Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.06.2001, Az.: 13 L 2463/98
neue Rechtschreibung; Rechtschreibreform; reformierte Rechtschreibung; Schulunterricht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 20.06.2001
- Aktenzeichen
- 13 L 2463/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40355
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 02.03.1998 - AZ: 6 A 4317/97
Rechtsgrundlagen
- Art 1 GG
- Art 2 GG
- Art 6 Abs 1 GG
- Art 20 Abs 3 GG
- § 2 SchulG ND
- § 54 SchulG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Schulunterricht nach reformierter Rechtschreibung ist im Jahre 2001 zulässig.
Tatbestand:
Die Kläger ..., wenden sich dagegen, dass die 1989 geborene Tochter der Klägerin, ... nach den Regeln der reformierten Rechtschreibung unterrichtet wird. Dabei beschränkt sich die Klage inzwischen auf die Frage einer landesrechtlichen Zulässigkeit der Einführung geänderter Rechtschreibregeln im (niedersächsischen) Schulunterricht.
Die Rechtschreibreform geht auf Vereinbarungen in Wien vom November 1994 zurück. Dort wurde ein Regelwerk "Deutsche Rechtschreibung, Regeln und Wörterverzeichnis" erarbeitet, das -- mit Änderungen -- Gegenstand eines Beschlusses der Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) vom 1. Dezember 1995 war. Die Kultusminister beschlossen (s. SVBl. 1995, S. 373), (unter bestimmten Voraussetzungen) die neuen Regeln ab dem 1. August 1998 "als verbindliche Grundlage für den Unterricht in allen Schulen" einzuführen. Während einer Übergangszeit bis zum 31. Juli 2005 sollen bisherige Schreibweisen jedoch nicht als falsch, sondern (lediglich) als "überholt" gekennzeichnet und bei Korrekturen "durch die neuen Schreibweisen ergänzt" werden. International vereinbart wurde die Rechtschreibreform am 1. Juli 1996 in Wien, wo es zu einer "Absichtserklärung" kam, wonach das (als Anhang beigefügte) Regelwerk von 1994 (offenbar mit den Änderungen von 1995; nach Angabe des Beklagten sind die Regeln vom 1.7.96 mit denen des KMK-Beschlusses vom 1.12.95 identisch) von Personen aus der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz "zustimmend zur Kenntnis" genommen worden ist. Nach dem Willen der Unterzeichner dieser "Wiener Absichtserklärung" (mit den neuen Regeln veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 205 a vom 31.10.96) soll das Regelwerk die Rechtschreibung "innerhalb derjenigen Institutionen (Schule, Verwaltung)" regeln, "für die der Staat Regelungskompetenz hinsichtlich der Rechtschreibung hat"; darüber hinaus soll es "zur Sicherung einer einheitlichen Rechtschreibung Vorbildcharakter für alle (haben), die sich an einer allgemein gültigen Rechtschreibung orientieren möchten": Hinsichtlich der zeitlichen "Umsetzung" sieht die "Wiener Absichtserklärung" die Termine vor, wie sie schon Inhalt des KMK-Beschlusses vom 1. Dezember 1995 waren. Ferner ist die Einsetzung einer "Zwischenstaatlichen Kommission" vorgesehen, die die Einführung der Neuregelung begleiten, die künftige Sprachentwicklung beobachten und -- soweit erforderlich -- "Vorschläge zur Anpassung des Regelwerks" erarbeiten soll. Eine Überprüfung nach Maßgabe der Akzeptanz der neuen Regeln im Volke war dabei -- entgegen den Ausführungen von Menzel (RdJB 1998, S. 36/40 und 56) -- nicht vorgesehen. Bisher ist das "Regelwerk" trotz erheblicher Kritik auch nicht geändert (zurückgenommen) worden. Erst kürzlich (KMK-Beschluss vom 5.10.00) ist "bekräftigt" worden, dass nicht beabsichtigt sei, eine "Reform der Reform" vorzunehmen; allerdings wurde die Kommission "beauftragt, schneller als bisher geplant, nämlich bereits Ende des Jahres 2001, die Erfahrungen mit den neuen Regeln in der Praxis zusammenzufassen". Dazu soll sie "die Anwendung ... auswerten" und "besonderes Augenmerk auf häufig kritisierte Teile ... legen". Weiter soll sie künftig durch einen "Beirat" begleitet werden, dessen Aufgabe es auch ist, "aus schreibpraktischer Sicht und im Hinblick auf die Akzeptanz von Schreibregeln Stellung zu nehmen".
Schwerpunkte der Rechtschreibreform (Regelwerk mit 112 Paragraphen sowie Wörterverzeichnis, s. Bundesanzeiger aaO), deren Ziel sein soll, das Schreiben zu vereinfachen, sind eine Stärkung des sog. "Stammprinzips", die Eindeutschung von Fremdwörtern, eine Neuregelung der Zusammenschreibung sowie die Lockerung der Regeln über die Zeichensetzung. Die Stärkung des Stammprinzips führt zu Neuschreibungen wie "behände", "Stängel", "platzieren", "schnäuzen" und "verbläuen". Grundlage dabei ist offenbar die Vorstellung, durch die Assoziation mit einem anderen Wort, dem (auch angeblichen) Stamm, werde die Schreibung dieser Wörter für Unkundige erleichtert. Dieses Änderungsmotiv gilt auch für die (alternativ zugelassene) Neuschreibung "Potenzial" (statt Potential), wodurch zwar der Stamm ("potent") verfälscht wird, was in der Praxis aber offenbar bevorzugt wird. Sind dies nur Einzelfälle, wie auch bei der Eindeutschung der Fremdwörterschreibung, wo ebenfalls (noch) Alternativen zugelassen sind (z.B. Geografie neben Geographie, Fantasie neben Phantasie, Nessessär neben Necessaire, Justiziar neben Justitiar, Grislibär neben Grizzlybär, Klipp neben Clip, Krepp neben Crêpe, Kupee neben Coupé, Pappmaschee neben Pappmaché, passee neben passé, Fon neben Phon, Saxofon neben Saxophon, Schikoree neben Chicorée, Sketsch neben Sketch), ebenso bei der Wortschöpfung "selbstständig" (neben selbständig), nicht aber bei den Neuworten "Stopp" "Tipp" sowie "Zierrat", so ist das bei der ß/ss-Schreibung anders, wo die auffallendste Änderung erfolgt ist, nämlich die weitgehende Abschaffung des (spezifisch deutschen) "ß". Bezogen auf die am häufigsten betroffene Konjunktion "daß" hat Mahrenholz dies zu der Aussage veranlasst (SZ vom 23./24.8.97), hier hätten "die Minister ihre Kompetenz überschritten". Nach der Reform gilt für die ß-Schreibung nunmehr nur noch eine Regel (§ 25), nämlich die, dass ein "ß" nur nach langem Vokal oder Diphthong stehen darf (und das auch nur dann, "wenn im Wortstamm kein weiterer Konsonant folgt"). Dagegen sind die -- offensichtlich aus ästhetischen Gründen geschaffenen -- Regeln des Schluss/ß und des "ß" vor einem Konsonanten ersatzlos weggefallen. Das alleinige Abstellen auf die Aussprache dürfte dabei durchaus problematisch sein, da etwa der Buchstabe "a" im Wort "Spaß" auch kurz ausgesprochen wird, so dass dann "Spass" zu schreiben wäre.
Hinsichtlich der Zusammen-/ Getrenntschreibung ist in Abschnitt B (vor §§ 33 ff.) der Regeln einleitend gesagt, es werde "davon ausgegangen, dass die getrennte Schreibung der Wörter der Normalfall und daher die Zusammenschreibung regelungsbedürftig ist". Ob die in der Praxis (d.h. der Presse) zu beobachtende Tendenz zur Getrenntschreibung, die den Eindruck vermittelt, als handele es sich um eine wörtliche Übersetzung aus dem Englischen, auf dieser Prämisse beruht oder ob sie dem Diktat der EDV ("Rechtschreibprogramm") entspringt, die vorhandene Praxis also nicht der Rechtschreibreform (§§ 33 ff.) entspricht, soll hier dahinstehen. Demgemäß geht die Trennung bisher zusammengeschriebener Wörter auf die Rechtschreibreform zurück. Hierzu nur einige Beispiele:
"Gut heißen", "zu Stande kommen", "zu Letzt", "zu Ende", "Gebühren frei", "Rekord verdächtig", (für etwas) "gerade stehen", "allein stehend", "allein Erziehende", "zurück geben/zahlen", "von Nöten", "Atem beraubend", "sicher stellen", "lahm legen", "hier zu Lande", "zufrieden stellend", "zu Gute kommen", "Not leidend", "bevor stehend", "zusammen kommen", "wohl proportioniert", "klar stellen", "Fußgänger unfreundlich", "verloren gehen", "Kosten deckend", "zehn Mal", "braun gebrannt", "frisch gebackene" (Bäckergesellen), "weiter entwickelt", "Batterie betrieben", "ernst nehmen", "zu Tage fördern", "gleich stellen", "verbotener Weise", "schief gehen", "schlecht reden" (im Sinne von schlechtmachen), "weiter leiten", "gleich lautend", "zuvor kommen", "bekannt geben", "selbst ernannt", "gut heißen", "Kopf schüttelnd", "in Takt" (statt: intakt). Hier ist offensichtlich eine lange Sprach/Schreibentwicklung rückgängig gemacht, in der Worte zusammengesetzt worden sind, wodurch diese -- als neue Worte -- eine selbständige Bedeutung gewonnen haben ("Paradebeispiel": wohlbekannt und "wohl bekannt"). So besteht ein erheblicher Unterschied zwischen den "frisch gebackenen" Brötchen und dem "frischgebackenen" Bäckergesellen, zwischen einer "alleinstehenden" Mutter und ihrem allein (d.h. ohne Hilfe) stehenden Kind. Die vielen -- trennenden -- Schreibungen bei den Wortzusammensetzungen mit den damit verbundenen Fehldeutungen sind wohl der am meisten kritisierte Punkt der Rechtschreibreform. Allerdings muss dabei offenbleiben, ob die praktizierten Schreibungen tatsächlich dem neuen Regelwerk entsprechen. Dieses "überlässt" die Schreibweise vielfach dem "Schreibenden", so z.B. (§ 39 E 3) bei "außerstande/ außer Stande sein", "infragestellen/in Frage stellen", "zumute/zu Mute sein", "zuschulden/zu Schulden kommen lassen", "zuwege/zu Wege bringen"; auch die Alternativen "sodass" oder "so dass", "anstelle" oder "an Stelle", "aufgrund" oder "auf Grund", "zulasten/gunsten" oder "zu Lasten/Gunsten" sind möglich. Dabei ist den Regeln nicht zu entnehmen, nach welchen Kriterien der "Schreibende" sich für die eine oder andere Version entscheiden soll, so dass es offenbar in seinem Belieben liegen soll (was natürlich gleichzeitig eine mögliche Fehlerquelle ausschließt). Keine Wahl soll der "Schreibende" indessen offenbar bei der Wortverbindung "so genannt" haben (s. Wörterbuch und dortiger Hinweis auf § 39 E 2, 2.4), womit das Wort "sogenannt" getilgt ist. Dieses bedeutet herkömmlicherweise eine gewisse Differenzierung (eine "sogenannte Wahrheit" ist keine solche), während "so genannt" lediglich die Bedeutung hat, dass etwas "so -- und nicht anders -- genannt" wird.
In Niedersachsen sind die geänderten Rechtschreibregeln, auf die bereits im Mai 1996 im Schulverwaltungsblatt hingewiesen worden ist (SVBl. 1996 S. 165), auf der Grundlage des KMK-Beschlusses vom 1. Dezember 1995 (erstmals) mit Erlass des Kultusministers vom 25. August 1996 (SVBl. S. 373) "in Kraft gesetzt" worden. Zusätzlich zu dem KMK-Beschluss traf der Niedersächsische Kultusminister bis zum 1. August 1998 weitere "Übergangsregelungen", wonach die geänderten Rechtschreibregeln schon zum Schuljahr 1996/97 (also zwei Jahre früher) in den Schulen Niedersachsens eingeführt wurden. Hiernach wurde die Tochter der Klägerin bereits im Schuljahr 1996/97 (in der 2. Klasse) nur nach den geänderten Rechtschreibregeln unterrichtet. Dagegen wandte sich die Klägerin, die als Gründungsmitglied das (erfolglos gebliebene) Volksbegehren (Art. 48 NV) "Wir gegen die Rechtschreibreform" betrieb und sich im Juni 1997 (vergebens) an den Niedersächsischen Kultusminister Wernstedt, der damals KMK-Präsident war, mit der Bitte um Aussetzen der Reform zum Schuljahr 1997/98 gewandt hatte, im Juli 1997 mit einem gleichzeitig mit der vorliegenden Klage beim Verwaltungsgericht Hannover eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, gerichtet auf Unterlassen der Unterrichtung nach der Rechtschreibreform. Dieser hatte Erfolg (Beschluss vom 7.8.97 -- 6 B 4318/97 --, NJW 1997, 2538 [OVG Schleswig-Holstein 13.08.1997 - 3 M 17/97]). Die dagegen (vom Senat zugelassene) Beschwerde des Beklagten wurde zurückgewiesen (Beschl. v. 17.10.97 -- 13 M 4160/97 --, NJW 1997, 3456). Zur Begründung führte der Senat aus, dass schon das vom Beklagten angeordnete Vorziehen der Reform unzulässig sei. Im Übrigen bestünden auch gewichtige Bedenken gegen die Umsetzung der Reform als solcher, die bei der Entscheidung zu berücksichtigen seien.
Es spreche viel dafür, dass die Rechtschreibung als Teil der gelebten Sprache staatlicher Regelungsgewalt weithin entzogen sei. Auch die Schriftsprache könnte allein "Sache des ('Sprach'-)Volkes" sein, so dass staatliche Eingriffe nach Art der vorliegenden Reform nicht zulässig seien. Nach dem "Vorwort" zum Regelwerk solle dieses "zur Sicherung einer einheitlichen Rechtschreibung Vorbildcharakter für alle" haben, also in der Bundesrepublik Deutschland einheitlich gelten. Insoweit würden die Kultusminister der "Kraft des Faktischen" vertrauen (nach Ickler FAZ v. 29.1.97: "vorauseilender Gehorsam"; Husfeld, JuS 1996, 1272/75 spricht insoweit von "Beflissenheit"), wie sich auch bereits in der Praxis zeige. Vor allem aber seien die Kultusminister auch gar nicht berechtigt, eine "gesonderte 'Schul-Rechtschreibung' einzuführen". Denn das wäre mit dem Recht auf Bildung (Art. 4 Abs. 1 NV) unvereinbar und verstoße, solange sich die neue Schreibung nicht allgemein durchgesetzt habe, gegen § 2 Abs. 1 Sätze 3 und 4 NSchG. Ziele die Rechtschreibreform damit aber darauf ab, die Orthographie der gesamten (schreibenden) Bevölkerung zu beeinflussen und zu verändern, stelle sich die Rechtsfrage, ob "die damit bezweckten Eingriffe in den vorhandenen (gewachsenen) Bestand" überhaupt zulässig seien (vgl. auch Köpke NJW 1996, 1081/1082, wonach die von den Reformern letztlich geübte "Zurückhaltung" für die Unzulässigkeit der Reform spreche; hinsichtlich weiterer Zitate zu dieser Frage wird auf die Seiten 33 ff. des Beschlusses vom 17. Oktober 1997 -- NJW 1997, 3456/3460 -- Bezug genommen). Davon abgesehen, spreche auch viel dafür, dass die Rechtschreibreform als "wesentliche" Entscheidung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, zumindest aber einer parlamentarischen Leitentscheidung hinsichtlich der Reichweite und Richtung einer Reform.
Aufgrund dieses Beschlusses des Senats bestimmte der Beklagte mit Schnellbrief vom 29. Oktober 1997, dass der Unterricht an den Schulen Niedersachsens "ab sofort (wieder) auf der Grundlage der vor Beginn der Einführung der neuen Rechtschreibung geltenden Regeln durchgeführt" und die Anwendung der neuen Rechtschreibung "zwar als Verstoß gegen die bestehenden Rechtschreibregeln gekennzeichnet, aber nicht als Fehler gewertet" werden sollen; den (Einführungs-)Erlass vom 25. August 1996 hob er auf. Nachdem das Bundesverfassungsgericht in Sachen Rechtschreibreform entschieden hatte -- dazu unten --, hob er diesen Erlass mit Erlass vom 25. September 1998 (SVBl. S. 313) wieder auf und ordnete "in Übereinstimmung mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung vom 1. Dezember 1995" an, dass an allen Schulen "im Unterricht aller Fächer die neue Rechtschreibung zugrunde zu legen" sei. Ferner bestimmte er, dass bis zum 31. Juli 2005 "in allen schriftlichen Arbeiten die Anwendung der alten Rechtschreibung als überholt gekennzeichnet, nicht aber als Fehler gewertet" werden solle.
Zeitweilig ausgesetzt war die Rechtschreibreform auch in Schleswig-Holstein. Ein am 27. September 1998 durchgeführter Volksentscheid hatte zur Ablehnung der Reform geführt, indem gesetzlich festgelegt wurde (§ 4 Abs. 10 S.-H. Schulgesetz; Änderungsgesetz vom 10.12.98 -- GVOBl. S-H S. 366), dass die "allgemein übliche" Rechtschreibung zu unterrichten sei, wie sie "in der Bevölkerung seit langem anerkannt ist und in der Mehrzahl der lieferbaren Bücher verwendet wird". Diese Regelung ist neun Monate später durch Gesetz vom 21. September 1999 (GVOBl. S-H S. 263) wieder aufgehoben worden. Eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde, mit der geltendgemacht worden war, das Ergebnis eines Volksentscheides dürfe nicht noch in derselben Legislaturperiode wieder rückgängiggemacht werden, wurde vom Bundesverfassungsgericht mit der Begründung nicht zur Entscheidung angenommen, die zur Prüfung gestellte Frage richte sich nach Schleswig-Holsteinischem Verfassungsrecht und könne vom Bundesverfassungsgericht daher nicht überprüft werden (Beschl. vom 25.11.99 -- 2 BvR 1958/99 --, NJW 2000, 1104).
Anders als das Verwaltungsgericht Hannover (bestätigt durch Senatsbeschluss vom 17.10.97 -- 13 M 4160/97 --, aaO) hatte das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht wie schon das Verwaltungsgericht Schleswig es abgelehnt, eine einstweilige Anordnung, gerichtet auf Unterlassen des Unterrichts nach der Rechtschreibreform, zu erlassen (Beschl. v. 13.8.97 -- 3 M 17/97 --, DVBl. 1997, 1193). Die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 14. Juli 1998 -- 1 BvR 1640/97 (E 98, 218) -- trotz ihrer Rücknahme -- zurückgewiesen. Dazu hat es folgende Grundsätze aufgestellt: Die deutsche Rechtschreibung sei staatlicher Reglementierung nicht prinzipiell entzogen. Dem Grundgesetz liege nicht die Vorstellung zugrunde, daß sich jede vom Staat ergriffene Maßnahme auf eine verfassungsrechtliche Grundlage zurückführen lassen müsse; auch aus der Eigenart der Sprache folge kein absolutes Regelungsverbot; Art und Ausmaß einer Regelung seien aber nicht unbegrenzt (aaO S. 246). Wo diese Grenzen liegen, hat das Bundesverfassungsgericht nicht aufgezeigt. Mit der vorliegenden Reform seien sie aber nicht überschritten. Im Ergebnis verlangt das Bundesverfassungsgericht zwar auch eine gesetzliche Grundlage für staatlich verordnete Rechtschreibänderungen, verneint aber die Notwendigkeit einer besonderen, über die allgemeinen Lernzielbestimmungen des SchulG hinausgehenden Grundlage. Es sei daher von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht angenommen habe, die §§ 4 und 11 des Schleswig-Holsteinischen SchulG bildeten eine ausreichende Grundlage für die Umsetzung der Rechtschreibreform an den Schulen des Landes (aaO S. 250).
Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes in Gestalt der Wesentlichkeitstheorie, der (gerade) auch auf dem Gebiete des Schulwesens zu beachten sei, d.h. im Spannungsverhältnis zwischen elterlichem Erziehungsrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) und staatlichem Erziehungsauftrag (Art. 7 Abs. 1 GG), greife hier deshalb nicht ein (aaO S. 251 ff.), weil die Unterrichtung nach der reformierten Rechtschreibung für die Ausübung des Elternrechts nicht von wesentlicher Bedeutung sei (aaO S. 252), wobei auch unerheblich sei, dass durch die Reform Regeln und Schreibweisen eingeführt würden, die nicht nur das Ergebnis einer historischen gewachsenen, vom Staat unbeeinflußten Schreibentwicklung seien und auch nicht lediglich eine sich im gesellschaftlichen Bereich immerhin anbahnende Schreibentwicklung vorwegnähmen, sondern jedenfalls teilweise auf reformerische Entscheidungen staatlicher Entscheidungsträger zurückgingen (aaO S. 253). Die Änderungen durch die Rechtschreibreform seien verhältnismäßig gering; auch qualitativ hielten sich ihre Folgen in engen Grenzen (aaO S. 253 f.). Nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck des Senats bestehe kein Anlass, daran zu zweifeln, dass sich auf der Grundlage der neuen Rechtschreibregeln das richtige Schreiben der deutschen Sprache leichter erlernen lasse, auch wenn den Vorteilen Nachteile gegenüberstünden (aaO S. 254). Weil bisherige Schreibungen nicht als Fehler, sondern nur als "überholt" gekennzeichnet würden (Übergangsfrist bis mindestens 31.7.05), sei auch nicht ersichtlich, daß das Interesse der Eltern an möglichst guten Leistungsnachweisen ihrer Kinder durch die neue Schreibung beeinträchtigt werde (aaO S. 255). Schließlich sei die Einführung der Rechtschreibreform auch nicht deshalb "wesentlich", weil damit im Gefolge einer schul- und bildungspolitischen Grundsatzentscheidung neue Groblernziele festgelegt würden. Daran, dass nach der (verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden) Auslegung des Schleswig-Holsteinischen SchulG durch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht zu den Zielen des Unterrichts die Unterweisung im richtigen Schreiben der deutschen Sprache gehöre, ändere sich auch durch die Rechtschreibreform nichts; der teilweise andere Inhalt des entsprechenden Unterrichts sei nicht so gewichtig, dass die neue Regelung einer Änderung von Groblernzielen gleichkäme; jedenfalls für eine Reform diesen Zuschnitts reichten die Vorschriften des Schleswig-Holsteinischen SchulG für eine Umsetzung der Rechtschreibreform aus (aaO S. 255 f.). Auch für die Schüler sei die Unterrichtung nach den neuen Regeln nicht in dem Sinne wesentlich, daß dafür eine parlamentarische Leitentscheidung herbeigeführt werden müßte; auch insoweit reichten vielmehr die Vorschriften des (Schleswig-Holsteinischen) SchulG aus (aaO S. 256 f.).
Schließlich werde durch die Einführung der Rechtschreibreform das Erziehungsrecht der Eltern von Schülern auch in sachlicher Hinsicht nicht verletzt, jedenfalls nicht unverhältnismäßig eingeschränkt; das Ziel, das Erlernen des richtigen Schreibens zu erleichtern, sei ein Gemeinwohlbelang, durch den die Neuregelung verfassungsrechtlich hinreichend gerechtfertigt sei; nach vertretbarer Einschätzung des Landes (Schleswig-Holstein) sei die Rechtschreibreform geeignet, dieses Ziel zu erreichen (aaO S. 260).
Nach dieser Entscheidung bleibt auch nach Meinung der Kläger für die vorliegende Entscheidung lediglich die Frage, ob sich die Einführung der geänderten Rechtschreibregeln in Niedersachsen auf die Vorschriften des NSchG zurückführen lässt oder ob sie zu diesen etwa in Widerspruch steht. Die entsprechende Frage hat das Bundesverwaltungsgericht für das Berliner Schulgesetz im Urteil vom 24. März 1999 (6 C 9/98 --, BVerwGE 108, 355) -- in Annahme einer weit gehenden Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG -- in ersterem Sinne entschieden. Dabei ist es davon ausgegangen, das Bundesverfassungsgericht habe im Urteil vom 14. Juli 1998 die Regelungen in § 4 Abs. 1 und 3 und § 11 Abs. 1 des Schl.-H. SchulG als Grundlage für das Unterweisen im richtigen Schreiben der deutschen Sprache -- sei es nach den herkömmlichen oder reformierten Regeln -- genügen lassen (aaO S. 357 f.). Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu die einschlägigen Vorschriften des Berliner Schulgesetzes mit denen aus Schleswig-Holstein, von denen in der Entscheidung BVerfGE 98, 218 [BVerfG 14.07.1998 - 1 BvR 1640/97] die Rede ist, verglichen und insoweit gemeint, die im Schleswig-Holsteinischen SchulG angeführten Bildungs- und Erziehungsziele ließen sich auch im Berliner Schulgesetz wiederfinden (aaO S. 358), so daß dieses im Land Berlin als Grundlage für die Einführung der Rechtschreibreform an den (Berliner) Schulen ausreiche.
Nicht zuletzt aufgrund der genannten Entscheidungen, vor allem des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998, scheint die Rechtschreibreform sich auch außerhalb von Schule und Verwaltung (s. dazu IMK-Beschluss vom 6.6.97; in Niedersachsen: RdErl. MI vom 30.7.98, MBI. S. 1091) durchzusetzen. Obwohl ein entsprechender Erlass bzgl. der niedersächsischen Justiz nicht ergangen ist, wird auch bei ihr die geänderte Rechtschreibung praktiziert. Gleichwohl lehnen nach einer Umfrage des "Allensbacher Instituts für Demoskopie" im September 2000 64 % der befragten Privatpersonen die Rechtschreibreform ab (Lüneburger "Landeszeitung" vom 11.9.00). Geänderte Rechtschreibregeln sind ferner weitgehend (nicht durchweg!) Grundlage veröffentlichter Texte (wenn bei Zeitungen insoweit auch möglicherweise unterschiedliche "Hausorthographien" bestehen mögen). Spektakulär war die Rückkehr der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zur alten Schreibung im Juli 2000. -- Auf Bundesebene ist die geänderte Rechtschreibung am 1. August 1999 eingeführt worden (trotz der BT-Entschließung vom 26.03.98, BT-Protokoll 13/224 S. 20550ff.; wiedergegeben auch in BVerfGE 98, 218/229 f.).
Die Klägerin, deren Tochter derzeit (Schuljahr 2000/2001) die (auslaufende) 6. Klasse (der Orientierungsstufe) besucht, hat ihre am 18. Juli 1997 erhobene Klage trotz der seitdem ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen weiterverfolgt. Sie hatte vor dem Verwaltungsgericht auch Erfolg. Mit Urteil vom 2. März 1998 (6 A 4317/97 -- NJW 1998, 1250), d.h. vor Ergehen der genannten Urteile des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt, "gegenüber der Tochter der Klägerin Unterricht nach Maßgabe seines Erlasses vom 25. August 1996 ... zu unterlassen". Zur Begründung hat es ausgeführt, die Rechtschreibreform sei in einem mangelhaften Verfahren zustandegekommen und entbehre im Übrigen auch der notwendigen (spezial-)gesetzlichen Grundlage.
Unter Hervorhebung der Bedeutung von Sprache (und Rechtschreibung) als besonders wichtiges Individualrechtsgut hat das Verwaltungsgericht gemeint, der Staat habe grundsätzlich der natürlichen Entwicklung der Sprache ihren Lauf zu lassen. Eingriffe etwa aus politischen Gründen ("Sprachlenkung") seien unzulässig. Soweit der Staat Gründe für ein Eingreifen in das gewachsene Gefüge der Sprache sehe, müsse er die einander gegenüberstehenden Rechtsgüter mit besonderer Sorgfalt abwägen, indem er die Interessen aller potentiell Betroffenen gründlich ermittelte und in seine Entscheidung einstellte. Insofern sei dem Staat aufgegeben, die Grundrechtspositionen des Bürgers auch durch Organisation und Verfahren zu schützen; denn entsprechende Regelungen seien ein geeignetes Mittel, wenn es -- wie bei der Orthographiereform im Interesse leichteren Erlernens der Rechtschreibung -- um den Ausgleich widerstreitender Verfassungspositionen gehe. Da eine Reform der Rechtschreibung sich zwangsläufig auf die Gesellschaft auswirken werde, sei sie auf das zur Erreichung des Zweckes Unerlässliche zu beschränken. Bei Auswahl der Sachverständigen sei eine umfassende Sachkunde sicherzustellen und seien die betroffenen Kreise umfassend anzuhören. Hiernach begegne die Legitimation der Rechtschreibreform durchgreifenden Bedenken, und zwar sowohl hinsichtlich der Zusammensetzung der (Reform-)Kommission als auch bezüglich der Anhörung der Betroffenen.
Hinsichtlich der zur Vorbereitung der Rechtschreibreform eingesetzten Gremien fehle es daran, dass sie so besetzt gewesen seien, dass schon bei der Erarbeitung von Vorschlägen eine gewisse Pluralität und die 'Offenheit' des Verfahrens sichergestellt waren. 1987 sei dem "Institut für deutsche Sprache" (IdS) der Auftrag für den Entwurf einer Orthographieregelung erteilt worden. Der IdS-Kommission hätten zwei beim IdS tätige Sprachwissenschaftler, der "Duden"-Herausgeber sowie neun Linguisten angehört, nicht aber Dichter, Schriftsteller, Drucker, Verleger, Journalisten, Pädagogen und Träger der Erwachsenenbildung. Dieses Gremium habe sich zudem noch durch Kooptation verändert, ohne dass seine öffentlichen Auftraggeber darauf Einfluss gehabt hätten. Es könne offenbleiben, ob die Anhörung durch die Rechtschreibkommission im Jahre 1993 ausreichend gewesen sei. Denn jedenfalls habe sich der dem schließlich verabschiedeten Regelwerk zugrundeliegende Entwurf später so wesentlich verändert (besonders auch durch Beifügung einer "Wörterliste"), dass eine weitere Anhörung geboten gewesen sei. Daran fehle es.
Darüber hinaus habe die Rechtschreibreform angesichts sowohl ihres Eingriffscharakters als auch ihrer "Wesentlichkeit" nur auf (besonderer) gesetzlicher Grundlage eingeführt werden dürfen. Die Rechtschreibreform sei "wesentlich", weil sie (gewolltermaßen) die Schreibung in der gesamten Gesellschaft verändere und ganz erheblich in das bisherige System der Rechtschreibung und auch in die Sprache eingreife. Denn es würden Wörter ausgetilgt und die Möglichkeiten der sprachlichen Differenzierung eingeschränkt. Die Auslöschung bisheriger Wörter beziehe sich vor allem auf das Gebiet der Getrennt-/Zusammenschreibung (Beispiel: Wegfall des Wortes "Handvoll" durch Schreibung "eine Hand voll"). Dazu hat das Verwaltungsgericht aufgrund einer vergleichenden Betrachtung der 20. und der 21. "Duden"-Auflage weitere Beispiele genannt, wonach bisherige Zusammensetzungen entfallen seien (z.B. achtgeben, dahinterkommen, offenlegen, schwerbehindert, vollbeschäftigt, zufriedenstellen). Die Vernichtung von Wörtern sei die intensivste und unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit bedeutendste Form der Einwirkung auf die Sprache. Auch unter dem Gesichtspunkt der Sprachentwicklung sei das bedenklich, da die Rechtschreibreform erklärtermaßen dem Trend zu vermehrter Zusammenschreibung entgegenwirken wolle. Schließlich führten die Neuregelungen im Bereich der Getrennt-/Zusammenschreibung zu einem meßbaren Verlust an Differenzierungsfähigkeit (Beispiel: Unterschied zwischen "schwer fallen" und schwerfallen; zwischen wohl bekannt und wohlbekannt).
Hinsichtlich des sog. "Stammprinzips" neige die Kammer dazu, daß insoweit der "Wesentlichkeitsbefund" verstärkt werde. So sei bei den (Neu-)Worten "Stängel", "behände", "schnäuzen" etwa die Ableitung künstlich und werde die Sprachentwicklung gleichsam zurückgedreht; die Ableitung auf einen "Stamm" bei "belämmert", "verbläuen", "Tollpatsch" usw. sei nachweislich falsch. -- Daß nach Angabe des Beklagten allenfalls 2 % des Wortguts von Neuschreibung betroffen sei, vernachlässige das qualitative Element. Auch namhafte Sprachwissenschaftler beklagten den tiefen Einschnitt in das überkommende Sprach- und Schreibgefüge.
Die nach den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtschreibreform noch (allein) offene Frage, ob Vorschriften des Niedersächsischen Schulgesetzes als Rechtsgrundlage für die schulische Einführung der Rechtschreibreform ausreichend seien, hat das Verwaltungsgericht nicht geprüft.
Gegen dieses, ihm am 17. März 1998 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 15. April 1998 Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem der Senat mit Beschluss vom 22. Mai 1998 -- 13 L 2067/98 -- entsprochen hat, weil die Sache besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten aufweise. Nach Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung führt der Beklagte dazu aus, die Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Einführung der Rechtschreibreform verstoße gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen grundgesetzliche Verfahrensmaßgaben sowie gegen den grundgesetzlichen Vorbehalt des Gesetzes, sei falsch. In seinem Urteil vom 14. Juli 1998 (1 BvR 1640/97) habe das Bundesverfassungsgericht umfassend die Vereinbarkeit der sog. Rechtschreibreform mit dem Grundgesetz gewürdigt; es habe mit Bindungswirkung für die Verwaltungsgerichtsbarkeit festgestellt, dass die Reform aus grundgesetzlicher Sicht nicht zu beanstanden sei. Mit der Einführung der Rechtschreibreform hätten die Kultusminister keine Grundrechte der betroffenen Schüler sowie Eltern verletzt und im übrigen weder gegen den Vorbehalt des Gesetzes noch gegen sonstige Vorgaben des Grundgesetzes verstoßen. Insgesamt meint der Beklagte, alle mit der Einführung der Rechtschreibreform verbundenen Fragen seien durch das Bundesverfassungsgericht (und wohl auch Bundesverwaltungsgericht, Urt. v. 24.3.99) geklärt worden. Der erkennende Senat sei an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gebunden, und zwar ohne Rücksicht darauf, dass das Bundesverfassungsgericht trotz der Rücknahme der Verfassungsbeschwerde entschieden habe (Bindung auch in "verfahrensrechtlicher Hinsicht"); im übrigen habe das Bundesverfassungsgericht auch trotz der seinerzeitigen Antragsrücknahme noch in der Sache entscheiden dürfen. -- Gegenüber den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts ergäben sich aus dem Recht auf Bildung (Art. 4 NV) keine Besonderheiten. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts beruhten auf der bundesweit identischen 'Normsituation' des Landesrechts Schleswig-Holstein", der die Normsituation in Niedersachsen völlig vergleichbar sei, so dass sie auch Geltung für Niedersachsen beanspruchten.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und ihr Ehemann, der der Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beigetreten ist, beantragen,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sich das gegenüber dem Beklagten ausgesprochene Verbot nunmehr auf den Erlass des MK vom 25. September 1998 beziehen soll,
hilfsweise,
im Unterricht der Tochter der Kläger die herkömmliche Schreibung (Duden, 20.A.) auch über den 1. August 2005 hinaus nicht als falsch zu bewerten.
Sie meinen, dass sich die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998 nicht auf landesrechtliche Vorgaben erstrecke. Die Auslegung insbesondere des Art. 4 Abs. 1 NV durch den Senat im Verfahren 13 M 4160/97 sei deshalb nach wie vor richtig. Hinsichtlich Art. 4 Abs. 1 NV sei das Oberverwaltungsgericht letzte Instanz, da dem Bundesverwaltungsgericht insoweit der revisionsrechtliche Zugriff verwehrt sei. Der erkennende Senat sei daher nicht gehindert, eine spezifisch niedersächsische Entscheidung zu treffen und auch nicht gehalten, die zutreffenden Ausführungen des VG Hannover zur Zusammensetzung der Rechtschreibkommission beim Institut für deutsche Sprache ausschließlich an den Vorgaben des Grundgesetzes zu messen. Vielmehr könne und sollte das Oberverwaltungsgericht den weitergehenden Anspruch auf Bildung als landesverfassungsrechtliche Begrenzung schulaufsichtsrechtlicher Gestaltungsbefugnisse des Beklagten interpretieren. Eine Reform, die erklärtermaßen das leichtere Erlernen des Schreibens zum Ziel habe und diesem Ziel vielfältige Differenzierungsmöglichkeiten der deutschen Orthographie opfere, die diese für den Leser entwickelt habe, verstoße gegen das Recht jedenfalls überdurchschnittlicher Schüler, diese Möglichkeit differenzierter orthographischer Ausdrucksweisen in der Schule weiterhin gelehrt zu bekommen. "Bildung" bedeute im Schulbereich die Vermittlung der allgemein als erforderlich angesehenen Kenntnisse und Fähigkeiten, um sich in der Gesellschaft und im Berufsalltag behaupten zu können. Hinsichtlich der Rechtschreibreform könne nur die eindeutige Ablehnung seitens der zuständigen Wissenschaft, der germanistischen Linguistik, konstatiert werden, wie die mündliche Verhandlung in Karlsruhe gezeigt habe. Eine solche in der deutschen Orthographiegeschichte noch nie da gewesene Ablehnung durch die akademische Zunft -- und mit ihr durch die deutliche Mehrheit der Journalisten und der Bevölkerung -- sei Grund genug, von einer evidenten Verletzung des Art. 4 Abs. 1 NV zu sprechen. Im Bereich der Groß-/Klein- sowie der Getrennt-/Zusammenschreibung drehe die Reform das Rad der Schreibentwicklung um zweihundert Jahre zurück. -- Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. März 1999 meint die Klägerin, auch dieses beruhe nicht auf einer von der Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG ausgenommenen Prüfung von Landesverfassungsrecht.
Im übrigen meint die Klägerin (unter Berufung auf den Erlanger Linguisten Prof. Dr. Theodor Ickler), dass die Umstellung auf die Rechtschreibreform bei Zeitungen nicht besage, diese habe sich durchgesetzt; denn dies sei nicht auf Wunsch der Journalisten geschehen, sondern sei von den Eigentümern und Verlegern beschlossen und gegen den Willen fast aller redaktionell tätigen Mitarbeiter durchgesetzt worden. Allerdings habe keine Zeitung die "amtliche Regelung" übernommen; es seien vielmehr die verschiedensten "Hausorthographien" entwickelt worden. In der "NZZ" sei dabei fast die gesamte Neuregelung aufgegeben worden. -- Belletristik und seriöse Fachliteratur (mit Ausnahme einiger Beispiele im schulpädagogischen Bereich) seien nicht umgestellt worden; es sei auch nicht zu erkennen, dass die Buchverlage eine Umstellung planten. Die zwischenstaatliche Rechtschreibkommission, die mehrheitlich aus den Verfassern der Neuregelung bestehe, trete seit langem für eine durchgreifende Korrektur ihres Werkes ein, könne eine solche aber nicht vornehmen. Allerdings habe sie eine "Reform der Reform auf kaltem Wege" durchgeführt, indem sie den Wörterbuchverlagen "Bertelsmann" und "Duden" die geplanten Korrekturen nahegelegt habe. In der Bevölkerung stoße die Rechtschreibreform auf überwiegende Ablehnung, was durch ihre Einführung in Zeitungen eher noch verstärkt worden sei. Auch an den Schulen führe die Reform nur eine Scheinblüte, die auf nichts anderes als die Machtverhältnisse gegründet sei.
Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht entsprochen; allerdings konnte es insbesondere die erst später ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts noch nicht berücksichtigen, die dem Erfolg des Klagebegehrens entgegenstehen. Danach ist dieses nämlich unbegründet, und zwar auch nach dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hilfsweise gestellten Antrag. Darüber hinaus spielt auch der Zeitablauf eine nicht unerhebliche Rolle für die Entscheidung.
Hinsichtlich des Hilfsantrages fehlt es schon am Rechtsschutzinteresse. Denn er zielt auf die Zeit nach Ablauf der Übergangsfrist, nach derzeitigem Sachstand also auf die Zeit ab 1. August 2005, und niemand weiß, was dann aus der jetzigen Reform geworden ist. Abgesehen davon befindet sich J dann (voraussichtlich) in der 11. Klasse des Gymnasiums, das sie vom nächsten Schuljahr an besuchen wird. Am Gymnasium gibt es jedoch eine gesonderte Rechtschreibzensur nicht mehr (s. Zeugniserlass MK vom 20.03.96, SVBl S. 87), so dass auch "falschem" Schreiben dort nicht die Bedeutung zukommt, wie das bisher der Fall war, wo es allerdings auch lediglich als "überholt" zu kennzeichnen war. Aus diesem Grunde sowie wegen des Zeitablaufs, währenddessen auch die Tochter der Kläger inzwischen mit den geänderten Rechtschreibregeln konfrontiert gewesen ist, misst der Senat dem Interesse an dem Klageverfahren insgesamt nicht mehr die Bedeutung zu, wie das bei Bestätigung der vom Verwaltungsgericht erlassene einstweiligen Anordnung seinerzeit der Fall war (Beschl. v. 17.10.1997 -- 13 M 4160/97 --, aaO). Das ist auch bei Beurteilung des Hauptantrages zu berücksichtigen, wozu im Übrigen Folgendes festzustellen ist.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage aus verfassungsrechtlichen Gründen entsprochen, insbesondere wegen des Fehlens einer spezialgerichtlichen Grundlage für die Rechtschreibreform. Das widerspricht dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998 (E 98, 218), wo zum einen entschieden ist, dass ein besonderes Gesetz für die Einführung geänderter Rechtschreibregeln an den Schulen nicht erforderlich ist (Leitsatz Nr. 3). Zum anderen hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich der von ihm beanstandeten Zusammensetzung der von den Kultusministern eingesetzten Reformkommission verkannt, dass die Reform von den Kultusministern selbst zu vertreten ist, denen das Bundesverfassungsgericht insoweit eine "besondere Sachkompetenz" beigemessen hat (aaO, S. 256). Hinsichtlich der Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass insoweit Regelungen der (Landes-)Schulgesetze ausreichend sein können. Ob dies in Niedersachsen der Fall ist, hat das Verwaltungsgericht Hannover hier (wie schon das Verwaltungsgericht Berlin) nicht erörtert, (obwohl diese Frage schon im Beschluss des Senats vom 17.10.97 -- 13 M 4160/97 --, aaO, angesprochen war). Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, da das Bundesverfassungsgericht in dieser Hinsicht mit die Verwaltungsgerichte bindender Wirkung entschieden habe, (BVerwGE 108, 355/358), komme es allein darauf an, ob das jeweilige Landesschulgesetz Grundlage für die Einführung der reformierten Rechtschreibung sein könne. Insoweit verengte sich die hier zu entscheidende Frage auf das Niedersächsische SchulG als mögliche Rechtsgrundlage für die Einführung geänderter Rechtschreibregeln. Das ergibt sich aus der Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BverwGG, die auch vom Senat -- trotz gewisser -- Bedenken bejaht wird.
Mit seinem Urteil vom 14. Juli 1998 hat das Bundesverfassungsgericht nämlich in prozessualer Hinsicht insofern Neuland betreten, als es noch sachlich entschieden hat, obwohl die das Verfahren veranlassende Verfassungsbeschwerde (mit Rücksicht darauf, dass ihr -- negatives -- Ergebnis durchgesickert war) zurückgenommen war. Damit hat es der in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG (und auch § 90 Abs. 1 BVerfGG) als Individualbeschwerde angelegten Rechtsschutzmöglichkeit über die verfahrensrechtliche Schranke des § 93 a BVerfGG (Annahme zur Entscheidung nur bei grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung oder dann, wenn zur Rechtedurchsetzung angezeigt) hinaus ihre individuelle Bedeutung genommen (sog. "Objektivierung" der Verfassungsbeschwerde). Diese prozessuale Entwicklung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die schon früher als unzulässig bezeichnet worden ist (Umbach/Clemens, BVerfGG, 1992, § 90 Rnr. 3; anders Zuck, Das Recht der Verfassungsbeschwerde, 2. Aufl. 1988, Rnr. 871, und Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 1991, § 12 Rnr. 55), ist durchaus auf Kritik gestoßen. Bauer/Möllers (JZ 1999, 687) nennen diese "Rechtsfortbildung" des Bundesverfassungsgerichts die sicher "am wenigsten belastbare Passage des Urteils". Rogge (EuGRZ 1998, 705) weist darauf hin, dass das Vorgehen des Bundesverfassungsgerichts einer langjährigen Praxis der Europäischen Menschenrechtskommission sowie des EuGH entspreche, die erst später in die entsprechenden Verfahrensordnungen übernommen worden sei. Kritisch vermerkt wird auch, dass die zur Begründung herangezogenen prozessualen Vorschriften sich auf Verfahren mit mehreren Beteiligten (Parteien) beziehen, während es sich bei der Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG um ein Verfahren des Individualrechtsschutzes handelt, das "jedermann" ingangsetzen kann, wenn er sich u.a. in einem seiner Grundrechte verletzt fühlt, so dass hier Interessen anderer Verfahrensbeteiligter nicht in Rede stehen können. Wenn demgegenüber das Bundesverfassungsgericht eine vom Beschwerdeführer ausdrücklich erklärte Rücknahme als unwirksam behandelt, wird das als Verstoß gegen die in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG enthaltene Dispositionsmaxime (s. Wagner, aaO, 2638/2639 f.) und als unzulässige Verwandlung der Individualbeschwerde in ein "objektives Kontrollverfahren" gewertet (Wißmann, DÖV 1999, 152, 155 f [BVerfG 14.07.1998 - 1 BvR 1640/97]).
Den hiernach dargestellten Bedenken gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1998 in prozessualer Hinsicht gibt der Senat indessen im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. März 1999 nicht Raum. Denn das BVerwG hat diese Bedenken nicht erhoben, gegenüber dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts vielmehr mit Bezug auf § 31 Abs. 1 BVerfGG ausdrücklich eine "Verletzung von Bundesrecht" angenommen (E 108, 355, 357/359), und die in dieser Vorschrift angeordnete Bindungswirkung weit ausgelegt. Es ist davon auszugehen, dass hiernach eine Entscheidung des Senats, die eine Bindungswirkung verneinen würde, ebenfalls der Aufhebung durch das Bundesverwaltungsgericht unterläge. Der Senat legt deshalb seiner Entscheidung das genannte Bundesverfassungsgerichtsurteil zugrunde.
Den Umfang der Bindungswirkung dieses Urteils hat das Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung BVerwGE 108, 355 im Einzelnen dargelegt. Danach ist die Begründung des den Gegenstand der Berufung bildenden Urteils des Verwaltungsgerichts Hannover nicht haltbar. Denn tragender Grund für die Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde war, dass es für die Einführung der Rechtschreibreform sowohl unter dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsrechts (Art. 1, 2 GG) als auch des Erziehungsrechtes (Art. 6 Abs. 1 GG) und des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) einer spezialgesetzlichen Grundlage nicht bedarf. Soweit es den -- hier ebenfalls allein in Rede stehenden -- Schulbereich betrifft, können vielmehr die allgemeinen Vorschriften des Schulgesetzes eine ausreichende Grundlage bilden (so auch BVerwGE 108, 355). Das hat das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf das Schleswig-Holsteinische SchulG in der Auslegung, die dieses durch das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht erfahren hat, angenommen. Gleiches hat das Bundesverwaltungsgericht mit Bezug auf das Berliner Schulgesetz getan (BVerwGE 108, 355). Danach kommt es im Rahmen der Zulässigkeit des Unterrichts nach geänderten Rechtschreibregeln allein darauf ankommen, ob die im Schleswig-Holsteinischen SchulG angeführten Bildungs- und Erziehungsziele sich auch in anderen Schulgesetzen wiederfinden (aaO, S. 358). Diese Frage ist insoweit unproblematisch, als es um die Vermittlung des "richtigen" Schreibens geht. Denn eine entsprechende Aufgabe, die das Bundesverwaltungsgericht bereits aus dem Begriff der "Grundschule" hergeleitet hat (aaO, S. 358), lässt sich unschwer auch dem NSchG entnehmen, wenn dort (in § 2 Sätze 3 und 4) bestimmt wird, die Schüler sollten dazu fähig werden, sich im Berufsleben zu behaupten, wozu die Schule ihnen die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln habe. Dazu gehört fraglos auch das "richtige" Schreiben (sowie Lesen). Indessen ist damit das Problem des vorliegenden Falles nicht erschöpft, wo es gerade um die Vermittlung geänderter Rechtschreibregeln geht. Insoweit stellt sich vielmehr die Frage, ob den Schülern damit das "richtige" Schreiben beigebracht wird.
Wie der Senat bereits im Beschluss vom 17. Oktober 1997 -- 13 M 4160/97 -- (aaO, S. 3459) ausgeführt hat, sind die Kultusminister nicht berechtigt, eine gesonderte 'Schul-Rechtschreibung' einzuführen, da dies mit dem Recht auf Bildung (Art. 4 Abs. 1 NV), das sich im Bildungsauftrag der Schule manifestiere, unvereinbar sei: "Das Erlernen gesonderter, d.h. vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichender Rechtschreibregeln als spezielle 'Schülerrechtschreibung' würde dem staatlichen Erziehungsziel widersprechen, dem Schüler die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die ihn befähigen, seine Ausdrucksmöglichkeiten zu entfalten und sich im Berufsleben zu behaupten (§ 2 Abs. 1 Sätze 3 und 4 NSchG), jedenfalls solange, bis sich die neue Rechtschreibung (infolge ihrer schulischen Vermittlung) allgemein durchgesetzt hat". Wenn es im Rahmen des Deutschunterrichts darum geht, den Schülern "richtiges" Schreiben beizubringen, so ist das das Schreiben nach den allgemein üblichen, d.h. den geltenden Regeln, nicht aber nach künftigen Schreibweisen. Diese als "überholt" zu bezeichnen, ist demgegenüber fiktiv und daher unzutreffend (OVG Münster, Beschl. v. 11.11.97 -- 19 B 2436/97 --, NJW 1998, 1240/1241, vgl. auch Roth, aaO S. 259, der meint, dass die nach den neuen Regeln unterrichteten Schüler danach "keineswegs richtiges Schreiben" lernen).
Denn der Bildungsauftrag des NSchG verlangt dass den Schülern ausschließlich solche Schreibweisen beigebracht werden, die auch insofern "richtig" sind, als sie der im deutschen Volke geübten Praxis entsprechen; denn ungebräuchliche Schreibweisen fördern nicht die Fähigkeit, "sich im Berufsleben zu behaupten", sondern behindern diese. So wird auf das "richtige" Schreiben naturgemäß auch in Schulverwaltungsvorschriften vielfach abgestellt (vgl. z.B. Rahmenrichtlinien "Deutsch" für die Grundschule, unter Abschnitt 1.2, 4.1, 4.2). Geht es aber um die üblichen Schreibregeln (der "Schreibgemeinschaft"), so können Neuregelungen per se nicht dazugehören. Insofern ist dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht zuzustimmen, wonach mit der Unterrichtung der neuen Rechtschreibregeln der Schule eine weitere, vom bisherigen Erziehungs- und Bildungsauftrag nicht erfaßte Aufgabe übertragen worden sein dürfte (Beschl. v. 28.10.97 -- 2 S 610/97 --, DÖV 1998, 118/120). Auch das Oberverwaltungsgericht Münster (Beschl. v. 11.11.97 -- 19 B 2436/97 --, aaO) stellt auf die richtige oder 'gültige' Schreibweise ab, was diejenige sei, die in der Gesellschaft akzeptiert oder verbreitet sei. Insofern ist Roth (aaO, S. 260) zuzustimmen, wenn er mit Bezug auf die Durchsetzung der Rechtschreibreform meint, es würde einen "groben Mißbrauch der Schule und der Schüler darstellen, diese als Motor und Vehikel für gesellschaftliche Änderungen zu benutzen".
Nach Auffassung des Senats gilt diese Sicht der Dinge jedoch nicht unbegrenzt, so dass sie für den Erfolg der Klage nicht ausschlaggebend sein kann. Angesichts der -- aus welchen Gründen auch immer -- weiten Verbreitung der geänderten Rechtschreibregeln infolge des Zeitablaufs seit 1996 erscheint es vielmehr zunehmend fraglich, ob tatsächlich auch derzeit noch die Rede davon sein kann, der Unterricht auf der Grundlage der Rechtschreibreform beeinträchtige die Schüler darin, sich im Berufsleben zu behaupten. Denn sie werden ringsum mit den neuen Regeln konfrontiert (Presse, Behörden) und müssen auch damit rechnen, dass die neuen Regeln im Einzelfall oder auch weitgehend angewandt werden, also bereits die Praxis beherrschen. Danach erscheint nunmehr der Zeitpunkt erreicht sein, in dem das Unterrichten nach den neuen Regeln (wegen des Nebeneinanders von alten und neuen Regeln vgl. OVG Münster, aaO) sinnvoll ist. Darüber hinaus bleibt es der Tochter der Klägerin überlassen, sich noch weitere vier Schuljahre, d.h. bis zum Ablauf der Übergangszeit am 31. Juli 2005 der "überholten" alten Schreibweisen zu bedienen. Insgesamt lässt sich damit ein Verstoß des Beklagten gegen das im NSchG niedergelegte Bildungsziel durch Unterrichten in den neuen Rechtschreibregeln zum jetzigen Zeitpunkt nicht (mehr) feststellen. Eine Verletzung des der Tochter der Kläger zustehenden Rechts auf Bildung, dessen Verwirklichung in § 54 Abs. 1 Satz 1 NSchG zur Pflicht des Landes erhoben, in Art. 4 Abs. 1 NV als Menschenrecht gewährleistet ist, und das im schulischen Bereich bedeutet, dass der Schüler das Recht hat, seine Persönlichkeit und damit seine Anlagen und Befähigungen möglichst ungehindert zu entfalten (BVerfGE 45, 400/417; 53, 185/203; 58, 257/272; 96, 288/304; 98, 218/257; BVerwGE 56, 150/158), und woraus sich in erster Linie Abwehrrechte ergeben (Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 2. Aufl. 1983, Rdnr. 207), liegt deshalb nicht (mehr) vor. Das gilt umsomehr, als der Tochter der Kläger ein "Unterricht" in Rechtschreibung im eigentlichen Sinne gar nicht mehr zuteil wird, weil sie mit dem Übergang auf das Gymnasium diese Phase ihrer Schul- und Lernentwicklung schon hinter sich gelassen hat. Kraft ihres Erziehungsrechtes (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) können auch die Kläger danach die von ihnen geltend gemachte Unterlassung vom Beklagten nicht mehr beanspruchen.
Das gilt auch insoweit, als in § 2 Abs. 1 Satz 5 NSchG im Rahmen des Bildungsauftrages der Schule bestimmt ist, dass die Bereitschaft und Fähigkeit zu fördern ist, für sich allein wie auch gemeinsam mit anderen zu lernen und Leistungen zu erzielen. Diesem Ziel mag es widersprechen, wenn Anforderungen an die Leistungsbereitschaft und -fähigkeit bewusst herabgesetzt werden, was hinsichtlich der Rechtschreibreform unstreitig geschehen ist, da damit u.a. eine "Vereinfachung der Rechtschreibung mit dem Ziel, eine Reihe von Ausnahmen und Besonderheiten abzuschaffen" (so im Vorwort der "Wiener Absichtserklärung"), bezweckt ist. Dieses Ziel kommt zum Ausdruck vor allem in der Änderung von Schreibweisen (Beispiel: "Stängel"; aber auch die Alternative "selbstständig"), der alternativ zugelassenen Schreibweise von Fremdwörtern (z.B. "Klipp", "Krepp"), der "Liberalisierung" der Zeichensetzung (Satzzeichen nicht mehr vorgeschrieben, sondern nur zugelassen) und der Unverbindlichkeit der Regelung über die Zusammenschreibung. Auch die Verminderung der Regeln bei der "ß"-Schreibung (Wegfall des "Schluß-ß" und des "ß" vor einem Konsonanten) gehört dazu. Diese Änderungen bzw. Beliebigkeiten sollen offensichtlich dem weniger begabten Schulanfänger das Erlernen des Schreibens erleichtern, indem auf seine Vorstellungswelt (Schreiben wie gesprochen, "lautieren") abgestellt wird. Das damit festzustellende Fixieren auf die beschränkteren Möglichkeiten Minderbegabter könnte das Recht der Besserbegabten verletzen, besser zu sein als jene, und damit die Leistungsbereitschaft der Leistungsfähigeren untergraben und zugleich auch deren Recht auf Chancengleichheit. Dieses Recht ist in § 54 Abs. 1 Satz 2 NSchG zwar nur in Bezug auf "benachteiligte" Schüler angesprochen, deren verminderte Bildungschancen durch besondere Förderung auszugleichen seien. Das Recht auf Chancengleichheit in der Schule ergibt sich indessen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und muss deshalb auch in umgekehrter Richtung gelten. Begabtere Schüler -- die Tochter der Kläger gehört sicher dazu -- können indessen deutsche Wörter, deren Schreibweise nicht auf Anhieb eindeutig ist, wie Vokabeln lernen; sie können Lehn- oder Fremdwörter als solche erkennen und sich sagen, dass diese evtl. anders geschrieben werden, als nach ihrer Aussprache (der "Lautierung") zu vermuten wäre -- ein Problem, das im Hinblick auf Fremdsprachen ohnehin gang und gäbe ist. Bei dem Erlernen einer Fremdsprache ist es fraglos auch gar nicht anders möglich, so dass die Schreibweisen Crêpe und Clip zwar gewisse Erkenntnisse verlangen, die indessen aber zweifellos möglich sind. Hinsichtlich der Veränderung in der Schreibweise von Fremdwörtern durch die Rechtschreibreform hat Roth (aaO, S. 260 Anm. 45) zudem zu Recht darauf hingewiesen, dass die von den Reformern vorgenommene Eindeutschung sehr zum Nachteil der Schüler das Erlernen nicht nur der lateinischen und griechischen, sondern sehr wohl auch der englischen und französischen Sprache erschwert.
Dieser Nachteil trifft naturgemäß eher die begabteren Schüler als die weniger begabten. Indessen ist er nach Meinung des Senats nicht als besonders schwerwiegend einzustufen, insbesondere ist er nicht zwangsläufig geeignet, die Leistungsfähigkeit Begabterer leerlaufen zu lassen und so deren Leistungsbereitschaft zu behindern. Zwar mögen die betreffenden Schüler hier daran gehindert werden, ihre diesbezüglichen Anlagen und Befähigungen ihrer Begabung entsprechend zu entfalten. Insofern trifft auch die Aussage, es sei nicht ersichtlich, daß das Interesse der Eltern an möglichst guten Leistungsnachweisen ihrer Kinder durch die neue Schreibung beeinträchtigt werde (BVerfGE 98, 218/255), nur bedingt zu, da unbestreitbar ist, dass die Senkung von Leistungsanforderungen es denen schwerer macht, "besondere" Leistungen zu erbringen, die dazu (an sich) in der Lage wären. Zwar ist dem Beklagten zuzustimmen, dass kein Grundsatz des Schulrechts ersichtlich ist, nach dem die Vermittlung der relevanten Fähigkeiten möglichst komplizierte Unterrichtsgegenstände voraussetze, um auf diese Weise zu Differenzierungen zu gelangen. Indessen ginge es im vorliegenden Zusammenhang nicht darum, die Rechtschreibung zu "verkomplizieren", sondern darum, sie so zu belassen, wie sie ist.
Wenn stattdessen durch die Rechtschreibreform die Anforderungen an die Rechtschreibung im Interesse und zugunsten von Minderbegabteren herabgesetzt werden, so verletzt das aber dennoch nicht das Recht derjenigen Schüler auf Bildung, die den Anforderungen der bisher geltenden Rechtschreibung durchaus gewachsen wären. Denn insoweit ist davon auszugehen, dass diese zum einen ihre bessere Bildung dadurch erweisen können, dass sie (zulässigerweise) auf die eindeutschende Schreibweise von Fremdwörtern verzichten, weiterhin nach alter Art Zeichen setzen und auch bei der Zusammen-/Getrenntschreibung die noch belassenen Wahlmöglichkeiten nutzen. Nach Überzeugung des Senats ist die Tochter der Kläger, die nach den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zeugnissen in den letzten Klassen (4 bis 6) im Fach "Rechtschreibung" die Note "sehr gut" erzielt hat, dazu ohne weiteres in der Lage. Im Übrigen kann sie künftig schreiben, wie sie es für richtig hält, ohne dass danach gravierende schulische Nachteile zu erwarten wären. Denn bis zum 1. August 2005 würde die von den Regeln der Reform abweichende herkömmliche Schreibweise lediglich als "überholt" gekennzeichnet, im Übrigen aber weder diese Feststellung noch die ab dem 1. August 2005 konstatierte Fehlerhaftigkeit im Rahmen der "Deutschnote" von gravierender Bedeutung sein.
Nach allem ist der Berufung des Beklagten zu entsprechen, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gemäß § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 10 ZPO ist das Urteil insoweit für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür (§ 132 Abs. 2 VwGO) nicht vorliegen.