Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.12.2022, Az.: 6 LD 1/22

Befangenheit; behördliches Disziplinarverfahren; inhaltliche Bestimmheit der Klageschrift; Mischverwaltung; Ort der vorgeworfenen Handlung; Pflicht zur frühzeitigen Einleitung des Disziplinarverfahrens; Überlastungsanzeige; wesentlicher Mangel; wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens; Zur Frage des Vorliegens eines wesentlichen Mangels im Sinne des § 55 Abs. 1 BDG (hier: verneint)

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.12.2022
Aktenzeichen
6 LD 1/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 64006
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2022:1213.6LD1.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 20.09.2021 - AZ: 14 A 1282/19

Amtlicher Leitsatz

Etwaige Verstöße gegen die Pflicht des § 17 Abs. 1 BDG haften dem behördlichen Disziplinarverfahren nicht als Mangel im Sinne des § 55 Abs. 1 BDG an, weil sie ihm zeitlich vorgelagert gewesen wären.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 14. Kammer - vom 20. September 2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Kürzung ihrer monatlichen Dienstbezüge um 1/10 für die Dauer von 3 Jahren.

...

Entscheidungsgründe

A) Vorab ist klarzustellen, dass Streitgegenstand des vorliegenden Disziplinarklageverfahrens der Disziplinaranspruch des Dienstherrn gegen den Beamten ist, d. h. der Anspruch auf die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme für die Handlungen, die dem Beamten in der Disziplinarklageschrift sowie der Nachtragsdisziplinarklageschrift zur Last gelegt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.7.2011 - BVerwG 2 C 16.10 -, juris Rn. 17). Der Disziplinaranspruch besteht, wenn ein Dienstvergehen festgestellt wird - d. h. der Beamte die angeschuldigten Handlungen ganz oder teilweise begangen hat und die nachgewiesenen Handlungen schuldhafte Dienstpflichtverletzungen darstellen - und dem Ausspruch der hierfür erforderlichen Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.7.2011 - BVerwG 2 C 16.10 -, juris Rn. 17). Nach § 60 Abs. 2 Nr. 1 BDG ist die Disziplinarbefugnis dem Verwaltungsgericht - bzw. über die Verweisungsnorm des § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG dem Berufungsgericht - zugewiesen. Gelangen diese zu der Überzeugung, dass ein Dienstvergehen vorliegt, bestimmen sie die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung, ohne in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 16; Urteil vom 28.7.2011 - BVerwG 2 C 16.10 -, juris Rn. 18). Dabei hat das Berufungsgericht in prozessualer Hinsicht allerdings die auch im Berufungsverfahren geltende Dispositionsmaxime zu beachten, d. h. das Urteil des Verwaltungsgerichts darf nur so weit geändert werden, als eine Änderung beantragt ist (§ 3 BDG in Verbindung mit § 129 VwGO). Für den Streitfall bedeutet dies, dass der erkennende Senat im Falle des Vorliegens eines Dienstvergehens den verwaltungsgerichtlichen Rechtsfolgenausspruch bestätigen oder abmildern, nicht aber verschärfen kann. Denn gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil hat allein die Beklagte Rechtsmittel eingelegt, die Klägerin, die mit ihrem Begehren auf Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis nicht durchgedrungen ist, hingegen nicht.

B) Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Sie ist zwar zulässig (dazu unter I.), aber unbegründet (dazu unter II.).

I. Die Berufung ist zulässig; insbesondere ist sie innerhalb der in § 64 Abs. 1 Satz 2 BDG festgeschriebenen Frist von einem Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Hannover eingelegt und begründet worden.

Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 20. September 2021 (in der mit Beschluss dieses Gerichts vom 30. November 2021 erfolgten Berichtung und Neufassung) am 1. Dezember 2021 zugestellt worden (Bl. 468/GA), so dass die Monatsfrist des § 64 Abs. 1 Satz 2 BDG gemäß § 3 Abs. 1 BDG in Verbindung mit §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO), § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) am 2. Dezember 2021 zu laufen begann und an sich gemäß § 3 Abs. 1 BDG in Verbindung mit §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO, 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 1. Janruar 2022 geendet hätte. Da dieser Tag indes auf einen Samstag fiel, endete die Frist gemäß § 3 Abs. 1 BDG, §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 2 ZPO mit Ablauf des nächsten Werktages, also des 3. Janruar 2022 (Montag). Dementsprechend ist der an diesem Tag (vgl. Bl. 517/GA) per besonderem Anwaltspostfach übermittelte Berufungs- und Berufungsbegründungsschriftsatz der Beklagten rechtzeitig beim Verwaltungsgericht Hannover eingegangen.

II. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Ein wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Disziplinarklageschrift, der dem Senat Veranlassung gäbe, der Klägerin zu dessen Behebung eine Frist gemäß §§ 55 Abs. 3, 65 Abs. 1 Satz 1 BDG zu setzen oder der als unbehebbarer Mangel zur Klagabweisung führte, liegt nicht vor (dazu unter 1.). Die Beklagte hat ein einheitliches Dienstvergehen begangen (dazu unter 2.), welches unter Berücksichtigung der Ausführungen unter A) eine mildere als die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Disziplinarmaßnahme nicht rechtfertigt (dazu unter 3.).

1. Wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Klageschrift im Sinne des § 55 Abs. 1 BDG sind nicht gegeben.

a) Der Begriff des Mangels im Sinne von § 55 Abs. 1 BDG erfasst zum einen Verletzungen von Verfahrensregeln, die im behördlichen Disziplinarverfahren von Bedeutung sind, insbesondere Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften und Rechtsgrundsätze, die den äußeren Ablauf des behördlichen Disziplinarverfahrens bis zur abschließenden behördlichen Entscheidung - also bis zur Entscheidung, Disziplinarklage zu erheben oder eine Disziplinarverfügung zu erlassen - betreffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.11.2008 - BVerwG 2 B 63.08 -, juris Rn 14; Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn 13; Nds. OVG, Urteil vom 24.1.2012 - 20 LD 14/09 - [zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 50 des Niedersächsischen Disziplinargesetzes - NDiszG -]); Urteil vom 21.1.2019 - 2 LD 2/18 - [zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 50 Abs. 1 NDiszG]); dabei kann auch die Verletzung von Verfahrensregeln außerhalb des Regelungsbereichs des Bundesdisziplinargesetzes bedeutsam sein (so BVerwG, Urteil vom 20.10.2005 - BVerwG 2 C 12.04 -, juris Rn. 13). Zum anderen kann der Begriff des Mangels im Sinne von § 55 Abs. 1 BDG den Inhalt der Disziplinar- oder Nachtragsdisziplinarklageschrift betreffen (Nds. OVG, Urteil vom 21.1.2019 - 3 LD 2/18 -; vgl. Urban/Wittkowski, BDG, 2. Auflage 2017, § 55 Rn. 3).

Nur solche Mängel sind wesentlich im Sinne des § 55 Abs. 1 BDG, bei denen sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass sie sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben können (BVerwG, Urteil vom 24.6.2010 - BVerwG 2 C 15.09 -, juris Rn 19; Urban/Wittkowski, a. a. O., § 55 Rn. 4). Hingegen kommt es für die Frage der Wesentlichkeit eines Mangels weder darauf an, ob er behebbar ist, noch darauf, ob und gegebenenfalls wie intensiv schutzwürdige - insbesondere grundrechtsbewehrte - Rechtspositionen Betroffener durch den Mangel berührt worden sind. Der Rechtsgedanke des § 46 VwVfG tritt hinter § 55 BDG zurück (BVerwG, Urteil vom 24.6.2010 - BVerwG 2 C 15.09 -, juris Rn. 19; Nds. OVG, Urteil vom 21.1.2019 - 2 LD 2/18 - [zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 50 Abs. 1 NDiszG]). Wann ein Mangel in diesem Sinne wesentlich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (BVerwG, Urteil vom 24.6.2010 - BVerwG 2 C 15.09 -, juris Rn. 19; Urban/Wittkowksi, a. a. O., § 55 Rn. 4).

Wird ein wesentlicher Mangel in dem vorgenannten Sinne nicht beseitigt oder handelt es sich um einen nicht behebbaren Mangel, ist die Disziplinarklage abzuweisen (Urban/Wittkowski, a. a. O., § 55 Rn. 10).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Vorhalt der Beklagten, die Disziplinarbehörde habe gegen ihre Pflicht zur frühzeitigen Einleitung des Disziplinarverfahrens verstoßen, weil sie mit dessen Einleitung trotz der Selbstanzeige der Beklagten vom 7. Janruar 2016 noch bis zum 8. Mai 2018 zugewartet habe (z. B. Berufungsbegründung vom 3.1.2022 - BB -, S. 2, S. 3, S. 4, S. 8, S. 12, S. 32, S. 34 [Bl. 472 Rs., Bl. 473, Bl. 473 Rs., Bl. 474, Bl. 475 Rs., Bl. 477 Rs., Bl. 487 Rs., Bl. 488 Rs./GA]), nicht geeignet, einen Mangel im Sinne des § 55 Abs. 1 BDG zu begründen.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Die zuständige Disziplinarbehörde darf allerdings im Vorfeld eines Disziplinarverfahrens zur Konkretisierung des entstandenen Verdachts, dass ein Beamter ein Dienstvergehen begangen hat, formlose Sachverhaltsermittlungen, so genannte Verwaltungsermittlungen, durchführen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.12.2017 - BVerwG 2 B 41.17 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Urteil vom 4.12.2018 - 3 LD 1/18 -; Köhler/Baunack, BDG, 7. Auflage 2021, § 17 Rn. 5). Denn es ist Aufgabe des Dienstherrn, für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung zu sorgen, deren Störungen zu vermeiden und dazu die notwendigen Sachverhalte von Amts wegen zu klären. Derartige Störungen müssen, auch wenn sie von einem Beamten ausgehen, nicht von vornherein eine disziplinarrechtliche Relevanz in sich tragen, sondern können auch andere Ursachen und Auswirkungen haben. Dem Dienstherrn kann es bei Vorliegen einer funktionellen Störung nicht verwehrt sein, jenseits eines konkreten Disziplinarverfahrens Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts zu ergreifen (vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: August 2022, § 17 Rn 4 f.).

Im vorliegenden Zusammenhang kann dahinstehen, ob eine verzögerte Verfahrenseinleitung vorliegt. Denn etwaige Verstöße gegen die Pflicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG hafteten dem behördliche Disziplinarverfahren nicht als Mangel im Sinne des § 55 Abs. 1 BDG an, weil sie ihm zeitlich vorgelagert gewesen wären (so BVerwG, Beschluss vom 18.11.2008 - BVerwG 2 B 63.08 -, juris Rn. 13 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 24.1.2012 - 20 LD 14/09 -; Urteil vom 4.12.2018 - 3 LD 1/18 -; Urteil vom 21.1.2019 - 3 LD 2/18 - [zu den inhaltsgleichen Vorschriften der §§ 18 Abs. 1 Satz 1, 50 Abs. 1 NDiszG]). Verzögert der Dienstvorgesetzte die Einleitung des Disziplinarverfahrens entgegen seiner Dienstpflicht gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG, so ist dieser Gesichtspunkt bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 und 2 BDG in den Blick zu nehmen. Ein solches Verhalten kann dem Beamten als mildernder Umstand zugutekommen, wenn es für sein weiteres Fehlverhalten ursächlich war (BVerwG, Beschluss vom 18.11.2008 - BVerwG 2 B 63.08 -, juris Rn. 16; Beschluss vom 27.12.2017 - BVerwG 2 B 41.17 -, juris Rn. 11). Liegt eine entsprechende Kausalität hingegen nicht vor, kommt dem Aspekt der verzögerten Verfahrenseinleitung auch kein maßgebliches entlastendes Gewicht zu.

c) Ohne Erfolg rügt die Beklagte zudem als Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens die Befangenheit der mit der Durchführung des behördlichen Disziplinarverfahrens beauftragten Bediensteten, Frau K., sowie des jetzigen Präsidenten der A., W. (so etwa BB, S. 6, S. 10, S. 12, S. 34 [Bl. 474 Rs., Bl. 476 Rs., Bl. 477 Rs., Bl. 488 Rs./GA]).

Ob ein Amtsträger wegen der Besorgnis der Befangenheit unzulässigerweise in einem Disziplinarverfahren tätig geworden ist, richtet sich mangels entgegenstehender Vorschriften nach § 3 BDG in Verbindung mit § 21 VwVfG (Nds. OVG, Urteil vom 3.6.2008 - 6 LD 2/06 -, juris Rn. 108). Nach den zu § 21 VwVfG entwickelten Grundsätzen ist eine Befangenheit des Amtsträgers gegeben, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiliche Amtsausübung des Amtsträgers zu rechtfertigen. Diese Voraussetzung ist zu bejahen, wenn auf Grund objektiv feststellbarer Tatsachen für die Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände die Besorgnis nicht auszuschließen ist, ein bestimmter Amtsträger werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden (BVerwG, Urteil vom 20.10.2021 - BVerwG 6 C 8.20 -; juris Rn. 76; Nds. OVG, Urteil vom 3.6.2008 - 6 LD 2/06 -, juris Rn. 108; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 21, Rn. 13). Hierbei können die Gründe in der Person dessen liegen, der tätig werden soll, oder in der Art der Sachbehandlung, die vom Amtsträger erwartet wird. Letzteres macht die Beklagte - allerdings ohne Erfolg - geltend.

Der erkennende Senat tritt der Einschätzung des Verwaltungsgerichts (Urteilsabdruck - UA -, S. 31) bei, dass aus Sicht eines vernünftigen und besonnenen Betrachters nicht festgestellt werden kann, die Ermittlungsführerin habe einseitig zu Lasten der Beklagten ermittelt. Insbesondere liefert der Umstand, dass dem Disziplinarvorwurf des unangemessenen Kommunikationsverhaltens der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht auch E-Mail-Verkehr zwischen ihr und Frau K. (in deren Eigenschaft als seinerzeitige Leiterin des Personalreferats der A.) zugrunde liegt, bei vernünftiger Würdigung keinen Anhaltspunkt für eine Parteilichkeit der Ermittlungsführerin. Dasselbe gilt in Bezug darauf, dass der Vorwurf einer mangelhaften Aufgabenerledigung der Beklagten auch auf Vorgänge zwischen ihr und Frau K. gestützt worden ist. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass eine Beamtin des Personalreferats, zumal deren Leiterin, regelmäßig auch mit dienstrechtlichen Konflikten befasst ist und hieraus resultierend - je nach der Schwere des Konflikts oder den Konsequenzen für den Betreffenden - auch Vorhaltungen oder gar emotional behafteten Vorwürfen ausgesetzt sein kann. Da also das Führen personeller Auseinandersetzungen zum dienstlichen Alltag der Leiterin eines Personalreferats gehört, kann allein aus dem Umstand des Eingebundenseins des Personalreferats in dienstliche Konflikte mit der Beklagten eine Besorgnis der Befangenheit der Ermittlungsführerin nicht abgeleitet werden. Soweit die Beklagte Frau K. in diesem Zusammenhang sinngemäß vorhält (so BB, S. 9, S. 10 [Bl. 476, Bl. 476 Rs./GA]), sie habe die Beklagte unter Verweis auf das laufende Disziplinarverfahren als Bewerberin in einem laufenden Stellenbesetzungsverfahren aus dem Bewerberkreis ausgeschlossen, wäre eine solche Entscheidung rechtlich zulässig (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.5.1987 - BVerwG 6 C 32.85 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 24.9.1992 - BVerwG 2 B 56.92 -, juris Rn. 4; Beschluss vom 3.9.1996 - BVerwG 1 WB 20.96 u. a. -, juris Rn. 9; OVG NRW, Beschluss vom 24.3.2016 - 1 B 1110/15 -, juris Rn. 13) und schon deshalb ungeeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Es ist regelmäßig nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Dienstherr mit einer weiteren Förderung eines Beamten oder Soldaten bis zum Abschluss eines Disziplinarverfahrens abwartet, weil erst dann feststeht, dass der Beamte oder Soldat für die weitere Förderung uneingeschränkt geeignet ist, denn Disziplinarverfahren beruhen regelmäßig auf Umständen, die in der Person oder doch der Sphäre des Beamten oder Soldaten liegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.9.1996 - BVerwG 1 WB 20.96 u. a. -, juris Rn. 9). Etwas anders kann ausnahmsweise dann gelten, wenn das Disziplinarverfahren von vornherein aussichtslos oder rechtsmissbräuchlich eingeleitet worden wäre (OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 10.8.2017 - 2 B 11299/17 -, juris Rn. 5). Von einem solchen Ausnahmefall ist hier indes nicht auszugehen, denn die Beklagte hat tatsächlich ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen begangen (s. unten). Einer Hinzuziehung der Akten des betroffenden Auswahlverfahrens (so die Anregung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, BB, S. 10 [Bl. 476 Rs./GA]) bedarf es daher nicht.

Gegen eine Besorgnis der Befangenheit von Frau K. spricht zudem, dass sich insbesondere der Vorwurf des unangemessenen Kommunikationsverhaltens der Beklagten nicht auf E-Mail-Verkehr zwischen ihr und Frau K. beschränkt, sondern insoweit auch E-Mail-Verkehr zwischen der Beklagten sowie einer Vielzahl weiterer Beschäftigter der A. ausgewertet worden ist. Außerdem hat sich Frau K. in ihren abschließenden Ermittlungsberichten vom 28. September 2018 (Bl. 213 ff./Beiakte 005) und vom 18. Februar 2019 (Bl. 300 ff./Beiakte 005) umfänglich mit den Einwendungen der Beklagten auseinandergesetzt und hat im Rahmen der von ihr angestellten Gesamtbewertung ausdrücklich auch Umstände angeführt, die zugunsten der Beklagten sprächen (vgl. Bl. 227/Beiakte 005). Vor diesem Hintergrund entbehrt der Vorhalt der Beklagten, Frau K. wolle Disziplinarvorwürfe gegen sie "konstruieren", um von ihrer eigenen "unzureichenden Bearbeitung" abzulenken (vgl. etwa BB, S. 26 [Bl. 484Rs./GA]), jeglicher Grundlage. Die rein subjektive Besorgnis eines Beamten, ein Amtsträger sei befangen, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht für eine Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 21 VwVfG nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.10.2021 - BVerwG 6 C 8.20 -; juris Rn. 76).

Auch eine Besorgnis der Befangenheit im Sinne der §§ 3 BDG, 21 VwVfG in Bezug auf den Präsidenten des A., W., ist nicht erkennbar. Der Umstand, dass er als Behördenleiter in die dienstlichen Vorgänge, die später zum Gegenstand des streitgegenständlichen Disziplinarverfahrens gemacht worden sind, teilweise involviert war, liegt in der behördlichen Hierarchie begründet, zumal es sich bei der Beklagten um eine Beamtin der höheren Führungsebene handelt, die unmittelbar nur noch dem jeweiligen Abteilungsleiter unterstellt ist, deren nächsthöherer Vorgesetzter also bereits der Präsident als Leiter der A. war. Insoweit gilt auch in Bezug auf W., dass das Eingebundensein in Konfliktlagen innerhalb der von ihm geleiteten Behörde - etwa auch im Rahmen von Angriffen der Beklagten gegen ihre dienstlichen Beurteilungen - zu seinen dienstlichen Pflichten gehört und für sich genommen keine Besorgnis der Befangenheit zu begründen vermag, ebenso wenig wie die Tatsache, dass er von der Art und Weise des Kommunikationsverhaltens der Beklagten selbst betroffen war. Dass seine Sachbehandlung - etwa seine Art der Kommunikation gegenüber der Beklagten im Rahmen der jeweils in Rede stehenden Dienstvorgänge sowie des Disziplinarverfahrens - Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit in Bezug auf seine Person böte, ist nicht ansatzweise ersichtlich.

Soweit die Beklagte rügt, über diverse Befangenheitsanträge in Bezug auf das dienstliche Handeln der Frau K. und des W., "beginnend mit dem 12. Juni 2018", sei nicht entschieden worden (BB, S. 6 [Bl. 474 Rs./GA]), kann dahinstehen, ob dieser Vortrag zutrifft. Denn selbst wenn entsprechende Entscheidungen tatsächlich nicht ergangen wären, ließe sich hieraus ein Mangel im Sinne des § 55 Abs. 1 BDG nicht ableiten. Für die hier streitgegenständliche Fragestellung, ob die betreffenden Personen wegen Besorgnis der Befangenheit an der Mitwirkung im behördlichen Disziplinarverfahren gehindert waren, kommt es nicht darauf an, ob diesbezügliche - oder andere Vorgänge betreffende - Befangenheitsanträge der Beklagten beschieden worden sind, sondern darauf, ob eine Besorgnis der Befangenheit tatsächlich gegeben ist. Eine solche ist indes aus den oben dargestellten Gründen nicht gegeben.

Ungeachtet dessen stellte eine etwaige Besorgnis der Befangenheit Frau K. und des Präsidenten der A. wegen vorangegangener dienstlicher bzw. dienstrechtlicher Konflikte mit der Beklagten keinen wesentlichen Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens im Sinne des § 55 Abs. 1 BDG dar, weil sich mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben könnte. Denn über die hier zu treffende Disziplinarmaßnahme entscheiden die Disziplinargerichte unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte, wohin das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht und die erforderlichen Beweise erhebt (§§ 3 BDG, 86 Abs. 1 VwGO, 58 Abs. 1 BDG).

d) Der Einwand der Beklagten, ein - nicht behebbarer und daher zur Klagabweisung führender - wesentlicher Verfahrensmangel des behördlichen Disziplinarverfahrens sei deshalb gegeben, weil im Rahmen dieses Verfahrens Beamte bzw. Angestellte des Landes Niedersachsen tätig geworden seien und ihre - der Beklagten - Personaldaten verarbeitet hätten (so etwa BB, S. 3, S. 5, S. 6, S. 8, S. 9, S. 10, S. 11, S. 12, S. 14 [Bl. 473, Bl. 474, Bl. 474 Rs., Bl. 475 Rs., Bl. 476, Bl. 476 Rs., Bl. 477, Bl. 477 Rs., Bl. 478 Rs. /GA]), greift aus den vom Verwaltungsgericht zutreffend dargestellten Gründen (UA, S. 31) nicht durch.

Unstreitig wandte sich die Beklagte bereits im Jahr 2016 dagegen, dass in Bezug auf die Bearbeitung von sie betreffenden dienstrechtlichen Fragestellungen auch Landesbedienstete eingebunden waren (BB, S. 5 [Bl. 474/GA]; Berufungserwiderung vom 16.2.2022 - BE -, S. 4 [Bl. 529/GA]). Zu jenem Zeitpunkt entsprach die praktizierte "Mischverwaltung" der ständigen Verwaltungspraxis. Das Niedersächsische Landesamt für ... (...) und die A. hatten eine gemeinsame Zentralabteilung, in der sowohl Personal der A. als auch des ... tätig war und in der bisweilen Angelegenheiten aus der jeweils anderen Einrichtung bearbeitet wurden. Diese Verwaltungszusammenarbeit war gestützt auf das "Verwaltungsabkommen betreffend die Errichtung einer Bundesanstalt für ..." zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Niedersachsen vom 17./26. November 1958, in dem u. a. geregelt war, dass zur Besetzung der im Stellenplan der (neu errichteten) Bundesanstalt für ... für das Haushaltsjahr 1958 ausgewiesenen Stellen ein Teil des Personals des seinerzeitigen Niedersächsischen Landesamtes für ... in A-Stadt nach näherer Vereinbarung zum Bund übertritt (§ 1 Nr. 1 der bezeichneten Vereinbarung) und dass - soweit es die Aufgaben erfordern - Bedienstete des seinerzeitigen Niedersächsischen Landesamt für ... zur Dienstleistung bei der Bundesanstalt für ... und Bedienstete der Bundesanstalt für ... zur Dienstleistung beim Landesamt für ... herangezogen werden können (§ 2 Nr. 2 der bezeichneten Vereinbarung (Bl. 139/Beiakte 005). Im Jahr 2013 wurde durch das Bundesministerium für ... die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der auf der Grundlage der bezeichneten Vereinbarung weiterhin praktizierten gemeinsamen Verwaltung der A. als Behörde des Bundes sowie der niedersächsischen Landesbehörden ... (als Funktionsnachfolger des Landesamtes für ...) und des ... (...) bestätigt (Bl. 140/Beiakte 005). Das ... als niedersächsische Anstalt des öffentlichen Rechts - hervorgegangen aus dem zu Beginn des Jahres 2000 errichteten "Institut für ..." (vgl. ... vom 16.12.1999 [...]; Art. 4 des ...) - bediente sich ebenfalls der gemeinsamen Verwaltung (...). Im Jahr 2015 bestätigte das Bundesministerium für ... gegenüber der A. die Rechtmäßigkeit der gemeinsamen Verwaltung von A. und ... nochmals (Bl. 328/GA); diese Rechtsauffassung sei mit dem Bundesministerium des ... abgestimmt und es bestehe insoweit auch Einvernehmen mit dem Niedersächsischen Ministerium für ....

Im Dezember 2017 brachte die Beklagte eine Eingabe bei der Landesbeauftragten für den Datenschutz Niedersachsen an und machte hierin unionsrechtlich begründete datenschutzrechtliche Bedenken im Hinblick auf die praktizierte Mischverwaltung geltend. Daraufhin gab die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen die Fragestellung an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz weiter, welcher der Beklagten im April 2019 seine Rechtsauffassung mitteilte, derzufolge die Bearbeitung von Personalangelegenheiten von Bundesbediensteten durch Landesbedienstete datenschutzrechtlich nicht zulässig sei; gleichzeitig bat der Bundesdatenschutzbeauftragte die A., zeitnah dafür zu sorgen, dass die Personalakten der Bundesbeamten der A. künftig nur noch von Bundesbediensteten geführt würden (vgl. Bl. 166/GA). Noch im April 2019 veranlasste die A. daraufhin die Trennung der Führung der klassischen Personalakten (vgl. Bl. 166, Bl. 167/GA) und organisierte ihr Personalreferat in der Folgezeit entsprechend um (vgl. Bl. 166, Bl. 167/GA).

Damit bleibt festzuhalten, dass das Tätigwerden von Landesbediensteten bis zum Abschluss der hier in Rede stehenden disziplinarischen Ermittlungen - also bis zur Niederlegung des jeweiligen Ermittlungsergebnisses durch Vermerk vom 28. September 2018 sowie vom 8. Februar 2019 - der seinerzeit geltenden, zwischen Bund und dem Land Niedersachsen abgestimmten Rechtsauffassung entsprach. Es ist bereits fraglich, ob die Änderung dieser Rechtsauffassung ab April 2019 und damit zu einem Zeitpunkt, als die disziplinarbehördlichen Ermittlungen bereits abgeschlossen waren, "rückwirkend" zu einem Mangel des disziplinarbehördlichen Verfahrens führen kann.

Jedenfalls aber wäre dieser Mangel nicht wesentlich im Sinne des § 55 Abs. 1 BDG, weil mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist, dass er das Ergebnis der Ermittlungen verändert haben könnte. Denn die Landesbeschäftigte Frau BB. hat nach den glaubhaften Ausführungen der A. lediglich bereits vorliegende dienstliche Vorgänge - insbesondere die umfangreichen Äußerungen der Beklagten in zahlreichen E-Mails - zusammengetragen und der mit den Ermittlungen beauftragten Bediensteten insoweit zugearbeitet. Dafür, dass diese Darstellung unzutreffend sein könnte, die Rolle der Frau BB. also - wie die Beklagte behauptet (so BB, S. 6 [Bl. 474 Rs./GA]) - eine größere gewesen wäre, sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens, dessen Ausdehnung, die Erhebung der Disziplinarklage sowie die Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage sind mit der eigenhändigen Unterschrift des Vorgesetzten der Beklagten - des Präsidenten der A. W. und damit eines Bundesbeamten - versehen (vgl. Bl. 12/Beiakte 004; Bl. 266 Rs./Beiakte 005; Bl. 29/GA; Bl. 128 Rs./GA), was den Anforderungen der §§ 17 Abs. 1 Satz 1, 34 Abs. 2 BDG entspricht. Weitere entscheidende Verfahrensschritte wie die Erstellung der Ermittlungsberichte vom 28. September 2018 und vom 18. Februar 2019 sowie die Bescheidung der Gleichstellungsbeauftragten oder die Beteiligung des Personalrats sind von Frau K., einer bei der A. beschäftigten Bundesbeamtin, unterzeichnet worden (Bl. 227 Rs./Beiakte 005; Bl. 301/Beiakte 005; Bl. 268 f./Beiakte 005; Bl. 304/Beiakte 005). Dafür, dass die entsprechenden Schriftsätze maßgeblich auf Bearbeitungen bzw. Entwürfen der Frau BB. beruhten und diese damit im behördlichen Disziplinarverfahren verantwortlich tätig geworden wäre, lassen sich den umfänglichen Verwaltungsvorgängen keinerlei Hinweise entnehmen. Dementsprechend bewertet der erkennende Senat die Behauptung der Beklagten, Frau K. sei nur formal mit den Ermittlungen beauftragt worden, habe "die gesamte Bearbeitung des Verfahrens aber sofort der Landesbeschäftigten BB. übertragen" (BB, S. 6 [Bl. 474/GA]), als vollständig aus der Luft gegriffen und sieht deshalb keinerlei Veranlassung, im Wege der Amtsermittlung der Beweisanregung der Beklagten (BB, S. 6 [Bl. 474 Rs./GA], Frau BB. zu ihrer Rolle im behördlichen Disziplinarverfahren zu vernehmen, nachzugehen.

e) Die Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, "Stellungnahmen der Gleichstellungsbeauftragten" seien "entgegen den gesetzlichen Vorschriften" von der Klägerin nicht berücksichtigt worden (so etwa BB, S. 3, S. 6, S. 11, S. 12, S. 13 [Bl. 473, Bl. 474 Rs., Bl. 477, Bl. 477 Rs., Bl. 478/GA]).

Nach § 27 Abs. 1 des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG) beteiligt die Dienststelle die Gleichstellungsbeauftragte frühzeitig, insbesondere bei personellen Angelegenheiten (Nr. 1); dies betrifft auch die Vorbereitung und Entscheidung über die Einleitung und den Abschluss eines Disziplinarverfahrens (lit. d)). Die geforderte frühzeitige Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten fand im Streitfall statt. Die Gleichstellungsbeauftragte wurde im Vorfeld der Einleitungsverfügung - dortiger Eingang: 17. April 2018 - beteiligt (vgl. Bl. 12/Beiakte 004). Auch vor Erhebung der Disziplinarklage wurde die Gleichstellungsbeauftragte beteiligt (Schreiben vom 18. Februar 2019 [Bl. 302/GA]). Eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten - dortiger Eingang: 18. Oktober 2018 - erfolgte zudem im Vorfeld der Ausdehnung des Disziplinarverfahrens (Bl. 266 Rs./Beiakte 005) sowie vor Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage (vgl. Bl. 146/GA).

Auf das Votum der Gleichstellungsbeauftragten vom 27. April 2018 (Bl. 16 f./Beiakte 004), welches auf deren Beteiligung im Vorfeld der Einleitungsverfügung ergangen war, erwiderte die A. gemäß § 32 Abs. 3 BGleiG mit Schreiben vom 4. Mai 2018 (Bl. 20/Beiakte 004). Auf das Votum der Gleichstellungsbeauftragten vom 18. Februar 2019 (Bl. 298/Beiakte 005) zur beabsichtigen Erhebung der Disziplinarklage erläuterte die A. dieser mit E-Mail vom 18. Februar 2019, warum sie deren Ausführungen nicht folge und an der bisherigen disziplinarrechtlichen Bewertung festhalte (Bl. 299/Beiakte 005]). Auch auf ein weiteres Votum der Gleichstellungsbeauftragten vom 28. Februar 2019 zur Erhebung der Disziplinarklage (Bl. 315/Beiakte 005) erwiderte die A. mit Schreiben vom 7. März 2019 (Bl. 320 bis 321/Beiakte 005). Der Umstand, dass die Gleichstellungsbeauftragte zeitlich nach der am 8. März 2019 erfolgten Erhebung der Disziplinarklage - nämlich mit Schreiben vom 13. März 2019 (Bl. 36/GA) - Einspruch gegen die Erhebung der Disziplinarklage eingelegt hat, steht der Wirksamkeit der Klageerhebung nicht entgegen. Auf das Votum der Gleichstellungsbeauftragten vom 1. November 2018 (Bl. 267/Beiakte 005), welches auf deren Beteiligung im Vorfeld der Ausdehnungsverfügung ergangen war, erwiderte die A. mit Schreiben vom 10. November 2018 (Bl. 268/Beiakte 005). Auf das Votum der Gleichstellungsbeauftragten vom 14. August 2019 zur beabsichtigten Erhebung der Nachtragsdisziplinarklage (Bl. 146/GA) antwortete die A. am 23. August 2019 (Bl. 150/GA) dahin gehend, dass das Nachtragsdisziplinarklageverfahren weiter betrieben werde.

f) Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung geltend macht, sie sei "zu den Vorwürfen nie direkt gehört" worden (S. 3, S. 11 [Bl. 473, Bl. 477/GA]) und damit offenbar meint, sie habe sich zu den in Rede stehenden Disziplinarvorwürfen nicht mündlich geäußert, trifft dies nach Aktenlage zwar zu. Denn auf die Mitteilung ihres Prozessbevollmächtigten, dass sie sich zu den gegen sie erhobene Vorwürfen schriftlich und mündlich äußern wolle (Bl. 38/Beiakte 005), hat die A. die Beklagte zunächst für den 29. Juni 2018 (vgl. Bl. 78/Beiakte 005) zu einer Anhörung geladen und diesen Termin dann auf den 10. Juli 2018 (vgl. Bl. 83/Beiakte 005) verschoben; letztlich haben indes weder die Beklagte noch ihr Prozessbevollmächtigter diesen mündlichen Anhörungstermin wahrgenommen.

Dieser Umstand ist jedoch unabhängig von der Frage seiner rechtzeitigen Geltendmachung innerhalb der vom Verwaltungsgericht gesetzten Frist (vgl. Bl. 32, Bl. 33/GA) vorliegend nicht geeignet, einen Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens zu begründen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BDG ist der Beamte über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist. Hierbei ist ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird (§ 20 Abs. Satz 2 BDG); gleichzeitig ist er darauf hinzuweisen, dass es ihm freistehe, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen (§ 20 Abs. 1 Satz 3 BDG). Diesen Anforderungen, die dem Anspruch des Betreffenden auf Gewährung rechtlichen Gehörs Rechnung tragen, wurde hier genügt.

...

g) Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Klage- und die Nachtragsdisziplinarklageschrift in tatsächlicher Hinsicht hinreichend konkretisiert.

Nach 52 Abs. 1 Satz 2 BDG muss die Klageschrift u. a. die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, geordnet darstellen. Die Vorschrift knüpft an die weitgehend wortgleiche Vorgängerregelung des § 65, 2. Halbsatz der Bundesdisziplinarordnung (BDO) an und überträgt die Anforderungen, die § 65, 2. Halbsatz BDO für die Anschuldigungsschrift festgelegt hat, inhaltlich unverändert auf die Klageschrift (BVerwG, Urteil vom 25.1.2007 - BVerwG 2 A 3.05 -, juris Rn. 27 m. w. Nw.). Daher kann die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts zum Bedeutungsgehalt des § 65, 2. Halbsatz BDO für die Auslegung des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 25.1.2007 - BVerwG 2 A 3.05 -, juris Rn. 27). Ebenso wie früher die Anschuldigungsschrift muss nunmehr die Klageschrift die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, aus sich heraus verständlich darstellen. Der dem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt muss deutlich bezeichnet und es muss klar erkennbar sein, aus welchen Tatsachen ihm Vorwürfe gemacht werden (BVerwG, Urteil vom 8.9.1988 - BVerwG 1 D 70.87 -, juris Rn. 35 [zu § 65 BDO]). Nur eine in diesem Sinne inhaltlich bestimmte Klageschrift ermöglicht dem beklagten Beamten eine sachgerechte Verteidigung gegen die disziplinarischen Vorwürfe (BVerwG, Urteil vom 25.1.2007 - BVerwG 2 A 3.05 -, juris Rn. 27).

Diesen Anforderungen genügen Klage- und Nachtragsdisziplinarklageschrift. Zwar wird hierin der Ort der vorgeworfenen Handlungen nicht ausdrücklich benannt. Eine entsprechende Angabe wird jedoch in der von der Beklagten insoweit in Bezug genommenen (so Klageerwiderung - KE - vom 15.5.2019, S. 10 [Bl. 62/GA]) bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheidung auch nicht zwingend gefordert. In der entsprechenden Passage heißt es vielmehr wörtlich (Urteil vom 25.1.2007 - BVerwG 2 A 3.05 -, juris Rn. 27):

"Dies [= eine aus sich heraus verständliche Darstellung des Sachverhalts, aus dem das Dienstvergehen hergeleitet wird; Anm. des erkennenden Senats] erfordert, dass Ort und Zeit der einzelnen Handlungen möglichst genau angegeben sowie die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden".

Erforderlich ist also eine "möglichst genaue" Bezeichnung der einzelnen Handlungen in örtlicher und zeitlicher Hinsicht, der im Streitfall entsprochen wurde. Denn hier ergeben sich die einzelnen Vorwürfe entweder aus in dienstlichen EDV-Systemen dokumentierten Vorgängen, aus dienstlichen E-Mails selbst oder stehen mit dienstlichen E-Mails in Zusammenhang. Durch die Bezeichnung der entsprechenden elektronischen Vorgänge bzw. E-Mails, die ihrerseits exakte Zeitangaben erhalten, in der Klage- und Nachtragsdisziplinarklageschrift bzw. durch die in Klage- und Nachtragsdisziplinarklageschrift enthaltenen Verweise auf die entsprechenden, in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Ausdrucke dieser elektronischen Vorgänge ergibt sich eindeutig, welche Vorwürfe der Beklagten zur Last gelegt werden, so dass ihr insoweit eine sachgerechte Verteidigung möglich ist.

h) Die Rüge der Beklagten, die Vorhaltungen aus der Nachtragsdisziplinarklage stammten überwiegend aus der Zeit vor Erhebung der Disziplinarklage am 9. März 2019 und hätten somit bereits in dieser erhoben werden müssen (vgl. etwa BB, S. 34 [Bl. 488 Rs./GA], greift ebenfalls nicht durch.

Nach § 53 Abs. 1 BDG können neue Handlungen, die nicht Gegenstand einer anhängigen Disziplinarklage sind, nur durch Erhebung einer Nachtragsdisziplinarklage in das Disziplinarverfahren einbezogen werden. "Neue Handlungen" im Sinne des § 53 BDG sind auch solche, die zum Zeitpunkt der Erhebung der Disziplinarklage bereits vorgelegen haben (Urban/Wittkowksi, a. a. O., § 53 Rn. 4). Der Gegenstand der Nachtragsdisziplinarklage kann sowohl ein nachträglich entstandener Sachverhalt als auch ein schon früher entstandener, aber erst nachträglich bekannt gewordener oder ein schon früher entstandener, aber bewusst nicht von der Klageerhebung einbezogener Sachverhalt sein (Köhler/Baunack, a. a. O., § 53 Rn. 2; Urban/Wittkowski, a. a. O., Rn. 4; in diesem Sinne auch BVerwG, Beschluss vom 27.12.2017 - BVerwG 2 B 41.17 -, juris Rn. 12).

i) Die Beklagte dringt auch nicht mit ihrem Einwand durch, ein Mangel des behördlichen Disziplinarklageverfahrens ergebe sich aus der "völlig ungeklärten Rolle" der Rechtsanwältin NN.. Es sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich, die es der Disziplinarbehörde erlaubte, sich im Rahmen eines behördlichen Disziplinarverfahrens eines Rechtsbeistands zu bedienen und diesem die die Beklagte betreffenden personal- bzw. disziplinarrechtlichen Vorgänge zugänglich zu machen (BB, S. 10 f. [Bl. 476 Rs., Bl. 477/GA]).

Nach § 3 Abs. 3 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) hat jedermann im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen. Dies gilt auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts. Für den Rechtsanwalt gilt eine Verschwiegenheitspflicht in Bezug auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufs bekanntgeworden ist (§ 43a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BRAO).

i) Ohne Erfolg bleibt im vorliegenden Zusammenhang schließlich der Vorhalt der Beklagten, die A. habe auf ihre Überlastungsanzeige nicht reagiert (BB, S. 11 f. [Bl. 477 f./GA]). Unabhängig von der Frage, ob die A. Maßnahmen zur Entlastung der Beklagten ergriffen hat, könnte dieser Gesichtspunkt allein im Rahmen der Disziplinarzumessung bedeutsam sein; geeignet, einen wesentlichen Mangel des disziplinarbehördlichen Verfahrens oder der Klageschrift im Sinne des § 55 Abs. 1 BDG zu begründen, ist er hingegen nicht.