Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.12.2022, Az.: 4 ME 120/22

Allgemeines Verbot; Begründungserfordernis; Bestimmtheit; Bestimmtheit, hinreichende; Bestimmtheitsgebot; Bestimmtheitsgrundsatz; Naturschutzgebiet; Vollzugsinteresse; Vollzugsinteresse, besonderes

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.12.2022
Aktenzeichen
4 ME 120/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59795
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 14.10.2022 - AZ: 5 B 1842/22

Fundstellen

  • NJW-Spezial 2023, 46
  • NordÖR 2023, 123
  • NuR 2023, 59-62

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zur Begründung des besonderen Vollzugsinteresses nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO bedarf es einer konkreten und substantiierten Darstellung der wesentlichen Erwägungen, aus denen sich aus der Sicht der Behörde ergibt, dass im vorliegenden Fall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht und dass das Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts vorerst verschont zu bleiben, hinter diesem öffentlichen Interesse zurückzutreten hat. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erfordert nicht, dass die von der Behörde gewählte Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einer materiellen Überprüfung standhält (Senatsbeschl. v. 27.3.2018 - 4 ME 41/18 -, juris Rn. 3 und v. 13.7.2015 - 4 ME 66/15 -, juris Rn. 4 m.w.N.)
2. Das in einer Naturschutzgebietsverordnung enthaltene allgemeine Verbot aller Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets bzw. seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, kann durch eine Aufzählung von ausdrücklich verbotenen Handlungen konkretisiert und seine Reichweite anhand des Schutzzwecks der erfolgten Unterschutzstellung bestimmt werden.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 5. Kammer - vom 14. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.608,66 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 5. März 2022 gegen die Anordnung naturschutzrechtlicher Maßnahmen durch den Bescheid des Antragsgegners vom 2. März 2022 sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 8. März 2022 gegen den Kostenbescheid des Antragsgegners vom 3. März 2022.

Der Antragsteller ist gemeinsam mit einem seiner Söhne (Mit-) Eigentümer des Grundstücks mit der Bezeichnung Flurstück D. der Flur E. der Gemarkung A-Stadt. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich der Verordnung des Antragsgegners vom 20. Oktober 2016 über das Naturschutzgebiet „Bäken der Endeler und Holzhauser Heide“ in den Gemeinden Emstek, Landkreis Cloppenburg, Wildeshausen und Großenkneten, Landkreis Oldenburg, und Visbek, Landkreis Vechta (im Folgenden Verordnung) sowie im Geltungsbereich der Verordnung zum Schutze von Landschaftsbestandteilen in den Gemeinden Visbek, Goldenstedt sowie der Stadt Vechta – Landschaftsschutzgebiete Nr. 2 bis 29 – vom 17. Juli 1980.

Durch Bescheid vom 2. März 2022 gab der Antragsgegner dem Antragsteller unter Ziffer 1 auf, den auf dem vorgenannten Grundstück befindlichen Bauwagen, das in dessen Bereich gespannte Tarnnetz, die Holzbrücke, die Plastikstühle, das Sonnensegel und das Holztor mit Zaunanlage vollständig zu entfernen. Unter Ziffer 2 des Bescheids ordnete er an, die in den Teich von ihm eingebrachten Blau-, Silber- und Goldorfen ordnungsgemäß und fachgerecht abzufischen und anderweitig unterzubringen. Unter Ziffer 3 ordnete er die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 an. Mit den Ziffern 4 und 5 wurde dem Antragsteller für den Fall, dass er den Ziffern 1 bzw. 2 nicht oder nicht vollständig jeweils bis zum 31. März 2022 nachkommt, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,00 € bzw. 1.000,00 € angedroht. Unter Ziffer 6 wurden dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt. Für die zum Erlass des Bescheids vom 2. März 2022 erbrachten Leistungen erhob der Antragsgegner durch weiteren Bescheid vom 3. März 2022 Kosten in Höhe von insgesamt 434,63 EUR.

Auf den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Bescheide vom 2. und 3. März 2022 stellte das Verwaltungsgericht mit dem erstinstanzlichen Beschluss vom 14. Oktober 2022 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 2. März 2022 hinsichtlich dessen Ziffer 1, soweit dem Antragsteller aufgegeben wird, das Holztor mit Zaunanlage vollständig zu entfernen, sowie hinsichtlich dessen Ziffer 2 wieder her; im Übrigen lehnte es den Antrag des Antragstellers ab.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen Beschluss, soweit mit diesem sein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist, bleibt ohne Erfolg.

Der Antragsteller vermag mit seinem Vorbringen im Beschwerdeverfahren, auf dessen Überprüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Frage zu stellen.

1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 2. März 2022 zu Recht abgelehnt, soweit in dessen Ziffer 1 die Entfernung des Bauwagens, des Tarnnetzes, der Holzbrücke, der Plastikstühle und des Sonnensegels angeordnet wird.

a. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Begründung des Antragsgegners zur Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 2. März 2022 den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt (Beschlussabdruck, S. 8).

Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen der Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dazu bedarf es einer konkreten und substantiierten Darstellung der wesentlichen Erwägungen, aus denen sich aus der Sicht der Behörde ergibt, dass im vorliegenden Fall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht und dass das Interesse des Betroffenen, von der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts vorerst verschont zu bleiben, hinter diesem öffentlichen Interesse zurückzutreten hat (Senatsbeschl. v. 27.3.2018 - 4 ME 41/18 -, juris Rn. 3 und v. 13.7.2015 - 4 ME 66/15 -, juris Rn. 4). Die Begründung muss der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, das besondere, ausnahmsweise überwiegende öffentliche Interesse an einer solchen Vollziehung aus den Umständen des Einzelfalls zu rechtfertigen (Nds. OVG, Beschl. v. 13.6.2022 - 1 ME 38/22 -, juris Rn. 7). Dies ist hier der Fall. Der Antragsgegner hat zur Begründung des Sofortvollzugs einzelfallbezogen auf die Barrierewirkung durch die von dem Antragsteller auf seinem Grundstück eingebrachten Gegenstände, insbesondere durch den Zaun und das massive Holztor, für die im Naturschutzgebiet lebenden Tierarten abgestellt. Dass der Antragsgegner insoweit den auf dem Grundstück vorhandenen Bauwagen nicht explizit erwähnt hat, steht entgegen dem Beschwerdevorbringen einer hinreichenden einzelfallbezogenen Begründung des Sofortvollzugs ersichtlich nicht entgegen. Des Weiteren begründet der Antragsgegner die Anordnung des Sofortvollzugs einzelfallbezogen damit, dass der Antragsteller sukzessiv neue Gegenstände wie das Sonnensegel und das Tarnnetz auf seinem Grundstück hinzugefügt habe. Der Antragsgegner macht damit hinreichend deutlich, dass aus seiner Sicht ein sofortiges Handeln geboten sei, um weitere nachteilige Veränderungen auf dem Grundstück zu verhindern. Er ist sich daher ersichtlich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst gewesen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers führt es nicht zu einer inhaltlich unzulänglich begründeten Anordnung der sofortigen Vollziehung, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sich die Anordnung in Ziffer 1. des Bescheids vom 2. März 2022, die Zaunanlage inklusive Tor vollständig zu beseitigen, als ermessensfehlerhaft erweise (Beschlussabdruck S. 20 f.) und die Anordnung in Ziffer 2. nach summarischer Prüfung rechtswidrig sei, da das Einbringen von Blau-, Silber- und Goldorfen durch die Regelungen der Verordnung nicht verboten sei (Beschlussabdruck S. 21 f.). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erfordert nicht, dass die von der Behörde gewählte Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einer materiellen Überprüfung standhält (Senatsbeschl. v. 27.3.2018 - 4 ME 41/18 -, juris Rn. 3 und v. 13.7.2015 - 4 ME 66/15 -, juris Rn. 4 m.w.N.). Unerheblich ist daher, ob die gegebene Begründung inhaltlich richtig und ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug tatsächlich gegeben ist (Nds. OVG, Beschl. v. 15.6.2021 - 13 ME 243/21 -, juris Rn. 23).

b. Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen der von ihm gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Abwägung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, gegen das öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung auch zu Recht davon ausgegangen, dass sich Ziffer 1 der angegriffenen Verfügung nach summarischer Prüfung als rechtmäßig erweist, soweit die Entfernung des Bauwagens, des Tarnnetzes, der Holzbrücke, der Plastikstühle und des Sonnensegels angeordnet worden ist.

Wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt gehören die in § 3 der Verordnung geregelten Verbote zu den Vorschriften im Sinne des § 3 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 2 Abs. 1 NAGBNatSchG, deren Einhaltung durch die Naturschutzbehörde zu überwachen ist (Beschlussabdruck, S. 9 f.). Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist § 3 Abs. 1 der Verordnung nicht unwirksam, weil diese Vorschrift - wie der Antragsteller geltend macht - „uferlos“ und damit nicht hinreichend bestimmt sei. Das in § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung enthaltene Verbot aller Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets bzw. seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, entspricht der gesetzlichen Vorgabe in § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Danach sind alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets bzw. seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. § 3 Abs. 3 der Naturschutzgebietsverordnung enthält die nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG gebotene „Maßgabe näherer Bestimmungen“ zu den Handlungsverboten. Durch die Verwendung des Begriffs „Insbesondere“ in § 3 Abs. 3 der Verordnung wird zum Ausdruck gebracht, dass die nachfolgende Aufzählung der verbotenen Handlungen der Konkretisierung des allgemeinen Verbots nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VO dient. Hierdurch wird der Normadressat in die Lage versetzt, sein Verhalten nach dem allgemeinen Verbot gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG und § 3 Abs. 1 Satz 1 VO auszurichten (vgl. dazu Senatsurt. v. 23.3.2022 - 4 KN 252/19 -, juris Rn. 93 und v. 29.11.2016 - 4 KN 93/14 -, juris Rn. 74). Zudem lässt sich die Reichweite der in dem Naturschutzgebiet verbotenen Handlungen anhand des Schutzzwecks der erfolgten Unterschutzstellung bestimmen (vgl. Blum/Agena/Brüggeshemke, Niedersächsisches Naturschutzrecht, Stand: Januar 2022, § 16 Rn. 70). Allgemeiner Schutzzweck für das Naturschutzgebiet ist die Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender, schutzbedürftiger Tier- und Pflanzenarten, und der Schutz von Natur und Landschaft aus besonderen wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen sowie wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart, Vielfalt oder hervorragenden Schönheit. Der Talraum der Bäken mit seinen naturnahen Laubwaldgesellschaften, Vermoorungen, Röhrichten, Seggenriedern, Feuchtgrünländereien und Fließgewässern soll als Lebensstätte für die daran gebundenen, schutzbedürftigen Arten und Lebensgemeinschaften wild wachsender Pflanzen und wild lebender Tiere erhalten und entwickelt werden (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Verordnung). Erhaltungsziele des Naturschutzgebiets im FFH-Gebiet sind die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der in der Verordnung näher aufgeführten Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie und Tierarten nach Anhang II der FFH-Richtlinie (§ 2 Abs. 3 der Verordnung). Das Verbot nach § 3 Abs. 1 der Verordnung ist daher nicht zu unbestimmt.

Das Abstellen eines Bauwagens, das Spannen eines Tarnnetzes, das Errichten einer Holzbrücke, das Aufstellen von Plastikstühlen und das Anbringen eines Sonnensegels führen zu einer Veränderung von Bestandteilen des Naturschutzgebiets und sind demnach gemäß § 23 Abs. 2 BNatSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung verboten. Eine Veränderung liegt vor bei jeder nicht völlig unerheblichen Abweichung von dem ursprünglichen Zustand im Naturschutzgebiet, die das Ziel der Schutzgebietsausweisung, das Naturschutzgebiet in seiner besonderen Eigenart zu erhalten, gefährdet (Senatsbeschluss vom 15.12.2008 - 4 ME 315/08 -, juris Rn. 10). Entgegen dem Beschwerdevorbringen führt bereits das Einbringen dieser Gegenstände auf dem Grundstück des Antragstellers zu einer nachteiligen Veränderung und nicht erst deren sich daran anschließende Nutzung. Denn diese Gegenstände sind auch ohne Nutzung als Objekte wahrnehmbar und zu erkennen, was im Widerspruch zu der mit der Unterschutzstellung bezweckten Bewahrung der besonderen Eigenart und hervorragenden Schönheit des Naturschutzgebiets zuwiderläuft (Beschlussabdruck, S. 14 f.). Zudem steht bereits das Vorhandensein dieser Gegenstände auf dem Grundstück des Antragstellers, auf dem sich Auwälder und bodensaure Eichenwälder auf Sandböden mit Stieleichen befinden (Beschlussabdruck, S. 12 f.), dem ebenfalls bezweckten Erhalt von naturnahen Laubwaldgesellschaften ersichtlich entgegen, ohne dass es insoweit maßgeblich auf ihre Nutzung ankommt. In der Nutzung der eingebrachten Gegenstände zu Freizeitzwecken bzw. für den privaten Naturgenuss liegt daher eine weitere, zusätzliche Beeinträchtigung des Naturschutzgebiets, wie das Verwaltungsgericht umfassend und überzeugend dargelegt hat (Beschlussabdruck, S. 14). Es ist damit aber entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht ausreichend, nur die Nutzung der von dem Antragsteller auf seinem Grundstück eingebrachten Gegenstände zu untersagen. Denn durch eine Nutzungsuntersagung würde die nachteilige Veränderung von Bestandteilen des Naturschutzgebiets nicht verhindert, die bereits durch das Vorhandensein dieser Gegenstände auf dem Grundstück eintritt. Diese stellt entgegen der Auffassung des Antragstellers daher kein milderes, gleich geeignetes Mittel dar.

Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die getroffenen Anordnungen unverhältnismäßig seien, weil er eine Befreiung von den Verboten der Naturschutzgebietsverordnung beantragen könne. Gemäß § 6 Abs. 1 der Verordnung kann die zuständige Naturschutzbehörde von den Verboten dieser Verordnung nach Maßgabe des § 67 BNatSchG i.V.m. § 41 NAGBNatSchG eine Befreiung gewähren. Der Antragsteller hat mit seiner Beschwerde bereits nicht dargetan, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung vorliegen könnten; insbesondere ist nicht im Ansatz ersichtlich, dass die Beseitigungsanordnung zu einer unzumutbaren Belastung führen würde (vgl. § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG).

c. Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht angenommen, dass das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der getroffenen Anordnungen das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt (Beschlussabdruck, S. 17 f.).

Einem überwiegenden öffentlichen Interesse am Sofortvollzug steht insbesondere nicht entgegen, dass - wie der Antragsteller mit seiner Beschwerde einwendet - für das Einbringen der Gegenstände auf seinem Grundstück eine „Genehmigungsfähigkeit“ bestehe. Eine „Genehmigungsfähigkeit“ besteht wie ausgeführt nicht. Auch der Einwand des Antragstellers, „dem Antragsgegner ist seit geraumer Zeit bekannt, dass Gegenstände auf dem Grundstück eingebracht wurden“, stellt das Ergebnis der von dem Verwaltungsgericht vorgenommenen Interessenabwägung nicht in Frage. Dass es seit Bekanntwerden des Verstoßes gegen die Verbote der Verordnung im März 2021 bis zum Erlass der streitgegenständlichen Anordnung etwa ein Jahr gedauert hat, ist auf den Gang des Verwaltungsverfahrens, insbesondere auf die weitere Sachverhaltsermittlung durch den Antragsgegner und auf die erfolgte Anhörung des Antragstellers, zurückzuführen und lässt das Interesse an einer sofortigen Vollziehung nicht entfallen. Im Übrigen entfällt das öffentliche Vollzugsinteresse entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht „vor dem Hintergrund der überschaubaren Menge an Gegenständen und des noch geringeren Eingriffs in die Substanz des Naturhaushalts“. Zu Recht verweist das Verwaltungsgericht insoweit auf die mögliche negative Vorbildwirkung für andere Grundstücksbesitzer im Naturschutzgebiet und die Gefahr der Nachahmung und Verfestigung rechtswidriger Zustände bis zu einem Abschluss des Hauptsacheverfahrens (Beschlussabdruck, S. 18 f.).

2. Die Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Kostenbescheid vom 3. März 2022 ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Der Maßstab für die gerichtliche Entscheidung ergibt sich bei der hier gegebenen Anforderung von öffentlichen Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aus einer entsprechenden Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.9.2022 - 9 S 1394/22 -, juris Rn. 4). Nach dieser Vorschrift soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Das Beschwerdevorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Kostenbescheids. Insbesondere vermag der Senat im Rahmen der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht zu erkennen, dass und in welchem Umfang bei der hier erfolgten Bemessung der Rahmengebühr nach § 1 Abs. 1 AllGO i.V.m. Nr. 64.1.1.2 der Anlage 1 zu § 1 – wie der Antragsteller vorbringt – „diejenigen Zeiten aus dem Kostenbescheid herauszurechnen sind, die auf die Bescheidanteile entfallen sind, hinsichtlich derer das Hauptsacheverfahren voraussichtlich zu Gunsten des Antragstellers ausgeht“. Nr. 64.1.1.2 der Anlage 1 zu § 1 AllGO sieht für sonstige Maßnahmen nach § 3 Abs. 2 BNatSchG eine Rahmengebühr von 70 bis 1.180 EURO vor. Ist im Kostentarif für den Ansatz einer Gebühr ein Rahmen bestimmt, so ist für das Maß des Verwaltungsaufwandes insbesondere der erforderliche Zeitaufwand aller an der Ausführung sowie Vor- und Nachbereitung der einzelnen Amtshandlung oder Leistung beteiligten Stellen maßgebend (§ 1 Abs. 4 Satz 1 AllGO). Der Antragsgegner hat in dem angegriffenen Kostenbescheid einen Zeitaufwand von sechs Stunden zugrunde gelegt. Dieser zugrunde gelegte Zeitaufwand hält sich mit Blick auf den erforderlichen Umfang der Verwaltungstätigkeiten für den Erlass des Bescheids vom 2. März 2022 eher im unteren Rahmen und ist nicht zu beanstanden. In welchem Umfang von den sechs zugrunde gelegten Stunden Arbeitszeit auf die Bestandteile des Bescheids entfallen sind, die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nach summarischer Prüfung rechtswidrig sein dürften, ist in diesem Verfahren durch den Senat nicht weiter ermittelbar. Der Senat hat allerdings erhebliche Zweifel, dass eine Zuordnung des zeitlichen Aufwands auf die jeweiligen Verfügungspunkte in dem Bescheid vom 2. März 2022 nach nachvollziehbaren Abgrenzungskriterien überhaupt möglich ist, da sowohl die Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht als auch die von dem Antragsgegner getroffenen rechtlichen Erwägungen in dem angegriffenen Bescheid einen einheitlichen Streitgegenstand betreffen. Jedenfalls dürften Zeitaufwände, falls sie den vom Verwaltungsgericht nach summarischer Prüfung für rechtswidrig gehaltenen Bestandteilen zugeordnet werden können, nicht erheblich ins Gewicht fallen. Eine überwiegende (teilweise) Erfolgsaussicht des von ihm erhobenen Widerspruchs gegen den Kostenbescheid vermag der Senat daher in diesem Verfahren nicht festzustellen.

Anhaltspunkte, dass die sofortige Vollziehung des Kostenbescheids eine unbillige Härte für den Antragsteller nach sich ziehen könnte, bestehen mit Blick auf die Höhe der geltend gemachten Kostenforderung ersichtlich nicht und werden von dem Antragsteller im Beschwerdeverfahren auch nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - Fassung 2013 - (NordÖR 2014,11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).