Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.06.2001, Az.: 1 K 1015/00

Ausgleichsmaßnahme; Bebauungsplan; Erforderlichkeit; Infrastrukturbeitrag; Rechtsschutzinteresse; städtebaulicher Vertrag; Windenergieanlage

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
25.06.2001
Aktenzeichen
1 K 1015/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 39228
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Gemeinde ist nicht genötigt, eine Fläche für Windenergieanlagen, die im Regionalen Raumordnungsprogramm und im Flächennutzungsplan dargestellt ist, dergestalt "auszuschöpfen", dass sie die maximal möglichen Windenergieanlagen im Bebauungsplan festsetzt.

2. Die Festsetzung der einzelnen Standorte für Windenergieanlagen bedarf jedenfalls dann einer konkreten Begründung hinsichtlich der getroffenen Auswahl, wenn auch Standorte auf anderen Grundstücken unter städtebaulichen Gesichtspunkten in Betracht kommen.

3. Zum Einfluss eines Infrastrukturbeitrages auf die Prüfung der von einer Gemeinde durchgeführten Abwägung, den eine Betreibergesellschaft der Gemeinde nach einem städtebaulichen Vertrag zu zahlen hat, für den der Vertrag keine Gegenleistung vorsieht und der in der Begründung zum Bebauungsplan nicht erwähnt wird.
4. Zur Sicherung von Ausgleichsmaßnahmen nach § 1a Abs. 3 BauGB.

Tatbestand:

1

Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan "Windenergieanlagen - A." der Antragsgegnerin.

2

Das Plangebiet liegt ca. 1 km östlich von R.. Es läuft von Süden nach Norden relativ spitz zu, wobei es leicht nach Westen verschwenkt. Die maximale Ausdehnung des Plangebietes beträgt in der Nord-Süd-Richtung etwa 1,4 km und in der West-Ost-Richtung etwa 0,7 km. Im Norden reicht das Plangebiet auf einer Länge von etwa 40 m bis auf ca. 150 m an die zwischen den Orten R. und K. V. verlaufende Kreisstraße 20 heran. Die südliche Seite des Plangebietes ist etwa 600 m lang. Im Süden grenzt die östliche Seite des Plangebietes an die Bundesstraße 82 an.

3

Die Antragstellerin zu 1) ist Eigentümerin des Flurstückes 25 der Flur 9, Gemarkung R.. Dem Antragsteller zu 2) gehört das Flurstück 31 derselben Flur. Beide Flurstücke liegen teilweise innerhalb des Plangebietes am östlichen Rand der beplanten Fläche.

4

Der Rat der Antragsgegnerin beschloss am 8. Oktober 1998 die Aufstellung eines Bebauungsplanes "Windenergieanlagen" in R..

5

Der Antragsteller zu 2) rügte im Verfahren der 9. Änderung des Flächennutzungsplanes der Samtgemeinde A. (Aufstellungsbeschluss des Rates vom 27. Mai 1997) mit Schreiben vom 20. Oktober 1998 gegenüber der Antragsgegnerin insbesondere, dass nach einer Auskunft der Gemeinderat der Firma B., S. & D. GbR (im Folgenden "Betreiberin" genannt) den Zuschlag für die Errichtung der Windkraftanlagen westlich seines Grundstückes erteilt habe. Sein Grundstück ermögliche den größtmöglichen Abstand zum Ortsrand vom R. (ca. 1.800 m). Bei sachgerechter Planung ließe sich für die 2. Anlagenreihe ein Abstand von ca. 1.300 m vom Ortsrand erreichen. Die Antragsgegnerin erwiderte mit Schreiben vom 30. Oktober 1998, sein Grundstück werde derzeit von einer Nutzung für Windkraftanlagen ausgeschlossen. Er müsse sich aber sein eigenes Verhalten (Abschluss von Pachtverträgen) vorhalten lassen. Sie sei aufgrund der derzeitigen Haushaltslage dringend auf zusätzliche Einnahmen angewiesen. Eine zweite Anlagenreihe sei derzeit nicht geplant.

6

Am 1. Dezember 1998/25. Januar 1999 unterzeichneten die Antragsgegnerin und die Betreiberin einen städtebaulichen Vertrag (Vorhaben- und Erschließungsplan). In diesem Vertrag heißt es u.a., für die Nutzung der gemeindeeigenen Infrastruktur zahle die Gesellschaft jährlich einen Betrag von 17.500,- DM an die Antragsgegnerin (Nr.1). Die Betreiberin werde die auf Vorschlag der Antragsgegnerin erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Erstellung des Windparks durchführen und finanzieren. Es bestehe seitens der Betreiberin die Bereitschaft, den Gegenwert der ermittelten und festgelegten Maßnahmen der Antragsgegnerin mit befreiender Wirkung zur Verfügung zu stellen (Nr. 7).

7

Der Rat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung vom 15. September 1999 über die eingegangenen Bedenken und Anregungen der Träger öffentlicher Belange und den Bebauungsplan "Windenergieanlagen" mit örtlicher Bauvorschrift als Satzung. Der Satzungsbeschluss wurde am 27. Januar 2000 im Amtsblatt Nr. 4 für den Landkreis W. bekannt gemacht.

8

Bereits zuvor hatte der Landkreis W. unter dem 2. November 1999 der Betreiberin die Baugenehmigung für den Neubau von 5 Windenergieanlagen erteilt. Ferner war die vom Rat der Samtgemeinde A. am 22. Juni 1999 beschlossene 9. Änderung des Flächennutzungsplanes am 8. Dezember 1999 genehmigt und am 5. Januar 2000 im Amtsblatt Nr. 1 für den Landkreis W. bekannt gemacht worden. Diese Änderung des Flächennutzungsplanes weist östlich von R. eine Fläche "Neu S - Windenergieanlagen, raumbedeutsame und nicht raumbedeutsame Anlagen" mit einer Mindestwindkraftleistung von 8,6 MW aus, die auf den Gebieten der Antragsgegnerin und der Gemeinde S. liegt. Die Darstellung ist mit einem Ausschlussvorbehalt nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB versehen.

9

Der Bebauungsplan setzt für fünf kreisrunde Flächen mit einem Durchmesser von jeweils 70 m "Sonstiges Sondergebiet Windenergieanlagen" fest. Die Flächen liegen innerhalb des Vorrangstandortes für Windenergienutzung "WF 10" nach der Ergänzung des Regionalen Raumordnungsprogramms 1995 für den Großraum B. um Vorrangstandorte für Windenergienutzung vom 9. Juli 1998 und im Wesentlichen innerhalb des Bereichs, der Gegenstand der 9. Änderung des Flächennutzungsplanes ist. Nördlich der 110-kV-Freileitung und außerhalb des genannten Änderungsbereichs des Flächennutzungsplanes setzt der Bebauungsplan eine Fläche für Versorgungsanlagen fest. Sie dient dem besonderen Zweck "Elektrizität, Umspannwerk". Im Übrigen setzt der Bebauungsplan Flächen für die Landwirtschaft fest. Im südöstlichen Bereich des Plangebietes wurde entlang der B 82 außerdem eine Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft ausgewiesen (Ausgleichsmaßnahme 1a). Ergänzt wird der Plan durch weitere Festsetzungen wie z.B. eine Beschränkung der Höhe der Windenergieanlagen und durch eine örtliche Bauvorschrift, die im Wesentlichen Regelungen über die Anforderungen an die Gestaltung (§ 2) und die Höhe baulicher Anlagen (§ 3) sowie an Werbeanlagen (§ 4) enthält.

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Die Antragsteller haben am 17. März 2000 den Normenkontrollantrag gestellt.

11

Während des Verfahrens sind die 5 Windenergieanlagen errichtet und in Betrieb genommen worden. Ferner hat das Verwaltungsgericht Braunschweig durch Beschluss vom 28. Dezember 2000 (2 B 454/00) die Anträge der Antragsteller auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen und diese haben ihre Widersprüche gegen die Baugenehmigung am 3. Mai 2001 zurückgenommen. Das Umspannwerk ist nicht gebaut worden. Der Bebauungsplan wird zur Zeit geändert.

12

Zur Begründung ihres Normenkontrollantrages tragen die Antragsteller im Wesentlichen vor:

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Der Normenkontrollantrag sei zulässig, weil sie durch den angegriffenen Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt würden. Ihre Grundstücke lägen im Plangebiet. Ihr Rechtsschutzinteresse bestehe u.a. im Hinblick auf die bestehenden eigenen Bauabsichten im Geltungsbereich des Bebauungsplanes. Es wäre möglich, noch weitere Anlagen auf ihren Grundstücken zumindest in der Hauptwindrichtung zu errichten. Im Kern richteten sich ihre materiellen Bedenken dagegen, dass in dem Bebauungsplan die Errichtung von lediglich fünf Windenergieanlagen vorgesehen werde und der Bebauungsplan damit die quantitativen Möglichkeiten des Flächennutzungsplanes nicht ausschöpfe. Richtig wäre es gewesen, auf der Grundlage der im Regionalen Raumordnungsprogramm enthaltenen "Sonderfläche" WF 10 eine Gesamtplanung für Windenergieanlagen gewissermaßen sogleich "aus einem Guss" vorzunehmen und sie nicht lediglich an der vorgeschriebenen Mindestwindkraftleistung auszurichten. Die Anzahl der Windenergieanlagen und ihre festgelegten Standorte seien nicht unter Ausnutzung der im Geltungsbereich WF 10 vorhandenen Gebiete und ebenso wenig unter energiefachlichen und planungsrechtlichen Gesichtspunkten festgelegt worden, sondern seien am Zufallsprinzip der Grundstücksflächen ausgerichtet worden, die dem Betreiber der fünf Windenergieanlagen zur Verfügung stünden. Es hätten gleichzeitig mögliche künftige Standorte für Windenergieanlagen festgelegt werden müssen. Im Planverfahren sei bereits erwähnt worden, dass nach Festlegung der fünf Standorte und der Errichtung der fünf Anlagen weitere Anlagen folgen könnten. Schon jetzt sei ein weitergehender Bedarf für Windenergieanlagen gegeben. Im Ergebnis sei das der Bebauungsplanung zugrunde liegende Abwägungsmaterial verkürzt. Jedenfalls liege ein Abwägungsmangel vor. Die Antragsgegnerin habe sich auch zu früh für einen bestimmten Betreiber entschieden, ohne dafür überzeugende fachliche Gründe zu haben. Ihre Anträge und Angebote zur Mitbeteiligung habe die Antragsgegnerin ohne nähere Angabe von Gründen abgelehnt, was ebenfalls zur Fehlerhaftigkeit des Abwägungsmaterials führe. Sie selbst seien bei der Bebauungsplanung ausgeschlossen gewesen. Die Planung hätte unter Einbeziehung ihrer Grundstücke vorgenommen werden müssen, auch wenn diese Grundstücke dann aus fachlichen Gründen als Standorte für Windenergieanlagen verworfen worden wären. Das sei jedoch lediglich aus vermeintlich fiskalischen Gründen nicht geschehen, die jedoch weder vorlägen noch rechtlich beachtlichen seien. Der städtebauliche Vertrag sei für die Betreiberin nicht rechtswirksam unterzeichnet worden. Die Antragsgegnerin habe das Vertragswerk gleichsam als geheime Kommandosache behandelt und offenbar an den Ratsgremien vorbei gehandelt. Da die Windenergieanlagen nicht auf Grundstücken der Antragsgegnerin stünden und auch die betreffenden Wege keine gemeindeeigenen Flächen seien, stelle sich die Frage, wofür die Betreiberin an die Antragsgegnerin 17.500,-- DM jährlich zahle. Ebenso sei die Nutzung einer gemeindeeigenen Infrastruktur nicht ersichtlich. Ihre topografisch besser und zur Ortsbebauung weiter abgelegenen Grundstücke halte auch die Betreiberin als Standorte für Windenergieanlagen für besser geeignet als die jetzt im Bebauungsplan dafür ausgewiesenen Flächen. Eine rechtsverbindliche Festsetzung der Ausgleichsflächen liege nicht vor und es sei bislang auch nicht der Nachweis geführt worden, dass die für Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Flächen unwiderruflich zur Verfügung stünden. Die Erschließung sei bisher nicht gesichert. Die Interessentenschaft R. als Eigentümerin der vorhandenen Feldwege habe einer Benutzung durch die Bauherren, namentlich mit den schweren Fahrzeugen, nicht zugestimmt und werde ihnen auch nicht zustimmen. Sie werde nur die Kreuzung der Feldwege gestatten.

14

Die Antragsteller beantragen,

15

den am 15. September 1999 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan "Windenergieanlagen - A." für nichtig zu erklären.

16

Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Normenkontrollantrag abzuweisen.

18

Sie erwidert: Das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin erscheine fraglich. Subjektive Rechte der Antragsteller seien nicht verletzt. Insbesondere gebe es kein Recht des Grundstückseigentümers auf Ausweisung von Windenergieanlagenstandorten auf seinem Grundstück. Die Planrechtfertigung verlange lediglich ein vernünftiges und einleuchtendes Konzept. Dies liege in der Umsetzung des Regionalen Raumordnungsprogramms und des Flächennutzungsplanes sowie der von ihr gewünschten Steuerung von Standorten und Ausgleich. Sie habe den Wunsch der Antragsteller hinsichtlich der Auswahl der fünf Standorte gesehen und sich mit ihm auseinander gesetzt, wie die Behandlung der Anregungen und Bedenken in der Begründung zum Bebauungsplan belege. Sie habe sich bewusst für Standorte auf den daneben liegenden Flächen entschieden. Daher seien alle erforderlichen Belange in die Abwägung eingestellt worden. Es lägen keine Abwägungsdefizite oder eine Ermessensunterschreitung vor. Eine Fehlgewichtung der betroffenen Belange ergebe sich nicht aus der Begründung zum Bebauungsplan. Sie sei ferner durch die Natur der Sache ausgeschlossen, da vorliegend die Nutzungsinteressen konkurrierender Grundstückseigentümer betroffen seien, die zwangsläufig gleichgewichtet seien. Die Ausweisung der fünf festgelegten Standorte sei unter Berücksichtigung des gesamten Planungsgebietes erfolgt. Sämtliche Grundstücke seien Gegenstand der Abwägung gewesen. Die ausgewiesenen fünf Standorte seien sachlich gerechtfertigt. Die Anlagen sollten in einer Reihe in Hauptwindrichtung angeordnet werden. Sie lägen ungefähr in der Mitte des Bebauungsplangebietes und seien damit ausgewogen und unter optimaler Ausnutzung der vorgegebenen Flächennutzungsplanfläche verteilt. Eine Anordnung auf den Grundstücken der Antragsteller verlege die Anlagen demgegenüber an den äußeren Rand des Bebauungsplangebietes. Dies reiche für eine Rechtfertigung der gemeindlichen Ermessensausübung völlig aus. Fiskalische Erwägungen sowie die Person des Anlagenbetreibers seien nicht ausschlaggebend gewesen. Dies belege die Begründung des Bebauungsplanes und die Behandlung der Anregungen und Bedenken, in denen mit keinem Wort auf diese Gesichtspunkte eingegangen werde. Diese Unterlagen seien für die Dokumentation über die gemeindliche Ermessensausübung allein maßgeblich. Sie habe sich bewusst für eine Beschränkung nahe der im Regionalen Raumordnungsprogramm vorgegebenen Mindestwindkraftleistung entschieden, um Natur und Landschaft nicht unnötig zu belasten. Eine wie auch immer geartete Notwendigkeit zur Überschreitung der im Regionalen Raumordnungsprogramm vorgegebenen Mindestwindkraftleistung gebe es nicht. Es könne daher nicht von einer am Zufallsprinzip der Grundstücksflächen ausgerichteten Planung die Rede sein. Falls die Ausweisung zusätzlicher Windenergieanlagenstandorte städtebaulich erforderlich sein solle, werde sie die erforderlichen Fragestellungen im Rahmen des dann vorzunehmenden Bebauungsplanänderungsverfahrens abarbeiten. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses hätten fünf Windenergieanlagen zur Realisierung angestanden, deren Standorte im Bebauungsplan auch festgesetzt worden seien. Das naturschutzrechtliche Ausgleichskonzept auf der Grundlage des landschaftspflegerischen Begleitplanes basiere auf einem anerkannten Modell zur Ermittlung des Kompensationsbedarfs.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die von der Antragsgegnerin überreichten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

21

a) Insbesondere sind die Antragsteller gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Danach kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsbefugnis wegen einer möglichen Eigentumsverletzung ist regelmäßig zu bejahen, wenn sich ein Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. März 1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732 <732 f.> = ZfBR 1998, 205). Der Bebauungsplan setzt für Teilbereiche der den Antragstellern gehörenden Flurstücke 25 und 31 der Flur 9, Gemarkung R., Flächen für die Landwirtschaft (s. § 9 Abs. 1 Nr. 18 a BauGB) fest mit der Folge, dass im Falle der Wirksamkeit des Bebauungsplans die bauliche Nutzung dieser Teilflächen ausgeschlossen ist, d.h., dass die Grundstücke der Antragsteller insgesamt nur noch eingeschränkt nutzbar sind.

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b) Darüber hinaus ist auch das Rechtsschutzinteresse der Antragsteller zu bejahen. Dieses fehlt, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweist, weil der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann. Hiervon ist in der Regel zwar u.a. dann auszugehen, wenn der Antragsteller Festsetzungen bekämpft, auf deren Grundlage Vorhaben bereits genehmigt und verwirklicht worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 1999 - 4 CN 5.99 -, UPR 1999, 350 <350> = BRS 62 Nr. 47). Einem Eigentümer fehlt für seinen Antrag das Rechtsschutzbedürfnis aber nur dann, wenn unzweifelhaft ist, dass er seinem Ziel, das Grundstück (in der von ihm gewünschten Weise) baulich zu nutzen, selbst dann auf unabsehbare Zeit nicht näher kommen kann, wenn der Bebauungsplan für nichtig erklärt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 1993 - 4 NB 50.92 -, NVwZ 1994, 268 <268> = BRS 55 Nr. 25; Urteil vom 10. März 1998, a.a.O. <733>). Dies lässt sich hier nicht feststellen.

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Die nach dem Bebauungsplan zulässigen fünf Windenergieanlagen wurden zwar inzwischen genehmigt, errichtet und in Betrieb genommen (s. Baugenehmigung vom 2. November 1999, S. 59 GA, Beschluss des VG Braunschweig vom 28. Dezember 2000 - 2 B 454/00 -, V.n.b.). Zu berücksichtigen ist indes, dass der Bebauungsplan nicht nur Flächen als "Sonstiges Sondergebiet Windenergieanlagen" (s. § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 11 Abs. 2 S. 2, letzte Alt., BauNVO), sondern - wie bereits ausgeführt - für Teilflächen der Antragsteller auch Flächen für die Landwirtschaft festsetzt. Im Falle der Nichtigkeit des Bebauungsplans wären die Antragsteller zwar auch weiterhin gehindert, sich gegen die Errichtung der fünf Windenergieanlagen zu wehren, weil sie ihre Widersprüche gegen die Baugenehmigung am 3. Mai 2001 zurücknahmen. Die Festsetzung der Flächen für die Landwirtschaft wäre jedoch auch nichtig. Es bestünde deshalb jedenfalls die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass die Antragsteller innerhalb des von der 9. Änderung des Flächennutzungsplans erfassten Bereichs jeweils eine Windenergieanlage auf ihren Grundstücken errichten (lassen) könnten.

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Dieser Erwägung lässt sich nicht durchgreifend entgegenhalten, dass die W. GmbH in ihrer Stellungnahme vom 30. August 1999 sinngemäß ausführte, bei der Ausweisung der Windkraftanlagenstandorte durch die Orientierung von drei Windkraftanlagen an der östlichen Grundstücksgrenze der Flurstücke 22 und 23 werde eine mögliche Erweiterung des Windparks auf den im Geltungsbereich befindlichen Flurstücken 31 und 25, die sie für die Errichtung von Windkraftanlagen gepachtet habe, verhindert, weil der Abstand nur 200 m bis 300 m betrage. Der Abstand in Ostwestrichtung solle entsprechend technischer Richtwerte etwa "8 x Rotordurchmesser 8 x 80 m = 560 m)" betragen (Seite 14 f. der Begründung). Denn dieser Stellungnahme lässt sich nicht entnehmen, dass auch die Genehmigung einer kleineren als nach dem Bebauungsplan zulässigen Windenergieanlage gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB innerhalb des Bereichs des Flächennutzungsplans auf den Flurstücken der Antragsteller von vornherein ausgeschlossen wäre. Im Übrigen könnten die Antragsteller in einem Baugenehmigungsverfahren für Windenergieanlagen außerhalb des für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan vorgesehenen Bereichs auch die Wirksamkeit der 9. Änderung des Flächennutzungsplans angreifen und gegebenenfalls dessen Ausschlusswirkung beseitigen.

25

2. Der Normenkontrollantrag ist auch in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet.

26

a) Die Antragsteller rügen einen Verfahrensfehler allerdings zu Unrecht. Insofern haben sie lediglich geltend gemacht, das Verwaltungsgebäude der Samtgemeinde A. sei im Abwägungszeitraum am 4. Mai 1999 aus innerbetrieblichen Gründen geschlossen gewesen. Dies ist jedoch rechtlich irrelevant. Im Zeitraum vom 19. April bis 4. Mai 1999 wurde nämlich lediglich die frühzeitige Bürgerbeteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 BauGB durchgeführt. Diese Vorschrift wird jedoch nicht in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB genannt mit der Folge, dass eine Verletzung dieser Verfahrensvorschrift rechtlich unbeachtlich ist.

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Nicht beanstandet haben die Antragsteller dagegen innerhalb der Jahresfrist gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, dass die Begründung zum Bebauungsplan mit "Stand: 10/99" überschrieben ist, obwohl der Ratsbeschluss bereits am 15. September 1999 gefasst wurde, so dass dieser Mangel unbeachtlich ist. Anzumerken ist jedoch, dass einem Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 8 Satz 1 BauGB eine Begründung beizufügen ist. Sie ist zwar nicht Bestandteil des normativen Inhalts der Satzung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 1986 - 4 N 1.85 -, BVerwGE 74, 47 <50> = BRS 46 Nr. 12), aber wesentliches Erfordernis der Aufstellung eines Bebauungsplanes (Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB, Komm., Stand: November 2000, § 9 Rdnr. 193). "Beigefügt" ist eine Begründung, wenn ihre Endfassung der endgültigen Beschlussfassung des Rates über die Satzung zugrunde lag und der Rat sie durch ausdrückliche Beschlussfassung oder mindestens zustimmende Kenntnisnahme in seinen Willen aufgenommen hat. Ein Nachschieben der Begründung oder ihre nachträgliche Ergänzung ist nicht zulässig (Bielenberg, a.a.O.; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, Komm., 6. Aufl., 1998, § 9 Rdnr. 185; vgl. auch Urteil d. Senats vom 30. Mai 2001 - 1 K 389/00 -, V.n.b.).

28

b) In materieller Hinsicht haben die Antragsteller weder nichtigkeitsbegründende Fehler gerügt noch sind sie sonst ersichtlich. Der Bebauungsplan ist allerdings mit Abwägungsmängeln behaftet, die jedoch gemäß § 215 a BauGB behebbar sind und deshalb nur zur Unwirksamkeit führen (s. cc) (2) und (3)).

29

aa) An der Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Nach dieser Vorschrift haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Die Antragsteller machen zwar geltend, es fehle an einer Gesamtplanung für Windenergieanlagen auf der Grundlage der im Regionalen Raumordnungsprogramm enthaltenen "Sonderfläche WF 10". Die Planung hätte nicht lediglich an der vorgeschriebenen Mindestwindkraftleistung ausgerichtet werden dürfen. Die Antragsgegnerin habe ihre Planung fachlich verengt auf die künftige Betreiberin ausgerichtet.

30

Der Vorschrift des § 1 Abs. 3 BauGB widersprechen aber nur diejenigen Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Davon ist auszugehen, wenn eine planerische Festsetzung lediglich dazu dient, private Interessen zu befriedigen, oder eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, NVwZ 1999, 1338 <1339>). Ob für die konkrete Planung (einschließlich Dimensionierung) allerdings ein Bedarf besteht, ist nicht auf der Ebene des Abs. 3, sondern im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu ermitteln und zu gewichten (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 23. Juli 1998 - 3 S 960/97 -, dok. in JURIS, Leitsatz in VGHBW-Ls 1998, Beilage 10, B 2-3; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, 7. Aufl. 1999, § 1 Rdnr. 26).

31

Diesen Anforderungen genügt der angegriffene Bebauungsplan. Rechtlich unbeachtlich ist es insbesondere für die Frage der Erforderlichkeit i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB, ob es angezeigt gewesen wäre, Flächen für weitere Windenergieanlagen auszuweisen. Darüber hinaus lässt sich trotz des schon am 1. Dezember 1998/25. Januar 1999 und damit noch vor der am 23. März 1999 vorgenommenen Bekanntmachung des Beschlusses über die Aufstellung eines Bebauungsplanes "Windenergieanlagen" zwischen der Antragsgegnerin und der Betreiberin geschlossenen städtebaulichen Vertrages nicht feststellen, dass der Bebauungsplan lediglich dazu diente, die (privaten) Interessen der Betreiberin zu befriedigen. So führte die Antragsgegnerin in der Begründung des Bebauungsplans (Nr. 1.2, S. 3) u.a. aus, mit der Aufstellung des Bebauungsplans sei beabsichtigt, den Landschaftsverbrauch zu minimieren und somit die Belastung von Natur und Landschaft möglichst gering zu halten. Die Aufstellung der Anlagen solle durch Konzentration in einem Windpark planungsrechtlich geregelt werden. Ziel der Planung sei es, im Geltungsbereich des Plangebiets elektrische Energie schadstofffrei in einer Menge zu erzeugen, die eine Anpassung an die Ziele der Raumordnung (Mindest-Windkraftleistung 8,6 MW für die Vorrangfläche WF 10) gewährleiste. Dieses Ziel werde mit fünf Anlagen á 1,5 MW im Gemeindegebiet sowie mit einer weiteren Anlage im Gemeindegebiet S. erreicht. Ziel sei es außerdem, die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff in das Landschaftsbild zu bündeln und zu steuern, so dass Maßnahmen vorgesehen würden, die eine Gesamtkonzeption ergäben. Eine bewusste Steuerung durch planerische Vorsorge werde aufgrund der bisherigen Erfahrungen und der Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung für Windenergieanlagen erforderlich. Diese Überlegungen sind ausreichend.

32

bb) Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB ist ersichtlich. Danach sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Zur Raumordnung im Sinne von § 1 Abs. 4 BauGB gehört auch die Regionalplanung (§ 9 ROG) (vgl. Krautzberger, a.a.O., Rdnr. 37). Die im Bebauungsplan ausgewiesenen fünf Flächen für die Errichtung von Windenergieanlagen liegen innerhalb des Vorrangstandortes für Windenergienutzung "WF 10" nach der Ergänzung des Regionalen Raumordnungsprogramms 1995 für den Großraum B. um Vorrangstandorte für Windenergienutzung vom 9. Juli 1998. Aus der Anpassungspflicht ergibt sich nicht, dass die Antragsgegnerin verpflichtet war, auf ihrem Gebiet so viele Flächen für die Errichtung von Windenergieanlagen festzusetzen, die es ermöglichen würden, eine höhere Windkraftleistung zu erzeugen als im Regionalen Raumordnungsprogramm vorgesehen.

33

cc) Die Antragsgegnerin hat indes das Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 6 BauGB verletzt.

34

Nach dieser Vorschrift sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und die privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die maßgeblichen Gesichtspunkte für die Abwägung ergeben sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1969 (- IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 <309>). Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Eine sachgerechte Abwägung muss überhaupt stattfinden. In diese muss eingestellt werden, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Dabei darf die Bedeutung der betroffenen privaten Belange nicht verkannt und muss der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen werden, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange im Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet.

35

(1) Ausgehend von diesen Maßstäben ist es allerdings nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin nicht weitere Flächen als "Sonstiges Sondergebiet Windenergieanlagen" festgesetzt hat.

36

Die Antragsteller haben zwar während des Aufstellungsverfahrens vorgetragen, es erscheine ihnen sachlich verkürzt, wenn im Entwurf eines Bebauungsplanes die Errichtung von lediglich fünf Windenergieanlagen vorgesehen werde. Richtig wäre es demgegenüber, auf der Grundlage der im Regionalen Raumordnungsprogramm enthaltenen "Sonderfläche WF 10" gewissermaßen sogleich eine Gesamtplanung "aus einem Guss" vorzunehmen und sich nicht lediglich an der im Regionalen Raumordnungsprogramm vorgeschriebenen Mindestwindkraftleistung auszurichten.

37

Die Antragsgegnerin hat nicht nur gemäß § 1 a BauGB die Belange des Umweltschutzes, und zwar u.a. durch die Nutzung erneuerbarer Energien, sondern auch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (s. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB) zu berücksichtigen. Auf diese Gesichtspunkte hat sie - wie bereits ausgeführt (s. b) aa)) - in der Begründung hingewiesen. Ergänzend heißt es in der Begründung des zu der Stellungnahme der Antragsteller vom 31. August 1999 gefassten Beschlusses des Rates der Antragsgegnerin, die Planfestsetzungen würden beibehalten. Einen bauplanungsrechtlichen Zwang zur Ausnutzung der gesamten im Flächennutzungsplan dargestellten Sonderbaufläche gebe es nicht. Sie beabsichtige mit der Aufstellung des Bebauungsplans das Ziel der Raumordnung für den Standort WF 10 in den Gemeindegebieten R. und S. zu erfüllen (8,6 MW). Andererseits solle mit der Planung der Eingriff in das Landschaftsbild minimiert werden durch Beschränkung auf die unbedingt notwendige Anlagenzahl und eine flächensparende Aufstellungskonstellation (S. 16 der Begründung). Ergänzend heißt es zur Stellungnahme der W. GmbH vom 30. August 1999 in der Begründung des entsprechenden Beschlusses, es gebe auch keinen Zwang zur optimalen Ausnutzung des Standortes (S. 15 der Begründung). Diese Überlegungen sind insbesondere deshalb nachvollziehbar, weil es im Erläuterungsbericht zur 9. Änderung des Flächennutzungsplanes heißt, der Vorrangstandort WF 10 liege zum größten Teil im Tabubereich A.. Die "Teilraumbezogenen Planungsempfehlungen" für den die Samtgemeinde betreffenden Teilraum sehen nach dem Erläuterungsbericht eine 2-km-Tabuzone zu den Randbereichen der Höhenzüge und Niederungen vor (S. 10, s. auch zeichnerische Darstellung der Aufstellungsgeometrie für die Aufstellung von sechs Windenergieanlagen mit dem eingezeichneten Tabubereich laut Gutachten des ZGB "Landschaftsbild und Windenergie", abgeheftet am Ende des Erläuterungsberichts). Dieser Tabubereich erfasst nach der zeichnerischen Darstellung der Aufstellungsgeometrie zumindest die Flächen für die drei nördlich festgesetzten sonstigen Sondergebiete für Windenergieanlagen.

38

Aufgrund der vorgenannten Erwägungen ist es auch rechtlich unbeachtlich, dass es allein unter Berücksichtigung der Darstellungen des Flächennutzungsplans in der Fassung der 9. Änderung möglich gewesen wäre, auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin mehr als fünf Windenergieanlagen zu errichten.

39

Aus der Begründung zum Bebauungsplan ergibt sich schließlich nicht, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, in absehbarer Zeit in dem Gebiet, das der Bebauungsplan umfasst, weitere Anlagen zu errichten mit der Folge, dass eine Änderung des Bebauungsplanes notwendig wäre. So teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zu 2) bereits mit Schreiben vom 30. Oktober 1998 mit, eine zweite Anlagenreihe sei derzeit nicht geplant.

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(2) Allerdings sind der Antragsgegnerin bei der Festsetzung der Standorte der Windenergieanlagen Abwägungsfehler unterlaufen. Die Begründung des Bebauungsplans gibt keine näheren Erläuterungen, warum die Windenergieanlagen gerade an den gewählten Standorten festgesetzt worden sind. Der allgemeine Hinweis auf Seite 3 der Begründung (s. 1.2), dass die vom Betreiber beabsichtigte Aufstellungskonstellation, in Reihe zur Hauptwindrichtung, den Flächenverbrauch minimiere, weicht von der im Flächennutzungsplanverfahren vorgesehenen Aufstellungsgeometrie ab und ist insofern erklärungsbedürftig. Im Flächennutzungsplanverfahren sind unter dem Blickwinkel des geringst möglichen Eingriffs in das Landschaftsbild zwei Varianten dargestellt worden: Eine bogenförmige Aufstellung der Windenergieanlagen an der Westseite der in der 9. Flächennutzungsplanänderung dargestellten Fläche und eine bogenförmige Aufstellung an der Ostseite. Der Bebauungsplan entscheidet sich ohne Auseinandersetzung mit den Überlegungen im Flächennutzungsplanverfahren für eine in etwa "S"-förmige Aufstellung.

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Der in der Begründung des Bebauungsplans nicht erwähnte städtebauliche Vertrag vom 1. Dezember 1998/25. Januar 1999 wirft auf die Festsetzung der Standorte der Windenergieanlagen im angefochtenen Bebauungsplan ein besonderes Licht. Die Antragsgegnerin hat mit der Betreiberin einen städtebaulichen Vertrag geschlossen, nach dem diese der Antragsgegnerin einen "Infrastrukturbeitrag" von jährlich 17.500,-- DM zahlt (1.). Die Kosten der Reparaturen der Wege, die bei der Aufstellung der Windenergieanlagen beschädigt werden, gehen zu Lasten der Betreiberin (4.). Die Antragsgegnerin gestattet der Betreiberin, die erforderlichen Storm- und Telekommunikationskabel nach vorheriger Abstimmung der Trassen auf Grundstücken der Antragsgegnerin und den Wegegrundstücken zu verlegen (5.). Außerdem verpflichtet sich die Betreiberin, der Antragsgegnerin die Planungskosten zu erstatten (8.) und die erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchzuführen und zu finanzieren (7.). Die Übernahme der Kosten für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durch den Investor ist ebenso wie die Erstattung der Kosten für Reparaturen der Wege nach Abschluss der Aufstellungsarbeiten durchaus üblich und erscheint auch vor dem Hintergrund des § 11 Abs. 3 BauGB nicht unangemessen. Anders sieht es mit dem jährlichen "Infrastrukturbeitrag" von 17.500,-- DM aus, zu dem der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung keine Erklärungen abgeben konnte. Insbesondere konnte er keine Angaben zu einer Nutzung der Infrastruktur der Antragsgegnerin von einigem Gewicht machen. Aufschlussreich erscheint dagegen das Schreiben der Antragsgegnerin vom 30. Oktober 1998 auf Anregungen des Antragstellers zu 2) im Verfahren zur 9. Änderung des Flächennutzungsplans, in dem es unter anderem heißt:

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"3.) Die Gemeinde R. ist aufgrund der derzeitigen Haushaltslage dringend auf zusätzliche Einnahmen angewiesen. Die Finanzaufsicht mahnt die Verbesserung der Einnahmesituation jährlich an. Die Verbesserung der Einnahmesituation gestehen Sie offensichtlich nur sich selber zu."

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Der städtebauliche Vertrag vom 1. Dezember 1998/25. Januar 1999 mit dem "Infrastrukturbeitrag", für den der Vertrag keine Gegenleistung bestimmt, das Schreiben der Gemeinde vom 30. Oktober 1998 an den Antragsteller zu 2), die Abweichung von der im Flächennutzungsplanverfahren erwogenen Aufstellungsgeometrie und die dürftigen Aussagen der Begründung in diesem Zusammenhang machen eine bemerkenswerte Verkürzung des Abwägungsvorgangs der Antragsgegnerin deutlich. Die in der Begründung angedeuteten Belange der Minimierung der Eingriffsfläche haben offensichtlich nicht die entscheidende Rolle gespielt. Vielmehr hat "die Verbesserung der Einnahmesituation" der Antragsgegnerin den Ausschlag gegeben. Ob und inwieweit der städtebauliche Vertrag auch eine unzulässige Vorwegbindung der Antragsgegnerin darstellt, bedarf unter diesen Umständen keiner abschließenden Klärung.

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Der beschriebene Mangel im Abwägungsvorgang ist auch erheblich, weil er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (s. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Ein Mangel ist dann offensichtlich, wenn er zur "äußeren" Seite des Abwägungsvorgangs derart gehört, dass er auf objektiv erfassbaren Sachumständen beruht. So sind Fehler und Irrtümer, die zum Beispiel die Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials, die Erkenntnis und Einstellung aller wesentlichen Belange in die Abwägung oder die Gewichtung der Belange betreffen und die sich etwa aus Akten, Protokollen, aus der Entwurfs- oder Planbegründung oder aus sonstigen Unterlagen ergeben, "offensichtlich" (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 - 4 C 57/80 -, BVerwGE 64, 33 <39 f.> = BRS 38 Nr. 37). Der Mangel des Abwägungsvorgangs ergibt sich aus der Begründung in Verbindung mit dem städtebaulichen Vertrag. Die Begründung (S. 4) spricht von der Absicht, einen städtebaulichen Vertrag zur Umsetzung des Vorhabens zu schließen. Vor dem Hintergrund des bereits abgeschlossenen Vertrages kann das nur als (untauglicher) Versuch gedeutet werden, den Infrastrukturbeitrag in dem städtebaulichen Vertrag nicht offen zu legen.

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Der Mangel ist auch auf das Ergebnis von Einfluss gewesen. Das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals ist dann zu bejahen, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Abwägungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. Eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder nahe liegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 - 4 C 57/80 -, a.a.O.). Gerade die unzureichende Erläuterung der Standorte der Windenergieanlagen und die Abweichung von der im Flächennutzungsplanverfahren erwogenen Aufstellungsgeometrie belegen, dass ohne die Verkürzung der Abwägung durch den "Infrastrukturbeitrag" auch andere Standorte - möglicherweise auch auf den Grundstücken der Antragsteller - unter städtebaulichen Gesichtspunkten in Betracht kommen.

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Dieser Mangel hat indes nicht die Nichtigkeit des Planes zur Folge. Es handelt sich vielmehr um einen Mangel, der gemäß § 215 a Abs. 1 BauGB in einem ergänzenden Verfahren behoben werden kann. Der festgestellte Mangel stellt den Kern der Abwägungsentscheidung nicht in Frage (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. November 1998

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- 4 BN 45.98 -, ZfBR 1999, 106 <107> = Buchholz 406.11 § 215 a BauGB Nr. 2). Von zentraler Bedeutung war nämlich für die Antragsgegnerin, unabhängig von der Frage der konkreten Standorte fünf Flächen für die Errichtung von Windenergieanlagen entsprechend festzusetzen. Dies lässt sich der Begründung zum Bebauungsplan entnehmen (Nr. 1.2, S. 3). Im Übrigen ist es nicht ausgeschlossen, dass bei näherer Prüfung festgestellt wird, dass der bisherigen Festsetzung insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gegenüber anderen möglichen Standorten der Vorrang gebührt. Bis zur Behebung des Mangels entfaltet der Bebauungsplan keine Rechtswirkung (§ 215 a Abs. 1 Satz 2 BauGB).

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(3) Die Einwendungen der Antragsteller, die die ordnungsgemäße Einbeziehung der Belange von Natur und Landschaft betreffen, lassen ebenfalls keinen zur Nichtigkeit führenden Mangel erkennen. Der Antragsgegnerin ist jedoch auch insofern ein Fehler unterlaufen, der zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führt.

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Nach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB sind u.a. gemäß § 1 a BauGB die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere des Naturhaushalts, des Wassers und des Bodens zu berücksichtigen. Gemäß § 1 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB sind in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB auch zu berücksichtigen die Vermeidung und der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz). Dabei ist es Aufgabe der planenden Gemeinde, in eigener Verantwortung die zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft zu bewerten und über Vermeidung, Ausgleich und Ersatzmaßnahmen abwägend zu entscheiden. Es gibt nämlich in diesem Zusammenhang keine gesetzlich vorgeschriebenen Bewertungsverfahren und darüber hinaus in der Praxis verschiedene Bewertungsverfahren, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, weil es auch an allgemein anerkannten einheitlichen rechtlichen Bewertungskriterien fehlt (vgl. BVerwG, Beschluss v. 23. April 1997 - 4 NB 13/97 -, NVwZ 1997, 1215 <1216>, zu § 8a BNatSchG).

50

Keine durchgreifenden Bedenken bestehen bezüglich der Bestandsaufnahme, der Bewertung des Naturhaushalts am geplanten Standort und des Landschaftsbildes, der Feststellung des Eingriffs in den Naturhaushalt und in das Landschaftsbild, der Bilanzierung des Eingriffs sowie der Planung der "Kompensationsmaßnahmen". Diese Gesichtspunkte sind im Landschaftspflegerischen Begleitplan plausibel dargestellt worden. Dieser Begleitplan ist der Begründung des Bebauungsplans beigefügt worden. Rechtlich unerheblich ist es, dass nicht die Antragsgegnerin, sondern die Betreiberin und die Firma O.-GbR den Begleitplan in Auftrag gaben (die Firma O.-GbR ist laut Begleitplan Antragstellerin der auf dem Gebiet der Gemeinde S. beabsichtigten bzw. schon errichteten Anlage). Denn es ist nicht ersichtlich, dass bei der Erstellung des Planes die Interessen der genannten Firmen in unzulässiger (begünstigender) Weise berücksichtigt wurden.

51

Ausweislich der Begründung des Bebauungsplans hat der Rat der Antragsgegnerin auch nicht nur auf den Landschaftspflegerischen Begleitplan Bezug genommen, sondern selbst Aussagen zu relevanten Gesichtspunkten getroffen, auch wenn er sich im Wesentlichen offensichtlich an den Begleitplan anlehnte, was indes rechtlich nicht zu beanstanden ist.

52

Ferner ist dem Landschaftspflegerischen Begleitplan zur Errichtung von sechs Windkraftanlagen zu entnehmen, dass eine ausreichende Betrachtung der Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes stattgefunden hat, die weder die Antragsteller substantiiert in Zweifel gezogen haben noch im Übrigen Anlass zu erheblichen Bedenken gibt. Insofern greift der Einwand der Antragsteller, die von den Windenergieanlagen ausgehenden ökologischen und ästhetischen Störeinflüsse hätten nicht nur auf die den fünf Standorten benachbarte Landwirtschaft, sondern weitergehend auch auf den benachbarten Höhenzug A. und das A. als bedeutendes Biotopverbundsystem bezogen werden müssen, nicht durch. Nach Nr. 3.1 des Begleitplans wurde für die Bewertung des Naturhaushaltes nur der unmittelbare Nahbereich der geplanten Anlage betrachtet, da nur dort Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes zu erwarten seien. Außerdem wurde das Landschaftsbild getrennt für den A. und den als "wellige Ackerlage" bezeichneten überwiegenden Teil der Wirkzonen bewertet (Nr. 3.2). Der ästhetische Wirkraum wurde in drei ästhetische Wirkzonen abnehmender Eindrucksstärke untergliedert, wobei die Wirkzone III eine Ringfläche von 5.000 m Abstand zu den Masten abzüglich der Flächen der Wirkzone I (Ringfläche mit 200 m Abstand zu den Masten) und II (Ringfläche mit 1.500 m Abstand zu den Masten minus Fläche der Wirkzone I) betrifft.

53

Außerdem ist die durch die Baumaßnahmen herbeigeführte weitere Versiegelung der Landschaft berücksichtigt worden. In der Begründung heißt es hierzu, mit den festgesetzten Maßnahme würden gleichzeitig die durch die Versiegelung der Anlagen und Zuwegungen erzeugten Eingriffe in die Schutzgüter Boden, Wasser und Luft abgegolten. Als neue Wege seien lediglich die Stutzen zu den einzelnen Anlagenstandorten vorgesehen (s. S. 6). Ergänzend wird im Begleitplan ausgeführt, die wesentlichen Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes lägen in einer Unterbindung beziehungsweise Einschränkung der Grundwasserneubildung, dem Entzug der Flächen als Lebensraum der dort bisher vorkommenden Arten einschließlich des Entwicklungspotentials und der Störung der Bodenfunktionen. Die Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes würden durch die Kompensationsmaßnahmen für die Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes mit ersetzt. Durch die Herausnahme von Flächen aus der intensiven Bewirtschaftung würden gleichzeitig mit der Aufwertung des Landschaftsbildes unter anderem das Wasserhaltevermögen und die Bodenfunktion verbessert. Es entstünden neue, hochwertigere Lebensräume für Flora und Fauna (Nr. 4.1 des Landschaftspflegerischen Begleitplanes, Seite 10 f.). Diese Vorgehensweise erscheint deshalb angemessen, weil die Eingriffsfläche nach Nr. 3.1 des Landschaftspflegerischen Begleitplanes von nur geringer Bedeutung für den Naturhaushalt ist (s. S. 8). Außerdem lässt sich dem Bebauungsplan entnehmen, dass die vollständige Anlegung neuer Erschließungswege - soweit ersichtlich - jedenfalls im Wesentlichen nur für die Zufahrten von den schon vorhandenen Feld- und Wirtschaftswegen erforderlich ist.

54

Entgegen der Ansicht der Antragsteller lässt sich auch nicht feststellen, dass die Ausgleichsflächen auf dafür nur zufällig verfügbar erscheinenden Anpflanzungsflächen vorgesehen seien und sich als Flickenteppich darstellten. Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Ausgleichsmaßnahmen in der A. zerstörerisch wirken (werden). Weder ist von den Antragstellern substantiiert dargelegt worden noch sonst erkennbar, dass das im Landschaftspflegerischen Begleitplan genannte Ziel der Maßnahmen (s. S. 23 f.) nicht erreicht werden kann.

55

Die rechtliche Sicherung der in der Begründung zum Bebauungsplan genannten Ausgleichsmaßnahme 4 genügt jedoch nicht dem Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 6 BauGB. Gemäß § 1 a Abs. 3 BauGB erfolgt der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft durch geeignete Festsetzungen nach § 9 BauGB als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich (Satz 1). Soweit dies mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, können die Darstellungen und Festsetzungen nach Satz 1 auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffes erfolgen (Satz 2). Anstelle von Darstellungen und Festsetzungen nach Satz 1 oder 2 können auch vertragliche Vereinbarungen gemäß § 11 BauGB oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden (Satz 3).

56

Hiervon ausgehend hat die Antragsgegnerin zwar den Vollzug der Maßnahme 1a wegen der gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB im Bebauungsplan enthaltenen Festsetzung aus-reichend gesichert (s. § 1 a Abs. 3 Satz 1 BauGB). Entsprechendes gilt jedoch nicht für die Maßnahme 4. Dabei kommt es für die Überprüfung auf die Sachlage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bauleitplan an (siehe § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB), also auf den 15. September 1999. In der Begründung des Bebauungsplans heißt es zwar, am A. nördlich der K 20 werde auf einer Fläche von rund 5,7 ha die Umwandlung von Ackerland in Waldsaum, nährstoffarmes Grünland und Hecken "festgesetzt" (S. 6). Dem Bebauungsplan lässt sich indes eine entsprechende Festsetzung i.S.v. § 1 a Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht entnehmen, zumal er den betreffenden Bereich räumlich nicht erfasst. Ferner lässt sich auch keine Sicherung nach § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB feststellen. Zwar wird in Nr. 7 des von der Antragsgegnerin und der Betreiberin unterzeichneten Vertrages ausgeführt, die Betreiberin werde die auf Vorschlag der Antragsgegnerin erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Erstellung des Windparks durchführen und finanzieren. Es bestehe seitens der Betreiberin die Bereitschaft, den Gegenwert der ermittelten und festgelegten Maßnahmen der Antragsgegnerin mit befreiender Wirkung zur Verfügung zu stellen (Nr. 7). Selbst wenn man aber entgegen der Auffassung der Antragsteller (Schriftsatz v. 19. Juni 2001) von der Wirksamkeit des Vertrages ausgeht, ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin oder die Betreiberin bis zum 15. September 1999 über die Fläche verfügen konnten, auf der die Maßnahme 4 durchgeführt werden soll.

57

Des Weiteren heißt es zwar im Landschaftspflegerischen Begleitplan sinngemäß bezüglich des angegriffenen Bebauungsplans, der größte Teil der Kompensationsflächen für die Anlagen werde durch Kauf und Tausch gesichert. Entsprechende Erklärungen von Grundstückseigentümern und Eingriffsverursachern seien diesem Gutachten als Anhang beigefügt (siehe Nr. 6, S. 23). Dies ist indes nicht der Fall. Ebenso wenig ist dem Landschaftspflegerischen Begleitplan im Anhang ein Vermerk beigefügt, der in den Ausführungen zu der Maßnahme 4 erwähnt wird (S. 30). Dort wird mitgeteilt, die Flächen würden durch Ankauf eines Ackers von der Gemeinde R. und durch Flächentausch zur Verfügung gestellt "(s. Vermerk im Anhang)". Die Antragsgegnerin teilte zwar mit Schriftsatz vom 30. Mai 2001 mit, die Ausgleichsfläche 4 habe auf der Grundlage eines Ratsbeschlusses vom 31. März 1999 teilweise zur Verfügung gestanden. Es ist aber nicht ausreichend, wenn nur eine Teilfläche für die Ausgleichsmaßnahme Nr. 4 zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zur Verfügung stand.

58

Außerdem teilte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2001 mit, die auf Seite 6 der Begründung erwähnten Vorverträge gebe es nicht.

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Dieser offensichtliche Mangel im Abwägungsvorgang und -ergebnis kann indes ebenfalls in einem ergänzenden Verfahren gemäß § 215 a Abs. 1 BauGB behoben werden, weil er den Kern der Abwägungsentscheidung nicht in Frage stellt. Bis zur Behebung des Mangels entfaltet der Bebauungsplan aber auch insofern keine Rechtswirkung (§ 215 a Abs. 1 Satz 2 BauGB).

60

Offen bleiben kann, ob die Maßnahme 3, die die Eingrünung des Umspannwerkes betrifft und die lediglich im Landschaftspflegerischen Begleitplan genannt wurde, in ausreichendem Maße rechtlich abgesichert wurde. Denn unabhängig davon würde sich an der getroffenen Entscheidung nichts ändern. Entsprechende Mängel könnten ebenfalls in einem ergänzenden Verfahren gemäß § 215 a Abs. 1 BauGB behoben werden, weil sie den Kern der Abwägungsentscheidung nicht in Frage stellen.

61

ee) Zu den übrigen Einwendungen der Antragsteller sieht sich der Senat lediglich noch zu folgenden Anmerkungen veranlasst:

62

Ihr Vorbringen, die Antragsgegnerin habe die vorzeitige Festlegung auf lediglich einen Anlagenbetreiber ohne Ausschreibung und ohne Hinzuziehung des gebotenen Vergleichsmaterials und ebenso wenig ohne die Einholung anderer Angebote vorgenommen, betrifft eine vergaberechtliche Frage, die nicht Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist.

63

Die Einwendungen der Antragsteller zum Immissionsschutz greifen nicht durch. Die Antragsgegnerin hat die wesentlichen Konfliktpotentiale beim Betrieb von Windenergieanlagen berücksichtigt (s. S. 5 der Begründung). Die Antragsteller haben weder substantiiert dargelegt noch ist ansonsten wegen der vergleichsweise großen Entfernung der Windenergieanlagen zum östlichen Ortsrand des Ortes R. ersichtlich, dass die Feststellungen der Antragsgegnerin nicht zutreffend sind, auch wenn Lärmimmissionen generell von der Wetterlage sowie der Windrichtung abhängig sein können.

64

Schließlich verhilft den Antragstellern auch ihr Einwand, die Erschließung sei bisher nicht gesichert, nicht zum Erfolg. Zwar kann ein Bebauungsplan nichtig sein, weil die ordnungsgemäße Erschließung des Plangebietes nicht gesichert ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 2000 - 4 BN 59/00 -, NVwZ 2001, 431 <432>). In jenem Verfahren vertrat das Normenkontrollgericht die Auffassung, dass die Ausweisung des streitbefangenen Sondergebietes ohne derzeit ausreichende Erschließung "sinnlos" und nicht "umsetzbar" sei und der darin liegende Abwägungsmangel die Grundzüge der Bebauungsplanung beträfe. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt hier indes nicht vor. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Antragsgegnerin für die vorhandenen Feld- und Wirtschaftswege im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Geh-, Fahr- und Leitungsrechte festgesetzt hat, wobei in den textlichen Festsetzungen als Begünstigte Ver- und Entsorgungsträger sowie die Landwirtschaft genannt werden (s. § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB). Darüber hinaus bedarf eine derartige Festsetzung zwar noch der dinglichen Umsetzung. Es ist indes nicht notwendig, dass dies bereits bis zum Satzungsbeschluss oder der öffentlichen Bekanntmachung des Bebauungsplanes hätte geschehen müssen. Die Begründung der Rechte kann nämlich unter anderem auch in einem Verfahren nach § 41 Abs. 1 BauGB erfolgen, das jedoch einen wirksamen Bebauungsplan voraussetzt (vgl. Battis, a.a.O., § 41 Rdnr. 3). Abgesehen davon kann die Begründung entsprechender Rechte äußerstenfalls im Wege der Enteignung erfolgen (vgl. Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 113; s. §§ 85 Abs. 1 Nr. 1, 86 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Im Übrigen sind die fünf Windenergieanlagen inzwischen errichtet und in Betrieb genommen worden. Rechtlich unerheblich ist es, ob die Antragsgegnerin zur Zeit die 1. Änderung des Bebauungsplanes unter anderem deshalb betreibt, weil die Wege nicht tragfähig seien. Die Antragsteller haben jedoch nicht ausreichend dargelegt, dass die Wege nicht einmal geeignet sind, um die baulichen Anlagen zwecks Wartungs- oder Reparaturarbeiten zu erreichen. Denn die Wege können - davon ist auszugehen - offenbar auch von landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen befahren werden.

Sonstiger Langtext

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Beschluss

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Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 200.000,- DM festgesetzt (s. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG).