Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 05.01.2001, Az.: 74 IN 278/00
Zuständigkeit mehrerer Insolvenzgerichte; Pflicht des unzuständigen Gerichts zur Auswahl des zuständigen Gerichts; Verweisung an zuständiges Insolvenzgericht
Bibliographie
- Gericht
- AG Göttingen
- Datum
- 05.01.2001
- Aktenzeichen
- 74 IN 278/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 29121
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGGOETT:2001:0105.74IN278.00.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 InsO
- § 281 ZPO
Fundstellen
- KTS 2001, 272
- ZIP 2001, 387
- ZInsO 2001, 137 (Volltext mit red. LS)
Amtlicher Leitsatz
Kommen für die Zuständigkeit eines Insolvenzverfahrens mehrere Insolvenzgerichte in Betracht, so ist es nicht die Aufgabe des zunächst angerufenen unzuständigen Insolvenzgerichts, unter den verschiedenen Gerichten das zuständige auszusuchen, wenn der Antragsteller trotz Hinweises lediglich pauschal die Verweisung an das zuständige Gericht beantragt.
Tenor:
Der Antrag der Antragstellerin vom 12.12.2000 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragsgegnerin wird als unzulässig zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens nach einem Wert bis zu 14.000,00 DM trägt die Antragstellerin.
Gründe
Mit Anwaltsschriftsatz vom 12.12.2000 hat die Antragstellerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt über das Vermögen der Antragsgegnerin wegen einer in einem Schuldanerkenntnis vom 18.0L2000 anerkannten offenen Honorarforderung in Höhe von 12.798,83 DM. Das Schuldanerkenntnis ist am 18.01.2.000 von dem damaligen Vorstand der Antragsgegnerin unterzeichnet worden. Als Adresse ist aufgeührt ist der Ort Staufenberg. Eingetragen ist die Antragsgegnerin im Handelsregister des Amtsgerichtes Hann. Münden.
Nach den Angaben der Antragstellerin ist die Antragsgegnerin mit Vertrag vom 04.02,2000 an Herrn T. in Landshut verkauft worden. Diesen forderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 20.06.2000, 23.08.2000 und 13.10.2000 vergeblich zur Zahlung auf Nach den weiteren Angaben der Antragstellerin sicherte der Erwerber und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende Herr T. der Antragsgegnerin in einem persönlichen Gespräch dem Geschäftsführer der Antragstellerin die Zahlung bis zum 30.11.2000 zu. Dies wurde bestätigt in einem Schreiben der Antragstellerin vom 08.11.2000, gerichtet an Herrn T. in Landshut. Nach den weiteren Angaben in der Antragsschrift teilte Herr T. der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 29.11.2000 und 30.11.2000 mit, dass die Antragsgegnerin derzeit nicht in der Lage sei, die Forderung auszugleichen.
Ausweislich des Handelsregisterauszuges des Amtsgerichtes Hann. Münden (HRB 2382) ist am 15.11.2000 als neuer Vorstand eingetragen Herr P. in Mühlheim/Ruhr. In der Antragsschrift vom 12.12.2000 wird als Adresse von Herrn P. angegeben T. Str. Berlin.
Mit Schreiben vom 15.12.2000, ausgefertigt am 18.12.2000, hat das Insolvenzgericht die Antragstellerin daraufhingewiesen, dass die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichtes Göttingen nicht ausreichend dargelegt ist. Im Einzelnen ist ausgeführt, dass die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Antragstellung keinen Geschäftssitz im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichtes Göttingen mehr unterhielt und dass allein die handelsregisterliche Eintragung bei dem Amtsgericht Hann. Münden nicht ohne weiteres die Zuständigkeit für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens begründet. Weiter ist die Antragstellerin auf die Regelung des § 3 Abs. 1 InsO hingewiesen worden. Schließlich ist der Antragstellerin aufgegeben worden, binnen einer Frist von zwei Wochen Verweisung an das zuständige Gericht zu beantragen oder die Zuständigkeit des Amtsgerichtes Göttingen darzulegen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 03.01.2000 hat die Antragstellern vortragen lassen, dass die Antragsgegnerin derzeit keine nennenswerte geschäftliche Tätigkeit ausübe und es sich bei der Anschrift in Berlin offenbar nur um eine Postanschrift handele. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass die Zuständigkeit des Insolvenzgerichtes am allgemeinen Gerichtsstand gegeben sei. Gem. § 17 ZPO komme es bei der Aktiengesellschaft auf die Eintragung an. Infolge der Eintragung im Handelsregister Hann. Münden sei das Amtsgericht Göttingen zuständig. Hilfsweise wird Verweisung "an das zuständige Insolvenzgericht" beantragt.
Der Antrag ist unzulässig. Das Amtsgericht Göttingen ist nicht zuständig. Auch eine Verweisung kommt nicht in Betracht.
Gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO ist zunächst ausschließlich zuständig das Insolvenzgericht, in dem die Schuldnerin den Mittelpunkt einer selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit hat. dass die Antragsgegnerin eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen hatte, ergibt sich bereits darauf, dass sie die Antragstellerin beauftragte. Mangels gegenteilige Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die wirtschaftliche Tätigkeit fortdauert und noch nicht beendet ist. Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz vom 03.01.2001 vortragen lässt, nach den ihr vorliegenden Informationen übe die Antragsgegnerin derzeit keinerlei nennenswerte geschäftliche Tätigkeit aus, ist dieser Vortrag unsubstantiiert und damit unbeachtlich. Daran ändert auch nichts die weitere Angabe der Antragstellerin, bei der Anschrift in Berlin handele es sich offenbar nur um eine Postanschrift. Auch dieser Vortrag ist nicht näher ausgeführt. Die Tatsache, dass die Antragstellerin die Korrespondenz nicht mit dem Vorstand, sondern mit dem Erwerber und Aufsichtsratvorsitzenden Herrn T. in Landshut fuhrt, kann lediglich Bedeutung dafür haben, ob das Amtsgericht Berlin oder das Amtsgericht Landshut zuständig sind. Mangels substantiierter Angaben der Antragstellerin besteht für das Insolvenzgericht auch keine Veranlassung, seine Zuständigkeit von Amts wegen gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO zu überprüfen. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines zulässigen Antrages (FK-InsO, Schmerbach § 14 Rz. 5). Davon kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden.
Auch eine Verweisung gem. § 4 InsO i.V.m. § 281 ZPO kommt nicht in Betracht. Im Anwaltsschriftsatz vom 03.01.2001 ist hilfsweise beantragt Verwaisung "an das zuständige Insolvenzgericht". Hier kommen in Betracht das Amtsgericht Berlin und das Amtsgericht Landshut. Es ist nicht Aufgabe des Insolvenzgerichtes, unter mehreren in Betracht kommenden zuständigen anderen Insolvenzgerichten das zuständige Insolvenzgericht auszusuchen.
Folglich ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Bei der Wertfestsetzung hat das Gericht zu Grunde gelegt, den geltend gemachten Forderungsbetrag.