondern werde am Hauptwohnsitz der Wohnungsgeber geführt. Nur dadurch könne sichergestellt werden, dass sich keiner der Feriengäste unbefugtermaßen am Gästeverzeichnis zu schaffen mache.

11

Schließlich sei auch die Regelung in § 8 Abs. 1d) nichtig. In § 10 Abs. 3 NKAG sei die Möglichkeit, den Wohnungsgeber zur Auslegung eines Exemplars der Satzung in der vermieteten Wohnung zu verpflichten, nicht vorgesehen. Eine anderweitige gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für diese Satzungsregelung sei nicht ersichtlich. Wenn ein Feriengast das Bedürfnis habe, sich an Ort und Stelle über die mit der Kurbeitragspflicht zusammenhängenden Fragen zuverlässig informieren zu wollen, könne er sich jederzeit an die Kurverwaltung wenden.

12

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

13

Sie entgegnet im Wesentlichen:

14

Die in § 8 Abs. 1a) der Satzung den Wohnungsgebern auferlegten Pflichten fänden ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 NKAG. Sowohl bei der Verpflichtung zur Einziehung und Weiterleitung der Kurbeiträge als auch bei der in der Satzung normierten Meldepflicht handele es sich um eine vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumte und daher zulässige Möglichkeit zur unentgeltlichen Inanspruchnahme Privater durch die Gemeinde. Der Verfassungsgeber fordere in Art. 3 Abs. 1 GG keine schematische, sondern eine angemessene Gleichbehandlung der von der Rechtsnorm betroffenen Personen und Sachverhalte. Die tatsächlichen Ungleichheiten, die durch die gleichen Meldepflichten bei unterschiedlichen Wohnsitzen der Wohnungsgeber verursacht würden, erwiesen sich als unbedeutend, so dass sie in rechtlich zulässiger Weise alle Wohnungsgeber bezüglich ihrer Pflichten aus der Kurbeitragssatzung unabhängig von ihrem Hauptwohnsitz habe gleichbehandeln dürfen. Auch sei die Einziehung der Kurbeiträge durch die Festlandsvermieter ohne größeren Aufwand möglich. So könne der Kurbeitrag zusammen mit dem von den Mietern zu zahlenden Mietzins eingezogen und im Wege des bargeldlosen Zahlungsverkehrs an sie weitergeleitet werden. Eine Anreise der Wohnungsgeber auf die Insel sei nicht erforderlich und werde durch die angefochtene Satzungsregelung auch nicht angeordnet. Gleiches gelte für die Verpflichtung zum Ausstellen der Kurkarte binnen 24 Stunden und die Meldung der Gäste bei der Kurverwaltung binnen 48 Stunden. Auch diese Pflichten müssten von den Wohnungsgebern nicht höchstpersönlich vorgenommen werden. Die Wohnungsgeber könnten sich hierfür einer entsprechend bevollmächtigten Person bedienen. Es sei davon auszugehen und ergebe sich aus der Natur der Sache, dass Wohnungsgeber, die sich überwiegend oder ausschließlich auf dem Festland aufhielten, schon jetzt sich solcher Personen zur Erledigung bestimmter, sich aus der Unterhaltung und der Vermietung der Wohnung ergebender Aufgaben (Empfang der Gäste, Schlüsselübergabe, Reinigung, Nachschau etc.) bedienten. Die nunmehr neu hinzutretende Meldeverpflichtung stelle keine umfangreiche und zeitaufwendige Tätigkeit dar. Bei den in § 8 der Satzung niedergelegten Mitwirkungspflichten der Wohnungsgeber handele es sich um Lasten, die sich aus dem Eigentum an der Wohnung ergäben. Sie sei durch § 10 Abs. 3 NKAG ermächtigt, die Wohnungsgeber zur Mitförderung bei der Beitragserhebung heranzuziehen, soweit hierfür vernünftige Gründe sprächen und die Pflichten nicht unverhältnismäßig seien. Eine Doppelbelastung der Festlandsvermieter durch die Verpflichtung, einen Jahreskurbeitrag neben der gleichfalls zu leistenden Zweitwohnungsteuer zu zahlen, bestehe nicht. Eine solche liege schon wegen der Ungleichartigkeit der betreffenden Abgabentatbestände nicht vor.

15

Auch für die Normierung der in § 8 Abs. 1b) der Satzung enthaltene Pflicht der Wohnungsinhaber stelle § 10 Abs. 3 NKAG die gesetzliche Ermächtigung dar. Denn hierdurch werde dem Satzungsgeber zugleich die Möglichkeit eröffnet, die mit der Einziehung des Kurbeitrags sachlich zusammenhängenden und erforderlichen Nebenpflichten zu begründen. Hierzu zählten insbesondere Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, die dazu dienten, der Gemeinde die Prüfung der Bücher und Aufzeichnungen zu ermöglichen.

16

Die Befugnis, die Ferienwohnungen zu Kontrollzwecken durch Beauftragte betreten zu dürfen, folge aus § 99 AO, der aufgrund der Verweisung in § 11 Abs. 1 Nr. 3a) NKAG zur Anwendung gelange. Behördliche Betretungs- und Besichtigungsrechte stellten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Eingriffe oder Beschränkungen des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung ( Art. 13 Abs. 1 GG) dar, wenn hierfür ein gesetzlich verhältnismäßiges Verfahren bestehe. Dieses sei mit der Regelung in § 99 AO gewährleistet.

17

Auch die in § 8 Abs. 1d) der Satzung enthaltene Pflicht zur Auslegung eines Exemplars der Kurbeitragssatzung in den vermieteten Räumen sei eine sich aus § 10 Abs. 3 NKAG ergebende Nebenpflicht. Sie wirke sich in der Regel zugunsten der Wohnungsgeber aus, da der beitragspflichtige Gast sich an Ort und Stelle in seiner Unterkunft über die mit der Beitragspflicht zusammenhängenden Fragen zuverlässig anhand der Satzung informieren und der Wohnungsgeber den Gast auf die vorhandene Satzung verweisen könne. Die Pflicht zur Auslegung der Kurbeitragssatzung erweise sich auch nicht als unverhältnismäßig, da sie mit einem in jeder Hinsicht unbedeutenden Aufwand erfüllt werden könne.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der von den Verfahrensbeteiligten eingereichten Unterlagen.

19

II.

1.

Die Normenkontrollanträge sind zulässig.

20

Sie richten sich gegen die Kurbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 14. September 1999 und damit gegen eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 7 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes. Die Antragsteller sind auch antragsberechtigt ( § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Sie sind Normenadressaten der von ihnen gerügten Satzungsbestimmungen. Sie können somit geltend machen, durch die Beitragssatzung in ihren Rechten verletzt zu werden.

21

2.

Die Normenkontrollbegehren sind aber nicht begründet. Die von den Antragstellern angegriffenen Satzungsbestimmungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.

22

Die gesetzliche Ermächtigung, die in § 8 Abs. 1a) der Satzung bestimmten Anmelde-, Einziehungs- und Abführungspflichten zu begründen, ergibt sich - wie die Antragsteller selbst einräumen - aus § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 NKAG. Danach kann derjenige, der Personen beherbergt, ihnen Wohnraum zur vorübergehenden Nutzung überlässt, einen Campingplatz, Wochenendplatz oder Bootsliegeplatz betreibt, durch die (Kurbeitrags-) Satzung verpflichtet werden, der Gemeinde, die bei ihm gegen Entgelt oder Kostenerstattung verweilenden beitragspflichtigen Personen zu melden. Er kann ferner verpflichtet werden, den Kurbeitrag einzuziehen und an die Gemeinde abzuliefern. Durch diese Vorschrift wird der den Kurbeitrag erhebenden Gemeinde die Möglichkeit eröffnet, den Vollzug ihrer Kurbeitragssatzung durch die Heranziehung Dritter zu erleichtern. Es handelt sich dabei um die rechtlich zulässige unentgeltliche Indienstnahme Privater für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben (vgl. Lichtenfeld, in: Driehaus: Kommunalabgabenrecht, Stand: April 2001, § 11 RdNr. 56; OVG Greifswald, Urt. v. 30.11.2000 - 1 L 125/00 -, NordÖR 2001, 218)). Diese ist zulässig, weil die zur Mitwirkung herangezogenen dritten Personen eine rechtlich und wirtschaftlich nahe Beziehung zu dem Abgabengegenstand aufweisen. Dies deshalb, weil davon auszugehen ist, dass die Vermieter von Ferienwohnungen unmittelbar von der sich positiv auf die Zahl der Übernachtungsgäste und damit ihre Verdienstmöglichkeiten als Vermieter auswirkenden Attraktivität des Kur- und Erholungsangebotes profitieren (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 22.2.1995 - 5 N 2973/88 -, NVwZ 1996, 1136, 1139 [OVG Rheinland-Pfalz 05.09.1995 - 7 A 12185/94][VGH Hessen 22.02.1995 - 5 N 2973/88]; Lichtenfeld, a.a.O., § 11 RdNr. 58). Das bei der Heranziehung der Eigentümer von Ferienwohnungen im Rahmen des Verfahrens zur Erhebung des Kurbeitrags zu beachtende Verhältnismäßigkeitsprinzip wird durch die in § 8 Abs. 1a) normierte Verpflichtungen nicht verletzt. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass es dem Wohnungsgeber etwa unmöglich sein könnte, innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft seiner Gäste, diesen eine Kurkarte auszustellen und den Kurbeitrag bei ihnen einzuziehen sowie die kurbeitragspflichtigen Gäste innerhalb von 48 Stunden bei der Kurverwaltung anzumelden. Dies liegt hinsichtlich der Vermieter von Ferienwohnungen, die selbst auf der Insel Borkum wohnen, auf der Hand. Es gilt aber gleichermaßen für die Vermieter von Ferienwohnungen, die auf dem Festland leben. Wollen sich diese nicht eines Beauftragten auf der Insel bedienen, können sie bereits im Zusammenhang mit der Vermietung ihrer Ferienwohnung für ihre Gäste die Kurkarte für den Mietzeitraum ausstellen und sich den Kurbeitrag zusammen mit dem Mietzins überweisen lassen. Die innerhalb von 48 Stunden nach Antreffen der Gäste vorzunehmende Anmeldung bei der Kurverwaltung kann mittels des amtlichen Meldescheins auch per Fax oder auf dem Postwege erfolgen. Eine Verpflichtung, diese Obliegenheit höchstpersönlich vorzunehmen, beinhaltet die beanstandete Satzungsvorschrift nicht.

23

Den Antragstellern ist beizupflichten, dass die Erfüllung der Anmelde- und Einziehungspflichten sich für auf dem Festland lebende Vermieter von Ferienwohnungen schwieriger gestaltet als für Vermieter auf der Insel {U.}. Dies ist jedoch lediglich eine Folge der Situationsgebundenheit ihres Eigentums. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes durch die Gleichbehandlung von Vermietern auf der Insel und Vermietern auf dem Festland im Rahmen des § 8 Abs. 1a) der Satzung liegt nicht vor. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetz- und Satzungsgeber die allgemeine Weisung, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dabei hat der Gesetz- und Satzungsgeber allerdings gerade im Abgabenrecht eine sehr weitgehende Gestaltungsfreiheit (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.1.1997 - 8 NB 2.96 -, BVerwGE 104, 60, 63[BVerwG 30.01.1997 - 8 NB 2/96]; Beschl. v. 28.3.1995 - 8 N 3.93 -, Buchholz 401.84, Benutzungsgebühren Nr. 75, S. 36). Eine vom Gesetz oder von der Satzung vorgenommene Regelung muss sich nur jeweils auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund zurückführen lassen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht allgemein und abstrakt festlegen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt wird (BVerwG, Urt. v. 27.9.2000 - 11 CN 1.00 -, NSt-N 2000, 357 = ZKF 2001, 62 = KStZ 2001, 76 = NVwZ 2001, 689 = NordöR 2001, 216 [BVerwG 27.09.2000 - BVerwG 11 CN 1.00] unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Die Gleichbehandlung der Vermieter auf der Insel {V.}und der Vermieter auf dem Festland hinsichtlich der ihnen auferlegten Anmelde- und Einziehungspflichten ist durch sachgerechte Erwägungen gedeckt. Die Antragsgegnerin bezweckt mit der Neuregelung des Erhebungsverfahrens für den Kurbeitrag ausweislich des Inhalts ihrer Sitzungsvorlage vom 23. August 1999 - Drucksache Nr. 436 - zum einen, für den Kurgast zusätzliche Vorteile zu bieten und damit die Attraktivität der Insel zu steigern und konkurrenzfähig zu bleiben. Während bisher Gäste, die nicht den Urlauberservice nutzten und deren Vermieter nicht am freiwilligen Selbsteinzug teilnahmen, kostbare Urlaubszeit opfern mussten, um den Beitrag bei der Kurverwaltung zu zahlen, sollen dem Gast nunmehr unnötige Wege erspart werden, um ihm einen möglichst angenehmen Urlaub zu verschaffen. Zum anderen soll die Dunkelziffer derjenigen Vermieter gesenkt werden, die ihre Mieter in der Vergangenheit nicht zum Kurbeitrag angemeldet haben. Die zusätzliche Belastung der Wohnungsgeber durch die Einführung einer ihnen obliegenden Einzugspflicht für den Kurbeitrag hat die Antragsgegnerin gesehen, hält diese Belastung indes für erforderlich, "um konkurrenzfähig zu bleiben und dem Gast einen zusätzlichen Service zu bieten". Diese sachgerechten Erwägungen rechtfertigen die Gleichbehandlung der auf der Insel Borkum lebenden Vermieter von Ferienwohnungen mit den Vermietern, die auf dem Festland leben. Denn es würde dem erklärten Ziel, die Attraktivität des Ferienangebots auf {W.}zu steigern und die Beitragsmoral zu stärken, zuwiderlaufen, wenn insoweit eine Ungleichbehandlung der Erholungssuchenden einerseits, der Wohnungsgebers andererseits in Abhängigkeit vom jeweiligen Wohnort der Vermieter der Ferienwohnungen begründet worden wäre.

24

Die Befugnis der Antragsgegnerin, die Vermieter von Ferienwohnungen nach Maßgabe der in § 8 Abs. 1b) der Satzung im Einzelnen getroffenen Regelungen zur Führung und Aufbewahrung eines Gästeverzeichnisses zu verpflichten, folgt ebenfalls aus § 10 Abs. 3 NKAG. Sie ist zwar dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht zu entnehmen, doch ergibt sich das Recht der den Kurbeitrag erhebenden Gemeinde, derartige Durchführungs- und Aufzeichnungspflichten zu normieren, als Annex aus ihrer Berechtigung, für die Eigentümer von vermieteten Ferienwohnungen die vorstehend behandelten Hauptpflichten im Rahmen der Erhebung des Kurbeitrags zu begründen (vgl. Lichtenfeld, a.a.O., § 11 RdNr. 61). Denn auch diese Nebenpflichten dienen dem Ziel, eine möglichst lückenlose Erfassung der kurabgabepflichtigen Personen zu erreichen, ohne dass es hierfür eines unvertretbaren Verwaltungsaufwandes bedarf. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird durch die Nebenpflicht zur Führung und Aufbewahrung des Gästeverzeichnisses ebenfalls nicht verletzt. Als Gästeverzeichnis gelten die Durchschriften der Vordrucke zur Anmeldung von Kurbeitragspflichten. Diese sind entsprechend ihrer fortlaufenden Nummerierung abzuheften und fünf Jahre ab Beginn des auf die Eintragung folgenden Kalenderjahres aufzubewahren. Dem Pflichtigen wird somit in der Praxis lediglich zugemutet, einen Ablageordner zu führen, in den er die Durchschriften der ohnehin zur Anmeldung des Gastes bei der Kurverwaltung auszufüllenden Vordrucke einheftet. Dies stellt keine nennenswerte Belastung des Eigentümers der vermieteten Ferienwohnung dar.

25

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die in § 8 Abs. 1c) der Satzung normierte Befugnis der Antragsgegnerin, durch Beauftragte Kontrollen in den Gästebetrieben, also auch in vermieteten Ferienwohnungen, durchzuführen. Die Befugnis der Antragsgegnerin, eine derartige Regelung zu treffen, ergibt sich aus der über § 11 Abs. 1 Abs. 3a) NKAG auf kommunale Abgaben anwendbaren Vorschrift des § 99 Abgabenordnung (AO). Nach dessen Abs. 1 sind die von der Behörde mit der Einnahme des Augenscheins betroffenen Amtsträger berechtigt, u.a. Grundstücke und Räume während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeit zu betreten, soweit dies erforderlich ist, um im Besteuerungsinteresse Feststellungen zu treffen. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden. Hier kann dahingestellt bleiben, ob eine vermietete Ferienwohnung als Wohnraum oder aber als sonstiger Raum im Sinne der zitierten Vorschrift einzuordnen ist. Denn durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 13.10.1971 - BvR 280/66 -, BVerfGE 32, 54, 77 [BVerfG 12.10.1971 - 2 BvR 65/71] [BVerfG 13.10.1971 - 1 BvR 280/66] = NJW 1971, 2299) ist geklärt, dass die in Art. 13 Abs. 1 GG garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung sowohl Privat- als auch Geschäfts- und Arbeitsräume erfasst. Zu Differenzieren ist nach der genannten Entscheidung im Hinblick auf deren Schutzbedürftigkeit indes nach Privaträumen (Wohnung im engeren Sinne) und Geschäftsräumen. Die prinzipielle Unverletzlichkeit der Wohnung wird in Art. 13 Abs. 7 GG dadurch gesichert, dass "Eingriffe und Beschränkungen", die nicht "Durchsuchungen" und "technische Mittel zur Überwachung" sind, nur unter ganz bestimmen, genau umschriebenen Voraussetzungen vorgenommen werden dürfen. Bei Wohnräumen im engeren Sinne entspricht diese strenge Begrenzung der zulässigen Eingriffe dem grundsätzlichen Gebot unbedingter Achtung der Privatsphäre des Bürgers. Nach der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat die Einbeziehung der Geschäftsräume in den Schutz des Art. 13 GG indes nicht zur Folge, dass eine verfassungsrechtliche Grundlage dafür fehlt, den mit der Wirtschafts-, Arbeits- und Steueraufsicht betrauten Behörden das Recht einzuräumen, Betriebs- und Geschäftsräume zu betreten, um dort im Zusammenhang mit der Verpflichtung des Betriebsinhabers zur Auskunftserteilung Geschäftsbücher und Akten zu prüfen oder Waren und Einrichtungen zu besichtigen. Das Bundesverfassungsgericht führt in seiner Entscheidung hierzu aus:

"Bei dieser Sachlage erscheint eine Auslegung geboten und zulässig, die bereits bei dem Begriff der "Eingriffe und Beschränkungen" ansetzt und ihn in einer Weise interpretiert, die dem Schutzzweck des Grundrechts gerecht wird, dem erkennbaren Willen des Verfassungsgebers entspricht, aber auch auf die sachliche Notwendigkeiten der Verwaltung des modernen Staates angemessen Bedacht nimmt. Diese Ausführung geht davon aus, dass - bei prinzipieller Einbeziehung auch der Geschäfts- und Betriebsräume in den Schutzbereich des Art. 13 GG - doch das Schutzbedürfnis bei den insgesamt "räumlichen Privatsphäre" zuzuordnenden Räumen verschieden groß ist. Den Geschäfts- und Betriebsräumen eignet nach ihrer Zweckbestimmung eine größere Offenheit "nach außen"; sie sind zur Aufnahme sozialer Kontakte bestimmt, der Inhaber entlässt sie damit in gewissem Umfang aus der privaten Intimsphäre, zu der die Wohnung im engeren Sinne gehört. Dem stärkeren Bedürfnis nach Fernhaltung von Störungen des privaten Lebens und der räumlichen Sphäre, in der es sich entfaltet, entspricht es, dass die Begriffe "Eingriffe und Beschränkungen" soweit sie sich auf die Wohnung im engeren Sinne beziehen, streng ausgelegt werden. Das bedeutet, dass ein Betretungs- und Besichtigungsrecht der hier geregelten Art bei Wohnräumen ausgeschlossen ist. Denn hier greift der Schutzzweck des Grundrechts voll durch, dem Einzelnen das Recht "in Ruhe gelassen zu werden" (BVerwGE 27, 1, 6[BVerwG 27.04.1967 - III C 23/66] = NJW 1969, 1707 [BVerfG 16.07.1969 - 1 BvL 19/63]), zu sichern. Das gilt auch, soweit in diesen Räumen zugleich eine berufliche oder geschäftliche Tätigkeit ausgeübt wird. Bei reinen Geschäfts- und Betriebsräumen wird dieses Schutzbedürfnis durch den Zweck, den sie nach dem Willen des Inhabers selbst erfüllt sollen, gemindert. Die Tätigkeiten, die der Inhaber in diesen Räumen vornimmt, wirken nach außen und können deshalb auch die Interessen Anderer und die der Allgemeinheit berühren. Dann ist es folgerichtig, dass die mit dem Schutz dieser Interessen beauftragten Behörden in gewissem Rahmen diese Tätigkeiten auch an Ort und Stelle kontrollieren und zu diesem Zweck die Räume betreten dürfen. Dieser zweckbestimmte Vorgang ist nicht eigentlich eine Störung des Hausfriedens. Der Betriebsinhaber wird demgemäß in aller Regel das Betreten der Räume durch Behördenbeauftragte nicht als einen Eingriff in sein Hausrecht empfinden...

Geht man im Hinblick auf die Lückenhaftigkeit der Regelung ... davon aus, dass Art. 13 Abs. 3 GG "von vornherein" nicht die üblichen Betretungs- und Besichtigungsrechte bei Betriebsgrundstücken und Geschäftsräumen erfassen sollte, so erscheint die Annahme nicht unberechtigt, dass auch der parlamentarische Rat von dieser "unbefangenen" Betrachtungsweise ausgegangen ist. Es muss dem Gesetzgeber überlassen bleiben, zu prüfen, ob Anlass besteht, zu gegebener Zeit diesen Willen durch eine Neuformulierung des Verfassungstextes eindeutig zum Ausdruck zu bringen.

Grenzt man den Kreis der hiernach nicht mehr als "Eingriffe und Beschränkungen" zu qualifizierenden Betretungs- und Besichtigungsrechte für Geschäfts- und Betriebsräume sachgemäß - d.h. unter Beachtung namentlich des Art. 2 Abs. 1 GG im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit - ab, so ergibt sich, dass insbesondere folgende Voraussetzungen zu fordern sind:

Eine besondere gesetzliche Vorschrift muss zum Betreten der Räume ermächtigen;

das Betreten der Räume, die Vornahme der Besichtigungen und Prüfungen müssen einem erlaubten Zweck dienen und für dessen Erreichung erforderlich sein;

das Gesetz muss den Zweck des Betretens, den Gegenstand und den Umfang der zugelassenen Besichtigung und Prüfung deutlich erkennen lassen;

das Betreten der Räume und die Vornahme der Besichtigung und Prüfung ist nur in den Zeiten statthaft, zu denen die Räume normalerweise für die jeweilige geschäftliche und betriebliche Nutzung zur Verfügung stehen."

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Diese Voraussetzungen, unter denen das Betreten der Geschäfts- und Betriebsräume durch Beauftragte von Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit nicht als eine Beeinträchtigung des Rechts der Unverletzlichkeit der Wohnung anzusehen ist, erfüllt § 99 Abs. 1 AO (ebenso Tipke, in: Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, Stand: April 2001, § 99 AO RdNr. 4). Die Antragsgegnerin war mithin befugt, gestützt auf die Ermächtigungsnorm des § 99 AO ein Betretungsrecht für Gästebetriebe in ihrer Satzung zu normieren.

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Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, mit der Antragsgegnerin unter "Gästebetrieb" auch privat vermietete Ferienwohnungen zu verstehen. Denn auch diese genießen nicht den durch Art. 13 Abs. 1 GG den Wohnungen im engeren Sinne gebotenen Schutz der Unverletzlichkeit der Wohnung. Sie dienen nicht der persönlichen Lebensentfaltung des Wohnungsinhabers, sondern sind von vornherein darauf ausgerichtet, Fremden zur Verfügung gestellt zu werden, um dadurch Mieteinnahmen zu erzielen. Damit stehen sie den Geschäfts- und Betriebsräumen nahe und können hinsichtlich des Betretungs- und Besichtigungsrechtes wie jene behandelt werden.

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Allerdings dürfte ein Betreten der Ferienwohnung nur in Ausnahmefällen im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 AO erforderlich sein, um die Einhaltung der in § 8 der Satzung normierten Pflichten der Wohnungsgeber zu überprüfen. Regelmäßig wird es ausreichen, nur an der Tür der Ferienwohnung zu klingeln, um feststellen zu können, ob diese von Feriengästen bewohnt ist und wie viele Personen sich dort aufhalten. Auch das in der Wohnung auszulegende Exemplar der Satzung kann sich der Beauftragte der Antragsgegnerin an der Wohnungstür zeigen lassen. Hinsichtlich des zu führenden Gästeverzeichnisses dürfte ein Betreten der Wohnung schon deshalb nicht in betracht kommen, weil dieses - worauf die Antragsteller zutreffend hinweisen - beim Vermieter der Wohnung geführt wird und sich nicht in der Ferienwohnung befindet. Letzteres wird auch von der Satzung nicht verlangt.

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Schließlich begegnet auch die in § 8 Abs. 1d) der Kurbeitragssatzung der Antragsgegnerin normierte Pflicht der Wohnungsgeber, die Kurbeitragssatzung in den vermieteten Räumen an gut sichtbarer Stelle auszulegen, keinen rechtlichen Bedenken. Die Ermächtigungsgrundlage für diese Bestimmung findet sich wiederum in § 10 Abs. 3 NKAG. Denn auch die Pflicht, die Satzung auszulegen, ist lediglich eine Nebenverpflichtung, die als Annex zu den in dieser Vorschrift bestimmten Hauptpflichten, d.h. zu den Anmeldungs-, Einziehungs- und Ablieferungspflichten, besteht. Die Annahme, der Verpflichtete werde durch die Erfüllung dieser Nebenpflicht in unverhältnismäßiger Weise belastet, ist abwegig. Der Wohnungsgeber muss lediglich ein Überstück oder eine Ablichtung der aktuellen Fassung der Kurbeitragssatzung in der vermieteten Ferienwohnung auslegen. Hierdurch wird ihm weder ein unzumutbarer Arbeitsaufwand abverlangt, noch entstehen durch die Erfüllung dieser Pflicht nennenswerte Kosten.

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Die Kosten des erfolglosen Normenkontrollverfahrens haben nach §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO die als Antragsteller aufgeführten Parteien zu gleichen Teilen zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

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Gründe für eine Zulassung der Revision ( § 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

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[...]

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird gemäß §§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG, 5 ZPO auf 88.000,- DM (11 x 8.000,- DM) festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar ( §§ 25 Abs. 2 Satz 1, 5 Abs. 2 Satz 3 GKG).

Dr. Jenke
Dr. Claaßen
Dr. Rettberg