Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 11.07.2000, Az.: 4 L 2994/99

Ermessensentscheidung; Negativevidenz; Überleitungsanzeige

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.07.2000
Aktenzeichen
4 L 2994/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 41839
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - AZ: 4 A 281/97

Gründe

1

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass es für die Rechtmäßigkeit einer Überleitungsanzeige unerheblich ist, ob der übergeleitete Anspruch tatsächlich besteht, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa Urt. v. 12. April 1995 - 4 L 1917/94 -, m. w. N.; Urt. v. 25. März 1998 - 4 L 6803/95 -). Dafür, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise anderes gilt, weil das Bestehen des übergeleiteten Anspruchs offensichtlich ausgeschlossen ist (sogenannte Negativevidenz), ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Vielmehr sprechen die im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren umfangreich erörterten, vom Kläger gegen das Bestehen eines Rückgewähranspruches gemäß § 528 BGB angeführten besonderen Umstände des Falles dafür, dass diese Fragen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht offen sind und ohne eingehende Prüfung, die dem Zivilgericht vorbehalten ist, nicht beantwortet werden können.

2

Zwar hat der Kläger zu Recht darauf hingewiesen, dass die dem überleitenden Sozialhilfeträger nach § 90 Abs. 1 BSHG eröffnete und aufgegebene Ermessensentscheidung nicht nur dem Hilfeempfänger gegenüber zu erfolgen hat, sondern auch zugunsten des möglichen Drittschuldners - hier also des Klägers. Doch reicht für die vom Kläger gewünschte Entscheidung des Beklagten, von der Überleitung und in der Folge von seiner (des Klägers) Heranziehung abzusehen, die Ungewissheit über das Bestehen des übergeleiteten Anspruchs nicht aus. Hierfür können allenfalls solche Besonderheiten des Falles sprechen, die eine nachhaltige Störung der familiären und sozialen Belange auch des Hilfeempfängers als Folge des Anspruchsüberleitung befürchten lassen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn ein pflegender Familienangehöriger Schuldner des überleiteten Anspruchs ist und der Hilfeempfänger befürchten muss, dass der in Anspruch genommene Schuldner die (häusliche) Pflege einstellt. Eine derartige Entwicklung war hier zum Zeitpunkt der zu überprüfenden Ermessensentscheidung aber nicht zu befürchten, weil zu jener Zeit der Kläger seine - behauptete - Pflege schon eingestellt hatte und die Hilfeempfängerin, seine (inzwischen verstorbene) Großmutter, bereits in ein Pflegeheim aufgenommen war.