Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 28.09.2001, Az.: 74 IN 147/99

Rechtsmittel bei Vergütungsvorschuss

Bibliographie

Gericht
AG Göttingen
Datum
28.09.2001
Aktenzeichen
74 IN 147/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 29389
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGGOETT:2001:0928.74IN147.99.0A

Fundstellen

  • ZIP 2001, 1824-1825 (Volltext mit red. LS)
  • ZInsO 2001, 903-904 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Eine richterliche Überprüfung einer auch in Beschlussform ergangenen Handlung des Rechtspflegers gem. § 11 Abs. 2 RpflG ist nur möglich, wenn es sich um eine Entscheidung und nicht um eine bloß vorbereitende Maßnahme handelt.

  2. 2.

    Bei der gerichtlichen Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses durch den Insolvenzverwalter handelt es sich nicht um eine gerichtliche Entscheidung.

  3. 3.

    Eine Überprüfung gem. § 11 Abs. 1 RpflG scheidet daher aus (LG Göttingen, ZInsO 2001, 846[LG Göttingen 02.08.2001 - 10 T 40/01]), ebenso eine Überprüfung gem. § 11 Abs. 2 RpflG. Es bleibt nur die Möglichkeit einer Gegenvorstellung, über die der Rechtspfleger abschließend entscheidet

Tatbestand

1

I.

Mit Beschl. v. 6.8.1999 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser hat mit Schriftsatz v. 26.1.2001 einen Vorschuss auf die Vergütung des Insolvenzverwalters i.H.v. 250.000 DM zzgl. Auslagen und USt beantragt. Mit Beschl. v. 27.2.2001 hat der Rechtspfleger antragsgemäß auf die Vergütung des Insolvenzverwalters einen Vorschuss i.H.v. 296.960 DM festgesetzt. Mit Schriftsatz v. 27.2.2001, bei Gericht eingegangen am 1.3.2001, hat der Insolvenzverwalter Masseunzulänglichkeit gem. § 208 InsO angezeigt.

2

Mit Schriftsatz v. 30.3.2001 hat die Gemeinschuldnerin gegen den Beschl. des Rechtspflegers v. 27.2.2001 Beschwerde eingelegt. Der Rechtspfleger hat die Akten mit einer Nichtabhilfeentscheidung dem LG Göttingen vorgelegt. Dieses hat mit Beschl. v. 2.8.2001 - 10 T 40/01 (ZInsO 2001, 846[LG Göttingen 02.08.2001 - 10 T 40/01]) die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen. Das LG hat im Einzelnen ausgeführt, dass die sofortige Beschwerde unzulässig ist, da die in Form eines Beschlusses erfolgende Genehmigung des Insolvenzgerichtes gem. § 9 InsVV nicht anfechtbar ist. Ergänzend hat das LG darauf hingewiesen, dass das AG zu prüfen hat, ob die unzulässige sofortige Beschwerde als Gegenvorstellung anzusehen ist. Im Weiteren hat das LG Bedenken gegen die vom Insolvenzverwalter geltend gemachten Zuschläge i.H.v. 200 % u.a. wegen Betriebsfortführung u.a. geäußert und erkennen lassen, dass es einen Zuschlag von 50 - 75 % für angemessen erachtet.

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Der Rechtspfleger hat nach Rückkehr der Akten vom LG darauf hingewiesen, dass die unzulässige Beschwerde als sofortige Erinnerung anzusehen sein könnte und hat die Akten nach Anhörung der Beteiligten mit einem Nichtabhilfevermerk dem Insolvenzrichter vorgelegt.

Entscheidungsgründe

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II.

Die sofortige Erinnerung ist unzulässig.

5

§ 11 Abs. 2 RPflG bestimmt, dass eine sofortige Erinnerung statthaft ist, wenn gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht gegeben ist. § 6 Abs. 1 InsO bestimmt, dass Entscheidungen des Insolvenzgerichtes nur in den Fällen einem Rechtsmittel unterliegen, in denen die InsO die sofortige Beschwerde vorsieht. Gegen die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters kommt § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde ein. Wird lediglich ein Vorschuss gem. § 9 InsVV gewährt, besteht eine sofortige Beschwerdemöglichkeit nicht. Dies hat das LG Göttingen im Beschl. v. 2.8.2001 - 10 T 40/01 (ZInsO 2001, 846[LG Göttingen 02.08.2001 - 10 T 40/01]) im Einzelnen ausgeführt (...).

6

Räumt die InsO keine ausdrückliche Beschwerdebefugnis gem. § 6 Abs. 1 InsO ein, so gilt § 11 Abs. 2 RPflG (FK- InsO/Schmerbach, § 6 Rn. 44). § 11 Abs. 2 RPflG fordert allerdings, dass eine Entscheidung vorliegt. Diese liegt nicht vor bei Anordnungen des Rechtspflegers, auch wenn sie in Form eines Beschlusses ergehen, die lediglich dazu dienen, eine Entscheidung des Gerichtes vorzubereiten (FK- InsO/Schmerbach, § 6 Rn. 33). Bloß vorbereitende Tätigkeiten sind z.B. die Beauftragung eines Gutachters, die Vernehmung von Zeugen, die Äußerung einer bestimmten Rechtsansicht (FK- InsO/Schmerbach, § 6 Rn. 33).

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Auch im vorliegenden Fall ist von einer bloßen vorbereitenden Tätigkeit des Rechtspflegers auszugehen, auch wenn der Rechtspfleger in Form eines Beschlusses entschieden hat. § 9 Satz 1 InsVV bestimmt nämlich, dass der Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse einen Vorschuss entnehmen kann, wenn das Insolvenzgericht zustimmt. Verfahrensmäßig wird aus Sinn und Zweck der Regelung gefordert, dass nicht eine nachträgliche Zustimmung, sondern eine vorherige gerichtliche Zustimmung erforderlich ist (Eickmann, § 9 InsVV Rn. 14). Liegen die Voraussetzungen des § 9 Satz 1 InsVV vor, so reduziert sich das dem Insolvenzgericht zustehende Ermessen dahin, dass die Zustimmung grds. zu erteilen ist. Ausnahmsweise kann sie lediglich bei Vorliegen besonderer Umstände verweigert werden, beispielsweise bei verzögerter oder vernachlässigter Verfahrensabwicklung durch den Verwalter oder wenn die Höhe des Vorschusses außer Verhältnis zum Verfahrensfortschritt steht (Blersch, § 9 InsVV Rn. 17). Der Rechtspfleger nimmt lediglich eine Plausibilitätsprüfung vor (Wasner, ZInsO 1999, 132, 134). Daraus folgt, dass eine Kompetenz des Rechtspflegers zu einer Entscheidung grds. nicht besteht. Es handelt sich vielmehr um eine vorbereitende Maßnahme, die der endgültigen Maßnahme in Form einer Entscheidung über die Vergütung gem. § 64 InsO vorausgeht.

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Folglich ist die Zustimmung des Rechtspflegers nicht anfechtbar. Soweit vereinzelt dem Schuldner ein Beschwerderecht zugebilligt wird (Eickmann, § 9 InsVV Rn. 20), hat das LG Göttingen im Beschl. v. 2.8.2001 - 10 T 40/01 (ZInsO 2001, 846[LG Göttingen 02.08.2001 - 10 T 40/01]) ... diese Auffassung zurückgewiesen. Dem schließt sich das erkennende Gericht an. Es sind auch keine schutzwürdigen Belange des Schuldners betroffen. Bleibt die endgültige Vergütung hinter der vorschussweise gewährten Vergütung zurück, besteht ein Rückforderungsanspruch gegen den Verwalter aus ungerechtfertigter Bereicherung (Haarmeyer/Wutzke/Förster, § 9 InsVV Rn. 15).

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I.Ü. spricht auch der Grundsatz der Verfahrensökonomie dafür, eine Anfechtung nicht zuzulassen. Beschlüsse über die Vergütung und Auslagen des (vorläufigen) Insolvenzverwalters gem. § 64 Abs. 1 InsO entfalten zwar Rechtskraftwirkung (HK- InsO/Kirchhof, § 6 Rn. 27; FK- InsO/Schmerbach, § 7 Rn. 31; a.A. AG Potsdam, ZIP 2000, 630 m. abl. Anm. Grub, EWiR 2000, 587 = ZInsO 2000, 113 m. zust. Anm. Haarmeyer; LG Halle, ZInsO 2000, 410[LG Halle 11.04.2000 - 14 T 123/00]). Für Beschlüsse über eine Vorschussgewährung wird man dies aber nicht annehmen können. Eine Überprüfungsmöglichkeit kommt allenfalls in den oben aufgezeigten engen Grenzen in Betracht. Würde man auch Einwendungen gegen die Höhe der Vergütung zulassen, könnte es zu einer erheblichen Mehrbelastung der Gerichte kommen, in dem über die Höhe zunächst bei der Vorschussgewährung und sodann bei der Festsetzung der endgültigen Vergütung gestritten wird.

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III.

Folglich bleibt dem Schuldner nur die Möglichkeit der Gegenvorstellung (vgl. FK- InsO/Schmerbach, § 6 Rn. 29). Ob und inwieweit der Rechtspfleger in Anbetracht des eingeschränkten Prüfungsumfanges bei der Zustimmung gem. § 9 InsVV (s.o. II) Veranlassung zu einer Abänderung sieht, ist von ihm abschließend zu entscheiden.