Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 18.03.2010, Az.: 6 U 108/09
Ansprüche des Unternehmers bei Verschlechterung des Werks durch den Auftraggeber vor Abnahme
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 18.03.2010
- Aktenzeichen
- 6 U 108/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 12349
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2010:0318.6U108.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - AZ: 5 O 321/08
Rechtsgrundlagen
- § 280 Abs. 1 BGB
- § 644 Abs. 1 S. 1, 2 BGB
Fundstellen
- BauR 2010, 1081-1083
- BauR 2010, 1234-1235
- BauR 2010, 829
- IBR 2010, 438
- MDR 2010, 740-741
- NJW-Spezial 2010, 237
- RÜ 2010, 488-490
Amtlicher Leitsatz
Verschlechtert der Besteller durch sein Verhalten das Werk des Unternehmers, bevor er es abgenommen hat, ohne mit der Abnahme in Verzug zu sein, hat der Unternehmer es, indem er die Verschlechterung beseitigt, neu herzustellen. Stellt das Verhalten des Bestellers eine schuldhafte Pflichtverletzung dar, hat der Unternehmer Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des für die Neuherstellung angemessenen Werklohns.
In dem Rechtsstreit
I. GmbH, ...,
Klägerin und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ....,
gegen
H. GmbH, ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...,
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Piekenbrock, den Richter am Oberlandesgericht Volkmer und die Richterin am Oberlandesgericht Laß auf die mündliche Verhandlung vom 2. März 2010 für Recht erkannt:
Tenor:
Das Versäumnisurteil des Senats vom 12. Januar 2010 wird aufrechterhalten.
Die Klägerin trägt die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 37.828,98 € festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin begehrt Zahlung für die Demontage und erneute Montage von Wandvorsatzschalen in dem von der H. u. M. GmbH gemieteten Geschäftshaus auf dem Grundstück L. Straße in N..
Der Eigentümer des Grundstücks namens B. beauftragte die Beklagte als Generalunternehmerin mit dem Ausbau des Gebäudes zur Nutzung als TextilEinzelhandelsgeschäft durch die Mieterin. Am 2./7. Mai 2007 schlossen die Parteien den Vertrag über die Trockenbauarbeiten für den Ausbau. Die Klägerin erstellte ihr Werk bis etwa Mitte September 2007. Weil der Nachunternehmer F. der Beklagten beim Anbringen einer Regenrinne einen Fehler machte, kam es zu einem Wassereinbruch. Aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, traten an den Vorsatzschalen Verformungen auf. Die Klägerin tauschte die Schalen aus und berechnete der Beklagten dafür 34.408,92 €. Am 28. November 2007 erteilte die Klägerin der Beklagten SchlussRechnung für die Arbeiten aufgrund des Ursprungsvertrages, welche die Beklagte entsprechend außergerichtlicher Einigung zwischen den Parteien beglich.
Die Klägerin hat 37.828,98 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten, nämlich 34.408,92 € + 3.420,06 € Containerkosten für Entsorgung ausgebauten Materials verlangt. Sie hat behauptet, der Geschäftsführer K. der Beklagten habe sie am 12. Oktober 2007 beauftragt, die Vorsatzschalen auszutauschen. Die aufgrund des Wassereinbruchs in den Räumen vorhandene Feuchtigkeit sei in die Vorsatzschalen gezogen und habe diese verformt, weil die Beklagte sämtliche Gebäudeöffnungen hermetisch verschlossen, anschließend die Fußböden eingebracht und dabei über 100 ° C heißes Bitumen eingegossen habe. - Die Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt. Sie hat vorgetragen, ihr Bauleiter Z. habe am 18. September 2007 festgestellt, dass die Klägerin bei der Erstmontage der Vorsatzschalen die Oberflächentoleranzen nicht eingehalten und auf etwa 50 m Länge keine Dehnungsfugen ausgebildet habe. In der Oberfläche hätten Abweichungen von bis zu 3 cm bestanden.
Das Landgericht hat Beweis erhoben zu der Frage, ob die Beklagte der Klägerin den Auftrag zum Austausch der Schalen erteilt oder sie zur Nacherfüllung aufgefordert hat, durch Vernehmung des Bauleiters Z. der Beklagten, der Mitarbeiter H. und L. der Klägerin, des Ingenieurs Dr. W., der für die BauleistungsVersicherung der Beklagten vor Ort gewesen ist, des Versicherungskaufmanns Bu. der Haftpflichtversicherung der Klägerin, des Bauherrn B., des Grundstücksnachbarn Sch. sowie des Projektleiters R. der Mieterin als Zeugen. Weges des Ergebnisses der Beweisaufnahme verweist der Senat auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 24. April 2009 (Bl. 165 - 176 d. A.).
Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe der Senat sich zur näheren Sachdarstellung bezieht, wendet die Klägerin sich mit der Berufung, mit welcher sie, nach Einspruch gegen das Versäumnisurteil, durch welches der Senat die Berufung zurückgewiesen hat, ihr Ziel weiterverfolgt. Sie meint, ihr Anspruch ergebe sich aus auftragsloser Geschäftsführung ihrerseits für die Beklagte.
Wegen des weiteren Parteivorbringens verweist der Senat auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen.
B. Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten keine Zahlung für den Austausch der Vorsatzschalen in dem Geschäftshaus L. Straße in V. verlangen.
I. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag. Insoweit, als das Landgericht das Zustandekommen eines solchen Vertrages verneint hat, greift die Klägerin dessen Urteil nicht an.
II. Der Anspruch ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt des Aufwendungsersatzes aus auftragsloser Geschäftsführung der Klägerin für die Beklagte (§§ 670, 683 Satz 1, § 677 BGB). Es lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin zur Geschäftsführung für die Beklagte nicht ´ih(r) gegenüber sonst dazu berechtigt´ war (§ 677 BGB).
1. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Berechtigung der Klägerin zur Geschäftsführung für die Beklagte sich aus ihrer - der Klägerin - Pflicht ergab, wegen Mängel der aufgrund des Ursprungsvertrages vom 2./7. Mai 2007 eingebauten Vorsatzschalen Nacherfüllung zu leisten (§ 634 Nr. 1 BGB) (dazu: Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 677 Rn. 7 a. E.).
a) Die Aussage des Zeugen H., sie hätten die Span und Gipsplatten einwandfrei eingebracht, die Verwölbungen seien seines Erachtens erst auf die Feuchtigkeit infolge des Wasserschadens zurückzuführen, ist unvereinbar mit derjenigen des Zeugen Z., bereits am 18. September 2007 hätten sich auf den Oberflächen der Vorsatzschalen Verwerfungen gezeigt, ohne dass der Senat entscheiden kann, die Aussage H. sei wahr und diejenige Z. unwahr. Vielmehr hat der Zeuge Z. beobachtet, dass die Schalen sich auch dort verworfen hatten, wo Wasser nicht hingeflossen war, während der Zeuge H. keine konkrete Wahrnehmung geschildert, sondern eine Wertung gegeben hat, die er sogleich dahin einschränkte, er könne ´dazu aber nur sagen, dass (sie) den Schaden schnellstmöglich beheben sollten.´
b) Die Aussage Dr. W. als Zeuge lässt nicht sicher darauf schließen, dass der Wassereinbruch einzige Ursache der Verwölbungen an den Vorsatzschalen war. Es bleibt die Möglichkeit, dass jedenfalls auch mangelhafte Arbeit der Klägerin (unzureichende Ausbildung von Dehnungsfugen, Verschleifen der Trockenbauflächen von Hand mit Schleifbrettchen) die Verwölbungen bewirkt hat. Der Zeuge hat lediglich aus dem gequollenen Zustand der Schalen, den er gesehen hat, gefolgert, dieser beruhe auf dem Wasserschaden, während die Bedenkenanzeige der H. B. GmbH, welche im Auftrag der Mieterin deren Geschäft ausgebaut hat, vom 17. September 2007 (Anlage zur Klagerwiderung - Bl. 64 f. d. A.) darauf hindeutet, dass die Klägerin mangelhaft gearbeitet hat. In ihr heißt es, die Trockenbauflächen seien im gesamten Verkaufsbereich uneben, weil die Klägerin sie von Hand mit Schleifbrettchen verschliffen habe. - Auch die Aussage des Zeugen R. stützt die Möglichkeit mangelhafter Arbeit seitens der Klägerin. Dieser Zeuge hat bekundet, die Vorsatzschalen seien wellig gewesen bei Abweichungen von bis zu 5 cm, und zwar auf beiden Seiten, links und rechts, wobei der Wasserschaden seines Erachtens nur die rechte Seite betroffen habe.
2. Selbst wenn das Werk der Klägerin mangelfrei war und die Verformungen der Vorsatzschalen darauf beruhten, dass die Beklagte das Gebäude luft- und wasserdicht verschlossen sowie zum Herstellen der Fußböden heißes Bitumen eingegossen hatte, ist die eingangs bezeichnete Grundlage des Anspruchs nicht gegeben. Die Klägerin war auch in diesem Falle verpflichtet, die Verschlechterung ihres Werkes zu beseitigen, indem sie die Vorsatzschalen austauschte. Sie trug noch die Gefahr der Verschlechterung ihrer Leistung (§ 644 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Beklagte hatte diese weder bereits abgenommen noch befand sie sich in Verzug deren Annahme (§ 644 Abs. 1 Satz 2 BGB).
III. Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht auf § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB stützen. Diese Vorschrift betrifft nicht den von der Klägerin behaupteten Fall. Demnach ist das Werk weder infolge Mangels eines von der Beklagten zu seiner Herstellung gelieferten Stoffes, noch durch eine seitens der Beklagten für die Ausführung des Werkes erteilten Anweisung, noch durch eine diesen beiden Fällen vergleichbare Risikolage (vgl. Palandt aaO. § 645 Rn. 9) verschlechtert worden, sondern durch schuldhafte Pflichtverletzung seitens der Beklagten (Einbringen heißen Bitumens nach Abriegelung der feuchten Räume).
IV. Der Anspruch lässt sich nicht aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen schuldhafter Pflichtverletzung seitens der Beklagten (§ 280 Abs. 1 BGB) herleiten.
1. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass das Eingießen heißen Bitumens in die Fußböden zwischen den Wänden mit den Vorsatzschalen nach luft- und wasserdichtem Verschluss des Gebäudes, falls die Beklagte dieses getan hat, ursächlich geworden ist für die Verformungen der Vorsatzschalen. Er kann nicht ausschließen, dass die Schalen sich schon vorher verformt hatten, weil die Klägerin auf einer Länge von etwa 50 m keine Dehnungsfugen gebildet, wie die Beklagte (Seite 3 der Klagerwiderung - Bl. 43 d. A.) vorgetragen hat, und die Flächen von Hand mit Schleifbrettchen verschliffen hat, wie aus der Bedenkenanzeige der H. B. GmbH vom 17. September 2007 hervorgeht. Die Seite 4 der Klagschrift von der Klägerin benannten Zeugen sind kein geeignetes Beweismittel für die Verursachung der Verformungen durch das seitens der Klägerin behauptete Verhalten der Beklagten. Was Ursache eines Erfolges war, lässt sich nicht wahrnehmen, sondern nur aufgrund sachverständiger Begutachtung beurteilen, die nicht mehr möglich ist, weil die verformten Vorsatzschalen nicht mehr vorhanden sind, zumal auch der Zeuge Bu. bekundet hat, ´nach (seinen) Feststellungen (könne Einbringen des Bitumens) nicht die einzige Ursache für die nasse Wand sein´, ohne dass nachzuvollziehen ist, worauf seine Einschätzung dessen Mitursächlichkeit beruht.
2. Hinsichtlich des Wassereinbruchs ist, sofern dieser für die Verformungen der Schalen mitursächlich war, keine Pflichtverletzung auf Seiten der Beklagten feststellbar. Die Klägerin hat nicht mit Substanz darzutun vermocht, welche Pflicht die Beklagte im Zusammenhang damit verletzt hat, dass ihr - der Beklagten - Nachunternehmer F., wie der Zeuge Dr. W. ausgesagt hat, Dachrinnen falsch montiert hat.
a) Allein aus der Tatsache, dass die Beklagte Generalunternehmerin des Bauvorhabens war, lässt eine Pflichtverletzung auf deren Seite sich nicht ableiten. Es sind keine Tatsachen dafür vorgetragen, dass der Bauleiter Z. der Beklagten, dessen Pflichtverletzung diese sich entsprechend § 278 Satz 1 Fall 2 BGB zurechnen lassen müsste, hinsichtlich der Montage der Dachrinnen Regie oder Überwachungsfehler begangen hat.
b) Die Beklagte muss sich die Pflichtverletzung ihres Nachunternehmers F. im Verhältnis zur Klägerin nicht zurechnen lassen. Dieser war nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten gegenüber der Klägerin hinsichtlich der Pflicht der Beklagten, das im Entstehen begriffene Werk der Klägerin nicht zu beschädigen. Vielmehr standen Klägerin und F. der Beklagten als selbständige Handwerker gegenüber, die der Beklagten beide für Mängel ihrer Gewerke hafteten, ohne Fehler des jeweils anderen der Beklagten entgegenhalten zu können (dazu: OLG Hamm Urt. v. 12. Juni 1997, 24 U 183/96, zit. nach juris: Rn. 34 a. E.. Urt. d. Sen. v. 1. Feb. 2001, 22 U 261/99, zit. nach juris: Rn.25 f.).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, § 711 Satz 1, 2 ZPO. - Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vorliegen.
Volkmer
Laß