Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 02.03.2010, Az.: 4 W 30/10

Kostenentscheidung nach Klagerücknahme im Prozesskostenhilfeverfahren

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
02.03.2010
Aktenzeichen
4 W 30/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 11513
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2010:0302.4W30.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 21.01.2010 - AZ: 8 O 197/09

Redaktioneller Leitsatz

»§ 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ist anwendbar, wenn eine Klagerhebung beabsichtigt war. Hiervon ist auszugehen, wenn neben dem Prozesskostenhilfeantrag ein als "Klage" bezeichneter, unterschriebener Schriftsatz vorliegt und nicht ausdrücklich vorab über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden oder die Klagerhebung hiervon abhängig gemacht werden soll.«

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 4. Februar 2010 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 21. Januar 2010 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 10. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

1

Die gem. § 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht einen Beschluss nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO erlassen und dabei im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens dem Beklagten die Kosten auferlegt.

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I. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 4. Mai 2009 Prozesskostenhilfe für einen unter dem 5. Mai 2009 gefertigten Klageantrag auf Zustimmung zur Löschung einer eingetragenen Sicherungshypothek begehrt. In diesem gesonderten Prozesskostenhilfeantrag hat er ausgeführt: "Die beabsichtigte Klage hat hinreichend Aussicht auf Erfolg und ist auch nicht mutwillig. Hierzu wird auf die als Anlage vorgelegte Klage verwiesen´. Der Schriftsatz vom 5. Mai 2009 ist mit "Klage´ überschrieben und von der Prozessbevollmächtigten unterschrieben. Dem Kläger ist durch Beschluss des Senates vom 17. September 2009 Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2009 hat der Beklagte mitteilen lassen, er habe die vom Kläger begehrte Löschungsbewilligung in notariell beglaubigter Form an den Kläger abgesandt. Mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2009 hat der Kläger die Klage zurückgenommen und die Auffassung vertreten, der Beklagte habe nach billigem Ermessen die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 21. Januar 2010 dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt und die Auffassung vertreten, die Klage sei erhoben worden, da nicht ausdrücklich "vorab´ über die Gewährung von Prozesskostenhilfe habe entschieden werden sollen, so dass Raum für die Anwendbarkeit von § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO bleibe. Im Übrigen habe sich der Beklagte durch die Abgabe der Löschungsbewilligung freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten. Er wendet sich zunächst gegen die Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO und meint, die Kostenentscheidung sei auch inhaltlich unzutreffend, da der Beklagte die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe habe abwarten dürfen, bevor er die Löschungsbewilligung abgebe.

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II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

5

Die Rücknahme nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ist schon vor und ohne Zustellung der Klage zulässig und gilt dann der eingereichten Klage (MusielakFoerste, ZPO, 7. Aufl., § 269 Rdnr. 13 a). Entscheidend ist somit darauf abzustellen, ob der Kläger bereits eine Klageschrift eingereicht hatte, eine Klageerhebung also beabsichtigt war und nicht nur ein Entwurf vorlag (Stein/JonasRoth, ZPO, 22.Aufl., § 269 Rn 15, 52, vgl. a. OLG Braunschweig FamRZ 2005, 1263). Dies ist vorliegend mit dem Landgericht zu bejahen. Aus der bereits vom Landgericht zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 9. Februar 2005, Az.: XII ZB 146/04, NJWRR 2005, 1015) ergibt sich, dass ein als Klage bezeichneter Schriftsatz zwar zunächst nur als Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gemeint sein kann, wenn z. B. in diesem Schriftsatz darum gebeten wird, "vorab´ über die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden oder die Klagebegründung in anderer Weise klar stellt, dass eine Klageerhebung noch nicht beabsichtigt ist. Fehlen solche Anhaltspunkte, ist jedoch anzunehmen, dass die Klage neben dem Prozesskostenhilfeantrag sogleich erhoben werden soll (MusielakFoerste, aaO., § 253 Rdnr. 6). So stellt sich der Sachverhalt vorliegend da. Der eingereichte Schriftsatz vom 5. Mai 2009 ist als "Klage´ und nicht als "Klageentwurf´ bezeichnet. er ist unterschrieben, was ebenfalls die Absicht der Klagerhebung belegt und gegen einen bloßen Entwurf spricht. Der Kläger hat zudem nicht darum gebeten, die Zustellung der eingereichten Klageschrift von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig zu machen oder aber vorab über die Prozesskostenhilfebewilligung zu entscheiden. Der Umstand, dass der Kläger in dem Prozesskostenhilfeantrag von der "beabsichtigten´ Klage spricht, steht dem nicht entgegen, da hierdurch nicht ausgedrückt wird, die Erhebung der Klage werde von der Gewährung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht.

6

In der Sache ist die Ermessensentscheidung des Landgerichts, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, nicht zu beanstanden. Zwar mag dem Beklagten insoweit zuzustimmen sein, als er die Auffassung vertreten hat, er könne mit seinem Verhalten so lange zuwarten, bis eine abschließende Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe vorliegt. Er muss dann jedoch die Konsequenzen tragen und die volle Verantwortung für das vom Kläger eingeleitete Verfahren in kostenrechtlicher Hinsicht übernehmen, wenn er sich nicht zur Vermeidung von Kosten vorab dazu durchringen kann, die begehrte Löschungsbewilligung abzugeben. Das Argument des Beklagten ist bei näherer Betrachtung schon deswegen unbehelflich, weil sich ansonsten jeder verurteilte Beklagte mit dem Argument, er habe erstmal die Entscheidung des Gerichts abwarten wollen, einer zu seinen Lasten gehenden Kostenentscheidung entziehen könnte. Dies ist ersichtlich unzutreffend und widerspricht auch dem Rechtsgedanken des § 91 ZPO. Hierin spiegelt sich nur das Risiko eines jeden Beklagten wieder, sich dem Begehren der klagenden Partei zunächst zu widersetzen, dann aber bei Zuhilfenahme der Gerichte kostenpflichtig zu unterliegen. Deshalb kommt es auf das Argument des Beklagten, auch die besetzte Kammer habe zunächst die Klage für unschlüssig gehalten und erst der Senat habe im Beschwerdeverfahren dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt, nicht an. Die Kostenhaftung nach billigem Ermessen im Rahmen des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO knüpft nicht daran an, ob dem Beklagten ein Verschuldensvorwurf deswegen zu machen ist, dass er anderer Rechtsauffassung als der Kläger war. Vielmehr kommt es darauf an, ob er durch sein Verhalten in objektiver Hinsicht dem Kläger Anlass gegeben hat, die Klage einzureichen.

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III. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. KV 1810 Anlage 1 zu § 3 Abs. 2GKG.