Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.06.2001, Az.: 8 L 516/97

Abschiebung; Abschiebungshindernisse; Abschiebungsschutz; Albaner; Aschkali; Asyl; Asylantragsteller; Asylbewerber; gemischt-ethnische Familie; Gruppenverfolgung; Hindernis; Jugoslawien; Kollektivverfolgung; Kosovo; Kosovo-Albaner; politische Verfolgung; Roma; Schutz; Verfolgung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.06.2001
Aktenzeichen
8 L 516/97
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 40388
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 27.12.1994 - AZ: 13 A 8996/94

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Angehörige der Volksgruppe der Roma sind gegenwärtig und auf absehbare Zeit im Kosovo keiner politischen Verfolgung ausgesetzt. Für sie bestehen auch keine Abschiebungshindernisse i.S.d. § 53 AuslG (Fortführung der bisherigen Rechtssprechung, vgl. Beschl. v. 22.3.2001 - 8 L 5280/97 -)
2. Mitglieder von Familien, die aus ethnischen Albanern und albanisch sprechenden Roma bestehen, können gegenwärtig ebenfalls keinen Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG beanspruchen.

Tatbestand:

1

Die 1951 in V. (Kosovo) geborene Klägerin zu 1) und ihre Kinder, die 1977 bzw. 1984 in P. (Kosovo) geborenen Kläger zu 2) und 3), sind jugoslawische Staatsangehörige, die vor ihrer Ausreise aus der Bundesrepublik Jugoslawien im Kosovo lebten.

2

Der Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Kläger zu 2) und 3) verließ 1990 sein Heimatland und suchte in der Bundesrepublik Deutschland erfolglos um Asyl nach.

3

Die Kläger reisten am 14. Mai 1992 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 29. Juni 1992 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

4

Bei der Anhörung durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 18. Februar 1994 gab die Klägerin zu 1) zur Begründung ihres Asylantrags an, Probleme mit den Behörden wegen ihrer Mitgliedschaft in der LDK gehabt zu haben. Den Entschluss zur Ausreise habe sie gefasst, nachdem der Kläger zu 2) am 1. Mai 1992 von Polizisten zur Wache mitgenommen worden sei. Sie habe ihn dort zwar abholen können, aber beschlossen, nach Deutschland auszureisen, um ihre Kinder vor den Serben, insbesondere den serbischen Polizisten, in Sicherheit zu bringen. Der Kläger zu 2) erklärte, er habe die Schule seit Mai 1991 nicht mehr besuchen dürfen. Am 1. Mai 1992 sei er von serbischen Polizisten aufgefordert worden, zur Polizeiwache zu kommen, weil er bei einer Kontrolle keinen Ausweis habe vorzeigen können. Man habe ihn ungefähr zwei Stunden in der Polizeistation festgehalten, bis seine Mutter die Polizisten davon habe überzeugen können, dass er noch zu jung sei, um einen Ausweis zu haben. Seine Mutter habe danach Angst gehabt, weiter von der Polizei belästigt zu werden, die zwei- bis dreimal wöchentlich bei ihnen erschienen sei. Die Polizei habe seinen Vater und seinen Bruder S. wegen der Teilnahme an Demonstrationen gesucht.

5

Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte die Asylanträge durch Bescheid vom 14. November 1994 ab und stellte fest, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen; zugleich forderte es die Kläger zur Ausreise auf und drohte ihnen die Abschiebung nach Jugoslawien an.

6

Daraufhin haben die Kläger am 5. Dezember 1994 Klage erhoben und sich im Wesentlichen auf eine Gruppenverfolgung der albanischen Volkszugehörigen, zu denen sie gehörten, berufen.

7

Die Kläger haben sinngemäß beantragt,

8

den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 14. November 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorliegen.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Der beteiligte Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keinen Antrag gestellt.

12

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 27. Dezember 1994 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass in ihrer Person die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Kläger könnten Asyl und Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG beanspruchen, weil ihnen als Angehörigen der Volksgruppe der Albaner aus der serbischen Provinz Kosovo bei einer Rückkehr in ihre Heimat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare gruppengerichtete Verfolgung durch den serbischen Staat wegen ihrer Volkszugehörigkeit drohe.

13

Gegen diese Entscheidung richtet sich die durch Senatsbeschluss vom 20. Januar 1997 zugelassene Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, der geltend macht, dass die Voraussetzungen für eine Gruppenverfolgung der ethnischen Albaner im Kosovo nicht erfüllt seien.

14

Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten beantragt sinngemäß,

15

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover -- 13. Kammer (Einzelrichter) -- vom 27. Dezember 1994 zu ändern und die Klage abzuweisen.

16

Die Kläger beantragen,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Die Kläger haben sich zunächst auf eine Gruppenverfolgung der ethnischen Albaner im Kosovo berufen und geltend gemacht, dass im Falle der Klägerin zu 1) auch Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG vorlägen, weil sie ausweislich einer ärztlichen Bescheinigung vom 3. Februar 1997 an mehreren Krankheiten leide, deren Behandlung in der Bundesrepublik Jugoslawien und insbesondere im Kosovo aufgrund des mangelhaften Standards der medizinischen Versorgung nicht möglich sei

19

Der Senat hat daraufhin das Auswärtige Amt durch Verfügung vom 22. August 1997 um Auskunft darüber gebeten, ob eine ausreichende medizinische Versorgung der Klägerin zu 1) in der Bundesrepublik Jugoslawien gewährleistet ist. Das Auswärtige Amt hat mit Schreiben vom 26. November 1997 mitgeteilt, dass der Vertrauensarzt der Deutschen Botschaft in Belgrad auf Befragen erklärt habe, dass die attestierten Krankheitsbilder in Jugoslawien einschließlich des Kosovo ohne weiteres behandelbar seien.

20

Die Kläger tragen nunmehr vor, dass das Verwaltungsgericht Hannover im Verfahren des Ehemanns der Klägerin zu 1) und Vaters der Kläger zu 2) und 3) durch Urteil vom 16. August 1995 (8 A 429/95) rechtskräftig festgestellt habe, dass dieser dem Volk der Roma angehöre. Daher müssten sie damit rechnen, dass man auch ihnen die Zugehörigkeit zu einer nichtalbanischen Minderheit im Kosovo unterstelle. Nichtalbanische Minderheiten seien im Kosovo gegenwärtig einer massiven Verfolgung durch ethnische Albaner ausgesetzt. Die überwiegende Mehrheit der Roma und Aschkali sei unter dem Druck von Drohungen und Misshandlungen bis hin zu Morden von albanischstämmigen Extremisten aus dem Kosovo vertrieben worden, so dass sich gegenwärtig nur noch 6.000 bis 7.000 Roma bzw. Aschkali im Kosovo aufhielten. Die Übergriffe auf Roma und Aschkali seien asylerheblich, weil sie der KFOR, die gegen die Übergriffe weitgehend machtlos sei, zugerechnet werden müssten. Daher drohe ihnen bei einer Rückkehr in den Kosovo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung. Die Gefährdung der Angehörigen von Mischehen begründe zumindest ein Abschiebungshindernis im Sinne des § 53 Abs. 6 AuslG.

21

Die Beklagte stellt keinen Antrag, vertritt aber die Auffassung, dass die Kosovo-Albaner keiner Gruppenverfolgung ausgesetzt seien.

22

Der Senat hat durch Verfügung vom 19. April 2001 das Auswärtige Amt um Auskunft darüber gebeten, ob es im Kosovo Gebiete gibt, in denen Familien, die aus albanischen Volkszugehörigen und Roma bestehen, in hinreichender Sicherheit leben können. Das Auswärtige Amt hat zu dieser Frage mit Schreiben vom 8. Mai 2001 Stellung genommen, auf das verwiesen wird.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Außerdem wird auf die das Asylgesuch des Ehemanns der Klägerin zu 1) betreffenden Gerichtsakte (8 A 429/95) und Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die der Senat ebenfalls beigezogen hat.

24

Der Senat hat das mit Verfügungen vom 16. März und 29. Mai 2001 in das Verfahren eingeführte Erkenntnismaterial zum Gegenstand der Beratung gemacht und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten ist begründet. Sie führt zur Änderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage.

26

Diese Entscheidung trifft der Senat gemäß § 130 a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren zur persönlichen Anhörung der Kläger nicht für erforderlich hält.

27

Eine mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren ist entbehrlich, weil die Kläger sich im Verwaltungsverfahren sowie -- anwaltlich vertreten -- im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungsverfahren ausführlich zu ihrem Verfolgungsschicksal geäußert haben.

28

Der Senat hat die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidungsform angehört.

29

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

30

Die Kläger haben nach der im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats gegebenen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte oder auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 AuslG in ihrer Person vorliegen. Denn für albanische Volkszugehörige besteht eine inländische Fluchtalternative im Sinne einer hinreichenden Sicherheit vor Verfolgung im Kosovo; für sie sind nicht asylerhebliche, aber gegebenenfalls verfolgungsbedingte existenzbedrohende Gefahren auch nicht beachtlich wahrscheinlich. Angehörige der Roma unterliegen im Kosovo gleichfalls keiner politischen Verfolgung.

31

Den Klägern steht auch der im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachte Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG nicht zu.

32

Schließlich entspricht die in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge enthaltene Abschiebungsandrohung den gesetzlichen Vorgaben.

33

Nach Art. 16 a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politisch verfolgt ist, wer in Anknüpfung an die politische Überzeugung, die religiöse Grundüberzeugung, die Volkszugehörigkeit oder in Anknüpfung an andere unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt intensive und ihn aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzende Rechtsverletzungen erlitten hat oder wem diese unmittelbar drohten oder noch drohen (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 -- 2 BvR 502/86 -- u.a. BVerfGE 80, 315, 333). Politische Verfolgung ist somit grundsätzlich staatliche Verfolgung, wobei solche staatsähnlichen Organisationen dem Staat gleichstehen, die den Staat verdrängt haben oder denen dieser das Feld überlassen hat und die ihn daher insoweit ersetzen (BVerfG, Beschl. v. 10.8.2000 -- 2 BvR 260/98, 1353/98 --).

34

Die Gefahr eigener politischer Verfolgung kann nicht nur aus einer gegen den Asylbewerber selbst gerichteten Maßnahme folgen, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, welches der Asylbewerber mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet, so dass es als eher zufällig anzusehen ist, dass er bislang von ausgrenzenden Rechtsgutsverletzungen verschont geblieben ist (gruppengerichtete Verfolgung) (BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991 -- 2 BvR 902/85, 515/89, 1827/89 --, BVerfGE 83, 216, 232 f --).

35

Hat eine bestimmte Personengruppe asylerhebliche Verfolgung nicht landesweit, sondern nur in bestimmten Teilen des Staatsgebietes zu befürchten, so kann eine regionale Gruppenverfolgung oder aber auch nur eine örtlich begrenzte Verfolgung vorliegen (BVerwG, Urt. v. 30.4.1996 -- 9 C 171.95 --, BVerwGE 101, 134, 139; BVerwG, Urt. v. 9.9.1997 -- 9 C 43.96 --, BVerwGE 105, 204). Eine regionale Gruppenverfolgung ist dadurch gekennzeichnet, dass der unmittelbar oder mittelbar verfolgende Staat die gesamte, durch eine oder mehrere Merkmale oder Umstände verbundene Gruppe im Blick hat, sie aber -- als "mehrgesichtiger Staat" -- beispielsweise aus Gründen politischer Opportunität oder wegen fehlender Verfolgungsmöglichkeiten lediglich regional, aber nicht landesweit verfolgt. Bei einer derartigen Regionalisierung des äußerlichen Verfolgungsgeschehens, welches unter ungewissen Bedingungen stets in eine landesweite Verfolgung umschlagen kann, bleiben die außerhalb der Region, in der die Verfolgung praktiziert wird, lebenden Gruppenmitglieder mitbetroffen. Anders ist es hingegen, wenn sich die Verfolgungsmaßnahmen nicht gegen alle durch übergreifende Merkmale wie die Volkszugehörigkeit oder die Religion verbundenen Personen richten, sondern nur gegen solche, die beispielsweise zusätzlich aus einem bestimmten Ort oder einem bestimmten Gebiet stammen und dort ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder Grundbesitz innehaben. Dann besteht schon die Gruppe, die der Verfolger im Blick hat, lediglich aus solchen Personen, die sowohl die asylerheblichen Kriterien wie etwa die Ethnie oder die Religion und andererseits die gebietsbezogenen Kriterien erfüllen (örtlich begrenzte Verfolgung) (BVerwG, Urt. v. 9.9.1997 -- 9 C 43.96 --, BVerwGE 105, 204).

36

Die zur Feststellung politischer Verfolgung erforderliche gegenwärtige Verfolgungsbetroffenheit ist gegeben, wenn dem Schutzsuchenden im Falle der Rückkehr bei verständiger Würdigung aller bekannten Umstände politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, wobei die in diesem Zusammenhang erforderliche Prognose einen absehbaren zukünftigen Zeitraum mit einzubeziehen hat (BVerwG, Urt. v. 3.12.1985 -- 9 C 22.85 --, NVwZ 1986, 760; BVerwG, Urt. v. 5.11.1991 -- 9 C 118.90 --, BVerwGE 89, 162). Einem Ausländer, der schon vor seiner Ausreise politisch verfolgt worden ist, kann eine Rückkehr in das Heimatland hingegen nur zugemutet werden, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist, d.h. wenn keine ernsthaften Zweifel an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bestehen. Insofern gilt für die erforderliche Prognose ein herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab (BVerfG, Beschl. v. 2.7.1980 -- 1 BvR 147, 181, 182/80 -- BVerfGE 54, 341, 360 f; BVerwG, Urt. v. 25.9.1984 -- 9 C 17.84 --, BVerwGE 70, 169; BVerwG, Urt. v. 18.2.1997 -- 9 C 9.96 --, BVerwGE 104, 97).

37

Wer nur von regionaler politischer Verfolgung betroffen ist, ist nur dann schutzbedürftig im Sinne des Asylrechts, wenn er auch in anderen Teilen seines Heimatstaates eine zumutbare Zuflucht nicht finden kann und dadurch landesweit in eine ausweglose Lage versetzt wird, wenn er also über keine inländische Fluchtalternative verfügt (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 15.5.1990 -- 9 C 17.87 --, BVerwGE 85, 139; BVerwG, Urt. v. 30.4.1996 -- 9 C 170.95 --, BVerwGE 101, 123).

38

Für einen nicht landesweit, sondern nur regional Verfolgten besteht eine inländische Fluchtalternative in anderen Landesteilen, wenn der Betroffene dort nicht in eine ausweglose Lage gerät. Das setzt voraus, dass er in den in Betracht kommenden Gebieten vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist und ihm jedenfalls dort auch keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutsbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen, sofern diese existenzielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, a.a.O.). Dem liegt zugrunde, dass einem regional Verfolgten zwar nicht zugemutet werden darf, sich in eine existenzielle Notlage zu begeben, um der Verfolgung zu entgehen, dass er aber andererseits dann, wenn er dieser Notlage schon an seinem Herkunftsort ausgesetzt war, durch die Wohnsitznahme an einem verfolgungssicheren Ort keine verfolgungsbedingte und deshalb unzumutbare Verschlechterung seiner Lebensumstände erleidet (BVerwG, Urt. v. 9.9.1997 -- 9 C 43.96 --, BVerwGE 105, 204, 211). Das Fehlen eines wirtschaftlichen Existenzminimums am Ort einer inländischen Fluchtalternative ist damit nur asylerheblich, wenn es verfolgungsbedingt ist.

39

Der Zeitpunkt für den Vergleich der einander gegenüberzustellenden wirtschaftlichen Situationen hängt davon ab, für welchen Zeitpunkt die Frage des Bestehens einer inländischen Fluchtalternative zu beurteilen ist. Ist zu ermitteln, ob der Asylsuchende vorverfolgt ausgereist ist, ob er also vor seiner Flucht landesweit in einer ausweglosen Lage war oder an den Ort einer innerstaatlichen Fluchtalternative hätte ausweichen können, kommt es für die Erheblichkeit einer dort bestehenden wirtschaftlichen Notlage darauf an, ob diese Notlage im Zeitpunkt der Ausreise auch an dem Herkunftsort des Asylsuchenden ohne Berücksichtigung der dortigen Verfolgung bestanden hat. Im Falle der Bejahung scheidet eine Vorverfolgung aus. Geht es hingegen um die Frage, ob dem bereits geflohenen Asylsuchenden im Falle einer gegenwärtigen Rückkehr in sein Heimatland eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht, so muss die wirtschaftliche Lage, die im verfolgungsfreien Gebiet herrscht, mit der Lage verglichen werden, die im Rückkehrzeitpunkt an dem Herkunftsort des Asylsuchenden besteht (BVerwG, Urt. v. 9.9.1997, a.a.O.). Daraus folgt, dass sich die Frage nach der wirtschaftlichen Existenzmöglichkeit oder einer sonstigen existenziellen Gefährdung am Ort der inländischen Fluchtalternative nicht stellt, wenn bezogen auf den Rückkehrzeitpunkt der ursprüngliche Herkunftsort des Asylsuchenden mit dem zum heutigen Zeitpunkt verfolgungssicheren Gebiet identisch ist (BVerwG, Urt. v. 9.9.1997, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 5.10.1999 -- 9 C 15.99 --, InfAuslR 2000, 32, 33; Nds. OVG, Urt. v. 24.2.2000 -- 12 L 748/99 --).

40

Sind der Herkunftsort des Asylsuchenden und der aus heutiger Sicht verfolgungssichere Ort identisch, entbindet dieser Umstand nicht von der Prüfung der sonstigen für die Bejahung einer inländischen Fluchtalternative erforderlichen Voraussetzungen. Denn für die Prognose, ob dem Ausländer bei einer Rückkehr in den Heimatstaat politische Verfolgung droht, ist das Staatsgebiet in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen (BVerwG, Urt. v. 5.10.1999, a.a.O.). Daher ist auch bei einem Zusammentreffen dieser beiden Orte grundsätzlich zu prüfen, ob der zurückkehrende Asylbewerber bei einer unterstellten Verfolgungsgefahr in den übrigen Landesteilen in dem speziellen Gebiet der inländischen Fluchtalternative hinreichend sicher vor politischer Verfolgung leben und ob er dieses Gebiet auch ohne unzumutbare Gefährdungen tatsächlich erreichen kann (BVerwG, Urt. v. 13.5.1993 -- 9 C 59.92 --, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 162). In diesem Zusammenhang genügt es, dass der Betroffene den hinreichend verfolgungssicheren Ort in zumutbarer Weise freiwillig erreichen könnte, weil er auch in diesem Fall nicht des subsidiären Schutzes vor politischer Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland bedarf (BVerwG, Urt. v. 16.11.1999 -- 9 C 4.99 --; VGH Kassel, Urt. v. 15.2.2000 -- 7 UE 3645/99.A --).

41

Diese Grundsätze sind auch im Rahmen der Prüfung des § 51 Abs. 1 AuslG zu beachten; insbesondere ist ein von politischer Verfolgung Betroffener nicht nach § 51 Abs. 1 AuslG schutzbedürftig, wenn er in einem bestimmten Gebiet seines Heimatlandes, welches mit seinem Herkunftsort identisch sein kann, auf absehbare Zeit hinreichend sicher vor politischer Verfolgung leben kann und auch die anderen Voraussetzungen für die Feststellung einer inländischen Fluchtalternative bezüglich dieses Gebietes erfüllt sind (Nds. OVG, Urt. v. 24.2.2000, a.a.O.; VGH Kassel, Urt. v. 15.2.2000, a.a.O.).

42

Die vorbezeichneten Grundsätze über die inländische Fluchtalternative sind darüber hinaus auch dann anzuwenden, wenn der Verfolgerstaat in einer Region seine Gebietsgewalt vorübergehend faktisch verloren hat und am Ort der inländischen Fluchtalternative eine andere staatliche oder staatsähnliche Friedensordnung besteht (BVerwG, Urt. v. 8.12.1998 -- 9 C 17.98 --, BVerwGE 108,84; Urt. v. 5.10.1999 -- 9 C 15.99 --, InfAuslR 2000, 32). Erst wenn die Bundesrepublik Jugoslawien in der Region des Kosovo die faktische Gebietsherrschaft -- etwa durch seine Sezession -- endgültig verloren hätte, wäre der Kosovo für die Bundesrepublik Jugoslawien Ausland, so dass er als inländische Fluchtalternative für Rückkehrer nicht mehr in Betracht käme. Der Kosovo ist jedoch nach wie vor Teil der Bundesrepublik Jugoslawien, weil auf seinem Gebiet noch kein neuer völkerrechtlich relevanter Staat entstanden ist. Bisher ist die Völkergemeinschaft zu keinem Zeitpunkt von ihrem in der UN-Sicherheitsratsresolution Nr. 1244 vom 10. Juni 1999 zum Ausdruck gebrachten Bekenntnis zur Souveränität und territorialen Integrität der Bundesrepublik Jugoslawien abgerückt; die Bundesrepublik Jugoslawien hat ihren Anspruch auf den Kosovo auch nicht aufgegeben. Darüber hinaus fehlt es an einem Anerkennungsakt der Völkergemeinschaft, der indiziell auf die Entstehung eines neuen Staates hinweisen könnte. Deshalb gilt der Kosovo nach wie vor als Teil der Bundesrepublik Jugoslawien (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.3.2000 -- A 14 S 1167/98 -- u. Beschl. v. 26.5.2000 -- A 14 S 709/00 --; Nds. OVG, Urt. v. 24.2.2000, a.a.O.; VGH Kassel, Urt. v. 15.2.2000, a.a.O.; OVG Münster, Beschl. v. 15.5.2000 -- 5 A 5355/99.A --; Thür. OVG, Urt. v. 17.5.2000 -- 3 KO 202/97 --; AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. v. 8.12.1999)

43

Unter Beachtung dieser Maßgaben besteht weder bei der Annahme des Maßstabes der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. OVG Rheinl./Pf., Urt. v. 30.9.1999 -- 7 A 13272/94 A. OVG --) noch bei Annahme des herabgestuften Maßstabes (Nds. OVG, Urt. v. 24.2.2000, a.a.O., S. 7; Beschl. v. 30.3.2000 -- 12 L 4192/99 --, S. 7) ein Anhaltspunkt dafür, dass die Kläger, sollten sie -- wie vorgetragen -- albanische Volkszugehörige sein, bei einer Rückkehr in den Kosovo asylrechtsrelevante politische Verfolgung oder existenzbedrohende wirtschaftliche Gefahren zu befürchten hätten. Dabei geht der Senat davon aus, dass das wirtschaftliche Existenzminimum auch dann gewährleistet ist, wenn der Schutzsuchende auf Dauer für die Schaffung einer Lebensgrundlage auf private oder öffentliche Zuwendungen angewiesen ist und solche Zuwendungen erfolgen (BVerwG, Beschl. v. 18.7.1996 -- 9 B 367.96 --; BVerwG, Urt. v. 15.7.1997 -- 9 C 2.97 --, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 194).

44

Der beschließende Senat kann deshalb offen lassen, ob die Kläger vor ihrer Ausreise aus dem Kosovo individuell verfolgt waren oder in gruppengerichteter Form Opfer politischer Verfolgung gewesen sind.

45

Albanische Volkszugehörige sind gegenwärtig und auf absehbare Zeit auf dem Territorium des Kosovo hinreichend sicher vor politischer Gruppenverfolgung bzw. vor einer individuellen Verfolgung durch ihren Heimatstaat, die Bundesrepublik Jugoslawien. Denn die Organe des jugoslawischen/serbischen Staates haben im Kosovo die effektive Gebietsgewalt, die eine politische Verfolgung der dort lebenden Bevölkerung ermöglichen könnte, verloren (ebenso: Nds. OVG, Urt. v. 24.2.2000, a.a.O. u. Beschl. v. 30.3.2000, a.a.O.; VGH Kassel, Beschl. v. 15.2.2000, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.3.2000 -- A 14 S 1167/98 --; Urt. v. 27.4.2000 -- A 14 S 2559/98 --; OVG Münster, Beschl. v. 15.5.2000, a.a.O.; Thür. OVG, Urt. v. 17.5.2000, a.a.O.; AA, Lagebericht v. 21.11.2000). Die Bundesrepublik Jugoslawien und die Republik Serbien haben die effektive Gebietsgewalt auf dem Territorium des Kosovo seit dem Einrücken der UN-Friedenstruppe Kosovo Force (KFOR) und seit dem vollständigen Abzug aller serbischen bzw. jugoslawischen Armeetruppen, sonderpolizeilichen Einheiten und paramilitärischen Gruppen aus dem Kosovo im Juni 1999 auf der Grundlage des von der Bundesrepublik Jugoslawien angenommenen G-8-Friedensplans und der vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Kosovo-Friedensresolution Nr. 1244 vorübergehend verloren (UN-Resolution Nr. 1244 (1999), EuGRZ 1999, 362). Diese Resolution autorisiert sowohl die Anwesenheit der KFOR-Truppen als auch eine internationale Zivilpräsenz, die die Einrichtung einer Übergangsverwaltung im Kosovo zum Ziel hat. Durch die Präsenz der KFOR-Truppen ist es auch für absehbare Zeit ausgeschlossen, dass die Bundesrepublik Jugoslawien bzw. die serbische Republik auf militärischem Weg die effektive Gebietsherrschaft im Kosovo wiedererlangen könnten. Die zitierte Resolution bestimmt, dass die internationale zivile Präsenz und die internationale Sicherheitspräsenz zunächst für einen Zeitraum von 12 Monaten eingerichtet werden, dass dieser Zeitraum jedoch zu verlängern ist, wenn der Sicherheitsrat nichts anderes beschließt. Anhaltspunkte dafür, dass der Sicherheitsrat in absehbarer Zeit beschließen wird, die internationale Zivil- und Militärpräsenz im Kosovo zu beenden, bestehen nicht. Vielmehr gehen die KFOR-Truppen selbst von einer mindestens fünfjährigen Präsenz im Kosovo aus. Dass sie den Kosovo in absehbarer Zeit verlassen werden, nachdem Kostunica zum Präsidenten Jugoslawiens gewählt worden ist, die Demokratische Opposition die Parlamentswahlen in Serbien gewonnen hat, Jugoslawien erneut in die Vereinten Nationen, die OSZE sowie den Stabilitätspakt für Südosteuropa aufgenommen wurde und die EU ihre Sanktionen gegen Jugoslawien weitgehend aufgehoben hat, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht nicht zuletzt, dass die Stationierung der KFOR-Truppen zur Sicherung der dauerhaften Rückkehr der Vertriebenen und zur allgemeinen Befriedigung der Region erfolgt ist, die -- wie u.a. die Übergriffe auf Angehörige der ethnischen Minderheiten im Kosovo und die gewaltsamen Auseinandersetzungen an der Grenze des Kosovo zu Mazedonien und Südserbien zeigen -- noch unabsehbare Zeit in Anspruch nehmen wird (vgl. zu Vorstehendem: AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. 8.12.1999; SFH, Lagebericht v. 20.11.1999; UNHCR, Lagebericht v. 9.12.1999 gegenüber OVG Lüneburg; dpa v. 12.9.1999; Die Welt v. 24.3.2000; Neue Zürcher Zeitung v. 7.10.2000, 1.11.2000, 27.12.2000, 2.2.2001, 17.2.2001, 28.2.2001 u. 1.3.2001; Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 10.10.2000, 27.10.2000, 3.11.2000 u. 22.2.2001; Frankfurter Rundschau v. 24.1.2001; Süddeutsche Zeitung v. 9.10.2000, 21.10.2000 u. 11.11.2000; Nds. OVG, Urt. v. 24.2.2000, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.3.2000, a.a.O.; OVG Münster, Urt. v. 5.5.2000 -- 14 A 3334/94.A. --; Thür. OVG, Urt. v. 17.5.2000, a.a.O.).

46

Albanische Volkszugehörige sind daher bei einer gegenwärtigen Rückkehr in den Kosovo dort auf absehbare Zeit hinreichend sicher vor einer von dem jugoslawischen Staat oder von der serbischen Regierung ausgehenden oder diesen zurechenbaren politischen Verfolgung.

47

Die Kläger können den Kosovo als verfolgungssichere Heimatregion auch ohne unzumutbare Gefährdung erreichen; insbesondere sind sie nicht darauf angewiesen, dabei das Gebiet der (restlichen) Bundesrepublik Jugoslawien zu betreten. Im August 1999 wurde der Flughafen Prishtina in begrenztem Umfang für Charterflüge geöffnet, womit prinzipiell allen jugoslawischen Staatsangehörigen die Möglichkeit eröffnet wurde, über diesen Flughafen auf dem Luftweg direkt in den Kosovo zurückzukehren. Die EU hat darüber hinaus das Flugverbot nach Jugoslawien aufgehoben (FAZ v. 21.3.2000; AA, Lagebericht v. 8.12.1999, VGH Kassel, Urt. v. 15.2.2000, a.a.O.). Seitdem haben sich die Rückkehrmöglichkeiten auf dem Luftweg infolge der Neueröffnung des Flughafens Prishtina für den zivilen Flugverkehr Anfang 2000 weiter verbessert (AA, Lageberichte v. 8.12.1999 u. 21.11.2000). Am 21. März 2000 wurde von den Regierungen von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Deutschland, Italien, Kroatien, Österreich, Schweiz, Slowenien und Ungarn außerdem eine Vereinbarung über die Gestattung der Durchreise ausreisepflichtiger jugoslawischer Staatsangehöriger unterzeichnet, in der die Vertragsstaaten allen ausreisepflichtigen jugoslawischen Staatsangehörigen, darunter den Albanern aus dem Kosovo, zum Zweck der Rückkehr die freiwillige, einmalige und visumfreie Durchreise gestatten, soweit nicht im Einzelfall für einen Transitstaat ein Einreiseverbot besteht. Die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Albanien haben ferner Mitte August eine Vereinbarung über die Gestattung der Durchbeförderung und der freiwilligen Ausreise jugoslawischer Staatsangehöriger (Kosovo-Albaner) getroffen. Damit ist die Möglichkeit gegeben, dass ausreisepflichtige jugoslawische Staatsangehörige freiwillig auf dem Landweg unter Mitnahme ihrer persönlichen Habe in den Kosovo zurückkehren (AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. 18.5.2000; vgl. Erlass d. Nds. Innenministeriums v. 19.4.2000 -- 45.22 -- 12235/12 -- 38 -- 3 -- mit Anlagen; Nds. Innenministerium v. 2.10.2000 -- 45.22 -- 12235/12 -- 38 -- 3 --). Dass allein aus Deutschland bis Mitte November 2000 über 73.500 Kosovo-Albaner freiwillig in den Kosovo zurückgekehrt sind (AA, Lagebericht v. 21.11.2000), verdeutlicht, dass der Kosovo ohne unzumutbare Gefährdungen erreichbar ist.

48

Da der Herkunftsort bzw. die Herkunftsregion der Kläger, nämlich der Kosovo, und der Bereich der inländischen Fluchtalternative bei einer Rückkehr in den Kosovo identisch sind, sind die den Klägern dort drohenden sonstigen Nachteile und Gefahren -- abgesehen von der Frage der politischen Verfolgung -- nicht verfolgungsbedingt.

49

Allerdings stellt der beschließende Senat in Rechnung, dass die gegenwärtige wirtschaftliche Situation und die Versorgungslage im Kosovo maßgeblich durch die kriegerischen Verhältnisse im Jahr 1999 und durch die Verfolgungsmaßnahmen des jugoslawischen Staates in der ersten Jahreshälfte 1999 gegenüber den Albanern im Kosovo bestimmt worden sind. Ohne diese in der ersten Jahreshälfte 1999 von der jugoslawischen Administration praktizierte Verfolgung der Albaner im Kosovo bestünde voraussichtlich die jetzt gegebene wirtschaftliche Lage im Kosovo nicht in vollständig gleicher Weise. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die zur Zeit im Kosovo herrschende Situation für albanische Volkszugehörige anders als für Roma und Aschkali, die keiner politischen Verfolgung durch die jugoslawische Administration ausgesetzt waren, zumindest teilweise auch verfolgungsbedingt sein könnte.

50

Deshalb hat der Senat zugunsten der Kläger auch die Frage geprüft, ob albanische Volkszugehörige bei einer Rückkehr in den Kosovo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in ihrem wirtschaftlichen Existenzminimum gesichert und vor sonstigen Nachteilen und Gefahren geschützt sind, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutsbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen. Diese Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass die Existenzgrundlage für albanische Volkszugehörige bei einer Rückkehr in den Kosovo dort gegenwärtig gesichert ist und dass ihnen im Kosovo auch keine sonstigen erheblichen Nachteile und Gefahren drohen.

51

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine zumutbare inländische Fluchtalternative dann aus, wenn das zu einem menschenwürdigen Leben erforderliche wirtschaftliche Existenzminimum auf Dauer nicht erreichbar ist, d.h. wenn die wirtschaftliche Existenz des Schutzsuchenden am Ort der inländischen Fluchtalternative weder durch eine ihm zumutbare Beschäftigung noch durch private oder öffentliche Zuwendungen gewährleistet ist und er deshalb ein Leben unter dem Existenzminimum zu erwarten hat, welches zu Hunger, Elend oder Tod führen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.7.1997 -- 9 C 2.97 --, BayVBl. 1998, 250; BVerwG, Urt. v. 31.3.1992 -- 9 C 40.91 --, NVwZ-RR 1992, 583).

52

Ein Leben über dem Existenzminimum wird im Kosovo jedoch durch die Zivilpräsenz der UNO, die Aktivitäten von über 300 Hilfsorganisationen und die KFOR-Truppen gewährleistet. Deren Einsatz hat zur Folge, dass die in den Kosovo zurückkehrenden Kosovo-Albaner auch im übrigen nicht in eine ausweglose Situation geraten.

53

Der Aufbau einer zivilen Übergangsverwaltung und die Wiederherstellung kommunaler Strukturen in Umsetzung der UN-Resolution machen erkennbare Fortschritte. Die Mission der Vereinten Nationen im Kosovo -- UNMIK --, die inzwischen in drei Säulen gegliedert ist, hat auf der Grundlage der UN-Resolution de facto die Verantwortung für das gesamte öffentliche Leben im Kosovo übernommen und ist in den Verwaltungen aller Landkreise vertreten. Sie hat durch den Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der UN, Kouchner, verschiedene Verordnungen erlassen, die den rechtlichen Rahmen ihrer Tätigkeit regeln. Nach der Verordnung Nr. 1 vom 25. Juli 1999 ist die gesamte gesetzgebende und vollziehende Gewalt in bezug auf den Kosovo auf die UNMIK übergegangen, die durch den Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der UN ausgeübt wird. Durch eine weitere Verordnung der UNMIK ist das vor 1989 geltende Recht wieder eingeführt worden, soweit es nicht dem Zweck der UN-Resolution widerspricht oder die UNMIK anderslautende Verordnungen erlässt. Am 15. Dezember 1999 haben Vertreter der UNMIK und die albanische Seite außerdem ein gemeinsames Abkommen unterzeichnet, in dem die Bildung eines gemeinsamen Regierungsrates mit maßgeblichen albanischen Führern vereinbart wurde, der seitdem unter dem Vorsitz eines UN-Vertreters tagt. Schließlich hat die UNMIK Wahlen für die Gemeinderäte in den 30 Gemeinden des Kosovo, die die Gemeindevorsitzenden und die Verwaltungschefs wählen, organisiert, die am 28. Oktober 2000 bei einer Wahlbeteiligung von ca. 79 % stattfanden und zu einer Stärkung der gemäßigten Kräfte geführt haben, da die LDK unter dem Vorsitz von Ibrahim Rugova 58 % der Stimmen, die Partei des früheren Führers der UCK, Thaci, aber lediglich 27,3 % der Stimmen erhielt (AA, Lagebericht v. 21.11.2000; UNHCR, Bericht v. 9.12.1999 zur Lage im Kosovo; dpa v. 15.12.1999 u. 6.11.2000; Nürnberger Zeitung v. 16.3.2000; Süddeutsche Zeitung v. 16.3.2000, 26.10.2000 u. 30.10.2000; Die Welt v. 30.10.2000; Neue Zürcher Zeitung v. 31.10.2000).

54

Der Wiederaufbau der Infrastruktur des Kosovo und die Entwicklung der Wirtschaft zeigt ebenfalls deutliche Fortschritte. Die Weltbank hat für einen Zeitraum von 18 Monaten 25 Millionen Dollar von insgesamt 60 Millionen Dollar dafür bewilligt. Die EU-Kommission hat beschlossen, für die Region im Kosovo bis zum Jahr 2006 insgesamt 5,5 Milliarden Euro aufzubringen. Für die Umsetzung des von der EU finanzierten Wiederaufbauprogramms ist am 1. Februar 2000 eine Wiederaufbau-Agentur eingerichtet worden, die zusammen mit der ihr vorgeschalteten EU-Task Force wichtige Wiederaufbauprojekte auf dem Weg gebracht hat (AA, Lagebericht v. 21.11.2000). Seit Juni 1999 wurde im Rahmen einer großen internationalen Hilfsoperation, an der neben den Organisationen der Vereinten Nationen und anderen internationalen humanitären Organisationen mehr als 250 Nichtregierungsorganisationen unter der Koordination der UNMIK beteiligt waren, mehr als 850.000 in das Kosovo zurückgekehrten Menschen dabei geholfen, ihr Leben wieder aufzubauen (UNHCR, Lagebericht v. September 2000; UNMIK, Positionspapier zur Rückkehr v. Oktober 2000).

55

Albanische Volkszugehörige, die in den Kosovo zurückkehren, müssen nicht auf Dauer mit völlig unzureichenden Wohnverhältnissen oder mit Obdachlosigkeit rechnen. Zwar wurden im Zuge des Kosovo-Krieges fast 120.000 Häuser in Mitleidenschaft gezogen und 100.000 Häuser schwer beschädigt. Die Wiederaufbaumaßnahmen und die Bereitstellung von umfangreichen Kontingenten an Wohncontainern sind inzwischen jedoch weit vorangeschritten. Zahlreiche Hilfsorganisationen, u.a. das Technische Hilfswerk, haben Baumaterialien zur Verfügung gestellt, die den Wiederaufbau beschleunigen (vgl. UNHCR v. 9.12.1999 an OVG Lüneburg; AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. 8.12.1999; Gesellschaft für bedrohte Völker, Bericht v. 17.8.1999 und Bericht v. 1.2.2000; SFH v. 8.12.1999 an VGH Mannheim; UNHCR v. 7.3.2000 an OVG Lüneburg). Inzwischen konnten nach Angaben von UNHCR und UNMIK ca. 17.000 Häuser repariert werden (AA, Lagebericht v. 21.11.2000). Außerdem konnten schon vor Einbruch des Winters 1999/2000 etwa 400.000 Menschen winterfeste Räume zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich wurden temporäre Sammelunterkünfte bereitgestellt (UNHCR, Lagebericht v. September 2000). Daher haben die im Jahr 2000 in den Kosovo zurückgekehrten Personen bis auf wenige Ausnahmen Unterkunft finden können (UNHCR, Lagebericht v. September 2000; UNMIK, Positionspapier zur Rückkehr v. Oktober 2000). Inzwischen werden längerfristig angelegte Programme zum Wiederaufbau von Wohnraum von der Abteilung für Wiederaufbau der UNMIK, der JIAS, und Entwicklungshilfeorganisationen durchgeführt und koordiniert. Abteilungen der JIAS haben auch die Bereitstellung von Notunterkünften, die Bedürftigen zur Verfügung stehen, übernommen (UNHCR, Lagebericht v. September 2000). Die Einschätzung, dass im Kosovo trotz der großen Zahl der Rückkehrer und der mittlerweile weitgehend erschöpften Unterbringungskapazitäten (UNHCR, Lagebericht v. September 2000; UNMIK, Positionspapier zur Rückkehr v. Oktober 2000; SFH v. 5.9.2000 an VG Frankfurt) eine Wohnraumsicherung gewährleistet werden kann, teilen der VGH Bad.-Württ. (Urt. v. 17.3.2000 u. Beschl. v 26.5.2000, a.a.O.), der 12. Senat des Nds. OVG (Urt. v. 24.2.2000, a.a.O.) und der VGH Kassel (Urt. v. 15.2.2000, a.a.O.).

56

Im Kosovo ist die Versorgung mit Lebensmitteln und sonstigen Bedarfsgütern ebenfalls gewährleistet. Alle Nahrungsmittel sind in den Lebensmittelgeschäften wieder verfügbar. Auf den Märkten werden Obst, Gemüse, Plastikwaren, Installationsbedarf und Baumaterialien angeboten. Zusätzliche Nahrungsmittellieferungen erfolgen durch die humanitären Organisationen, die aus dem Ausland zahlreiche Unterstützung erhalten. Zusätzliche Verteilungsorganisationen wie etwa die Organisation "Mutter Theresa" und die orthodoxe Kirche haben dazu beigetragen, dass eine ausreichende Versorgung der im Kosovo lebenden Bevölkerung mit den notwendigen Nahrungsmitteln gesichert ist (AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. 18.5.2000; UNHCR v. 2.12.1999 an OVG Lüneburg; Bericht der UNMIK "Die UN im Kosovo"; SFH v. 8.12.1999 an VGH Mannheim; Gesellschaft für bedrohte Völker v. 1.2.2000; UNHCR v. 7.3.2000). Die Gesundheits- und Sozialbehörde der UN-Verwaltung für den Kosovo hat zudem mit dem Aufbau eines Sozial(hilfe)systems begonnen, das seit Juni 2000 vorerst von Familien, die kein arbeitsfähiges Mitglied und keine anderen Einkunftsquellen haben, in Anspruch genommen werden kann (UNHCR, Lagebericht v. September 2000). Nach dem teilweisen Rückzug der internationalen Hilfsorganisationen aus der Nahrungsmittelhilfe erfolgt diese inzwischen auch über die Sozialfürsorge (UNHCR, Lagebericht v. September 2000; UNHCR, Aufbau eines Sozial(hilfe)systems, September 2000; UNHCR v. 6.11.2000 an VG Schleswig u. VG Regensburg).

57

Albanischen Volkszugehörigen drohen auch keine sonstigen Nachteile und Gefahren bei einer Rückkehr in den Kosovo, die sie in eine ausweglose Lage bringen könnten. Dies gilt insbesondere für die Minengefährdung als Folge des Kosovo-Krieges. Ursprünglich waren 3.500 Gebiete als minengefährdet bezeichnet worden -- insbesondere im Westen des Kosovo (SFH v. 8.12.1999 an VGH Mannheim). Seit August 1999 sind die Unfälle mit Minen und aufgrund ausgelöster Kampfmittel jedoch zurückgegangen. Inzwischen gibt es zahlreiche Minenräumprogramme, die der Sicherung von Gebäuden und Schulen sowie der Freiräumung von Einrichtungen der Stromversorgung dienen (SFH v. 8.12.1999 an VGH Mannheim; AA, Lagebericht v. 8.12.1999; UNHCR v. 9.12.1999 an VGH Mannheim; AA v. 18.10.1999 an VG München). An diesen Programmen wirken 16 Organisationen mit (AA, Lagebericht v. 21.11.2000). Darüber hinaus gibt es seit Sommer 1999 mehrere Informationsprogramme im ganzen Kosovo zur Minengefahr, so dass die Schweizerische Flüchtlingshilfe den Rückgang von Unfällen auch darauf zurückführt, dass die Bevölkerung durch diese Programme ausreichend in Kenntnis gesetzt worden ist. Bei Beachtung dieser Hinweise erscheint die Gefährdung hinreichend beherrschbar (SFH v. 8.12.1999, a.a.O.; vgl. ferner VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.3.2000, a.a.O.; OVG Münster, Urt. v. 5.5.2000 a.a.O.), zumal die wichtigsten Räumaufgaben inzwischen abgeschlossen sein sollen und eine vollständige Räumung nach Einschätzung von Experten innerhalb von zwei Jahren erfolgen kann (AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. 18.5.2000).

58

Ferner hat sich die im Jahr 1999 teilweise festzustellende Gewaltbereitschaft im Kosovo inzwischen erheblich reduziert. Dies beruht einerseits auf dem Einsatz der KFOR-Streitkräfte, die mittlerweile über mehr als 40.000 Soldaten verfügen, und andererseits auf der Tätigkeit zusätzlicher Polizeikräfte aus dem Ausland. Inzwischen besteht eine internationale Polizeitruppe, die eine Vielzahl von Stationen und Unterstationen im Kosovo errichtet hat. Von den benötigten 4.700 Vollzugskräften sind knapp 4.000 vor Ort. Außerdem ist mit dem Aufbau einer lokalen multi-ethnischen Polizei begonnen worden; im August 2000 hatten bereits 1.681 Männer und Frauen die Ausbildung abgeschlossen, in der Ausbildung befinden sich weitere ca. 560 angehende Polizisten. Der Aufbau des Justizsystems geht ebenfalls voran; bislang wurden ca. 400 Richter und Staatsanwälte aus allen ethnischen Gruppen ernannt. Vor diesem Hintergrund besteht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit für den Kläger, Opfer von Gewalttätigkeiten im Kosovo zu werden. Zwar können die KFOR-Truppen und die Polizei Zusammenstöße zwischen Serben und Albanern nicht überall im Kosovo vollständig verhindern. Albanische Volkszugehörige müssen sich aber nicht an den entsprechenden Brennpunkten den dort vorhandenen Gefahren aussetzen, sondern können sich ihnen in zumutbarer Weise entziehen (vgl. u.a.: AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. 8.12.1999; SFH v. 20.11.1999; Süddeutsche Zeitung v. 23.3.2000; Frankfurter Rundschau v. 15.3.2000; Die Welt v. 24.3.2000; Neue Zürcher Zeitung v. 12.9.2000; dpa v. 22.11.2000).

59

Albanischen Volkszugehörigen, die in den Kosovo zurückkehren, drohen auch nicht gesundheitliche Risiken und Gefahren, die nicht beherrschbar wären und sie in eine existenzielle Notlage bringen könnten. Der Gesundheitssektor ist durch den Kosovo-Krieg im Sommer 1999 zwar erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden. Inzwischen aber haben die medizinischen Versorgungseinrichtungen im Kosovo in den meisten Orten das Vorkriegsniveau erreicht. Zahlreiche albanische Ärzte sind in die Kliniken und in die Praxen zurückgekehrt. Außerdem bemühen sich die internationalen Hilfsorganisationen um die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung. Alle Kliniken sind inzwischen wieder in Betrieb. Das internationale Rote Kreuz stellt den regionalen Hospitälern in Djakovica, Gyjilane, Mitrovica, Pec, Prishtina und Prizren im Rahmen eines Hilfsprogramms die technische Grundausstattung zur Verfügung. Die Versorgung mit Medikamenten, die in der Universitätsklinik in Prishtina am besten ist, lässt allerdings noch zu wünschen übrig. Die internationale Gemeinschaft kann aber in der Regel jedes Medikament beschaffen, wenn es die Finanzlage zulässt. Notfallpatienten werden außerdem in den medizinischen Einrichtungen der KFOR, die vorrangig der Truppe zur Verfügung stehen, behandelt. Für Patienten, die mangels unzureichender Ausstattung oder Kapazitäten weder in den Krankenhäusern noch in den Feldhospitälern der KFOR-Truppen behandelt werden können, besteht die Möglichkeit zur Evakuierung. Die medizinische Infrastruktur im ländlichen Raum wurde ebenfalls verbessert. Die medizinische Grundversorgung und die Versorgung in akuten Notfällen ist daher für jedermann grundsätzlich gewährleistet, wenngleich die Situation weiterhin als kritisch einzustufen ist, was die Versorgung mit Medikamenten, medizinischen Apparaturen und qualifiziertem Personal sowie die Behandlungsmöglichkeiten bestimmter akuter oder chronischer Krankheiten angeht (AA, Lageberichte v. 21.11.2000, 18.5.2000 u. 8.12.1999; AA v. 15.2.2000 an VG Sigmaringen; SFH v. 20.11.1999 u. 5.9.2000; Berichte des Büros des zivilen Koordinators für Kosovo v. 27.10.1999, 18.12.1999 u. 29.1.2000; UNHCR v. 7.3.2000 u. 11.10.2000 an VG Schleswig; SFH v. 30.3.2000).

60

Albanische Volkszugehörige können sich darüber hinaus nicht auf Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 AuslG berufen.

61

Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Diese Voraussetzungen sind mit den Voraussetzungen der Asylrechtsgewährung deckungsgleich -- abgesehen von den Fällen asylrechtlich unbeachtlicher subjektiver Nachfluchtgründe --, soweit es die Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der Verfolgung betrifft. Bezüglich der anzulegenden Maßstäbe bei der erforderlichen Gefahrenprognose ergeben sich keine unterschiedlichen Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 18.1.1994 -- 9 C 48.92 --; BVerwGE 95, 42, 53). Deshalb schließt das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative im Falle einer möglicherweise nur regionalen Verfolgung auch die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 51 Abs. 1 AuslG aus (Nds. OVG, Urt. v. 24.2.2000, a.a.O.; VGH Kassel, Urt. v. 15.2.2000, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.3.2000, a.a.O.). Der Senat verweist deshalb auf die Ausführungen, die er im Zusammenhang mit der Prüfung der Asylrechtsgewährung gemacht hat.

62

Die Kläger könnten Asyl oder Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG aber auch dann nicht beanspruchen, wenn man ihnen im Kosovo die Zugehörigkeit zu der Bevölkerungsgruppe der Roma unterstellen würde.

63

Die Bevölkerungsgruppe der Roma, zu der die Romani sprechenden ethnischen Roma, die albanisch sprechenden ashkaelischen Roma und die ebenfalls albanisch sprechenden sogenannten "Ägypter", die von der albanischen Bevölkerung den Roma zugerechnet werden, gehören (AA, Lagebericht v. 21.11.2000), war nach der Rückkehr der vor der ethnischen Vertreibung durch die Serben in die Nachbarländer geflohenen albanischen Bevölkerung in den Kosovo massiven gewalttätigen Übergriffen von Zivilisten ausgesetzt (AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. v. 8.12.1999; UNHCR v. 1.3.2000 an VG Karlsruhe; SFH v. 25.1.2000 an VG Schleswig; GfbV v. 10.4.2000 an VG Köln; Frankfurter Rundschau v. 11.11.2000). Die Tatsache, dass ein Teil der Roma die Vertreibung der Albaner aus dem Kosovo unterstützt hat und einzelne Roma an Greueltaten beteiligt waren, wurde von einem Teil der albanischen Bevölkerung ungeachtet der unterschiedlichen Loyalitäten und sprachlichen sowie religiösen Traditionen undifferenziert auf alle Roma-Gruppierungen übertragen. Diese Übergriffe wie Überfälle mit teilweise tödlichem Ausgang, Entführungen, Vergewaltigungen, Bedrohungen, Sachbeschädigungen, Plünderungen und Brandstiftungen erreichten im Spätsommer/Herbst 1999 ihren Höhepunkt, ereignen sich aber auch heute noch, wenngleich sie zahlenmäßig deutlich zurückgegangen sind. Dass weniger Übergriffe stattfinden, ist aber nicht nur auf eine Verbesserung der Sicherheitslage, sondern auch darauf zurückzuführen, dass viele Angehörige dieser Minderheiten unter dem Einfluss des Geschehens außerhalb des Kosovo Zuflucht gesucht haben. Nach Einschätzung der Hochkommissarin für Menschenrechte sollen mehr als die Hälfte der Roma und Aschkali seit Mitte Juni 1999 den Kosovo verlassen haben. Die Gesellschaft für bedrohte Völker geht sogar davon aus, dass mittlerweile mehr als drei Viertel der Roma und Aschkali den Kosovo verlassen haben oder vertrieben wurden (zu Vorstehendem: UNHCR v. 1.3.2000 u. 20.4.2000 an VG Karlsruhe; v. 27.10.2000 an OVG Lüneburg; Lagebericht v. September 2000; GfbV v. 5.4.2000 an VG Karlsruhe u. v. 10.4.2000 an VG Köln; SFH v. 25.1.2000 an VG Schleswig; AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. 8.12.1999; AA v. 28.10.1999 an VG Düsseldorf; Frankfurter Rundschau v. 11.11.2000; v. Holtey, Bericht zur Reise v. 28.5. -- 1.6.2000). Obwohl sich die Sicherheitslage nach der Etablierung der internationalen Präsenz verbessert hat, ist auch gegenwärtig davon auszugehen, dass Roma und Aschkali insbesondere außerhalb ihrer Siedlungen Opfer spontaner feindseliger Attacken albanischer Zivilisten, die sie aufgrund ihres Aussehens als Roma bzw. Aschkali erkennen, oder Opfer gezielter Übergriffe extremistischer Kräfte werden können, was einen weiteren Rückzug der Roma und Aschkali in monoethnische Enklaven zur Folge hat, in denen die Sicherheitslage besser ist. Aber auch dort kann die Sicherheit der Roma und Aschkali trotz der Bemühungen von KFOR-Truppen und UNMIK nicht immer zuverlässig gewährleistet werden, so dass die Situation weiterhin als besorgniserregend bezeichnet wird (zu Vorstehendem: UNHCR v. 20.12.2000 an VG Ansbach; UNHCR v. 4.10.2000 an OVG Lüneburg; UNHCR, Lagebericht v. September 2000; SFH. v. 25.1.2000 an VG Schleswig; GfbV v. Juli 2000 u. v. 10.4.2000 an VG Köln; Frankfurter Rundschau v. 11.11.2000; v. Holtey, Bericht zur Reise v. 28.5. -- 1.6.2000).

64

Ein Anspruch auf Asyl oder Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG besteht gleichwohl nicht, weil die gegen die Angehörigen der Gruppe der Roma und Aschkali gerichteten Maßnahmen keine politische Verfolgung im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG darstellen.

65

Politische Verfolgung ist -- wie bereits ausgeführt -- grundsätzlich staatliche Verfolgung, wobei dem Staat staatsähnliche Organisationen gleichstehen, die ihn verdrängt haben oder denen er das Feld überlassen hat und die ihn insoweit ersetzen (BVerfG, Beschl. v. 10.8.2000 -- 2 BvR 260/98 u.a., -- AuAS 2000 S. 187). Einer derartigen staatlichen oder quasistaatlichen Verfolgung sind die Angehörigen der Roma und Aschkali seit dem Einzug der KFOR-Truppen im Kosovo aber nicht ausgesetzt gewesen. Es ist auch nicht zu befürchten, dass ihnen in absehbarer Zeit, d.h. in einem prognostisch überschaubaren Zeitraum, staatliche oder quasistaatliche Verfolgung droht (ebenso: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.4.2000, a.a.O.).

66

Da die Organe der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Serbien seit dem Einmarsch der KFOR-Truppen die Gebietsgewalt im Kosovo verloren haben, scheiden sie als Urheber politischer Verfolgung im Sinne von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG aus. Entsprechendes gilt für albanische Gruppierungen, weil die Gebietsgewalt im Kosovo allein von der UNMIK und den KFOR-Truppen, die Angehörige der Roma schützen, ausgeübt wird (ebenso: Nds. OVG, Urt. v. 24.2.2000, a.a.O., u. Beschl. v. 30.3.2000 -- 12 L 4192/99 --; VGH Kassel, Beschl. v. 15.2.2000, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.3.2000 und 27.4.2000, a.a.O.; OVG Münster, Beschl. v. 15.5.2000 und Urt. v. 5.5.2000, a.a.O.; Thür. OVG, Urt. v. 17.5.2000, a.a.O.). Der Senat hat keine Erkenntnisse dafür, dass albanische Gruppierungen -- etwa die frühere UCK -- in einem Teil oder Teilen des Kosovo ein staatsähnliches Herrschaftsgefüge von gewisser Stabilität im Sinne einer "übergreifenden Friedensordnung" errichtet haben, was Voraussetzung dafür wäre, dass Übergriffe, die von ihnen ausgehen, politische Verfolgung i.S.d. Art 16 a Abs. 1 GG, § 51 Abs. 1 AuslG darstellten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.8.2000, a.a.O.). Zwar mag es vor dem Aufbau effektiver Strukturen der internationalen Verwaltung eine zeitlich und örtlich begrenzte Machtausübung durch die UCK und andere albanische Gruppierungen im Kosovo gegeben haben (vgl. Frankfurter Rundschau v. 16.12.1999). Dies hat aber zu keiner Errichtung eines staatsähnlichen Herrschaftsgefüges geführt. Organisationen der albanischen Bevölkerungsgruppe üben jedenfalls gegenwärtig keine staatsähnliche Herrschaftsmacht in einzelnen Bereichen des Kosovo aus, die es ihnen ermöglichen würde, eine quasistaatliche Verfolgung durchzuführen. Vielmehr sind die bedeutsamen Gruppierungen, u.a. die UCK, von der internationalen Verwaltung in den Aufbau einer multi-ethnischen Interimsverwaltung eingebunden worden. So hat sich die UCK formell aufgelöst. Außerdem wird ein Teil ihrer ehemaligen Mitglieder von der internationalen Verwaltung für das im Aufbau befindliche zivile Schutzkorps "Kosovo Schutz Truppe", das u.a. den Katastrophenschutz, den Such- und Rettungsdienst, die Minenräumung, den Wiederaufbau und humanitäre Hilfseinsätze übernehmen soll, rekrutiert, wodurch die Betreffenden eine geregelte Tätigkeit im zivilen Bereich unter Aufsicht von UNMIK und KFOR erhalten (AA, Lagebericht v. 21.11.2000). Ein weiteres Programm unter Führung der IOM sieht die Reintegration ehemaliger UCK-Angehöriger ins Zivilleben durch schulische und berufliche Bildungsprogramme, Stipendien, Job-Vermittlung, Existenzgründungskredite usw. vor (AA, Lagebericht v. 21.11.2000). Schließlich hat sich die ehemalige Befreiungsbewegung in mehrere politische Parteien und Bewegungen aufgespalten, die ihrerseits um die Macht konkurrieren. Dementsprechend geht die Schweizerische Flüchtlingshilfe davon aus, dass die Annahme, auf albanischer Seite bestehe nach wie vor eine organisierte militärische Machtstruktur, falsch ist (SFH v. März 2000). Daher kann keine Rede davon sein, dass Organisationen der albanischen Bevölkerungsmehrheit wie die ehemalige UCK in Teilen des Kosovo eine staatsähnliche Herrschaftsmacht mit der Folge etabliert haben, dass die dort lebende Bevölkerung nicht der Gebietsgewalt von UNMIK und KFOR unterworfen wäre (ebenso: Nds. OVG, Beschl. v. 30.3.2000, a.a.O., u. v. 16.11.2000 -- 12 L 3935/2000 --; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.4.2000, a.a.O.; OVG Münster, Urt. v. 5.5.2000, a.a.O.). Auch das neueste Erkenntnismaterial (u.a. UNHCR/OSZE, Beurteilung der Situation ethnischer Minderheiten im Kosovo, 26. März 2001) rechtfertigt keine andere Einschätzung.

67

Gehen die gewalttätigen Übergriffe gegen Angehörige nichtalbanischer Bevölkerungsgruppen wie die Roma und Aschkali mithin weder von einer staatlichen noch einer quasistaatlichen Hoheitsgewalt aus, könnten sie nur dann als politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG und des § 51 Abs. 1 AuslG angesehen werden, wenn sie der internationalen Verwaltung, die die alleinige Gebietsgewalt im Kosovo ausübt, mittelbar zuzurechnen wären. Dies würde voraussetzen, dass diese zu derartigen Übergriffen anregt, sie unterstützt, billigt oder tatenlos hinnimmt und es damit unterlässt, den Betroffenen den erforderlichen Schutz mit den ihr an sich zur Verfügung stehenden Mitteln zu gewähren, oder wenn sie sich zum Einsatz dieser Mittel im konkreten Fall gegenüber Verfolgungsmaßnahmen bestimmter Dritter nicht in der Lage sieht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 -- 2 BvR 502, 1000,961/86 --, BVerfGE 80, 315, 336; Beschl. v. 8.6.2000 -- 2 BvR 81/00 --; BVerwG, Urt. v. 23.7.1991 -- 9 C 154/90, -- BVerwGE 88, 367, 372).

68

Anhaltspunkte dafür, dass diese Voraussetzungen vorliegen, bietet das zur Verfügung stehende Erkenntnismaterial indessen nicht (ebenso: Nds. OVG, Beschl. v. 30.3.2000, a.a.O.; OVG Münster, Urt. v. 5.5.2000, a.a.O.). Die Erkenntnismittel zeigen vielmehr auf, dass die UNMIK -- u.a. die ihr zur Verfügung stehende internationale Polizeitruppe -- und die KFOR allen im Kosovo lebenden Bevölkerungsgruppen -- und damit auch den Roma und Aschkali -- mit den ihnen an sich zur Verfügung stehenden Mitteln Schutz gewähren und dazu prinzipiell auch in der Lage sind. Die KFOR sichert Siedlungen der Roma und Aschkali, kontrolliert Zufahrtsstrassen und eskortiert Bustransporte sowie Konvois privater Fahrzeuge, die es Angehörigen der Minderheiten ermöglichen, ihre Enklaven zu verlassen. Sind Übergriffe zu erwarten, reagiert die KFOR zudem mit erhöhter Präsenz, verstärkten Patrouillen und verschärften Sicherheitsvorkehrungen (AA, Lagebericht v. 21.11.2000; AA v. 28.10.1999 an VG Düsseldorf; UNHCR v. 1.3.2000 an VG Karlsruhe; GfbV v. 10.4.2000 an VG Köln; Neue Zürcher Zeitung v. 12.9.2000; UNHCR/OSZE, Zur Situation ethnischer Minderheiten (Februar bis Mai 2000); GfbV v. Juli 2000). Daher kann keine Rede davon sein, UNMIK und KFOR seien zur Schutzgewährung nicht bereit. Da Übergriffe auf Roma und Aschkali in den Gebieten, in denen eine erhöhte KFOR-Präsenz besteht, deutlich vermindert werden konnten (AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. 8.12.1999; AA v. 28.10.1999 an VG Düsseldorf; GfbV v. 10.4.2000 an VG Köln; UNHCR/OSZE, Zur Situation ethnischer Minderheiten (Februar bis Mai 2000); GfbV v. Juli 2000), ist davon auszugehen, dass KFOR und UNMIK zum Schutz der Roma und Aschkali prinzipiell auch in der Lage sind. Soweit von der UNMIK eingesetzte Amtswalter, die der albanischen Bevölkerungsgruppe angehören, sich in Einzelfällen Fehlverhalten zu Schulden kommen lassen (dazu Neue Zürcher Zeitung v. 19.10.2000), handelt es sich um Amtswalterexzesse, die der UNMIK nicht als politische Verfolgung zuzurechnen sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.5.1992 -- 2 BvR 205/92 --, InfAuslR 1992 S. 283; Beschl. v. 11.5.1993 -- 2 BvR 1989/92 --, InfAuslR 1993 S.310), weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass solche Handlungen mit Duldung, Billigung oder Begünstigung der UMNIK geschehen (ebenso: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.4.2000, a.a.O.). Der Umstand allein, dass KFOR und UNMIK trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Roma und Aschkali wirkungsvoll vor Anschlägen zu schützen (GfbV v. 10.4.2000 an VG Köln), begründet keine asylrechtliche Verantwortlichkeit, weil diese jenseits der an sich zur Verfügung stehenden Mittel endet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 -- 2 BvR 502, 1000,961/86 --, BVerfGE 80, 315, 336; BVerwG, Urt. v. 5.7.1994 -- 9 C 1.94 --, NVWZ 1995 S. 391; Beschl. v. 24.3.1995 -- 9 B 747.94 --, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 177). Da die in das Verfahren eingeführten sachverständigen Erkenntnismittel dem Senat eine eigene Beurteilung der diesbezüglichen Verhältnisse im Kosovo ermöglichen, erübrigt sich die Einholung weiterer Stellungnahmen und Auskünfte durch Sachverständigengutachten.

69

In der Person der Kläger liegt auch kein Abschiebungshindernis nach § 53 AuslG vor.

70

Im Hinblick auf den Verlust der effektiven Gebietsgewalt des jugoslawischen Staates im Kosovo bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern bei einer Rückkehr in die Provinz Kosovo die konkrete Gefahr drohen könnte, im Sinne des § 53 Abs. 1 AuslG der Folter unterworfen zu werden oder dass ihnen dort wegen einer Straftat die Verhängung der Todesstrafe drohen würde (§ 53 Abs. 2 Satz 1 AuslG).

71

Auch ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK liegt für die Kläger hinsichtlich der Bundesrepublik Jugoslawien nicht vor. Ein Abschiebungshindernis nach dieser Vorschrift besteht nur dann, wenn dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Behandlung droht, die alle tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllt und deshalb als eine von einer staatlichen Herrschaftsmacht begangene oder zu verantwortende Misshandlung zu qualifizieren wäre. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch unter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, insbesondere der Urteile vom 29. April 1997 -- 11/196/630/813 -- und vom 2. Mai 1997 -- 146/1996/767/964 -- ausdrücklich entschieden, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK nur dann in Betracht kommt, wenn die dem Ausländer im Zielstaat drohende Misshandlung vom Staat oder einer staatsähnlichen Organisation ausgeht oder zu verantworten ist (BVerwG, Urt. v. 2.9.1997 -- 9 C 40.96 --, BVerwGE 105, 187; Urt. v. 15.4.1997 -- 9 C 38.96 --, BVerwGE 104, 265; Nds. OVG, Beschl. v. 19.1.2001 -- 8 L 4049/00 -- u. v. 11.1.2001 -- 12 LA 323/01; VGH Kassel, Urt. v. 15.2.2000, a.a.O., m.w.N.). Für die Feststellung einer in diesem Sinne drohenden Gefahr bedarf es konkreter Hinweise und Anhaltspunkte, die für jeden Einzelfall spezifiziert nachzuweisen sind und die ein geplantes, vorsätzliches und auf die jeweils bestimmte Person gerichtetes Handeln verlangen (BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 -- 9 C 15.95 --, BVerwGE 99, 331). Mangels effektiver Gebietsgewalt des jugoslawischen Staates im Kosovo und angesichts der Tatsache, dass Angehörige der UNMIK und Mitarbeiter der OSZE im gesamten Kosovo für die Einhaltung der Menschenrechte arbeiten, sind keine Anhaltspunkte für Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 4 AuslG gegeben.

72

Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG sind ebenfalls nicht erfüllt.

73

Diese Vorschrift setzt ebenfalls im Einzelfall eine erhebliche, individuell konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit voraus. Es muss mithin eine schwere existenzielle Bedrohung konkret zu befürchten sein, die sich nicht schon aus der allgemeinen, von einer staatlichen Repressionspolitik gegen die albanische Bevölkerung gekennzeichneten Lage in der Provinz Kosovo herleiten ließe. Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 8.12.1998 -- 9 C 4.98 --, BVerwGE 108, 77) hervorgehoben, dass allgemeine Gefahren, die nicht nur den betreffenden Ausländer, sondern zugleich der ganzen Bevölkerung oder einer Bevölkerungsgruppe drohen (allgemeine Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG), auch dann nicht Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG begründen, wenn sie den Ausländer konkret und individualisierbar betreffen. Das Bundesverwaltungsgericht betont, dass nicht die möglicherweise geringere Betroffenheit eines Einzelnen die Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG sperrt, sondern die Tatsache, dass er sein Fluchtschicksal mit vielen anderen Personen teilt, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme im Bundesgebiet eine politische Leitentscheidung im Sinne des § 54 AuslG befinden soll. Lediglich dann, wenn einem Ausländer im Zielstaat im Ausnahmefall so erhebliche konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit drohen, dass unmittelbar aus dem Grundgesetz die Gewährung von Abschiebungsschutz geboten ist (Art. 1 GG, Art. 2 Abs. 2 GG), sind allgemeine Gefahren durch eine verfassungskonforme einschränkende Auslegung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG zu berücksichtigen. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer in seinem Heimatstaat in eine extreme Gefahrenlage dergestalt geriete, dass er im Falle seiner Abschiebung dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde (BVerwG, Urt. v. 17.10.1995, a.a.O.).

74

Einer derartigen extremen Gefahrenlage werden albanische Volkszugehörige bei einer heutigen Rückkehr in den Kosovo nach den vom Senat in das Verfahren eingeführten und ausgewerteten Erkenntnisquellen nicht ausgesetzt sein.

75

Da das Vorliegen einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative für albanische Volkszugehörige bejaht wurde, weil sie hinreichend sicher sein können, dass im Kosovo das wirtschaftliche Existenzminimum gesichert sein wird und ihnen auch keine sonstigen Nachteile und Gefahren drohen, kann auf die oben im Einzelnen ausgeführte Darstellung verwiesen werden. Die nach dem zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 1995 vorauszusetzende extreme Gefahrenlage kann danach für albanische Volkszugehörige erst recht nicht angenommen werden. Diese Einschätzung des Senats steht im Einklang mit der Beurteilung anderer Oberverwaltungsgerichte (VGH Kassel, a.a.O., VGH Bad.-Württ., a.a.O.; Nds. OVG, Urt. v. 24.2.2000; Nds. OVG Beschl. v. 30.3.2000 -- 12 L 4192/99 --; OVG Rheinl./Pf., Urt. v. 8.12.1999 -- 7 A 12268/95.OVG --, Au-AS 2000, 100; OVG Münster, Urt. v. 5.5.2000, a.a.O.; Thür. OVG, Urt. v. 17.5.2000, a.a.O.).

76

Die Kläger können sich aber auch dann, wenn man sie im Kosovo als Roma oder Aschkali ansehen sollte, nicht mit Erfolg auf das Bestehen von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG berufen, weil das Erkenntnismaterial keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine extreme allgemeine Gefahrenlage für die Volksgruppe der Roma bietet.

77

Wie schon dargelegt kann dem einzelnen Ausländer wegen allgemeiner Gefahren in seinem Heimatland Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nur gewährt werden, wenn die oberste Landesbehörde von der Ermächtigung in § 54 AuslG, einen generellen Abschiebestopp zu verfügen, keinen Gebrauch gemacht hat, obwohl eine extreme allgemeine Gefahrenlage vorliegt, in der jeder einzelne Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert wäre (BVerwG, Urt. v. 17.10.1995, a.a.O.). Eine derartige Situation ist bezüglich der Roma und Aschkali jedoch nicht gegeben. Zwar hat die oberste Landesbehörde für diesen Personenkreis keinen generellen Abschiebestopp angeordnet, weil es sich bei dem Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 12. März 2001, demzufolge Abschiebungen von Angehörigen ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo aus tatsächlichen Gründen nicht möglich und die Duldungen für diesen Personenkreis für drei Monate zu erneuern sind, nicht um eine Anordnung i.S.d. § 54 AuslG handelt. Nach dem vorliegenden Erkenntnismaterial kann aber trotz der Übergriffe auf Roma und Aschkali im Kosovo nicht angenommen werden, dass jeder Angehörige dieser Volksgruppe bei einer Abschiebung in den Kosovo gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Dem steht entgegen, dass UNMIK und KFOR nicht nur durchweg bereit, sondern in weiten Bereichen auch in der Lage sind, den Roma und Aschkali Schutz zu gewähren. Die KFOR sichert -- wie bereits erwähnt -- Siedlungen der Roma und Aschkali. Sie kontrolliert auch Zufahrtsstrassen und eskortiert Bustransporte sowie Konvois privater Fahrzeuge, die es Angehörigen der Minderheit ermöglichen, ihre Enklaven zu verlassen, um Märkte oder Gesundheitseinrichtungen aufzusuchen. Außerdem reagiert die KFOR mit verschärften Sicherheitsvorkehrungen und verstärkten Patrouillen, wenn es zu Anschlägen auf Roma und Aschkali kommt. Dies hat dazu geführt, dass Übergriffe auf Angehörige dieser Volksgruppe in den Gebieten, in denen eine erhöhte KFOR-Präsenz besteht, deutlich vermindert werden konnten, wenngleich die Sicherheit für Roma und Aschkali selbst in ethnischen Enklaven nicht immer zuverlässig gewährleistet ist (AA, Lageberichte v. 21.11.2000 u. 8.12.1999; AA v. 28.10.1999 an VG Düsseldorf; GfbV v. 10.4.2000 an VG Köln; UNHCR/OSZE, Zur Situation ethnischer Minderheiten (Februar bis Mai 2000)). Die UNMIK bemüht sich außerdem darum, die Sicherheit und Bewegungsfreiheit nicht-albanischer Minderheiten zu verbessern. Eine ad-hoc-Arbeitsgruppe veranlasst dazu konkrete Maßnahmen, zu denen die Umsiedlung gefährdeter Personen an sichere Orte im Kosovo und die Beobachtung der Situation von Rückkehrern gehören. Sie führt auch längerfristige vertrauensbildende Maßnahmen mit dem Ziel durch, ein Umfeld zu schaffen, das die Rückkehr der Angehörigen nicht-albanischer Gruppen begünstigt (UNHCR, Lagebericht v. September 2000). UNMIK, UNHCR und OSZE, deren Maßnahmen zum Schutz der Minderheiten in einer "Task-force" koordiniert werden, üben zudem Druck auf albanische Führer aus, damit diese Schikanen und Gewalt verhindern (UNHCR v. 9.12.1999 an VGH Mannheim; AA, Lagebericht v. 21.11.2000). Schließlich ist die Sicherheitslage im Kosovo auch nicht einheitlich zu beurteilen. Vielmehr bietet sich für die Roma und Aschkali ein von Ort zu Ort unterschiedliches Bild. So gibt es Orte, in denen die Haltung der Albaner gegenüber Roma und Aschkali weniger feindselig ist; teilweise lebt die albanische Bevölkerungsmehrheit mit den Roma und Aschkali sogar relativ friedlich zusammen. In den Orten, in denen KFOR-Einheiten präsent sind, ist die Sicherheitslage zudem deutlich besser (GfbV v. 10.4.2000 an VG Köln; AA v. 28.10.1999 an VG Düsseldorf; UNHCR v. 20.4.2000 an VG Karlsruhe; UNHCR v. 27.10.2000 an OVG Lüneburg; UNHCR/OSZE, Einschätzung der Situation ethnischer Minderheiten (Juni bis September 2000); Die Tageszeitung v. 10.5.2000). Folglich gibt es im Kosovo Gebiete, in denen Roma und Aschkali vor Übergriffen ethnischer Albaner relativ sicher sind. Daher lässt sich -- obwohl die Sicherheitslage trotz der durch die KFOR- und UNMIK-Präsenz erreichten Verbesserungen nach wie vor angespannt ist -- nicht feststellen, dass Roma und Aschkali bei einer Abschiebung in den Kosovo eine extreme allgemeine Gefahrenlage erwartet, die jeden Einzelnen von ihnen gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde.

78

Das neueste Erkenntnismaterial rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Bericht des UNHCR und der OSZE zur "Beurteilung der Situation ethnischer Minderheiten im Kosovo" vom 26. März 2001 zeigt zwar zahlreiche Übergriffe auf Angehörige von Minderheiten und ihr Eigentum zwischen Oktober 2000 und Februar 2001 auf und gelangt zu der Einschätzung, dass es zu einer Verschlechterung der Sicherheitslage im Berichtszeitraum gekommen sei. Daraus ergibt sich aber ebenfalls nicht, dass jeder Roma oder Aschkali im Kosovo gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert wäre. UNHCR und OSZE weisen vielmehr darauf hin, dass die ständige und nicht nachlassende Schikanierung der Minderheiten deren Gefühl von Sicherheit und Wohlbefinden beeinträchtigt und sie dazu bewegt, ihre Zukunft im Kosovo in Frage zu stellen. Außerdem ist nach Darstellung des Auswärtigen Amtes (AA v. 8.5.2001 an Nds. OVG) die Anzahl der schweren Anschläge gegen Roma im Verhältnis zur Gesamtzahl der Roma gering. Das Auswärtige Amt betont, dass von einer flächendeckenden Bedrohung daher nicht gesprochen werden könne, und hebt hervor, dass in den Enklaven und Siedlungsbezirken der Roma unter dem Schutz der KFOR und UNMIK-Polizei generell die Sicherheit gegeben sei, die landesweit unter den angespannten politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen jedem im Kosovo zugute komme. Nach der genannten Auskunft des Auswärtigen Amtes ist zudem zwischen "albanischen" und "nichtalbanischen" Roma zu unterscheiden. Die albanisch sprechenden "albanischen" Roma würden von den ethnischen Albanern als eine Art Albaner "zweiter Klasse" angesehen, letztlich aber als die ihren betrachtet. Das gelte insbesondere für den heutigen Hauptsiedlungsraum Prizren, in dem ca. 4.500 Roma, u.a. der gewählte Führer der "albanischen" Roma, lebten. Auch dies steht der Annahme entgegen, dass ethnische Albaner, die als Roma angesehen werden, bei einer Rückkehr in den Kosovo gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würden.

79

Eine im Rahmen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu berücksichtigende extreme allgemeine Gefahrenlage ergibt sich auch nicht aus der wirtschaftlichen Situation der Roma und Aschkali im Kosovo. Obwohl die vorhandenen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich allen Bewohnern des Kosovo unabhängig von ihrer Volkszugehörigkeit offen stehen (UNHCR v. 6.11.2000 an VG Schleswig), ist die Versorgung mit Lebensmitteln für Roma und Aschkali, die sich im Kosovo nicht ungehindert bewegen können, problematischer als für albanische Volkszugehörige. Angehörige der Roma und Aschkali sind daher in großem Maße auf Nahrungsmittelhilfe und humanitäre Unterstützung angewiesen. Diese Hilfe leisten insbesondere internationale humanitäre Organisationen, wenngleich sie die Betroffenen nicht immer erreicht oder ausreichend ist. Die humanitären Organisationen erbringen auch andere Hilfen für die Minderheiten, die in Enklaven leben. Außerdem unterstützt der UNHCR den Betrieb geschützter Buslinien, um die Bewegungsfreiheit der Roma und Aschkali zu verbessern und ihnen auch den Zugang zu Lebensmittelmärkten und anderen Einrichtungen der Grundversorgung zu ermöglichen (zu Vorstehendem: GfbV v. 1.2.2000 an VG Karlsruhe; GfbV v. Juli 2000; UNHCR v. 4.10.2000 an VG Kassel; UNHCR, Lagebericht v. September 2000; UNHCR v. 1.3.2000 an VG Karlsruhe; UNHCR/OSZE, Zur Situation ethnischer Minderheiten (Februar bis Mai 2000)).

80

Die medizinische Versorgung Angehöriger ethnischer Minderheiten wie der Roma und Aschkali bereitet ebenfalls erhebliche Schwierigkeiten. So ist die für die ethnische Mehrheit verfügbare spezifische medizinische Versorgung ethnischen Minderheiten nicht zugänglich. Da sie sich im Kosovo in der Regel nicht frei bewegen können, wird ihnen auch der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen der Gesundheitsvorsorge beschnitten. Angehörige der Minderheiten fürchten sich zudem, trotz Sicherheitseskorte Spitäler aufzusuchen, zumal gerade Roma mit Diskriminierungen durch das Krankenhauspersonal rechnen müssen. Eine Basisversorgung ist in den meisten Fällen jedoch gewährleistet, zumal die medizinische Infrastruktur im ländlichen Raum verbessert worden ist und Roma und Aschkali durchweg von serbischen Ärzten behandelt werden. Die problematische Situation wird außerdem durch besondere medizinische Einrichtungen für Minderheiten aufgefangen, die insbesondere die internationalen Organisationen und die KFOR zur Verfügung stellen (UNHCR/OSZE, Zur Situation ethnischer Minderheiten (Februar bis Mai 2000); UNHCR/OSZE, Einschätzung der Situation ethnischer Minderheiten (Juni bis September 2000); UNHCR v. 4.10.2000 an OVG Lüneburg; UNHCR, Lagebericht v. September 2000; SFH v. August 2000; GfbV v. Juli 2000). Da demnach zumindest die medizinische Grundversorgung in den meisten Fällen gesichert ist (UNHCR/OSZE, Update zur Situation der ethnischen Minderheiten Juni 2000, Annex 2 zu SFH v. August 2000), lässt sich eine extreme allgemeine Gefahrenlage auch insoweit nicht feststellen.

81

Eine Gesamtschau des Erkenntnismaterials führt daher zu dem Ergebnis, dass eine extreme allgemeine Gefahrenlage, die bei verfassungskonformer Auslegung und Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG im Rahmen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu berücksichtigen wäre, im Kosovo auch für Roma und Aschkali nicht besteht (ebenso Nds. OVG, Beschl. v. 30.3.2000, a.a.O.; Beschl. v. 7.2.2001 -- 12 LA 631/01 --). Dies hindert die Exekutive jedoch nicht, aus humanitären oder sonstigen Gründen der angespannten Sicherheitslage für Angehörige der Roma und Aschkali im Kosovo in eigener Verantwortung dadurch Rechnung zu tragen, dass Roma und Aschkali gegenwärtig und auch auf absehbare Zeit nicht in den Kosovo abgeschoben werden. Einen solchen Erlass gibt es in Niedersachsen nun bereits seit dem 7. April 2000. Er wurde zuletzt am 12. März 2001 um drei Monate verlängert. Weitere Verlängerungen sind zu erwarten. Derzeit spricht daher nichts dafür, dass die Angehörigen ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo tatsächlich mit Abschiebung rechnen müssten.

82

Die Kläger könnten Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ferner dann nicht beanspruchen, wenn der Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Kläger zu 2) und 3) -- wie behauptet -- Roma sein sollte und sie mit diesem im Kosovo in einer gemischtethnischen Familie zusammenleben würden. Der UNHCR weist in dem Bericht "UNHCR-Position zur fortdauernden Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo" vom März 2001 allerdings darauf hin, dass Kosovo-Albaner in Mischehen im Kosovo mit ernsthaften Problemen in Bezug auf Sicherheit und Rechtschutz konfrontiert seien, wozu Schikanen, Gewalt, Einschränkung der Bewegungsfreiheit und Diskriminierung im Gesundheits- und Bildungswesen, beim Zugang zu Versorgungsunternehmen und auf dem Arbeitsmarkt zählten. Er betont zudem, dass die Situation dieser Personen in vielen Beziehungen unsicherer als die von Mitgliedern homogener Minderheitenfamilien sei, da sie häufig von beiden ethnischen Gruppen, in denen sie Vorfahren haben, ausgeschlossen würden und Angriffen auf ihre Person ausgesetzt seien. Diese Darstellung zeigt, dass Kosovo-Albaner in Mischehen bei einer Rückkehr mit ernsthaften Sicherheitsproblemen konfrontiert sind. Sie rechtfertigen jedoch nicht die Annahme, dass für diesen Personenkreis eine extreme allgemeine Gefahrenlage vorliegt, die bei verfassungskonformer Auslegung und Anwendung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG im Rahmen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu berücksichtigen wäre. Dies kommt nicht zuletzt darin zum Ausdruck, dass der UNHCR aufgrund der von ihm beschriebenen Situation lediglich zu der Schlussfolgerung gelangt, dass diese Personen nicht in den Kosovo zurückkehren sollten. Der UNHCR hat hingegen nicht erklärt, dass eine Rückkehr angesichts der prekären Sicherheitslage für diese Personen unter keinen Umständen zu verantworten sei. Außerdem hat er in seiner Auskunft vom 20. April 2001 an das beschließende Gericht unter Hinweis auf ernsthafte Sicherheitsprobleme für Kosovo-Albaner in Mischehen und Personen gemischt-ethnischer Herkunft zum Ausdruck gebracht, dass er sich für sorgfältige Prüfungen im Einzelfall einsetzt. Der Annahme einer extremen Gefahrenlage steht ferner entgegen, dass nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das beschließende Gericht vom 8. Mai 2001 die albanisch sprechenden "albanischen" Roma im Kosovo als eine Art "Albaner zweiter Klasse" angesehen, letztlich aber als die ihren betrachtet werden. Das Auswärtige Amt betont, dass dies insbesondere für den heutigen Hauptsiedlungsraum Prizren, in dem auch der gewählte Führer der "albanischen" Roma wohnt, gelte. Daraus ist zu schließen, dass jedenfalls in Teilen des Kosovo keine extreme Gefahrenlage für die Mitglieder von Familien vorhanden ist, die -- wie die der Kläger -- aus ethnischen Albanern und albanisch sprechenden Roma bestehen.

83

Die Klägerin zu 1) kann auch nicht aus individuell konkreten Gründen Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG beanspruchen. Zwar kann die Gefahr, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind, ein Abschiebungshindernis nach dieser Bestimmung begründen (BVerwG, Beschl. v. 29.7.1999 -- 9 C 2.99 --; Urt. v. 25.11.1997 -- 9 C 58.96 --, BVerwGE 105, 383). Die Klägerin zu 1) hat aber nicht mehr geltend gemacht, an einer Krankheit zu leiden, die im Kosovo nur unzureichend behandelt werden könnte, obwohl sie durch Verfügung vom 16. März 2001 darauf aufmerksam gemacht worden ist, dass sie eine aktuelle ärztliche Bescheinigung vorlegen müsste, wenn sie auch gegenwärtig medizinischer Versorgung bedürfen sollte.

84

Über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung in dem klageweise angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ist im vorliegenden Verfahren ebenfalls zu entscheiden (VGH Kassel, Urt. v. 15.2.2000, a.a.O., m.w.N.; Nds. OVG, Urt. v. 24.2.2000, a.a.O.).

85

Die Abschiebungsandrohung ist rechtlich nicht zu beanstanden, sie findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 34, 38 AsylVfG i.V.m. § 50 Abs. 2 AuslG. Nach der letztgenannten Bestimmung soll die Androhung den Staat bezeichnen, in den der Ausländer abgeschoben werden soll. Insoweit genügt es, wenn der betreffende Staat bezeichnet ist, mag auch in einem Gebiet dieses Staates die zentrale Regierung Staatsgewalt effektiv nicht mehr ausüben. Bei der Durchführung der Vollstreckung ist später sicherzustellen, dass der Ausländer nicht in Gefahrengebiete abgeschoben wird, in denen er politische Verfolgung zu besorgen hat. Vor diesem Hintergrund ist die Ausländerbehörde gehalten, dem Ausländer den beabsichtigten Abschiebeweg mitzuteilen und ihm die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes vor der Durchführung der Abschiebung zu ermöglichen (BVerwG, Urt. v. 16.11.1999 -- 9 C 4.99 --).

86

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83 b Abs. 1 AsylVfG.

87

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

88

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Fälle des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.