Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 22.11.2001, Az.: 74 IK 102/99
Anforderungen an die Durchführung eines Insolvenzverfahrens; Voraussetzungen für das Vorliegen von Insolvenzgründen; Anforderungen an die Gewährung einer Restschuldbefreiung
Bibliographie
- Gericht
- AG Göttingen
- Datum
- 22.11.2001
- Aktenzeichen
- 74 IK 102/99
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 29366
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGGOETT:2001:1122.74IK102.99.0A
Rechtsgrundlagen
- § 290 Abs. 2 InsO
- § 309 InsO
- § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG
Fundstellen
- NZI 2002, 37
- NZI 2002, 61-62
- ZInsO 2001, 1120-1121 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Wird ein Versagungsantrag gem. § 290 InsO auf unstreitige Tatsachen (hier: Wirksamkeit einer Abtretungserklärung) gestützt, genügt eine schlüssige Darlegung der Tatsachen; einer gesonderten Glaubhaftmachung gem. § 290 Abs. 2 InsO bedarf es nicht.
- 2.
Die Frage, ob eine Abtretung wirksam ist, ist im Verhältnis zwischen Treuhänder und Abtretungsgläubiger zu klären. Ein Versagungsgrund gem. § 290 kann daraus nicht hergeleitet werden.
Gründe
I.
Die Schuldnerin hat mit Antrag v. 13.12.1999 Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über ihr Vermögen gestellt. Der Antrag auf Zustimmungsersetzung gem. § 309 InsO ist mit Beschl. v. 18.05.2000 zurückgewiesen und das Verfahren mit Beschl. v. 29.05.2000 eröffnet worden.
Die Gläubigerin zu 1) widerspricht der Ankündigung der Restschuldbefreiung mit der Begründung, dass das von ihr geltend gemachte Recht auf abgesonderte Befriedigung im Hinblick auf eine Abtretung nicht berücksichtigt wurde. Die Schuldnerin hat bereits im Verlaufe des Verfahrens vortragen lassen, dass sie die Abtretung für unwirksam hält.
Der Rechtspfleger hat nach dem im schriftlichen Verfahren durchgeführten Schlusstermin v. 06.11.2001 die Akte dem Richter zur Entscheidung vorgelegt im Hinblick auf den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung.
II.
Der Antrag ist zurückzuweisen.
1.
Zur Entscheidung über den Antrag ist gem. § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG der Richter berufen, da ein fristgemäßer und formwirksamer Antrag vorliegt. Die vom Gesetz in § 290 Abs. 2 InsO geforderten gesonderten Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes bedarf es im vorliegenden Fall nicht. Im Verfahren um Versagung der Restschuldbefreiung handelt es sich um ein streitiges Verfahren zwischen Schuldner und einem Gläubiger. Dieses Verfahren ist dem Eröffnungsverfahren als einem quasi-streitigem Parteiverfahren (vgl. FK-InsO/Schmerbach, § 13 Rn. 5a) vergleichbar, bei dem zunächst eine schlüssige Darlegung durch den Gläubiger genügt und erst bei Bestreiten eine Glaubhaftmachung erforderlich ist (so zum vergleichbaren Fall der Glaubhaftmachung im Eröffnungsverfahren FK-InsO/Schmerbach, § 14 Rn. 51). Im vorliegenden Fall beruft sich die Gläubigerin auf eine Abtretung, bei der der Inhalt unstreitig ist, lediglich Differenzen in der rechtlichen Bewertung bestehen.
2.
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Es liegt keine der in § 290 Abs. 1 InsO aufgezählten abschließenden Versagungsgründe vor. Die Frage, ob die Abtretung wirksam ist, muss der Treuhänder beurteilen, der jährlich vereinnahmte Beträge gem. § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO an die Gläubiger auszukehren hat. Eine Klärung im Verfahren gem. § 36 InsO in der ab dem 01.12.2001 geltenden Fassung dürfte dafür nicht in Betracht kommen. Sofern der Drittschuldner den Betrag im Hinblick auf die unklare Rechtslage hinterlegt, kann eine Klärung in einem Zivilprozess zwischen Treuhänder und Gläubiger erfolgen.