Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 24.07.2013, Az.: 3 U 218/11
Amtshaftungsansprüche des Insolvenzverwalters wegen schuldhafter Verzögerung der Entscheidung des Insolvenzgerichts über einen beantragten Kostenvorschuss bzw. dessen Versagung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 24.07.2013
- Aktenzeichen
- 3 U 218/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 63736
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BGH - 16.10.2014 - AZ: IX ZR 190/13
Rechtsgrundlagen
- § 839 Abs. 1 BGB
- Art. 34 S. 1 GG
- § 61 InsO
- § 9 InsVV
Redaktioneller Leitsatz
1. Besteht die Gefahr des Vergütungsverlustes für den Insolvenzverwalter oder hat er bereits erhebliche Barauslagen getätigt, so stellt sich die Verweigerung der gerichtlichen Zustimmung auf Vorschussentnahme oder deren Erteilung mit erheblicher Verzögerung (in der Regel von mehr als zwei Wochen) als amtspflichtwidrig dar.
2. Die Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses kann in der Regel nicht mit dem Einwand abgelehnt werden, die Abwicklungstätigkeit des Verwalters sei verzögert oder vernachlässigt worden, da der Einwand mangelhafter Leistungen oder fehlenden Erfolges die Höhe der Vergütung des Insolvenzverwalters nicht beeinflusst. Vielmehr kommt eine Versagung der Vergütung des Insolvenzverwalters in entsprechender Anwendung des Grundgedankens des § 654 BGB nur gewichtigen, vorsätzlichen oder zumindest leichtfertigen Pflichtverstößen des Insolvenzverwalters in Betracht.
In dem Rechtsstreit
des Rechtsanwalts P. F. R. von D., ...............,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Dr. L. & Kollegen, ......,
gegen
das Land Niedersachsen, vertreten durch die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig, diese wiederum vertreten durch den Generalstaatsanwalt, Münzstraße 17, 38100 Braunschweig,
Beklagter und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältin E. K.-J., .....
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. X, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Y und den Richter am Landgericht Z auf die mündliche Verhandlung vom 26.06.2013 für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 28.11.2011 im Kostenpunkt und - soweit über die Klageanträge zu 3. und 4. (Zahlung weiterer 69.815,32 € und weiterer 25.287,50 €) entschieden worden ist - teilweise abgeändert. Insoweit wird es wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass das Amtsgericht G. mit Beschlüssen vom 11.04.2008 und 25.01.2010 - Geschäftsnummer ....... - den Antrag des Klägers vom 04.07.2007 auf Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Entnahme eines Vorschusses auf die Vergütung aus der Insolvenzmasse zurückgewiesen hat, und weiter entsprechend den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass das Amtsgericht G. mit Beschlüssen vom 08.08.2008 und 16.04.2010 - Geschäftsnummer ...... - die Anträge des Klägers vom 09.10.2006 und 19.05.2008 auf Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Entnahme eines Vorschusses auf die Vergütung aus der Insolvenzmasse zurückgewiesen hat.
Die weitergehende Klage hinsichtlich der Klageanträge zu 3. und 4. wird als derzeit unbegründet abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird, soweit mit ihr die Klageanträge zu 3. und 4. weiterverfolgt worden sind, zurückgewiesen.
- 2.
Der Kläger trägt 72 %, der Beklagte 28 % der Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
- 4.
Die Revision wird zugelassen.
- 5.
Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf 190.867,01 € festgesetzt.
Gründe
I.
Nach Verkündung eines Teilurteils des Senats vom 27.02.2013, auf das Bezug genommen wird, begehrt der Kläger von dem beklagten Land noch Schadensersatz wegen verzögerter Bearbeitung seiner Anträge auf Zustimmung zur Entnahme von Vergütungs- und Auslagenvorschüssen für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter im Rahmen zweier Insolvenzverfahren und der Verweigerung der Zustimmung zur Entnahme der Vorschüsse seitens des Amtsgerichts G..
Der als Insolvenzverwalter tätige Kläger wurde vom Amtsgericht G. - Insolvenzgericht - zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der D. & K. GmbH & Co. KG, Gesch.-Nr. ......, sowie zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. GmbH, Gesch.-Nr. ....., bestellt.
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH, Gesch.-Nr. ...., beantragte der Kläger am 04.07.2007 beim Amtsgericht G. die Festsetzung des Vergütungsvorschusses gemäß § 9 InsVV in Höhe von 82.110.- € brutto (Bl. 107 ff. Anlagenband Kläger).
Diesen Antrag wies das Amtsgericht mit Beschluss des Rechtspflegers vom 11.04.2008 (Bl. 114 ff. Anlagenband Kläger) zurück. Zur Begründung verwies der Rechtspfleger darauf, dass mit Beschluss vom 10.11.2005 ein Sonderinsolvenzverwalter zur Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen den Kläger eingesetzt worden sei. Der Sonderinsolvenzverwalter sei in seinem Prüfbericht vom 21.12.2007 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Insolvenzverwalter der Insolvenzmasse in nicht unerheblichem Umfang gesamtschuldnerisch hafte. Es sei daher von einer mangelhaften Abwicklungstätigkeit des Klägers auszugehen. Ferner habe der Kläger seinem Antrag keine Belege beigefügt, die eine Prüfung der Berechnung der Teilungsmassen ermöglichten. Dies sei auch ein Indiz für die mangelhafte Abwicklungstätigkeit des Klägers. Vor dem Hintergrund der vom Insolvenzverwalter festgestellten Schadensersatzansprüche der Masse gegen den Insolvenzverwalter sei zunächst angebracht, den weiteren Ablauf des Verfahrens abzuwarten, um unter Umständen eine Aufrechnung der festzusetzenden endgültigen Vergütung des Insolvenzverwalters mit den Ansprüchen der Masse vornehmen zu können. Mit Beschluss vom 21.09.2007 sei indes bereits ein Vorschuss auf die Auslagen des Klägers festgesetzt worden, da der Anspruch auf Erstattung von Auslagen auch bei mangelhafter Abwicklungstätigkeit bestehe.
Gegen diesen Beschluss legte der Kläger am 29.04.2008 ein als Beschwerde bezeichnetes Rechtsmittel ein (Bl. 116 ff. Anlagenband Kläger). Nachdem der Kläger mit weiterem Schriftsatz vom 12.01.2010 darauf hinwies, dass die Beschwerde als Erinnerung zu werten sei und um Mitteilung des Sachstandes bat (Bl. 120 f. Anlagenband Kläger), wies der Richter beim Amtsgericht G. die Erinnerung mit Beschluss vom 25.01.2010 zurück (Bl.122 f. Anlagenband Kläger). Zur Begründung seiner Entscheidung verwies er darauf, dass die nach den Feststellungen des Sonderinsolvenzverwalters im Prüfbericht vom 21.12.2007 bestehenden Ansprüche der Insolvenzmasse gegen den gesamtschuldnerisch haftenden Insolvenzverwalter den Vorschussbetrag in Höhe von 69.000.- € netto um ein Vielfaches übersteigen. Bei dieser Sachlage bestehe kein Anspruch auf Vorschuss auf die Vergütung. Zwar sei die Vergütung des Insolvenzverwalters eine Tätigkeitsvergütung, sie könne dennoch in Ausnahmefällen versagt werden. Wenn gewichtige Anhaltspunkte für einen Schadensersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter bestünden, sei gemäß § 242 BGB nach Treu und Glauben die Geltendmachung jedenfalls eines Vorschussanspruchs ausgeschlossen. Auf die weitere Frage, ob die Berechnung nachvollziehbar sei, komme es nicht mehr an.
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts legte der Kläger mit Schriftsatz vom 09.02.2010 Beschwerde ein, die mit Beschluss des Landgerichts Göttingen vom 17.02.2010 auf seine Kosten als unzulässig verworfen wurde unter Verweis auf den abschließenden Charakter der Entscheidung des Richters beim Amtsgericht über die befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG.
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. & K. GmbH & Co. KG, Gesch.-Nr. ....., beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 09.10.2006 die Festsetzung eines Vorschusses auf seine Auslagen für den Zeitraum vom 01.04.2001 bis 10/2006 in Höhe von 19.140.- € brutto (Bl. 132 Anlagenband). Die Rechtspflegerin beim Amtsgericht G. teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 30.10.2006 (Bl. 133 Anlagenband Kläger) mit, dass die Vorschussfestsetzung derzeit nicht erfolgen könne, da wegen der Nichteinreichung der Rechnungslegung samt Belegen und vollständigen Erläuterungen durch das Amtsgericht nicht beurteilt werden könne, inwieweit eine Kostendeckung vorliege. Mit weiterem Schriftsatz vom 23.11.2006 (Bl. 134 Anlagenband Kläger) äußerte der Kläger die Ansicht, dass der beantragten Entnahme der Auslagen durch das Gericht zugestimmt werden müsse.
Die Rechtspflegerin beim Amtsgericht erklärte dazu mit weiterem Schreiben vom 23.11.2006, dass dem Antrag des Klägers aus verschiedenen Gründen nicht stattgegeben werden könne. Einerseits werde derzeit durch den Sonderinsolvenzverwalter geprüft, ob und inwieweit der Masse möglicherweise aufrechenbare Schadensersatzansprüche gegen den Kläger zustehen. Zudem sei die Frage der Massekostendeckung mangels Einreichung einer vollständigen Rechnungslegung trotz wiederholter Zwangsgeldfestsetzung ungeklärt. Schließlich entnehme der Kläger bereits seit geraumer Zeit ohne gerichtliche Genehmigung Auslagen in Form von Haftpflichtversicherungsbeiträgen. Der Vorschussantrag sei daher insoweit zu ergänzen. Mit weiterem Schriftsatz vom 19.05.2008 (Bl. 136 Anlagenband Kläger) erweiterte der Kläger seinen Antrag vom 09.10.2006 auf den Zeitraum bis April 2008 und bezifferte seine Auslagen inklusive Umsatzsteuer auf einen Betrag in Höhe von 25.287,50 €. Mit einem anschließenden Schreiben der Rechtspflegerin beim Amtsgericht vom 03.06.2008 (Bl. 137 ff. Anlagenband Kläger), in dem der Kläger unter anderem zu einem Anhörungstermin in das Amtsgericht geladen wurde, um Auskunft zu Fragen des Sonderinsolvenzverwalters zu erteilen, wurde der Kläger um Rücknahme seines Vorschussantrages gebeten. Hierzu erklärte der Kläger mit Schreiben vom 18.06.2008, dass er, solange nicht über seine Vergütungsantrag vom 09.10.2006/19.05.2008 entschieden worden sei, von seinem gesetzlichen Zurückbehaltungsrecht Gebrauch mache und die Arbeit einstelle (Bl. 140 Anlagenband Kläger).
Mit Beschluss der Rechtspflegerin beim Amtsgericht G. vom 08.08.2008 (Bl. 142 ff. Anlagenband) wurden die Auslagen des Klägers für die Zeit vom 01.04.2001 bis 31.12.2006 auf 17.250.- € zuzüglich Umsatzsteuer festgesetzt. Der weitergehende Antrag des Klägers wurde zurückgewiesen. Die Entnahme der Auslagen aus der Insolvenzmasse wurde dem Kläger nicht gestattet. Die Rechtspflegerin begründete ihre Entscheidung damit, dass der im Antrag zugrunde gelegte Auslagenpauschsatz gemäß § 8 Abs. 3 InsVV nur bis zu dem Zeitpunkt verlangt werden könne, zu dem bei ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens die insolvenzrechtlich erforderliche Tätigkeit abgeschlossen worden wäre. Da der Insolvenzverwalter die Beanstandungen seiner Rechnungslegung nicht behoben habe, könne das Gericht nicht beurteilen, ob der Insolvenzverwalter das Verfahren hätte früher abschließen müssen. Daher gehe das Insolvenzgericht davon aus, dass das Verfahren bei einer ordnungsgemäßen Durchführung wahrscheinlich mit Ende des Monats Dezember hätte abschlussreif sein können, so dass nur bis zu diesem Zeitpunkt Auslagen verlangt werden könnten. Ferner könne die Genehmigung zur Entnahme eines Vorschusses aus der Insolvenzmasse verweigert werden, wenn konkrete Tatsachen über die nicht ordnungsgemäße Abwicklung des Verfahrens bekannt seien, die in der Person des Insolvenzverwalters begründet seien. Die Voraussetzungen zur Verweigerung der Entnahme der Auslagen aus der Insolvenzmasse lägen vor. Zunächst habe der Insolvenzverwalter bislang keine ordnungsgemäße Rechnung gelegt bzw. Beanstandungen des Gerichts nicht behoben. Ferner entziehe er sich den Maßnahmen des Insolvenzgerichts, die es im Rahmen des § 58 InsO für geboten halte. Das Insolvenzgericht mache daher von dem Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB Gebrauch. Im Übrigen habe der Sonderinsolvenzverwalter in seinem Prüfungsbericht vom 12.02.2007 Auskunfts- und Abrechnungsansprüche gegenüber der Sparkasse Göttingen aus der Besitz- und Verwaltungsüberlassung der Betriebsimmobilie durch den Insolvenzverwalter und gegebenenfalls auch Schadensersatzansprüche daraus gegen den Insolvenzverwalter bejaht. Da Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter nicht auszuschließen seien, könne den Gläubigern nicht zugemutet werden, dass ein Vorschuss aus der Masse entnommen werde, der möglicherweise nicht mehr verlangt werden könne, weshalb die Entnahme der Auslagen derzeit nicht zu gestatten sei.
Der Kläger legte gegen den Beschluss des Amtsgerichts G. vom 08.08.2008 mit Schriftsatz vom 26.08.2008 beim Insolvenzgericht Beschwerde ein, auf den Bezug genommen wird (Bl. 145 ff. Anlagenband Kläger). Das Amtsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 09.09.2008 nicht ab und legte sie zur Entscheidung dem Landgericht Göttingen vor, das mit Beschluss vom 24.11.2008 das Verfahren an das Amtsgericht G. zur eigenen Entscheidung zurückverwies, da der Kläger mit seinem Rechtsmittel lediglich eine unzutreffend bezeichnete befristete Erinnerung eingelegt habe. Mit weiterem an das Insolvenzgericht gerichteten Schriftsatz vom 12.01.2010 begehrte der Kläger eine sofortige Entscheidung des Amtsgerichts (Bl. 154 f. Anlagenband Kläger). Der Richter beim Amtsgericht wies mit Beschluss vom 16.04.2010 (Bl. 156 Anlagenband Kläger) die sofortige Erinnerung gegen den Beschluss der Rechtspflegerin zurück. Zur Begründung verwies das Gericht auf den Beschluss vom 25.01.2010 in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH mit der Gesch.-Nr. ...... Hinzu komme, dass der Insolvenzverwalter seit Jahren der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Rechnungslegung trotz Festsetzung mehrerer Zwangsgelder nicht nachkomme.
Der Kläger hat zu dem Ablauf des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B. GmbH die Ansicht geäußert, dass das Insolvenzgericht spätestens sechs Wochen nach Vorlage des Antrags vom 04.07.2007 über diesen hätte entscheiden müssen, da es gesetzliche Amtspflicht bei einem vollständig vorliegenden Antrag sei, dem Verwalter unverzüglich eine Festsetzungsentscheidung zukommen zu lassen. Nach Ablauf der Frist von sechs Wochen habe sich das Land im Schuldnerverzug befunden. Es sei nicht durch die insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung gedeckt, über den Vergütungsantrag nach § 9 InsVV wegen von einem Sonderverwalter festgestellter Schadensersatzansprüche nicht zu entscheiden, sondern den weiteren Verfahrensablauf abzuwarten. Der Massebestand habe sich per 27.06.2007 auf 89.450.32 € belaufen und dem Kläger sei mit Beschluss vom 21.09.2007 die Erlaubnis erteilt worden, Auslagen in Höhe von 19.635.- € zu entnehmen, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Der Kläger hat die Ansicht geäußert, dass ihm daher noch eine Schadensersatzforderung in Höhe von 69.815,32 € zustehe.
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. & K. GmbH & Co. KG habe der Antrag vom 01.10.2006 spätestens bis zum 01.12.2006 beschieden werden müssen, weshalb sich das beklagte Land mit dem ursprünglich begehrten Vorschuss in Höhe von 19.140.- € seit dem 01.12.2006 in Verzug befunden habe. Zu dem weiteren Vergütungsantrag vom 19.05.2008 über einen Gesamtbetrag in Höhe von 25.287,50 € hat der Kläger die Ansicht geäußert, dass sich das beklagte Land seit dem 01.07.2008 in Verzug befunden habe.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Verurteilung des beklagten Landes zu einer Zahlung in Höhe von insgesamt 114.597,60 € begehrt. Wegen der noch streitgegenständlichen Posten hat der Kläger beantragt,
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 69.815,32 € zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 15.08.07;
4. die Beklagten zu verurteilen, den Kläger weitere 25.287,50 € zu zahlen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB auf 19.140,00 € seit 30.11.2006 und auf 6.147,50 € seit 01.07.2008;
5. es wird festgestellt, dass die Beklagte mit den Zustimmungen zu den Entnahmeanträgen vom 09.10.2006 und 04.07.2007 sich im Verzug befindet.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage mit am 28.11.2001 verkündeten Urteil abgewiesen.
Der Feststellungsantrag zu Ziff. 5. sei bereits unzulässig, weil ein Feststellungsinteresse des Klägers fehle und ein Fall doppelter Rechtshängigkeit gegeben sei. Mit Schadensersatzansprüchen wegen einer verzögerten Bearbeitung der auf Entnahme eines Vorschusses auf die Insolvenzverwaltervergütung gerichteten Anträge sowie der Verweigerung der Zustimmung zur Entnahme des Vorschusses könne der Kläger nicht durchdringen, da er schon einen auf einer möglichen Amtspflichtverletzung beruhenden ersatzfähigen Schaden nicht ausreichend dargelegt habe. Ob eine Amtspflichtverletzung gegeben gewesen sei, könne dahinstehen, da die mit den Anträgen zu Ziff. 3. und 4. geltend gemachten Forderungen keinen ersatzfähigen Schaden des Klägers darstellten. Da es sich bei den Beträgen lediglich um Vorschüsse auf die Insolvenzverwaltervergütung gehandelt habe, könne ein Schaden erst dann entstehen, wenn über die Vergütungsfestsetzung endgültig entschieden worden sei. Die als Nebenforderung geltend gemachten Verzugszinsen seien nicht zuzusprechen, da der Kläger auch keine Verzinsung des Vergütungsvorschusses gegenüber der Insolvenzschuldnerin verlangen könne. Eine Verzinsung der Vergütung des Insolvenzverwalters komme weder aus § 104 Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. § 4 InsO noch aus dem Gesichtspunkt des Verzuges in Betracht. Ein im Wege der Amtshaftung ersatzfähiger Schaden des Klägers habe letztlich nur in einem Zinsschaden für aufgewendete Kreditzinsen oder entgangene Anlagezinsen bestehen können. Hierzu habe der Kläger aber nichts Konkretes vorgetragen.
Gegen das ihm am 01.12.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.12.2011 Berufung eingelegt, die er nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 08.03.2012 begründet hat.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die erstinstanzlich gestellten Klageanträge zu 1.-4. in einem Gesamtumfang von insgesamt 114.784,75 € weiter. Er wendet sich gegen die tragenden rechtlichen Erwägungen des angefochtenen Urteils. Er ist der Auffassung, dass die Entscheidungen des Insolvenzgerichts im vorliegenden Fall auf einer schlechthin unvertretbaren Rechtsauslegung beruhten und daher jeweils einen besonders groben Verstoß darstellten. Das Insolvenzgericht habe die Anträge des Klägers vom 04.07.2007 und 09.10.2006 auf Bewilligung der Entnahme von Vergütungs- und Auslagenvorschuss nicht nur allesamt verzögerlich bearbeitet, sondern gleichfalls amtspflichtwidrig mit unvertretbarer Begründung auch im Erinnerungsverfahren abgelehnt. Die Genehmigung der Entnahme der Vorschüsse aufgrund der nach den Maßstäben der §§ 1 bis 3 InsVV berechneten Anträge des Klägers hätte unverzüglich bewilligt werden müssen. Besondere Gründe, die ganz ausnahmsweise eine Versagung hätten rechtfertigen können, seien nicht gegeben gewesen. Die vom Insolvenzgericht für die Versagung ins Feld geführten Gründe seien allesamt unvertretbar gewesen. Durch die amtspflichtwidrigen Ablehnungen sei dem Kläger eine Vermögenseinbuße in Höhe der Vorschussbeträge entstanden, die von dem beklagten Land auszugleichen sei. Der Kläger müsse sich auf seinen endgültigen Vergütungsanspruch das anrechnen lassen, was er als Schadensersatzleistung vom beklagten Land für den ihm - pflichtwidrig versagten - Vorschussanspruch erhalte, der dadurch zugleich erlösche. Die Schadensersatzansprüche des Klägers scheiterten auch nicht daran, dass, wenn die zugrunde liegende Amtspflichtverletzung in der Nichterfüllung eines Zahlungsanspruchs bestehe, kein inhaltsgleicher Schadensersatzanspruch entstehe, weil die Nichterfüllung eines Anspruchs als solche die Vermögenslage des Berechtigten noch nicht verändere und es daher an einem Schaden fehle. Denn im vorliegenden Fall gehe es nicht um die Nichterfüllung als solche, sondern darum, dass die auf eine unverzügliche Bescheidung und Erfüllung gerichteten Anträge des Klägers grob amtspflichtwidrig falsch beschieden worden seien, worin der Schaden begründet sei.
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH (Gesch.-Nr. .......) stehe bereits fest, dass der Kläger mit Vergütungsansprüchen in Höhe von mehr als 50.000.- € ausfalle. Per 14.06.2013 habe sich der Massebestand in diesem Insolvenzverfahren durch Verfügungen des Sonderinsolvenzverwalters mit Billigung des Insolvenzgerichts auf unter 20.000.- € verringert, was der Beklagte mit Nichtwissen bestreitet.
Der Senat hat mit am 27.02.2013 verkündeten Teilurteil das beklagte Land verurteilt, an den Kläger 4.329,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 2.529,52 € seit dem 02.08.2008 und auf 1.800,00 € seit dem 19.01.2010 zu zahlen. Die weitergehende Klage ist hinsichtlich der Klageanträge zu 1. und 2. abgewiesen worden und die Berufung im Übrigen, soweit mit ihr die Klaganträge zu 1. und 2. weiterverfolgt worden sind, zurückgewiesen worden. Zu den mit den Berufungsanträgen zu 3. und 4. weiter verfolgten Schadensersatzansprüchen in Zusammenhang mit der Versagung der gerichtlichen Zustimmung zur Entnahme von Vorschüssen in den Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH und der D. & K. GmbH & Co. KG hat der Senat in dem Teilurteil ausgeführt, dass der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif sei.
Der Kläger beantragt zuletzt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Göttingen vom 28.11.2011 - 4 O 218/08 - das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger
3. weitere 69.815,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2010 zu zahlen sowie
4. weitere 25.287,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.07.2010 zu zahlen
sowie hilfsweise,
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass das Amtsgericht G. mit Beschlüssen vom 11.04.2008 und 25.01.2010 - Geschäftsnummer ....... - den Antrag des Klägers vom 04.07.2007 auf Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Entnahme eines Vorschusses auf die Vergütung aus der Insolvenzmasse zurückgewiesen hat, und weiter entsprechend den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, dass das Amtsgericht Göttingen mit Beschlüssen vom 08.08.2008 und 16.04.2010 - Geschäftsnummer .....- die Anträge des Klägers vom 09.10.2006 und 19.05.2008 auf Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Entnahme eines Vorschusses auf die Vergütung aus der Insolvenzmasse zurückgewiesen hat.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Es verteidigt das erstinstanzliche Urteil und erhebt die Einrede der Verjährung.
II.
Soweit der Kläger mit seiner zulässigen Berufung Schadensersatzansprüche wegen einer verspäteten Entscheidung über seine Anträge und der Verweigerung der gerichtlichen Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses auf seine Vergütung für die Tätigkeit in den Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH und der D. & K. GmbH & Co. KG verfolgt, ist sein Rechtsmittel nur teilweise begründet.
1. Die mit den Klageanträgen zu Ziff. 3. und 4. geltend gemachten Zahlungsansprüche bestehen bislang noch nicht, da dem Kläger noch ein insolvenzrechtlicher Vergütungsanspruch zusteht und er die Höhe seiner auf Amtshaftung beruhenden Schadensersatzansprüche derzeit nicht beziffern kann. Der Vergütungsanspruch des Klägers gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 InsO in den beiden genannten Insolvenzverfahren vor dem Amtsgericht G. ist bislang nicht untergegangen. Der Kläger kann noch nicht konkret beziffern, in welcher Höhe er in den beiden Insolvenzverfahren aufgrund einer Reduzierung des Umfangs der ursprünglichen Insolvenzmasse keine Vergütung erlangen wird, die ihm für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter in den Insolvenzverfahren zusteht. Er hat bislang lediglich zu dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH vorgetragen, dass er mit mindestens 50.000.- € an Vergütungsansprüchen in diesem Verfahren ausfallen werde. Da die endgültige Festsetzung der Vergütung des Klägers in beiden Insolvenzverfahren noch nicht erfolgt ist, ist es dem Kläger bislang nicht möglich, seinen Schaden konkret darzulegen.
a) Der Anspruch des Insolvenzverwalters auf seine endgültige Vergütung wird erst mit der Beendigung des gesamten Insolvenzverfahrens fällig (vgl. BGH, Beschluss vom 01.10.2002 - IX ZB 53/02 - juris Rn. 10). Die in § 9 InsVV geregelte Bewilligung von Vorschüssen erfolgt hingegen lediglich vorläufig, im Gegensatz zur Vergütungsfestsetzung erwächst sie nicht förmlich in Bestandskraft. Dieser nur vorläufige Charakter einer Entscheidung nach § 9 InsVV führt dazu, dass mit der mit der Verweigerung der Bewilligung eines Vorschusses der Vergütungsanspruch des Insolvenzverwalters einerseits nicht endgültig aberkannt wird und andererseits der Insolvenzverwalter zu viel erlangte Vorschusszahlungen - trotz der Teil-Erfüllungswirkung der Entnahme - gemäß materiellem Recht zurückzuerstatten hat (vgl. BGH, aaO. Rn. 13).
b) Da der Vergütungsanspruch des Klägers gegenüber der Masse weiterhin fortbesteht und der Kläger zum jetzigen Zeitpunkt allenfalls darlegen kann, in welcher Höhe er mindestens mit seinem Vergütungsanspruch in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH ausfallen wird, während er zu dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. & K. GmbH & Co. KG bislang nicht entsprechend vorgetragen hat, steht die Höhe seines Nachteils im allgemeinen schadensrechtlichen Sinn noch nicht fest.
aa) Grundsätzlich kann die Nichterfüllung eines fälligen Anspruches zu einem Schaden für den Berechtigten führen, wenn ihm ein sonst wahrscheinlicher Vermögenszuwachs dadurch entzogen wird oder er gezwungen wird, ihn belastende Maßnahmen zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.1953 - III ZR 120/52 - juris Rn. 3). Zu diesem Aspekt, der grundsätzlich einen bereits zum jetzigen Zeitpunkt bezifferbaren Schaden des Klägers betreffen würde, hat der Kläger im Rahmen des Berufungsverfahrens allerdings nicht weiter vorgetragen, nachdem bereits in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils zutreffend ausgeführt worden ist, dass der Verweis auf einen angeblichen Zinsschaden des Klägers zu pauschal war.
bb) Der Sachverhalt der Nichterfüllung eines Zahlungsanspruchs als solcher verändert hingegen die Vermögenslage des Anspruchsberechtigten nicht, weil sein Recht nach wie vor bestehen bleibt (vgl. BGH, aaO.). Gleiche Erwägungen müssen auch für den Anspruch nach § 9 InsVV auf Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Entnahme eines Vorschusses aus der Insolvenzmasse gelten. Denn auch in diesem Fall bleibt wegen des vorläufigen Charakters der Vorschussentnahme bei verweigerter Zustimmung der Anspruch des Insolvenzverwalters auf seine gesetzliche Vergütung unberührt. Wird ein solcher Zahlungsanspruch vom Schuldner nicht erfüllt, so entsteht dadurch nicht ein inhaltsgleicher Anspruch gegen ihn auf Schadensersatz, selbst wenn die Nichterfüllung auf einer Amtspflichtverletzung beruhen sollte (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.1955 - III ZR 49/54 - WM 1956, 65 f.; Wöstmann in Staudinger, BGB, 15. Auflage 2012, § 839 Rn. 242).
Diese grundsätzliche Erwägung ist indes nicht auf Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung begrenzt. Denn beispielsweise auch für das gesetzlich nicht näher geregelte Verhältnis von Erfüllungsanspruch und Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gilt, dass zwar ein Nebeneinander beider Ansprüche besteht, dieses Nebeneinander aber nicht bedeutet, dass der Gläubiger beides gleichzeitig, die Leistung und Schadensersatz an ihrer Stelle, verlangen könnte. Beide Berechtigungen schließen sich inhaltlich vielmehr aus (vgl. nur Ernst in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012, § 281 Rn. 68 m.w.N.) und stehen im Verhältnis sog. elektiver Konkurrenz (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2006 - V ZR 124/05 - juris Rn. 17). Ähnliches gilt im vorliegenden Fall für das Verhältnis des noch bestehenden Vergütungsanspruchs, einem Primäranspruch, im Verhältnis zu dem Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung als Sekundäranspruch mit dem Unterschied, dass dem Gläubiger kein Wahlrecht zwischen beiden Ansprüchen zusteht, sondern dass der Sekundäranspruch erst eingreifen kann, wenn feststeht, inwieweit der Gläubiger eine Leistung auf seinen Primäranspruch erhalten hat.
2. Der Kläger dringt indes mit den im Wege der eventuellen Klagehäufung verfolgten Feststellungsbegehren durch, die er zulässigerweise unter Wahrung der Voraussetzungen des § 533 ZPO erstmalig in der Berufungsinstanz gestellt hat.
a) Insbesondere ist ein Feststellungsinteresse des Klägers im Sinne des
§ 256 Abs. 1 ZPO vorhanden. Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist nur gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. nur BGH, Urteile vom 16.09.2008 - VI ZR 244/07 - juris Rn. 13; vom 13.01.2010 - VIII ZR 351/08 - juris Rn. 12). Bei einer behauptenden Feststellungsklage liegt eine solche Gefährdung in der Regel schon darin, dass der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.1986 - V ZR 201/84 - juris Rn. 12) oder wenn Verjährung droht (vgl. BGH, Urteil vom 11.07.1989 - VI ZR 234/88 - juris Rn. 7). Beide Aspekte greifen im vorliegenden Fall ein. Denn das beklagte Land verneint einen Anspruch des Klägers auf Leistung von Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzungen und es hat bereits die Einrede der Verjährung erhoben.
b) Die Feststellungsanträge des Klägers sind auch begründet, da - abhängig von der bereits dargestellten Entwicklung des Schadens des Klägers - die übrigen sachlich-rechtlichen Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs gemäß
§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG vorliegen.
aa) Die Beschlüsse des Amtsgerichts Göttingen vom 11.04.2008 und 25.01.2010, mit denen einerseits in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH, Gesch.-Nr. ......., über den Antrag des Klägers vom 04.07.2007 entschieden wurde, sowie die Beschlüsse vom 08.08.2008 und 16.04.2010, mit denen in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. & K. GmbH & Co. KG, Geschäftsnummer ......, über die Anträge des Klägers vom 09.10.2006 und 19.05.2008 entschieden wurde, waren schuldhaft amtspflichtwidrig. Ausgangspunkt ist dabei die Erwägung, dass im Fall einer schuldhaften Verzögerung oder Versagung eines beantragten Kostenvorschusses durch das Insolvenzgericht ein Schadensersatzanspruch des Insolvenzverwalters wegen Amtspflichtverletzung in Betracht kommt (vgl. BGH Urteil vom 04.12.2003 - IX ZB 48/03 - juris Rn. 21).
(1) Die angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts Göttingen sind keine Urteile im Sinne des § 839 Abs. 2 S. 1 BGB, so dass das Spruchrichterprivileg (Richterspruchprivileg) im vorliegenden Fall keine unmittelbare Anwendung findet. Jedoch ist auch bei richterlichen Entscheidungen außerhalb des Spruchrichterprivilegs der Verfassungsgrundsatz der richterlichen Unabhängigkeit zu beachten (vgl. BGH Beschluss vom 19.12.1991 - III ZR 9/91 - juris Rn. 2). Dem Richter ist ein Schuldvorwurf nur bei besonders groben Verstößen zu machen, dies läuft inhaltlich auf eine Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit hinaus (vgl. BGH, Urteil vom 03.07.2003 - III ZR 326/02 - juris Rn. 2).
Für den Rechtspfleger, der die angegriffenen Beschlüsse vom 11.04.2008 und 08.08.2008 erließ, gilt, dass er nach § 9 RPflG in seiner Amtsausübung in gleicher Weise sachlich unabhängig und nur an Recht und Gesetz gebunden ist. Die an ihn im Rahmen seiner Zuständigkeit bei der Rechtsanwendung und Gesetzesauslegung anzulegenden Sorgfaltsmaßstäbe müssen dem Rechnung tragen. Ein Verschulden des Rechtspflegers kann deshalb nur dann bejaht werden, wenn die seiner Entscheidung zugrunde gelegte Rechtsansicht objektiv nicht mehr vertretbar erscheint (vgl. BGH v. 05.10.2006 - III ZR 283/05 - juris Rn 20).
(2) Diese Voraussetzungen der Amtshaftung sind im vorliegenden Fall hinsichtlich der gerichtlichen Bearbeitung der Anträge des Klägers, der Entnahme eines Vorschusses aus der Insolvenzmasse zuzustimmen, gegeben.
(a) Die Verweigerung der Zustimmung gemäß § 9 S. 1 InsVV hindert den Insolvenzverwalter unmittelbar daran, seinen geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Vergütung aus der Insolvenzmasse zu erfüllen. Sein Vergütungsanspruch gemäß § 63 InsO entsteht schon mit seiner bloßen Tätigkeit und nicht erst mit der Festsetzung durch das Gericht (so zu § 85 KO - der den §§ 63 bis 65 InsO entspricht - BGH, Urteil vom 05.12.1991 - IX ZR 275/90 - juris Rn. 27). Dieser - durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte (BVerfG, Beschluss vom 30.03.1993 - 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90 - juris Rn. 73) - Anspruch ist auch auf eine unverzügliche Erfüllung gerichtet. Denn der durch seine Tätigkeit für eine typischerweise vermögensarme Insolvenzmasse vorleistende Verwalter geht in besonderem Maße das Risiko ein, hinsichtlich seiner Vergütung leer auszugehen (vgl. §§ 208, 209 InsO). Gerade die rechtzeitige Erlangung von Vorschüssen soll sein Ausfallrisiko ausschalten oder wenigstens verringern (BGH aaO. Rn. 24). Auch wenn der Anspruch des Insolvenzverwalters auf die endgültige Vergütung erst mit der Beendigung des gesamten Insolvenzverfahrens fällig wird, entsteht doch zu seinen Gunsten alsbald ein Anspruch auf pflichtgemäße Entscheidung über die Gewährung eines angemessenen Vergütungsvorschusses. Nach § 9 S. 2 InsVV soll die Zustimmung zur Entnahme unter anderem erteilt werden, wenn das Insolvenzverfahren länger als sechs Monate dauert. Jedenfalls unter dieser Voraussetzung ist die Ermessensausübung durch das Insolvenzgericht dahin gebunden, dass die Entnahme eines Vorschusses auf die nach den Maßstäben der §§ 1 bis 3 InsVV verdiente Vergütung nur unter besonderen Voraussetzungen abgelehnt werden darf (vgl. BGH, Urteil vom 01.10.2002 - IX ZB 53/02 - juris Rn. 10).
(b) Die Bearbeitung der Anträge des Klägers vom 09.10.2006, 04.07.2007 und 19.05.2008 durch das Amtsgericht G. erfolgte deutlich verzögert und war bereits unter diesem Gesichtspunkt amtspflichtwidrig. Eine amtspflichtwidrige Bearbeitung des Antrages nach § 9 S. 1 InsVV liegt bereits dann vor, wenn die Gefahr des Vergütungsverlustes für den Insolvenzverwalter besteht oder der Insolvenzverwalter bereits erhebliche Barauslagen getätigt hat und die gerichtliche Zustimmung auf Vorschussentnahme verweigert wird oder die gerichtliche Zustimmung nur mit erheblicher Verzögerung (länger als 2 Wochen) erteilt wird, wenn die Verzögerung nicht auf konkreten Tatsachen oder objektiven Mängeln des Antrags beruht, auf die nach § 139 ZPO hinzuweisen wäre (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster/Ast, InsVV, 4. Auflage 2007, § 9 InsVV Rn. 16). Ob die Anträge des Klägers vom 04.07.2007 und 09.10.2006 den Mindestanforderungen an einen Antrag nach § 9 InsVV genügten (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster/Ast, InsVV, 4. Auflage 2007, § 9 InsVV Rn. 6-9), kann insoweit offen bleiben, da jedenfalls verzögert über sie entschieden wurde. In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH nahm der Kläger zuletzt zu den Hinweisen des Rechtspflegers mit Schreiben vom 06.08.2007 Stellung, die anschließende Entscheidung über den Antrag datierte auf den 11.04.2008 und in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. & K. GmbH & Co. KG nahm der Kläger zuletzt mit Schreiben vom 18.06.2008 zu den gerichtlichen Hinweisen Stellung, während die Entscheidung des Rechtspflegers auf den 08.08.2008 datierte. Über die gegen diese Beschlüsse eingelegten befristeten Erinnerungen wurde durch den Richter beim Amtsgericht G. erst mit Beschlüssen vom 25.01.2010 und 16.04.2010 entschieden.
(c) Des Weiteren waren die Beschlüsse des Amtsgerichts G. auch inhaltlich amtspflichtwidrig. Entgegen der vereinzelt gebliebenen Ansicht des Amtsgerichts G. konnte jedenfalls im vorliegenden Fall die Zustimmung zur Entnahme des Vorschusses nicht mit dem bloßen Einwand abgelehnt werden, die Abwicklungstätigkeit des Verwalters sei verzögert oder vernachlässigt worden (so aber AG Göttingen, Beschluss vom 28.09.2001 - 74 IN 147/99 - juris Rn. 7; ferner Lorenz in FK-InsO, 6. Auflage 2011, § 9 InsVV Rn. 17). Denn der Einwand mangelhafter Leistungen oder fehlenden Erfolges kann die Höhe der Vergütung des Insolvenzverwalters nicht beeinflussen, da die Insolvenzverwaltervergütung kein Erfolgshonorar darstellt, sondern eine reine Tätigkeitsvergütung ist (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster/Ast, InsVV, 4. Auflage 2007, Vor § 1 Rn. 33 m.w.N.; Mock, in Uhlenbruck, InsO, 13. Auflage München 2010, § 63 Rn. 42; BGH, Beschluss vom 06.05.2004 - IX ZB 349/02 - juris Rn. 22; LG Berlin, Beschluss vom 15.05.2001 - 86 T 312/01 - juris Orientierungssatz 6). Die Versagung der Vergütung des Insolvenzverwalters kommt in entsprechender Anwendung des Grundgedankens des § 654 BGB nur bei gewichtigen, vorsätzlichen oder zumindest leichtfertigen Pflichtenverstößen des Insolvenzverwalters in Betracht. Hierbei gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine enge Begrenzung der Fälle, in denen ein Anspruch auf Vergütung ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 06.05.2004 - IX ZB 349/02 - juris Rn. 32; vom 09.06.2011 - IX ZB 248/09 - juris Rn. 6).
Da die Beschlüsse des Amtsgerichts G. vom 11.04.2008, 25.01.2010 und 16.04.2010 diesen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung offenkundig nicht genügten, können sie bereits nicht mehr als vertretbar eingeordnet werden. Der Beschluss des Amtsgerichts G. vom 11.04.2008 in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. GmbH verwies lediglich pauschal auf den Prüfbericht des Sonderinsolvenzverwalters vom 21.12.2007, der zu dem Ergebnis gekommen sei, dass "der Insolvenzverwalter der Insolvenzmasse in nicht unerheblichem Umfang gesamtschuldnerisch haftet", weshalb von einer mangelhaften Abwicklungstätigkeit des Insolvenzverwalters auszugehen sei. Der auf die befristete Erinnerung gegen den Beschluss vom 11.04.2008 ergangene Beschluss vom 25.01.2010 griff den pauschalen Verweis auf den Prüfbericht des Sonderinsolvenzverwalters auf, ohne die dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen näher darzustellen oder den Schuldvorwurf zu konkretisieren, der Kläger sei den Feststellungen des Prüfberichts nicht substantiiert entgegengetreten.
Der in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. & K. GmbH & Co. KG die Erinnerung gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 12.08.2008 zurückweisende Beschluss des Amtsgerichts G. vom 16.04.2010 nahm zur Begründung lediglich pauschal auf den unvertretbaren Beschluss vom 25.01.2010 Bezug, ergänzt durch den Hinweis, dass der Kläger seit Jahren der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Rechnungslegung trotz Festsetzung von Zwangsgeldern nicht nachkomme.
(d) Schließlich waren die Beschlüsse des Amtsgerichts G. vom 11.04.2008, 25.01.2010, 12.08.2008 und 16.04.2010 jedenfalls auch insoweit unvertretbar und damit amtspflichtwidrig, als sie die Verweigerung der gerichtlichen Zustimmung zur Vorschussentnahme damit begründeten, dass die Vorschussansprüche des Klägers wegen etwaiger Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter ausgeschlossen seien.
Der Beschluss des Amtsgerichts G. vom 11.04.2008, Gesch.-Nr.
....., begründete die Verweigerung der Zustimmung mit einer späteren Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen der Masse. Der auf die befristete Erinnerung des Klägers ergangene Beschluss des Amtsgerichts G. vom 25.01.2010 verwies auf die - nicht einschlägige - Rechtsprechung des BGH zum Fall des Erschleichens der Bestellung zum Insolvenzverwalter, um dann auf
§ 242 BGB zurückzugreifen zur Begründung, warum wegen gewichtiger Anhaltspunkte für einen Schadensersatzanspruch die Geltendmachung des Vorschussanspruchs ausgeschlossen sei.
Der Beschluss des Amtsgerichts G. vom 12.08.2008, Gesch.-Nr.
....., begründete die Verweigerung der Zustimmung einerseits mit einem Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB wegen fehlender ordnungsgemäßer Rechnungslegung unter Vorlage der zugehörigen Belege sowie mit den durch den Sonderinsolvenzverwalter angenommenen Schadensersatzansprüchen gegen den Insolvenzverwalter, die nicht auszuschließen seien. Den Gläubigern könne aus diesem Grund nicht zugemutet werden, dass ein Vorschuss aus der Masse entnommen werde, der möglicherweise nicht mehr verlangt werden könne. Der auf die befristete Erinnerung ergangene Beschluss vom 16.04.2010 nahm schließlich zur Begründung auf den Beschluss vom 25.10.2010 Bezug. Hinzu komme, dass der Insolvenzverwalter seit Jahren der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Rechnungslegung trotz Festsetzung mehrerer Zwangsgelder nicht nachkomme.
Diese Begründungen für die Ablehnung der Zustimmung zur Vorschussentnahme sind als nicht mehr vertretbar zu werten. Dem durch § 9 S. 2 InsVV gebundenen Ermessen des Gerichts entspricht es regelmäßig, jedenfalls nach halbjähriger Verwaltungsdauer mindestens die vom Insolvenzverwalter bis dahin erbrachten Tätigkeiten zu vergüten, wobei die zu erwartende Berechnungsgrundlage
§ 1 InsVV zu entnehmen ist (BGH, Urteil vom 01.10.2002, - IX ZB 53/02 - Rn. 19 zitiert nach juris). Es bestand zum Zeitpunkt des Erlasses der Beschlüsse mangels wirksamer und fälliger Gegenforderung keine Aufrechnungslage. Dies ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des Beschlusses vom 11.04.2008, der sich auf den Verweis beschränkte, den weiteren Verfahrensablauf abzuwarten, "um unter Umständen eine Aufrechnung (...) vornehmen zu können". Im Übrigen ist die Aufrechnung im Vergütungs- oder Kostenfestsetzungsverfahren auch unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 05.01.1995 - IX ZR 241/93 - juris Rn. 7). Die in dem Beschluss vom 08.08.2008 zur Begründung angeführte Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes scheiterte jedenfalls auch an einer fälligen Gegenforderung. Dass Schadensersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter "nicht auszuschließen" sind, konnte offenkundig nicht die Zurückbehaltung des Vorschusses rechtfertigen. Soweit der Beschluss vom 25.01.2010 sowie der auf diesen Beschluss verweisende Beschluss vom 16.04.2010 auf § 242 BGB abstellte im Sinne der Einrede des dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est, lagen die Voraussetzungen der Einrede nicht vor, da sie nur an die sofortige Pflicht zur Rückgewähr der empfangenen Leistung anknüpft (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.1985 - II ZR 146/84 - juris Rn. 19). Die von dem Gericht zur Begründung angeführten und nicht näher präzisierten "gewichtigen Anhaltspunkte für einen Schadensersatzanspruch" vermochten die tatbestandlichen Voraussetzungen der Einrede unzulässiger Rechtsausübung jedenfalls nicht zu begründen.
bb) Da im Übrigen mögliche Ansprüche gegen Dritte im Sinne von § 839 Abs. 1 S. 2 BGB nicht in Betracht kommen und der Kläger auch sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausschöpfte, indem er gegen die Beschlüsse des Rechtspflegers beim Amtsgericht Göttingen vom 11.04. und 12.08.2008 die befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG einlegte (vgl. auch BGH, Beschluss vom 01.10.2002 - IX ZB 53/02 - juris Rn. 6), ist von dem grundsätzlichen Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs des Klägers auszugehen, soweit er durch die verzögerte Bearbeitung seiner Anträge oder deren Zurückweisung einen Nachteil im schadensrechtlichen Sinn erleiden sollte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO liegen vor, da die Rechtssache im Anschluss an das Urteil des BGH vom 04.12.2003 (IX ZB 48/03) die entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige allgemeine Rechtsfrage aufwirft, unter welchen Voraussetzungen Amtshaftungsansprüche des Insolvenzverwalters bestehen, der von einer schuldhaften Verzögerung oder Versagung eines beantragten Kostenvorschusses betroffen ist.
Die Festsetzung des Streitwertes für den Berufungsrechtszug beruht auf den
§§ 45 Abs. 1 S. 2, 47 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, 48 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 3 ZPO. Hinsichtlich der im Berufungsrechtszug vorgenommenen Erweiterung der Klage war zu berücksichtigen, dass bei positiven Feststellungsanträgen ein Abschlag von 20 % gegenüber einem entsprechenden Leistungsantrag vorzunehmen ist (vgl. nur BGH, Hinweisbeschluss vom 15.06.2009 - II ZR 242/08 - juris Rn. 9).