Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 18.04.2024, Az.: 8 B 125/24

Ermessen; Erwerberhaftung; Gewerbesteuer; Haftungsbescheid; Handelsgewerbe; Unternehmenskontinuität; Vermutung Kaufmannseigenschaft; Vertrauensschutz; Zu einer auf § 191 Abs. 1 AO i.V.m. § 25 Abs. 1 HGB beruhenden Inhafungnahme eines Erwerbers für rückständige Gewerbesteuer des Veräußerers

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
18.04.2024
Aktenzeichen
8 B 125/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 21184
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2024:0418.8B125.24.00

Tenor:

  1. 1.

    Die Haftung nach § 25 Abs. 1 Satz HGB erfordert unter Einbezug ihres Normzwecks nur, dass der bisherige Unternehmer ein kaufmännisches Handelsgewerbe betrieben hat. Nicht erforderlich ist, dass der Erwerber das Gewebe als Handelsgewerbe i.S.v. § 1 Abs. 2 HGB weiterbetreibt.

  2. 2.

    Die Steuerbehörde darf ohne Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes einen ergänzenden, neben einen ersten bestandskräftigen Haftungsbescheid tretenden Haftungsbescheid hinsichtlich desselben Haftungsgegenstandes erlassen, wenn neue Tatsachen eine Erhöhung der Steuerschuld rechtfertigen.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.990,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen einen Haftungsbescheid, mit dem er als Erwerber für rückständige Gewerbesteuern der Veräußerin des von ihm erworbenen Unternehmens herangezogen wird.

Die mit Gesellschaftsvertrag vom 23. November 2011 gegründete "E." (im Folgenden: F.) betrieb seit Dezember 2011 eine Fahrschule unter der postalischen Anschrift G., A-Stadt. Als Firma war im Handelsregister eingetragen: "E. (haftungsbeschränkt)". Zum Geschäftsführer waren zunächst wechselnd verschiedene Personen bestellt. Am 29. Januar 2015 wurde Frau H., die Ehefrau des Antragstellers, im Handelsregister als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin eingetragen; kurze Zeit später wurde der vormalige Geschäftsführer abberufen. Für den Antragsteller, der in der Fahrschule als Fahrlehrer arbeitete, wurde am 17. März 2015 eine Prokura im Handelsregister eingetragen.

Das Finanzamt A-Stadt teilte der Antragsgegnerin erstmals am 12. August 2013 mit, dass es gegenüber der F. für das Jahr 2011 einen Gewerbesteuermessbescheid erlassen habe. Die Antragsgegnerin veranlagte die F. daraufhin erstmalig mit Festsetzungsbescheid vom 28. August 2013 zur Gewerbesteuer für das Veranlagungsjahr 2011 und setzte zugleich Vorauszahlungen für die Jahre 2012 und 2013 fest. Mit Änderungsbescheid vom 22. Juni 2017 setzte die Antragsgegnerin die Gewerbesteuer für die Steuerjahre 2012, 2013, 2014 und 2015 fest. Die sich daraus ergebende Gesamtsumme in Höhe von 12.333,50 € stellte sie zum 25. Juli 2017 fällig.

Mit Schreiben vom 25. Juni 2017 beantragte die Geschäftsführerin der F., Frau H., die Gewährung von Ratenzahlungen für die noch offenen Gewerbesteuerschulden. Diesem Antrag gab die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 26. September 2017 statt und setzte einen Betrag in Höhe von 500,00 € als monatliche Rate fest. Auf einen weiteren Stundungs- und Ratenzahlungsantrag von Frau H. gewährte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 23. März 2018 erneut die Begleichung der noch offenen Gewerbesteuerforderungen in Höhe von damals 9.775,50 € in monatlichen Raten in Höhe von 500,00 €.

Nachdem das Finanzamt A-Stadt unter dem 10. September 2018 den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2016 mitgeteilt hatte, setzte die Antragsgegnerin mit Änderungsbescheid vom 21. September 2018 für das Steuerjahr 2016 die Gewerbesteuer samt Nachforderungszinsen und Verspätungszuschlag fest.

Mit Antrag vom 30. Oktober 2018 beantragte die F. durch die jetzigen Verfahrens- und Prozessbevollmächtigten des Antragstellers die Stundung sowie Teilrückerstattung der Gewerbesteuer 2016 aufgrund fehlender Liquidität. Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. November 2018 ab, weil eine vorübergehende Existenzgefährdung nicht hinreichend dargelegt worden sei.

Nach einem auf den 19. März 2019 datierenden Vermerk im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin war eine Forderungspfändung vom 7. Februar 2019 gegen die F. erfolglos geblieben. Zugleich wird ausgeführt, das Unternehmen sei zum 15. März 2019 abgemeldet worden und werde nunmehr von dem Antragsteller als Einzelunternehmen fortgeführt. Aus diesen Gründen sprach die Antragsgegnerin eine Niederschlagungsempfehlung über die zu diesem Zeitpunkt noch offenen Gewerbesteuerforderungen in Höhe von 11.119,50 € aus.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 31. März 2019 wurde die Auflösung der F. nach Liquidation zum 31. März 2019 beschlossen; die Auflösung wurde am 15. April 2019 im Handelsregister eingetragen. Frau H. wurde als Geschäftsführerin abberufen und zugleich als Liquidatorin bestellt. Auch die Prokura des Antragstellers erlosch.

Mit Änderungsbescheiden vom 29. Mai 2019 und 29. August 2019 setzte die Antragsgegnerin gegenüber der F. i.L. die Gewerbesteuer für die Steuerjahre 2016, 2017 und 2018 (neu) fest.

Bereits seit dem 15. Februar 2019 betreibt der Antragsteller ausweislich seiner Gewerbeanmeldung die Fahrschule in der G., A-Stadt als Alleinunternehmer. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2019 teilte die Antragsgegnerin ihm mit, dass auf dem Gewerbesteuerkonto der F. i.L. Gewerbesteuerrückstände in Höhe von insgesamt 6.009,50 € bestünden, die sie weiter aufschlüsselte. Sie beabsichtige, ihn gemäß § 25 HGB als Erwerber und § 75 AO als Betriebsübernehmer hierfür in Anspruch zu nehmen. Er habe den vormals von der F. geführten Betrieb mit Wirkung zum 15. Februar 2019 an derselben Betriebsstätte fortgeführt. Zugleich bat sie um die Übersendung von Unterlagen (Kaufvertrag, Umfang des übernommenen Inventars und der übernommenen Kundenbeziehungen sowie Mitarbeiter) und setzte hierfür eine Frist bis zum 1. Januar 2020.

Mit Schreiben vom 8. Januar 2020 hörte die Antragsgegnerin zugleich die Ehefrau des Antragstellers, die ehemalige Geschäftsführerin und nunmehr Liquidatorin Frau H., zu einer beabsichtigten Inhaftungnahme gemäß § 191 Abs. 1 AO i.V.m. § 69, 34 AO an.

Mit Änderungsbescheid vom 3. Dezember 2021 setzt die Antragsgegnerin gegenüber der F. i.L. die Gewerbesteuer sowie einen Verspätungszuschlag für das Jahr 2019 fest.

Mit Haftungsbescheid vom 22. Dezember 2021 - dem Antragsteller am 23. Dezember 2021 mit Postzustellungsurkunde zugestellt - zog die Antragsgegnerin ihn als Betriebsübernehmer der F. für einen rückständigen Betrag in Höhe von 2.831,50 € und zusätzlich als Erwerber für einen rückständigen Betrag in Höhe von 6.024,00 € heran. Begründend führte sie aus, die F. habe in der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 15. März 2019 eine Fahrschule in der G., A-Stadt betrieben, und das Gewerbesteuerkonto weise einen Gesamtrückstand in Höhe von 6.004,20 € auf. Dieser setze sich wie folgt zusammen:

"Nachforderungszinsen 2012, fällig seit 25.07.2017 522,00 €
Nachforderungszinsen 2013, fällig seit 25.07.2017 273,00 €
Nachforderungszinsen 2014, fällig seit 25.07.2017 45,00 €
Nachforderungszinsen 2015, fällig seit 25.07.2017 59,00 €
Säumniszuschläge 2012-2015 1.080,00 €
Mahngebühren 2012-2015 16,00 €
Stundungszinsen, fällig seit 26.04.2018 254,00 €
Mahngebühren zur Fälligkeit 26.04.2018 7,00 €
IV. Gewerbesteuervorauszahlung 2018 (Rest), fällig seit 15.11.2018 2.547,50 €
Säumniszuschläge 2018 212,50 €
Mahngebühren 2018 23,00 €
Gewerbesteuer 2017, fällig seit 01.07.2019 486,00 €
Säumniszuschläge 2017 13,50 €
Mahngebühren 2017 7,00 €
Gewerbesteuer 2018, fällig seit 01.10.2019 284,00 €
Mahngebühr 2018 7,00 €
Säumniszuschläge 2018 7,50 €
Vollstreckungskosten 180,00 €
Gesamtrückstand 6.024,00 €"

Vollstreckungsmaßnahmen seien ohne Erfolg geblieben und weitere Maßnahmen seien nach der Auflösung der Gesellschaft nicht mehr möglich. Der Antragsteller führe die Fahrschule gemäß der Gewerbeanmeldung seit dem 15. Februar 2019 weiter und hafte daher auf Grundlage von § 191 AO i.V.m. § 75 AO und § 25 HGB für die rückständigen Gewerbesteuern. In Ermangelung gegenteiliger Erkenntnisse sei anzunehmen gewesen, dass eine Betriebsübernahme stattgefunden habe. Das übernommene Inventar sowie der übernommene Kundenstamm seien wertmäßig auf 2.838,50 € geschätzt worden. Wegen des nahtlosen Übergangs des Gewerbes und der Fortführung des Handelsgeschäftes hafte der Antragsteller gemäß § 25 HGB auch für den darüberhinausgehenden Gesamtbetrag der offenen Gewerbesteuern.

Mit Haftungsbescheid vom selben Tag zog die Antragsgegnerin auch Frau H. für die rückständigen Gewerbesteuern heran.

Gegen diese Bescheide erhoben die jetzigen Verfahrens- und Prozessbevollmächtigten des Antragstellers für den Antragsteller und seine Ehefrau, Frau H., unter dem 18. Januar 2022 "Einspruch". Die Antragsgegnerin teilte mit Schreiben vom 19. Januar 2022 mit, dass gegen die Haftungsbescheide kein Einspruch bei der steuererhebenden Kommune möglich, sondern Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht zu erheben sei, worauf auch die jeweilige Rechtsmittelbelehrung hinweise. Eine Reaktion hierauf erfolgte seitens des Antragstellers nicht, eine Klage wurde beim zuständigen Verwaltungsgericht Braunschweig nicht erhoben.

Das Finanzamt A-Stadt führte auf Grundlage einer Prüfungsanordnung vom 12. August 2019 im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen Frau H. und den Antragsteller schon seit dem 20. November 2019 eine Außenprüfung bei der F. i.L. durch, deren Ergebnisse im Abschlussbericht vom 26. Oktober 2021 festgehalten wurden. Infolge dieser Feststellungen und Ergebnisse setzte das Finanzamt A-Stadt mit Bescheid vom 16. Dezember 2021 den Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2016, 2017 und 2018 neu fest; nachfolgend änderte die Antragsgegnerin mit Bescheiden vom 7. Januar 2022 zugleich die Festsetzung der Gewerbesteuer für diese Jahre gegenüber der F. i.L. Für das Jahr 2017 ergab sich danach eine Erhöhung des ursprünglich festgesetzten Betrages in Höhe von 1.431,00 € auf 6.691,50 €, für das Jahr 2018 von 5.166,00 € auf 11.466,00 €.

Mit Verfügungen vom 25. März 2022 und 3. Mai 2022 empfahl die Antragsgegnerin die Niederschlagung der noch offenen Gewerbesteuerforderungen gegenüber der F. i.L. in Höhe von insgesamt 14.150,50 € wegen der Uneinbringlichkeit der Forderungen.

Mit Bescheid vom 22. März 2023 setzte die Antragsgegnerin gegenüber der F. i.L. die Gewerbesteuer für das Jahr 2020 sowie einen Verspätungszuschlag fest.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin wurde am 23. August 2023 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Ehefrau des Antragstellers, Frau H., eröffnet.

Unter dem 14. September 2023 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zum beabsichtigten Erlass eines weiteren Haftungsbescheides über die rückständigen Gewerbesteuern der F. i.L. für die Steuerjahre 2016 bis 2020 in Höhe von insgesamt 15.960,00 € auf Grundlage von § 191 Abs. 1 AO i.V.m. § 25 HGB an. Sie forderte ihn unter Fristsetzung bis zum 17. Oktober 2023 auf, einen Vertrag über den Erwerb des Gewerbes, eine Übersicht über übernommenes Inventar, übernommene bzw. neu abgeschlossene Verträge und übernommene Kundenbeziehungen vorzulegen und Auskunft darüber zu erteilen, ob Personal übernommen wurde.

Mit Schreiben von 25. September 2023 ergänzte die Antragsgegnerin ihr Anhörungsschreiben und teilte mit, es komme ebenfalls eine Inhaftungnahme gemäß § 71 AO als Mittäter einer Steuerhinterziehung in Betracht, weil gegen den Antragsteller und seine Ehefrau ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Insoweit bat die Antragsgegnerin um die Beantwortung der Fragen, für welche Aufgaben der Antragsteller bei der F. zuständig gewesen sei, in welchem Umfang er Zugriff auf Geschäftsunterlagen gehabt habe, ob ihm bewusst gewesen sei, dass es zu einer Verkürzung der Gewerbesteuer kommen könne, inwieweit die Verantwortlichkeiten zwischen ihm und seiner Ehefrau voneinander abgegrenzt gewesen seien und wann gegen ihn ein Strafverfahren eröffnet worden sei.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2023 zeigte Rechtsanwalt Dr. I. gegenüber der Antragsgegnerin an, dass er die rechtlichen Interessen des Antragstellers vertrete und versicherte eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung anwaltlich, ohne eine Vollmacht vorzulegen. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12. Dezember 2023 ließ sich der Antragsteller über Rechtsanwalt Dr. I. dahingehend ein, nur Kenntnis von Geschäftsunterlagen gehabt zu haben, die seinen Aufgabenbereich als Fahrlehrer umfasst hätten, und keine Kenntnis von einem Verhalten gehabt zu haben, welches zu einer Verkürzung der Gewerbesteuer geführt habe. Weitere Angaben tätigte der Antragsteller nicht.

Mit persönlich an den Antragsteller adressierten - und auch ihm gegenüber bekannt gegebenen, am 2. Januar 2024 zugestellten - Haftungsbescheid vom 29. Dezember 2023 nahm die Antragsgegnerin den Antragsteller für rückständige Gewerbesteuern der F. in Höhe von insgesamt 15.960,00 € in Haftung. Begründend führte sie aus, es bestünden Rückstände auf dem Gewerbesteuerkonto der F.. Diese würden sich wie folgt zusammensetzen:

"Gewerbesteuer 2019, fällig seit 06.01.2022 465,50 €
Verspätungszuschlag 2019, fällig seit 06.01.2022 75,00 €
Mahngebühren 2019 11,00 €
Säumniszuschläge 2019 13,50 €
Gewerbesteuer 2016, fällig seit 10.02.2022 1.543,50 €
Nachforderungszinsen 2016, fällig seit 10.02.2022 67,00 €
Säumniszuschläge 2016 45,00 €
Gewerbesteuer 2017, fällig seit 10.02.2022 5.260,50 €
Säumniszuschläge 2017 157,50 €
Gewerbesteuer 2018, fällig seit 10.02.2022 6.300,00 €
Säumniszuschläge 2018€ 189,00
Mahngebühren 2016-2018 16,00 €
Gewerbesteuer 2020, fällig seit 25.04.2023 1.575,00 €
Verspätungszuschlag 2020, fällig seit 25.04.2023 175,00 €
Mahngebühren 2020 20,00 €
Säumniszuschläge 2020 46,50 €
Gesamtrückstand "15.960,00 €

Die zugrundeliegenden Gewerbesteueränderungsbescheide seien der Gesellschaft bzw. Frau H. bekannt gegeben worden und inzwischen bestandskräftig. Vollstreckungsmaßnahmen gegen die F. seien ohne Erfolg geblieben. Zwar sei der Antragsteller bereits mit nunmehr bestandskräftigem Haftungsbescheid vom 22. Dezember 2021 zur Haftung herangezogen und die Haftungsforderung sei vollständig getilgt worden. Jedoch sei der Erlass eines zweiten Haftungsbescheides möglich, selbst wenn dem ersten Haftungsbescheid kein ausdrücklicher Vorbehalt zu entnehmen gewesen sei, nur einen Teilbetrag der Steuerschuld geltend machen zu wollen, wenn die Erhöhung der im ersten Haftungsbescheid zugrundeliegenden Steuerschuld auf neuen im Rahmen einer Außenprüfung festgestellten Tatsachen beruhe. Das sei hier der Fall. Die Inanspruchnahme im Wege der Haftung beruhe auf § 191 AO i.V.m. § 25 HGB. Der Antragsteller hafte gesamtschuldnerisch neben seiner Ehefrau als Erwerber eines Handelsgeschäftes für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Die Fahrschule sei ein Handelsgeschäft i.S.v. § 1 Abs. 2 HGB und von dem Antragsteller in seinem prägenden Kern und unter derselben Firma fortgeführt worden. Die Inanspruchnahme sei erforderlich, nachdem Vollstreckungsmaßnahmen gegen die F. erfolglos geblieben seien.

Ebenfalls mit Haftungsbescheid vom 29. Dezember 2023 nahm die Antragsgegnerin Frau H.. über die rückständigen Gewerbesteuern in Höhe von 15.960,00 € gesamtschuldnerisch mit dem Antragsteller in Haftung.

Mit Verfügung vom 11. Januar 2024 schlug die Antragsgegnerin die Gesamtforderung betreffend die Gewerbesteuerhauptforderung für die Jahre 2016 bis 2020 sowie die diesbezüglichen Nebenforderungen (Nachforderungszinsen, Verspätungszuschlag, Mahngebühren, Säumniszuschläge, Vollstreckungskosten) in Höhe von insgesamt 16.020,00 € unbefristet nieder.

Am 22. Januar 2024 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides. Dies lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 16. Februar 2024 ab, weil sie weder ernstliche Rechtmäßigkeitszweifel an dem Haftungsbescheid habe, noch dessen Vollziehung eine unbillige Härte für den Antragsteller darstellen würde.

Bereits am 18. Januar 2024 hat der Antragsteller, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, Klage gegen den Haftungsbescheid vom 29. Dezember 2023 erhoben (Az.: 8 A 14/24). Am 21. Februar 2024 hat er zudem um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Begründend führt er an, er sei kein Kaufmann, sondern übe einen freien Beruf aus bzw. betreibe ein Kleingewerbe. Der Betrieb einer Fahrschule erfordere nicht zwingend einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Er habe in den Jahren 2019 und 2020 lediglich Umsatzerlöse in Höhe von 112.999,00 € sowie 137.275,00 € erzielt und sei daher gemäß § 241a HGB von der Buchführungspflicht befreit. Zudem habe er in den Jahren 2019 und 2020 maximal drei Arbeitnehmer beschäftigt, sein Leistungsangebot beschränke sich auf eine einfache Tätigkeit - nämlich die Vermittlung der Kenntnisse zur Erlangung der Fahrerlaubnis - und er habe nur eine Betriebsstätte, die weder am Frachtverkehr noch am grenzüberschreitenden Handelsverkehr teilnehme. Zudem führe er die Fahrschule nicht unter der bisherigen Firma weiter.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 18. Januar 2024 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. Dezember 2023 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen,

und erwidert: Der Antragsteller habe ein Handelsgeschäft i.S.v. § 25 Abs. 1 HGB fortgeführt. Nach der Vermutungsregelung aus § 1 Abs. 2 HGB sei jeder Gewerbebetrieb ein Handelsgewerbe, es sei denn Art und Umfang würden einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb nicht erfordern. Die Darlegungen des Antragstellers würden nicht genügen, um diese Vermutung zu widerlegen. Zudem setze die Haftungsnorm aus § 25 Abs. 1 HGB nur voraus, dass ein erworbenes Handelsgeschäft fortgeführt werde, also der Veräußerer Kaufmann seien müsse. Auf die Kaufmannseigenschaft des Antragstellers komme es nicht entscheidend an, weil er die Firma eines (Form-) Kaufmannes fortführe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Sachakten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt insgesamt ohne Erfolg.

1. Er ist bereits teilweise unzulässig, soweit der Antragsteller (sinngemäß) begehrt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen seine Inhaftungnahme für gegenüber der F. i.L. festgesetzte Säumniszuschläge in den Steuerjahren 2016 bis 2020 anzuordnen.

Insoweit kommt seiner Klage nämlich von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Säumniszuschläge fallen - anders als die übrigen von dem Haftungsbescheid erfassten Nebenleistungen wie die streng akzessorischen Nachzahlungszinsen und Verspätungszuschläge (vgl. Kammerbeschluss v. 31.08.2007 - 8 B 134/07 -, juris Rn. 9 m.w.N.; VG Schleswig, Beschluss v. 19.10.2020 - 4 B 32/20 -, juris Rn. 46) - nicht unter den Begriff der öffentlichen Abgaben im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO. Der gesetzliche Sofortvollzug rechtfertigt sich durch die besondere Finanzierungsfunktion von öffentlichen Abgaben, wobei die Finanzierungsfunktion im Vordergrund stehen muss. Säumniszuschlägen fehlt die Finanzierungsfunktion, die Abgaben im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kennzeichnet, weil sie lediglich ein Druckmittel zur Beitreibung von Forderungen sind (vgl. Nds. OVG, Beschluss v. 13.10.2011 - 8 ME 173/11 -, juris Rn. 8, s.a. VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 28.09.2022 - 9 S 1394/22 -, juris Rn. 29 m.w.N. auch zur a.A.). Auch war nicht analog § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Festsetzung der Säumniszuschläge festzustellen. Zwar kann ein solcher Antrag Erfolg haben, wenn eine Behörde trotz des bestehenden Suspensiveffekts vollstrecken möchte (s.a. VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 04.02.2015 - 2 S 2436/14 -, juris Rn. 8), diesbezüglich ist aber nichts ersichtlich.

2. In seinem im Übrigen zulässigen Umfang ist der Antrag unbegründet.

Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Dazu muss aber eine umfassende Interessenabwägung zwischen dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin und dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers zugunsten des Antragstellers ausfallen. In diese Interessenabwägung ist der in der Hauptsache streitbefangene Verwaltungsakt einzustellen.

Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch die mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO getroffene Wertung im Regelfall dem öffentlichen Interesse an einem stetigen Mittelzufluss den Vorrang vor dem privaten Interesse einräumt, bis zur endgültigen rechtlichen Klärung von der Zahlungspflicht verschont zu bleiben. Deshalb besteht regelmäßig kein Grund, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Abgabenbescheid anzuordnen, wenn sich seine Erfolgsaussichten lediglich als offen darstellen. Nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Bescheides kommt eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht. Das folgt nicht zuletzt auch aus § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO, wonach eine Aussetzung der Vollziehung (durch die Verwaltungsbehörde) nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Maßstäbe gelten auch im gerichtlichen Verfahren (st. Rspr. des Nds. OVG, vgl. Beschluss v. 13.03.1997 - 1 M 4892/96 -, juris Rn. 21 m.w.N., jüngst Beschluss v. 12.12.2022 - 4 ME 120/22 -, juris Rn. 18).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Weder bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides (a), noch ist eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte erkennbar (b).

a) Die beschließende Kammer hat keine ernstlichen Rechtmäßigkeitszweifel an dem in der Hauptsache angegriffenen Haftungsbescheid.

Ernstliche Zweifel in diesem Sinn liegen vor, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (vgl. BayVGH, Beschluss v. 26.11.2018 - 6 CS 18.1569 -, juris Rn. 8). Unter Berücksichtigung des derzeitigen Sachstandes wird die Klage in der Hauptsache keinen Erfolg haben. Der Haftungsbescheid der Antragsgegnerin vom 29. Dezember 2023 ist formell (aa) sowie materiell rechtmäßig (bb) und verletzt den Antragsteller daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

aa) Zunächst unterliegt der Haftungsbescheid keinen formellen Bedenken. Insbesondere wurde er dem Antragsteller wirksam bekannt gegeben. Eine Bekanntgabe an Rechtsanwalt Dr. I., der im Verwaltungsverfahren für ihn aufgetreten ist, war nicht erforderlich.

Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b NKAG i.V.m. § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist der Verwaltungsakt demjenigen bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, sog. Inhaltsadressat (vgl. Klein/Ratschow, 17. Aufl. 2023, AO § 122 Rn. 20 ff.). Das ist bei einem Haftungsbescheid der Haftungsschuldner selbst. Gemäß § 122 Abs. 1 Satz 3 AO kann der Verwaltungsakt auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden; er soll es sogar, wenn eine schriftliche oder elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt (§ 122 Abs. 1 Satz 4 AO). Diese Vorschriften gelten auch in den Fällen der förmlichen Zustellung; § 7 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungszustellungsgesetz findet keine Anwendung (§ 122 Abs. 5 Satz 3 AO; Klein/Ratschow, 17. Aufl. 2023, AO § 122 Rn. 42). Damit wird abweichend von der Grundregel, dass der Verwaltungsakt dem Inhaltsadressaten bekannt zu geben ist, eine Bekanntgabe an einen Bevollmächtigten ermöglicht. Die Steuerbehörde ist aber nicht verpflichtet, den Verwaltungsakt dem Bevollmächtigten gegenüber bekannt zu geben. § 122 Abs. 1 Satz 3 AO räumt ein Ermessen ein, ob der Verwaltungsakt an den Beteiligten oder an dessen Bevollmächtigten bekannt gegeben wird. Nur in den Fällen des § 122 Abs. 1 Satz 4 AO verdichtet sich das Ermessen der Behörde zur Bekanntgabe an den Bevollmächtigten, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen (vgl. BeckOK AO/Füssenich, 27. Ed. 15.01.2024, AO § 122 Rn. 95 f.). Beim Fehlen einer Bekanntgabevollmacht i.S.v. § 122 Abs. 1 Satz 4 AO ist die Steuerbehörde in ihrem Auswahlermessen nicht gebunden, sodass auch eine Bekanntgabe an den Steuerpflichtigen erfolgen kann (vgl. Koenig/Vorbeck, 5. Aufl. 2024, AO § 122 Rn. 42). Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe des Verwaltungsakts an den Bevollmächtigten trotz fehlender Bekanntgabevollmacht aufgrund einer Ermessensreduktion auf Null ist (nur) anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige gegenüber der Behörde eindeutig und unmissverständlich erklärt hat, dass er den Bevollmächtigten gerade auch zur Entgegennahme von Verwaltungsakten ermächtigt hat (vgl. BFH, Urteil v. 18.01.2007 - IV R 53/05 -, juris Rn. 20).

Hiervon ausgehend lag eine aus § 122 Abs. 1 Satz 4 AO folgende (intendierte) Pflicht, den Haftungsbescheid an Rechtsanwalt Dr. I. bekannt zu geben, nicht vor. Zwar hat er sich mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2023 für den Antragsteller legitimiert, das Bestehen einer Vollmacht aber (nur) anwaltlich versichert, ohne eine Vollmacht vorzulegen. Auch seiner weitergehenden Stellungnahme vom 12. Dezember 2023 hat er keine Vollmacht beigefügt. Eine aus § 122 Abs. 1 Satz 3 AO folgende Ermessensreduktion, den Haftungsbescheid gleichwohl an Dr. I. bekannt zu geben, bestand ebenfalls nicht. Der Antragsteller hat bis zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung in Ermangelung eines entsprechenden Erklärungszeichens nicht zum Ausdruck gebracht, ein etwaiger Verwaltungsakt sei ausschließlich gegenüber seinem Bevollmächtigten bekannt zu geben.

bb) Materiell-rechtlich ist der Haftungsbescheid ebenfalls nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners ist zweigliedrig (vgl. BFH, Urteil v. 13.06.1997 - VII R 96/96 -, juris Rn. 9; Beschluss v. 28.02.2023 - VII R 29/18 -, juris Rn. 196; Nds. FG, Urteil vom 27.10.2021 - 14 K 239/18 -, juris Rn. 72). Zunächst muss ein Haftungstatbestand erfüllt sein. Diese von der Steuerbehörde vorzunehmende Beurteilung ist vollumfänglich auf ihre Richtigkeit gerichtlich überprüfbar. Anschließend hat die Steuerbehörde eine Ermessensentscheidung zu treffen, ob und ggf. wen sie als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen will. Diese Ermessensentscheidung ist nur in den Grenzen aus § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b NAKG i.V.m. § 5 AO und § 114 Satz 1 VwGO überprüfbar.

Gemessen an diesen Maßgaben hat die beschließende Kammer keine ernstlichen Rechtmäßigkeitszweifel an der auf § 191 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 AO i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB beruhenden Inhaftungnahme des Antragstellers. Der Antragsteller haftet gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB für die rückständigen Gewerbesteuern (1) und die Antragsgegnerin hat bei ihrer Ermessensentscheidung die gesetzlichen Vorgaben beachtet (2).

(1) Der Antragsteller haftet gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB für die Gewerbesteuerschulden der F. i.L.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB haftet derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Wesentliche Voraussetzung für die Nachfolgehaftung im Sinne dieser Vorschrift ist danach die Beibehaltung einer "bisherigen Firma" und die Fortführung des Handelsgeschäftes als solches. Die Haftung des späteren Betriebsinhabers umfasst auch die Steuerschulden des früheren Betriebsinhabers. Nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil. v. 28.11.2005 - II ZR 355/03 -, juris Rn. 7 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 15.12.2016 - 2 S 1501/16 -, juris Rn. 22; Kammerbeschluss v. 20.12.2022 - 8 B 139/22 -, n.v.) ist der tragende Grund für die Erstreckung der Haftung für früher im Betrieb des Unternehmens begründete Verbindlichkeiten des Vorgängers auf seinen Nachfolger die Kontinuität des Unternehmens, die in der Fortführung der Firma nach einem Wechsel des Inhabers nach außen in Erscheinung tritt. Die Vorschrift greift danach ein, wenn zwar der Unternehmensträger wechselt, das Unternehmen selbst aus der Sicht des maßgeblichen Verkehrs aber im Wesentlichen unverändert unter der alten Firmenbezeichnung fortgeführt wird.

Hiervon ausgehend hat die Antragsgegnerin zu Recht angenommen, dass der Antragsteller mit der Übernahme der von der F. geführten Fahrschule und Fortführung unter der Bezeichnung "J." ein Handelsgeschäft unter Lebenden erworben [a] und unter der bisherigen Firma fortgeführt hat [b]. Die Primärschuld ist zudem nicht erloschen [c].

[a] Der Antragsteller hat ein Handelsgeschäft unter Lebenden erworben.

Erforderlich ist dafür zuvorderst, dass der bisherige Unternehmensträger ein kaufmännisches Handelsgewerbe betrieben hat. Dabei reicht es aus, wenn der Veräußerer zumindest kraft Gesetzes oder kraft Eintragung Kaufmann ist (vgl. BeckOK HGB/Bömeke, 41. Ed. 01.01.2024, HGB § 25 Rn. 19; Oetker/Vossler, 8. Aufl. 2024, HGB § 25 Rn. 12). Die F. ist als Unternehmergesellschaft i.S.d. § 5a GmbHG Formkaufmann gemäß §§ 6 Abs. 2 HGB, 13 Abs. 3 GmbHG gewesen und hat ihren Status als Kaufmann damit durch die Registereintragung erhalten (BeckOK HGB/Schwartze, 41. Ed. 01.01.2024, HGB § 5 Rn. 15). Zudem ist sie unter einer Firma im Handelsregister eingetragen gewesen, sodass es nicht darauf ankommt, ob die Fahrschule einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert hat (§ 5 HGB).

Auf die von dem Antragsteller mit der Antragsbegründung aufgestellte Behauptung, er selbst sei kein Kaufmann und er betreibe die Fahrschule nicht als Handelsgewerbe, kommt es nicht entscheidend an. Die Haftung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB erfordert nach Auffassung der beschließenden Kammer nur, dass der bisherige Unternehmer ein kaufmännisches Handelsgewerbe betrieben hat. Nicht erforderlich ist, dass der Erwerber das Gewerbe als Handelsgewerbe weiterbetreibt (s.a. Ries in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, HGB, 6. Auflage 2023, § 25 Rn. 2, 15, und MüKoHGB/Thiessen, 5. Aufl. 2021, HGB § 25 Rn. 38, die das Bestehen eines Handelsgewerbes nur als Voraussetzung auf Seite des Veräußerers aufführen; ebenso VG München, Beschluss v. 11.08.2005 - M 10 S 05.2506 -, juris Rn. 25, und FG Münster, Urteil v. 01.07.2010 - 3 K 2689/06 U -, juris Rn. 21, die jeweils nur auf den Veräußerer als Kaufmann abstellen). Für die beschließende Kammer ergibt sich diese Rechtsauffassung vor dem Hintergrund der Haftung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB. Der primäre Normzweck liegt im Schutz des Rechtsverkehrs (s.a. Oetker/Vossler, 8. Aufl. 2024, HGB § 25 Rn. 2 ff. m.w.N.). Ob und in welchem Umfang unternehmensbezogene Forderungen und Verbindlichkeiten auf den Erwerber eines Handelsgeschäfts übergehen, hängt zunächst allein von den Vereinbarungen der an der Unternehmensübertragung Beteiligten ab, die für Außenstehende nicht ohne weiteres erkennbar sind. Um den damit verbundenen Unsicherheiten und Gefahren zu begegnen, sieht § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB vor, dass sich Dritte in jedem Fall auch an den neuen Inhaber halten können (vgl. Oetker/Vossler, 8. Aufl. 2024, HGB § 25 Rn. 9). Die Haftung knüpft allein an die nach außen hin erkennbare Kontinuität durch die Fortführung des Unternehmens und der Firma an. Deshalb kann nur maßgeblich sein, ob das Erwerbsobjekt zum Zeitpunkt des Erwerbs ein Handelsgeschäft war. Hingegen ist es unter Einbezug dieses Normzwecks unerheblich, ob der Erwerber Unternehmen und Firma als Kaufmann i.S.v. §§ 1 ff. HGB fortführt.

Im Übrigen - und damit rechtlich selbstständig tragend - geht die beschließende Kammer mit der Antragsgegnerin davon aus, dass der Antragsteller ebenfalls ein Handelsgewerbe i.S.v. § 1 Abs. 2 HGB betreibt. Nach § 1 Abs. 2 HGB ist ein Handelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Die negative Formulierung hat beweisrechtliche Zwecke und ist so zu verstehen, dass widerleglich vermutet wird, dass ein Gewerbebetrieb ein Handelsgewerbe ist. Sie gilt auch in Verfahren mit Amtsermittlungsgrundsatz (vgl. Oetker/Körber, 8. Aufl. 2024, HGB § 1 Rn. 60, 62). Diese Vermutung kann dadurch erschüttert werden, dass qualitative oder quantitative Eigenschaften das Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung ausschließen. Als kaufmännische Einrichtungen anzusehen sind diejenigen, die aus tatsächlichen, betriebswirtschaftlichen Gründen erforderlich sind, um ein kaufmännisches Unternehmen ordnungsgemäß zu lenken und zu kontrollieren. Die maßgeblichen Kriterien hierfür sind sowohl betriebsintern angesiedelt (Größe, Inventarisierung, Buchführung) als auch im Außenverhältnis (Außendarstellung, Verkehrsschutz). Anhand dieser Kriterien ist eine Gesamtwürdigung anzustellen, die sowohl eine qualitative Betrachtung (konkrete Ausgestaltung des Geschäftsbetriebs, Spektrum der angebotenen Leistungen oder Waren) als auch quantitative Aspekte (z.B. Umsatz, Anzahl der Geschäftsvorfälle, Größe, Anzahl der Mitarbeiter, Vorhandensein einer Lohnbuchhaltung, Werbung) enthalten muss (s. hierzu Kammerbeschluss v. 20.12.2022 - 8 B 139/22 -, n.v, Oetker/Körber, 8. Aufl. 2024, HGB § 1 Rn. 51 ff.; BeckOK HGB/Schwartze, 41. Ed. 1.1.2024, HGB § 1 Rn. 29 ff.; Oetker/Körber, 8. Aufl. 2024, HGB § 1 Rn. 48 ff.).

Der Antragsteller hat keine Tatsachen vorgetragen, die geeignet sind, die gegen ihn streitende Vermutung aus § 1 Abs. 2 HGB zu widerlegen. Soweit er vorgetragen hat, seine Umsatzerlöse hätten im Jahr 2019 nur 112.999,00 € und im Jahr 2020 auch nur 137.275,00 € betragen, ist das für sich genommen unzureichend, die Vermutung zu widerlegen. Zwar wird der Umfang der Geschäftstätigkeit vor allem am Volumen des Umsatzes festgemacht, allerdings hat der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet, starre quantitative Schwellenwerte bezüglich der Bilanzsumme, der Umsatzerlöse usw. festzulegen. Nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur wird ab einem Jahresumsatz von 250.000 € regelmäßig von einem Handelsgewerbe und unterhalb eines Jahresumsatzes von 100.000 € regelmäßig von einem Kleingewerbe ausgegangen (vgl. BeckOK HGB/Schwartze, 41. Ed. 01.01.2024, HGB § 1 Rn. 35). Liegt der Jahresumsatz - so wie von dem Antragsteller angegeben - über der unteren Grenze von 100.000 €, müssen weitere Kriterien hinzukommen, um die Vermutung des § 1 Abs. 2 HGB zu erschüttern (vgl. Kammerbeschluss v. 20.12.2022 - 8 B 139/22 -, n.v.). Hierzu ist sein Vorbringen nicht geeignet. Nur weil er nach eigenen Angaben nicht am grenzüberschreitenden (Fracht-)Verkehr teilnimmt, führt das nicht im Umkehrschluss dazu, dass er Kleingewerbetreibender ist. Ebenso wenig verhilft ihm zum Erfolg, dass er behauptet, aufgrund seiner geringen Umsätze gemäß § 241a HGB von der Buchführungspflicht (§§ 238 ff. HGB) befreit zu sein. Die Befreiung von der Buchführungspflicht nach dieser Norm schließt das Vorhandensein eines Handelsgewerbes nicht aus, sondern bekräftigt im Umkehrschluss vielmehr die Annahme, dass der Antragsteller grundsätzlich Kaufmann ist. So ist § 241a HGB überhaupt nur auf Einzelkaufleute nach §§ 1, 2, 3 und 5 HGB anwendbar und soll Kaufleute mit geringen Umsatzerlösen von bürokratischen Verpflichtungen entlasten. Die Inanspruchnahme von § 241a HGB führt aber gerade nicht zum Verlust der Kaufmannseigenschaft (vgl. BeckOK HGB/Merk, 41. Ed. 01.01.2024, HGB § 241a Rn. 2; Ebenroth/Boujong/Böcking/Gros/Koch, 5. Aufl. 2024, HGB § 241a Rn. 13).

Des Weiteren handelt es sich bei den Tätigkeiten, die in und im Zusammenhang mit dem Betrieb des Antragstellers anfallen, keinesfalls um einfach gelagerte Tätigkeiten geringen Umfangs. Vorwiegend dient der Fahrschulbetrieb zur Vermittlung der Fähigkeiten, die zur Erlangung der Fahrerlaubnis notwendig sind. Hierzu sieht das Gesetz besondere Anforderungen sowohl auf Seiten der Fahrlehrer als auch auf Seiten der Fahrschüler vor, wie etwa eine bestimmte Anzahl sowie Dauer an theoretischen und praktischen Einheiten. Die Leistungen, die der Betrieb des Antragstellers zu bewältigen hat, sind zudem hinreichend vielfältig. Sie erstrecken sich auf alle theoretischen und praktischen Aspekte, die nötig sind, um eine Fahrerlaubnis zu erlangen, und bringen einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand mit sich, um den Betrieb professional zu organisieren (Abwicklung der Verträge mit vielen Fahrschülern, Bereithalten der Mittel zur theoretischen sowie praktischen Ausbildung, Anmeldung der Fahrschüler zu den Prüfungen etc.). Dafür spricht weiter, dass der Antragsteller nach eigenen Angaben für seine Tätigkeit drei weitere Mitarbeiter - was zudem das Vorhandensein einer Lohnbuchhaltung sowie die erforderliche Koordinierung von Urlaubszeiten nahelegt - und mehrere Fahrschulwagen für seinen Betrieb benötigt. Sein weiterer Vortrag, der Betrieb verfüge über keine weiteren Betriebsstätten, steht einer Einstufung als Handelsgewebe nicht entgegen, weil ein Handelsgewerbe ohne weiteres auch nur an einer Betriebsstätte betrieben werden kann.

Der Antragsteller hat das Handelsgeschäft auch "unter Lebenden" erworben. Mit diesem Tatbestandsmerkmal wird die Haftung gemäß § 25 HGB von der Erbenhaftung aus § 27 HGB und dem Erwerb aus der Insolvenz abgegrenzt, im Übrigen kommt es aber nicht auf den Rechtsgrund oder die Wirksamkeit des Erwerbs an (vgl. BGH, Urteil vom 24.09.2008 - VIII ZR 192/06 -, juris Rn. 13 m.w.N.). Es genügt sogar die bloße tatsächliche Geschäftsfortführung, weil die Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB auf der nach außen sichtbaren Kontinuität von Unternehmen und Firma beruht (s.a. KG Berlin, Beschluss v. 13.08.2015 - 20 Sch 9/14 -, juris Rn. 26 ff.). Daher bedarf es keiner näheren Aufklärung, ob ein wirksamer Kaufvertrag dem Erwerb zugrunde lag, weil der Antragsteller das Unternehmen jedenfalls nicht als Erbe oder aus der Insolvenz erworben hat.

[b] Der Antragsteller hat das erworbene Unternehmen zudem unter der bisherigen Firma fortgeführt.

Der Tatbestand aus § 25 Abs. 1 Satz HGB setzt sowohl eine Fortführung des Unternehmens als auch eine Kontinuität der Firma voraus (vgl. Ebenroth/Boujong/Reuschle, 5. Aufl. 2024, HGB § 25 Rn. 50, 52).

Von einer Unternehmensfortführung geht die maßgebliche Verkehrsanschauung aus, wenn ein Betrieb von einem neuen Inhaber in seinem wesentlichen Bestand unverändert weitergeführt wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 24.10.2011 - 2 S 1652/11 -, juris Rn. 32). Anknüpfungspunkte für die erkennbare Fortführung des Unternehmens sind z.B. die Vornahme von Handlungen, die in der Regel dem Geschäftsinhaber obliegen, die Entfaltung einer (im Wesentlichen) gleichen Geschäftstätigkeit, vergleichbare Werbeaussagen oder die Nutzung derselben Geschäftsräume (s. BeckOK HGB/Bömeke, 41. Ed. 01.01.2024, HGB § 25 Rn. 33 m.w.N. ebenso FG Münster, Urteil v. 23.05.2013 - 8 K 1782/11 -, juris Rn. 78). Eine Fortführung des Handelsgeschäfts liegt dabei bereits dann vor, wenn der den Schwerpunkt des Unternehmens bildende Kern weitergeführt wird.

Unter Einbezug der zur Verfügung stehenden und von der Antragsgegnerin ermittelten Erkenntnisse hat der Antragsteller das erworbene Unternehmen jedenfalls in seinem prägenden Kern fortgeführt. Auch er betreibt eine Fahrschule und nutzt dieselbe Betriebsstätte. Zudem wird das Unternehmenslogo sowohl im Internetauftritt als auch auf den Fahrschulwagen weiterverwendet. Bei lebensnaher Betrachtung ist wegen des nahtlosen Geschäftsübergangs (Anmeldung des Antragstellers vor der offiziellen Abmeldung durch die Liquidatorin) zudem davon auszugehen, dass der Antragsteller das vorhandene Inventar (Büroausstattung, Fahrschulwagen, etc.) sowie die Telefonnummer weiternutzt; er hat auch nichts Gegenteiliges im gerichtlichen Verfahren vorgebracht. Für die Kontinuität spricht zudem, dass sich im aktuellen Internetauftritt des Antragstellers die Angabe: "K." findet. Hierdurch wird für den Rechtsverkehr gänzlich ausgeblendet, dass im Frühjahr 2019 ein Inhaberwechsel stattgefunden hat.

Das übernommene Handelsgeschäft ist vom Antragsteller auch unter der bisherigen Firma fortgeführt worden.

Tragender Grund für die Haftung des rechtsgeschäftlichen Unternehmensnachfolgers gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB ist die Kontinuität des Unternehmens, die in der Fortführung der Firma nach einem Wechsel des Inhabers nach außen in Erscheinung tritt (vgl. BGH, Urteil v. 05.07.2012 - III ZR 116/11 -, juris Rn. 18; BFH, Urteil vom 11.06.2012 - VII B 198/11 -, juris Rn. 8). Die Vorschrift greift ein, wenn zwar der Unternehmensträger wechselt, das Unternehmen selbst aus der Sicht des maßgeblichen Verkehrs aber im Wesentlichen unverändert unter der alten Firmenbezeichnung fortgeführt wird (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 28.11.2005 - II ZR 355/03 -, juris Rn. 12). Rechtsformzusätze sind insoweit ohne Belang. Auch ist es nicht erforderlich, dass die Firmenbezeichnung vom Nachfolger wort- oder buchstabengetreu übernommen wird (vgl. BGH, Urteil v. 05.07. 2012 - III ZR 116/11 -, juris Rn. 18; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 15.12.2016 - 2 S 1501/16 -, juris Rn. 25 m.w.N.). Entscheidend ist vielmehr, ob aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise die unter dem bisherigen Inhaber geführte und weiter geführte Firma eine so prägende Kraft besitzt, dass der Verkehr sie mit dem Unternehmen gleichsetzt und in dem Verhalten des Erwerbers eine Fortführung der bisherigen Firma sieht. Dafür genügt es, dass der prägende Teil, der Kern der alten Firma in der neuen Firma fortgeführt wird, so dass die mit dem Unternehmen in geschäftlichem Kontakt stehenden Kreise des Rechtsverkehrs die neue Firma trotz der vorgenommenen Änderungen noch mit der alten identifizieren. Der Wegfall oder das Hinzufügen einzelner Firmenzusätze außerhalb des Kernbereichs der Firma sind für deren Fortführung demnach unschädlich (vgl. BFH, Urteil vom 11.06.2012 - VII B 198/11 -, juris Rn. 8). Allerdings setzt die Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB voraus, dass tatsächlich eine Firmenbezeichnung i.S.v. §§ 17, 18 HGB weiterverwendet wird. Nicht jede Bezeichnung, unter der ein Kaufmann auftritt, ist eine Firma. Keine Firma sind sogenannte Geschäfts- bzw. Etablissementbezeichnungen, die Gewerbetreibende und Freiberufler insbesondere häufig aus Werbungsgründen verwenden. Diese Geschäfts- bzw. Etablissementbezeichnungen unterscheiden sich von einer Firma dadurch, dass sie nicht auf den Inhaber des Unternehmens, sondern nur auf das Unternehmen hinweisen, und demnach nicht den Zweck haben, den Firmenträger zu individualisieren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 24.10.2011 - 2 S 1652/11 -, juris Rn. 36; FG Münster, Urteil v. 23.05.2013 - 8 K 1782/11 -, juris Rn. 83 f.).

Ausweislich der im Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin enthaltenen Unterlagen hat die vormalige Inhaberin der Fahrschule als "L. Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" firmiert; der Antragsteller betreibt die Fahrschule nunmehr ausweislich seines Internetauftritts unter dem Namen "J., Inhaber M.". Bei der ursprünglichen Bezeichnung der Fahrschule als "L. Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" handelt es sich nicht nur um eine Geschäftsbezeichnung, sondern um eine Firma i.S.v. §§ 17, 18 HGB. Das ergibt sich zunächst schon aus der entsprechenden Eintragung im Handelsregister (§ 17 HGB). Daneben verfügt der Name "L. Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" über eine abstrakte Unterscheidungskraft (§ 18 Abs. 1 HGB; s. hierzu Oetker/Schlingloff, 8. Aufl. 2024, HGB § 18 Rn. 6) und bewirkt eine konkrete Unterscheidbarkeit, weil sie sich von allen im Stadtgebiet der Beklagten im Handelsregister eingetragenen Firmen unterscheidet (s. § 30 Abs. 1 HGB).

Da - wie zuvor ausgeführt - der Wegfall des Rechtsformzusatzes für die Fortführung unschädlich ist, könnte die einzige möglicherweise relevante Firmenänderung in der Änderung des Namens von "L." zu "J." liegen. Die beschließende Kammer hat indes schon Zweifel daran, ob der Antragsteller wirklich ausschließlich als "J." firmiert und den Zusatz "-N." dauerhaft aufgegeben hat. So findet sich im Copyright auf der aktuellen Internetseite der Fahrschule weiterhin die Angabe: "K.". Darauf kommt es aber letztlich nicht entscheidend an, weil auch der Wegfall des Zusatzes "-N." nicht eine derart relevante Veränderung der Firmierung wäre, die eine Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB ausschließt. Vielmehr hat der Antragsteller mit der Unternehmensbezeichnung "J." den prägenden Teil der ursprünglichen Firma beibehalten und damit die Firma im Kern fortgeführt. Vom Standpunkt eines objektiven Dritten aus ist eine substantielle Veränderung in der Firmierung nicht auszumachen. Bei wirklichkeitsnaher Betrachtung ist die Fahrschule vom Rechtsverkehr als "J." identifiziert worden, ohne dass dem Zusatz "-N." eine für die Identifizierung maßgeblich Rolle zukam. Das Alleinstellungs- und Identifizierungsmerkmal der Fahrschule lag in der Verknüpfung des Unternehmensgegenstandes (Fahrschule) mit dem als Namen gewählten Begriff "O." und ergibt sich nicht erst aus dem Zusatz "-N.". Das zeigt sich auch daran, dass nach den vorhandenen Erkenntnissen die Fahrschulwagen stets (nur) mit dem Aufdruck "J." beschriftet waren, auch als noch die F. die Fahrschule betrieben hatte. Dieser Befund wird zudem unter erneuter Hervorhebung des Haftungsgrundes aus § 25 Abs. 1 HGB - der nach außen hin erkennbaren Kontinuität - bestätigt; ein Wechsel der Inhaberschaft wird durch den nunmehr entfallenen Zusatz "-N." für den Rechtsverkehr nicht deutlich gemacht.

[c] Die Forderungen, für die der Antragsteller in Anspruch genommen wird, bestehen auch gegenüber der F. i.L.

Als Ausfluss der Akzessorietät zwischen Steuer- und Haftungsschuld muss die Steuerschuld zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides noch bestehen (§ 191 Abs. 5 AO; vgl. BeckOK AO/Specker, 27. Ed. 15.01.2024, AO § 191 Rn. 51). Die Gewerbesteuerbescheide der Antragsgegnerin vom 3. Dezember 2021, 7. Januar 2022 und 22. März 2023 sind der F. i.L. wirksam bekannt gegeben und inzwischen bestandskräftig geworden. Diesbezügliche Bedenken sind weder vorgebracht noch sonst ersichtlich. Die Steuerschuld ist auch nicht (teilweise) erloschen, weil dem Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin keine ausgleichenden Zahlungen zu entnehmen sind; der Antragsteller hat entsprechendes auch nicht behauptet.

(2) Die Antragsgegnerin durfte zudem den Antragsteller für die rückständigen Gewerbesteuern in den Jahren 2017 und 2018 durch einen weiteren Haftungsbescheid in Anspruch nehmen [a]; die Entscheidung, den Antragsteller überhaupt und in voller Höhe in Haftung zu nehmen, erweist sich unter Beachtung des eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsmaßstabes als ermessensfehlerfrei [b].

[a] Dem Erlass des hier streitbefangenen Haftungsbescheides steht zunächst nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller bereits mit Haftungsbescheid vom 22. Dezember 2021 als Erwerber und Betriebsübernehmer für Gewerbesteuerrückstände der F. in den Jahren 2017 und 2018 in Anspruch genommen hat.

Zwar gilt im Grundsatz, dass wenn die Steuerbehörde einen Haftungsgegenstand durch einen bestandskräftig gewordenen Haftungsbescheid geregelt hat, dessen Bestandskraft bei unveränderter Sach- und Rechtslage einem weiteren, ergänzend neben den ersten Haftungsbescheid tretenden Haftungsbescheid entgegensteht (st. Rspr. des BFH, vgl. nur BFH, Urteil v. 25.05.2004 - VII R 29/02 -, juris Rn. 17). Allerdings gilt dies nicht, wenn die Erhöhung der dem ersten Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Steuerschuld auf neu festgestellten Tatsachen beruht. Demnach verbietet es der Vertrauensschutz nicht per se, einen zweiten Haftungsbescheid zu erlassen (vgl. BFH, Urteil v. 15.02.2011 - VII R 66/10 -, juris Rn. 10 ff. [zur Lohnsteuer nach Außenprüfung]). Diese zur Lohnsteuer nach Außenprüfung ergangene Rechtsprechung hält die beschließende Kammer für auf den vorliegenden Fall der nachträglichen Veränderung der Gewerbesteuermessbeträge nach einer Außenprüfung übertragbar. Am 7. Januar 2022 - und damit nach Erlass des ersten Haftungsbescheides - hat die Antragsgegnerin auf Grundlage der Mitteilung des Finanzamts über die veränderten Gewerbesteuermessbeträge die Gewerbesteuer für die Jahre 2017 und 2018 gegenüber der F. wegen veränderter Kenntnisse nach der durchgeführten Außenprüfung über den Gewinn neu festgesetzt. Zudem erging die ursprüngliche Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für die Jahre 2017 und 2018 des Finanzamts A-Stadt teilweise vorläufig (§ 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO), sodass kein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand entstehen konnte. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin für die Steuerjahre 2017 und 2018 nur den Differenzbetrag zwischen der ursprünglichen, bereits beglichenen Festsetzung und der Neufestsetzung nach der durchgeführten Außenprüfung einbezogen, sodass es zu keiner unzulässigen doppelten Inhaftungnahme für dieselbe Steuer gekommen ist.

(ii) Durchgreifende Ermessensfehler sind für die beschließende Kammer nicht erkennbar.

Auch die Ermessensentscheidung i.S.v. § 191 Abs. 1 Satz 1 AO vollzieht sich in zwei Stufen. Zunächst muss die Steuerbehörde prüfen, ob ein Haftungsschuldner überhaupt in Anspruch genommen werden soll (Entschließungsermessen), anschließend ist eine Auswahlentscheidung zu treffen, welchen von mehreren Haftenden sie in Anspruch nehmen will (Auswahlermessen). Die Ermessensentscheidung ist am Zweck der Haftungsnorm auszurichten; abzuwägen sind die Verpflichtung der Steuerbehörde, geschuldete Abgaben auch einzutreiben, gegen die individuellen Interessen des Haftenden (vgl. BFH, Urteil vom 25.07.1989 - VII R 54/86 -, juris Rn. 8; Koenig/Kratzsch, 5. Aufl. 2024, AO § 191 Rn. 36). Die Ermessensentscheidung kann als rechtmäßig angesehen werden, wenn die Steuerbehörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt sowie bei der Entscheidung Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art, die nach dem Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift zu berücksichtigen sind, auch berücksichtigt hat (vgl. Nds. FG, Urteil vom 27.10.2021 - 14 K 239/18 -, juris Rn. 72).

Ausgehend hiervon ist die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin nicht zu beanstanden.

Das Entschließungsermessen ist ordnungsgemäß ausgeübt worden. Bei der Entscheidung darüber, ob überhaupt ein ausstehender Steueranspruch durch Geltendmachung von Haftungsansprüchen realisiert werden soll, ist die Aufgabe der Steuerbehörde entscheidend, Steuerausfälle zu verhindern; bei Uneinbringlichkeit der Steuer durch Steuerbescheid muss daher die Haftungsinanspruchnahme die Regel sein (vgl. BFH, Urteil v. 29.05.1990 - VII R 81/89 -, juris Rn. 21). Da die Antragsgegnerin zunächst erfolglos versucht hatte, in das Vermögen der Steuerschuldnerin zu vollstrecken, ist dem aus § 219 AO folgenden Subsidiaritätsgedanken der Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid hinreichend Rechnung getragen worden (s. BFH, Urteil v. 23.09.2009 - VII R 43/08 -, juris Rn. 27).

Auch das Auswahlermessen ist ordnungsgemäß ausgeübt worden. Bei mehreren Haftungsschuldnern sind in die Erwägungen zum Auswahlermessen sämtliche Personen einzubeziehen, die für dieselben Steuern haften (vgl. FG Münster, Urteil v. 29.08.2019 - 5 K 4028/16 -, juris Rn. 53). Bestehen mehrere Haftungsschuldner, handelt die Steuerbehörde ermessensfehlerhaft, wenn sie nicht alle vorhandenen Haftungsschuldner in ihre Entscheidung über die Inanspruchnahme einbezieht (vgl. FG Münster, Urteil v. 19.12.2022 - 4 K 1158/20 -, juris Rn. 55 ff.). Die gleichzeitige Inanspruchnahme mehrerer gleichrangiger Haftungsschuldner muss nicht besonders begründet werden, da die Finanzbehörde bei gleichzeitiger Inanspruchnahme gerade keine Auswahl zwischen mehreren Haftungsschuldnern trifft (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 18.032019 - 14 E 540/18 -, juris Rn. 57).

Die Ausführungen im Haftungsbescheid lassen erkennen, dass die Antragsgegnerin den zugrundeliegenden Sachverhalt ausermittelt hat und ihr die mögliche Inanspruchnahme mehrerer Haftungsschuldner bewusst war. Dass sie sich dazu entschieden hat, den Antragsteller gesamtschuldnerisch (§ 44 Abs. 1 AO) neben seiner Ehefrau und ehemaligen Geschäftsführerin der F., Frau H., in Anspruch zu nehmen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es stand wegen des inzwischen eröffneten Insolvenzverfahrens über das Privatvermögen der Frau H. zu befürchten, dass sie die Steuerrückstände nicht in vollem Umfang zahlen kann (s. hierzu Klein/Rüsken, 17. Aufl. 2023, AO § 191 Rn. 86). Unerheblich ist zudem, ob der Antragsteller im Verhältnis zu seiner mithaftenden Ehefrau nur eine geringere Verantwortung an dem Bestehen der Steuerrückstände hat (vgl. BFH, Urteil v. 23.06-1998 - VII R 4/98 -, juris Rn. 27 ff.). Es besteht zudem keine Rangfolge zwischen den Haftungstatbeständen, und mehrere Haftungsschuldner haften gleichrangig nebeneinander (vgl. FG Hamburg, Beschluss v. 06.02.2018 - 2 V 324/17 -, juris Rn. 46).

b) Schließlich liegt hier auch keine unzumutbare Härte i.S.v. § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO vor. Selbst wenn die Zahlung der Haftungssumme die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers berühren sollte, kann dies allenfalls dazu führen, dass er einen Anspruch auf eine Stundung in Form der Ratenzahlung hätte. Hingegen kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage zur Vermeidung einer unbilligen Härte i.S.v. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO nur in Betracht, wenn zu befürchten ist, dass dem Antragsteller durch die Zahlungsverpflichtung irreparable Nachteile entstünden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen. Dies ist hier weder vorgetragen noch ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. In Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes setzt die Kammer in Anlehnung an Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit regelmäßig den Streitwert auf 1/4 des Hauptsachewertes fest.