Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.06.2005, Az.: 11 LB 256/02
Asyl; Asylantragsteller; Asylbewerber; Christ; Christentum; Gruppenverfolgung; Mardin; politische Verfolgung; Rückkehr; syrisch-orthodoxer Christ; Türkei; Verfolgung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 21.06.2005
- Aktenzeichen
- 11 LB 256/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 51008
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 06.05.2002 - AZ: 5 A 102/02
Rechtsgrundlagen
- § 60 AufenthG 2004
- Art 16a GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Syrisch-orthodoxe Christen aus dem ländlichen Gebiet im Südosten der Türkei , die die Türkei im Dezember 2001 verlassen haben, unterlagen zu dieser Zeit nicht mehr einer örtlich begrenzten mittelbaren Gruppenverfolgung .
Eine Rückkehr in die Türkei ist ihnen auch derzeit zumutbar. Es besteht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Gefahr politischer Verfolgung; sie sind vielmehr (sogar) hinreichend sicher vor politischer Verfolgung (Änderung der Rechtsprechung des Senats vgl. z.B Urt. v. 29.6.1998 - 11 L 5510/97 u.v. 16.5.2000 - 11 L 4089/99).
Tatbestand:
Die Kläger begehren ihre Anerkennung als Asylberechtigte und die Gewährung von Abschiebungsschutz.
Der am ... 1969 in M. geborene Kläger zu 1) und die am ... 1972 in dem Dorf A. (alte Bezeichnung: H., vgl. Bundesamt, Türkei, Online-Loseblattwerk 3.4. Religion, Stand: Mai 2003, S. 69), Kreis M., Provinz Ma., geborene Klägerin zu 2) sind miteinander verheiratet und Eltern des am ... 1998 in M. geborenen Klägers zu 3) und der am ... 2000 ebenfalls in M. geborenen Klägerin zu 4).
Die Kläger sind aramäischer Volkszugehörigkeit und gehören dem christlichen (syrisch-orthodoxen) Glauben an.
Sie reisten nach ihren Angaben am 6. Dezember 2001 mit dem Flugzeug aus der Türkei in das Bundesgebiet ein und begehrten ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge trug der Kläger zu 1) am 18. Dezember 2001 im Wesentlichen vor: In der Türkei hätten sie zuletzt in dem Dorf A./Kreis M., Provinz Ma. gelebt und sich dort bis zum 4. Dezember 2001 aufgehalten. Seine Eltern (G. und H.) befänden sich seit ca. eineinhalb Jahren in Schweden. Dort lebe auch noch ein Bruder, zwei weitere lebten im Bundesgebiet. In der Türkei lebten dagegen keine Verwandten mehr. In der Türkei habe er ein kleines Stück Land bewirtschaftet, aber keine Schule besucht. Den Wehrdienst habe er ab 1989 in Erzurum abgeleistet.
Am 4. Dezember 2001 seien sie mit dem Bus von ihrem Dorf nach Istanbul gefahren und von Istanbul am 6. Dezember 2001 mit einem Schlepper per Flugzeug nach Frankfurt geflogen. Mit welcher Fluglinie sie geflogen seien, wisse er nicht. Sie seien in Istanbul ca. um 8.30 Uhr abgeflogen und ca. um 10.30 Uhr in Frankfurt angekommen.
Als Christen hätten sie oft Beschimpfungen durch die Kurden hinnehmen müssen. Ihnen seien die wenigen Tiere weggenommen und geschlachtet worden. Auch hätten die Kurden/Moslems auf Land, dass ihm gehört habe, Tiere weiden lassen. Einmal vor zwei Monaten habe er auf der Weide in aramäischer Sprache gesungen. Da seien zwei Moslems gekommen, ein Wort habe das andere ergeben und es sei zu Handgreiflichkeiten gekommen. Er sei dann weggelaufen, anderenfalls wäre noch einer getötet worden. Ein Moslem habe ihm hinterher gerufen: „Du kommst nicht durch, ich werde dich erwischen, ich werde dich töten“. Auch sein Schwiegervater sei vor drei Jahren getötet worden, nur weil er Christ gewesen sei. Vor 20 Jahren seien zudem zwei andere Onkel von ihm getötet worden. All dies habe ihn veranlasst, das Land zu verlassen. In ihrem Heimatdorf lebten noch ca. 16 bis 17 aramäische Familien. Es handele sich fast ausschließlich um ältere Leute. Moslems gebe es in ihrem Dorf nicht. Das sei allerdings eine Ausnahme, denn in anderen Dörfern seien die Moslems in der Überzahl. Das Geld für die Bezahlung der Schlepper habe er von einem Verwandten aus I. erhalten. Probleme mit den Behörden (oder Gerichten) hätten sie eigentlich nicht gehabt, von ihnen allerdings auch keine Hilfe erhalten. Z.B. habe er den Vorfall mit den beiden Moslems im Zusammenhang mit seinem Gesang bei den Behörden angezeigt, es sei aber nichts weiter veranlasst worden. Er selber habe auch sonst nichts getan, was man gegen ihn hätte vorbringen können. Er sei froh, wenn er in Ruhe gelassen worden sei. Die Probleme mit den Moslems gebe es, so lange er denken könne. Es passiere zwar nicht Tag für Tag etwas, aber die Moslems kämen und jagten das Vieh über ihr Feld oder benutzten schlechte Wörter gegen die christlichen Frauen. Er sei nicht früher ausgereist, weil er noch nicht das Geld für die Ausreise gehabt habe. Der Westen der Türkei sei für ihn kein Zufluchtsort, da auch dort die Moslems lebten.
Die Klägerin zu 2) erklärte in ihrer getrennt durchgeführten Anhörung: Ihre Eltern (J. und K.) seien bereits tot. Sie habe keine nahen Verwandten, weder im Ausland noch in der Türkei. Zwei Brüder seien bereits früh gestorben. Sie habe keine Schule besucht, sondern sei als Hausfrau tätig gewesen. Vor ca. vier Jahren hätten sie im Dorf geheiratet. Die Ausreise habe ihr Mann mit dem Mukhtar, der ebenfalls Aramäer gewesen sei, geregelt. Sie habe davon nichts mitbekommen. Sie seien mit dem Bus nach Istanbul gefahren und dann mit dem Flugzeug bis nach Frankfurt geflogen. Das Geld habe ihnen ein Cousin ihres Mannes aus I. gegeben, der sie im vorigen Jahr in A. besucht habe. Es sei danach immer schlimmer im Dorf geworden. Dann sei ihrem Mann „diese Sache mit den Kurden“ passiert und daher hätten sie sich zur Ausreise entschlossen. Ihr Vater sei z.B. vor sieben Jahren ermordet worden. Auch ihr Mann sei mit dem Leben bedroht worden, als „diese Sache mit den Kurden“ gewesen sei. Hierzu erklärte sie auf Befragen genauer: Eines Tages sei ihr Mann mit den Schafen zur Weide unterwegs gewesen und habe bei der Herde gesungen. Dann seien zwei bis drei moslemische Kurden gekommen und hätten ihn wegen des Gesangs angesprochen. Es sei zu einer Auseinandersetzung zwischen der islamischen und der christlichen Sache gekommen, weil er auf aramäisch gesungen habe. Es habe eine Schlägerei gegeben und sie hätten ihrem Mann gedroht. Die Moslems würden auch die christlichen Frauen beschimpfen und sie in ihrer Ehre beschmutzen. Das sei schon immer so und in der letzten Zeit noch stärker geworden, weil die Christen immer weniger würden. Man habe sich kaum noch getraut, aus dem Haus zu gehen. Beschimpft würden sie z.B., wenn sie vom Haus zum Brunnen gingen, um Wasser zu holen oder zum Feld, um den Männern zu helfen. Im Dorf selbst wohnten zurzeit keine Moslems. Sie wohnten aber um das Dorf herum. Ihr selbst gegenüber seien die Moslems nicht handgreiflich geworden, sie habe dies aber aus Erzählungen in der Nachbarschaft gehört. Sie selbst hätte mit den Behörden nichts zu tun gehabt, weil sie sich im Dorf aufgehalten habe bzw. im Haus. Im Übrigen würden die Behörden auch kaum etwas unternehmen, da die Moslems stärker seien als die Christen.
Mit Bescheid vom 4. Februar 2002 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge das Begehren auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und stellte fest, dass auch die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG nicht vorlägen, und forderte die Kläger unter Abschiebungsandrohung zur Ausreise auf.
Zur Begründung hat das Bundesamt im Wesentlichen ausgeführt: Asyl könne den Klägern nicht zugesprochen werden, da eine Einreise auf dem Luftweg nicht nachgewiesen worden sei. Insbesondere hätten die Kläger keine Unterlagen wie z.B. Flugtickets vorgelegt. Sie hätten die Fluglinie nicht angeben können und sich schließlich auch nicht unmittelbar nach der Einreise auf dem Flughafen als Asylbewerber zu erkennen gegeben. Es sei mithin davon auszugehen, dass sie auf dem Landweg eingereist seien. Damit entfalle aber ein Anspruch nach Art. 16 a GG.
Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG stehe den Klägern nicht zu. Auf eine individuelle Vorverfolgung könnten die Kläger nicht verweisen. Es sei nicht deutlich, dass sie Opfer gezielter staatlicher Maßnahmen geworden seien. Vielmehr hätten sie ausdrücklich erklärt, mit den türkischen Behörden keine Probleme gehabt zu haben. Die von den Klägern geschilderten Begebenheiten gingen nicht über das hinaus, was in ihrer Heimat aufgrund der dort bestehenden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse alle Bewohner in einer vergleichbaren Situation hinzunehmen hätten. Die von den Klägern geschilderten Übergriffe Privater seien dem türkischen Staat nur dann zuzurechnen, wenn er den Betroffenen den erforderlichen Schutz versage, obgleich er hierzu in der Lage sei. Die Heimatbehörden der Kläger seien jedoch generell in der Lage, gegen Übergriffe Dritter vorzugehen. Einen Anspruch auf lückenlosen Schutz gebe es allerdings nicht.
Die Zugehörigkeit zur syrisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft könne ebenfalls nicht zur Gewährung von Abschiebungsschutz führen. Zwar sei die Sicherheitslage im ursprünglichen Siedlungsgebiet der syrisch-orthodoxen Christen im Bergland des Tur Abdin in der Provinz Ma. seit Jahrzehnten problematisch. Die mehrheitlich kurdische Bevölkerung versuche, Ländereien oder Häuser von Christen in Besitz zu nehmen. Auch werde christlichen Bewohnern mehrfach Vieh gestohlen und ihre Ernte vernichtet, Geschäfte würden zerstört und sie selbst körperlich angegriffen. Von diesen Übergriffen seien allerdings nicht nur Christen betroffen, sondern derartige Übergriffe stünden im Zusammenhang mit den in der Region allgemein üblichen Stammesauseinandersetzungen benachbarter Familien. Darüber hinaus hätten die Auseinandersetzungen mit der PKK im Südosten der Türkei zu einer allgemeinen Destabilisierung geführt. Die Lage der wenigen noch im Südosten lebenden syrisch-orthodoxen Christen sei angespannt. Es sei jedoch nicht davon auszugehen, dass die Übergriffe auf Christen diese gerade wegen ihrer Religionszugehörigkeit träfen. Bei den Übergriffen handele es sich vielmehr um ein allgemeines Vorkommnis in dieser Region. Und selbst wenn private Dritte auf Christen wegen ihrer Religionszugehörigkeit übergriffen, sei das Untätigbleiben des Staates nicht einer politische Verfolgung von Christen gleichzusetzen. Maßgeblich sei vielmehr, dass der türkische Staat im Rahmen der Auseinandersetzung mit der PKK auf die Unterstützung kurdischer Großgrundbesitzer und der Dorfschützer angewiesen sei und daher Konflikte mit diesen vermeiden wolle. Die Zahl der berichteten Übergriffe habe im Übrigen nicht die für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte erreicht, so dass nicht jeder in der Region lebende Christ jederzeit mit Gefahren für Leib und Leben müsse (so auch OVG Bremen, Urt. v. 21.2.2001 - 2 A 291/99.A -; OVG Koblenz, Urt. v. 28.5.1999 - 10 A 11882/96 OVG -).
Und selbst wenn man mit der herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung dem Grunde nach von einer Gruppenverfolgung der syrisch-orthodoxen Christen ausgehe, handele es sich dabei nur um eine sog. „örtlich begrenzte“ Verfolgung. Diese liege nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor, wenn sich die Verfolgungsmaßnahmen nicht gegen alle durch übergreifende Merkmale wie Ethnie und Religion verbundene Personen richte, sondern nur gegen solche, die beispielsweise zusätzlich aus einem bestimmten Ort stammten oder dort Grundbesitz hätten. Angehörige von religiösen Gruppen, die nicht gleichzeitig auch die weiteren die Gruppe konstituierenden Merkmale in eigener Personen aufwiesen, seien von dieser Verfolgung von vornherein nicht betroffen. Als Staat, der Christen grundsätzlich verfolge, könne die Türkei nicht verstanden werden. Dagegen spreche, dass die christlichen Minderheiten in anderen Regionen, etwa in Istanbul oder im Westen in der Provinz Hatay mit ihren arabisch-orthodoxen Minderheiten, keinen nennenswerten Problemen ausgesetzt seien.
Im Übrigen stehe zumindest im Westen der Türkei eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Die Religionsausübung werde dort grundsätzlich nicht behindert. Im Westen fänden auch keine sonstigen nennenswerten Übergriffe auf Christen statt. Zwar dürfte sich die wirtschaftliche Lage der syrisch-orthodoxen Christen bei einer Übersiedlung von Tur Abdin nach Istanbul verschlechtern. Dieses gelte jedoch auch für andere in den Westen der Türkei kommende Bevölkerungsstämme wie z.B. für die Kurden. Zudem habe der Metropolit von Istanbul versucht, durch Sammlungen unter den wohlhabenden Gemeindemitgliedern für wirtschaftliche Hilfe zu sorgen. In jüngerer Zeit würde diese Unterstützungsmöglichkeit allerdings als erschöpft angesehen. Christliche Händler und Handwerker, die aus dem Tur Abdin nach Istanbul kämen, hätten allerdings die Möglichkeit, sich eine Existenz aufzubauen. Gleiches gelte für christliche Gold- und Silberschmiede. Vor diesem Hintergrund scheine auch eine Überlebensmöglichkeit der Kläger im Westen der Türkei gegeben. Dabei sei davon auszugehen, dass in der Regel zwischen den Verwandten ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl bestehe und Verwandte aus Deutschland auch finanzielle Hilfen in die Türkei schicken würden.
Daraufhin haben die Kläger im Februar 2002 Klage erhoben. Sie haben im Wesentlichen vorgetragen, als aramäische Volkszugehörige syrisch-orthodoxen Glaubens und türkische Staatsangehörige aus dem Südosten der Türkei unterlägen sie einer Gruppenverfolgung. Auch soweit bei der Gruppenverfolgung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr zwischen „örtlich begrenzter“ und „regionaler Verfolgung“ unterschieden werde, seien sie gruppenverfolgt; denn sie gehörten zu der Gruppe der Christen aus dem Tur Abdin, die über keine qualifizierte Berufsausbildung verfügten und im ländlichen Bereich tätig gewesen seien. Eine inländische Fluchtalternative im Westen insbesondere Istanbul bestehe nicht. Sie verfügten über keinerlei türkische Sprachkenntnisse, keine Schulbildung und kein Vermögen. Verwandte am Ort einer inländischen Fluchtalternative hätten sie nicht. Auf eine Unterstützung durch die christlichen Kirchengemeinden in Istanbul könne nicht mehr zurückgegriffen werden, da diese Unterstützungsmöglichkeit zwischenzeitlich als erschöpft anzusehen sei (vgl. z.B. OVG Frankfurt/Main, Urt. v. 5.3.1998 - 2 A 146/95.A -; OVG Münster, Urt. v. 27.9.1996 - 2 A 10242/90 -; VGH Kassel, Urt. v. 10.11.1997 - 12 UE 4483/96.A -). Auch die Voraussetzungen des § 53 Abs. 4 und 6 AuslG seien gegeben.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht haben die Kläger ergänzend vorgetragen, vor etwa zehn Jahren hätten in ihrem Heimatdorf noch 16 bis 18 Familien gelebt. Bei ihrer Ausreise seien es noch ca. 13 Familien gewesen. Die Kurden würden ihnen das Land streitig machen. In Istanbul würden sie niemanden kennen. Sie sprächen aramäisch, der Kläger zu 1) verstehe ein wenig kurdisch und habe auch etwas Kenntnis in der arabischen Sprache. Die türkische Sprache beherrschten sie nicht. Daher käme auch Istanbul als inländische Fluchtalternative nicht in Betracht.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des angegriffenen Bescheides zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen der §§ 51, 53 AuslG vorliegen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat keinen Antrag gestellt.
Mit Urteil vom 6. Mai 2002 hat das Verwaltungsgericht (Osnabrück) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Von einer individuellen politischen Vorverfolgung sei nicht auszugehen. Die Kläger hätten lediglich allgemein dargestellt, dass sie sich bedrängt gefühlt hätten, substantiierte Angaben fehlten jedoch. Die Unglaubhaftigkeit des Vorbringens ergebe sich daraus, dass der Kläger zu 1) angegeben habe, sein Schwiegervater sei vor drei Jahren getötet worden, während die Klägerin zu 2) erklärt habe, ihr Vater sei vor ca. sieben Jahren ermordet worden. Eine Anerkennung könne auch nicht aufgrund der Zugehörigkeit zur syrisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft erfolgen. Dabei könne dahinstehen, ob ab 1993 zeitweise die Voraussetzungen einer mittelbaren Gruppenverfolgung (im Sinne einer „örtlich begrenzten Gruppenverfolgung“) vorgelegen hätten und auch derzeit vorlägen. Dagegen spreche, dass nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 4. April 2002 im Südosten von einer Beruhigung der Lage auszugehen sei. Nach einem Runderlass des türkischen Ministerpräsidenten vom 12. Juni 2001 sollten die zurückkehrenden syrisch-orthodoxen Christen bei der Durchsetzung ihrer berechtigten Rechtsansprüche unterstützt werden. Dieser Erlass werde nach ersten Berichten in der Praxis auch befolgt. Den Klägern stehe zumindest im Westen der Türkei eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung, wie das OVG Bremen in seinem Urteil vom 21. Februar 2001 (OVG 2 A 291/99.A) zutreffend ausgeführt habe. Übergriffe wegen ihrer Religion brauchten die Christen danach im Westen der Türkei nicht zu befürchten. Die Christen könnten im Westen auch eine zureichende Existenzmöglichkeit, gegebenenfalls durch Unterstützung ihrer Glaubensgenossen, aufbauen.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG lägen nicht vor. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG seien nicht ersichtlich; die Abschiebungsandrohung begegne keinen Bedenken.
Gegen dieses Urteil hat der Senat die Berufung wegen Divergenz zugelassen, da nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats Christen aus dem ländlichen Raum im Südosten der Türkei grundsätzlich einer „örtlichen Gruppenverfolgung“ unterlagen und sie im Westen zwar in der Regel ohne Eingriff in ihre Religionsfreiheit leben konnten, ihnen jedoch nach den vom Senat bislang ausgewerteten Erkenntnismitteln dort keine hinreichende wirtschaftliche Existenzmöglichkeit zur Verfügung stand.
Zur Begründung der Berufung tragen die Kläger ergänzend vor: Nach der herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung seien Christen seit Frühjahr 1993 in ihrem angestammten Siedlungsgebiet im Südosten der Türkei, insbesondere im Tur Abdin einer mittelbaren Gruppenverfolgung ausgesetzt. Selbst wenn man von einer „örtlich begrenzten Gruppenverfolgung“ der Christen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgehe, unterfielen die Kläger diesem Personenkreis, denn sie stammten aus dem Gebiet des Tur Abdin und hätten über Land verfügt und seien auch nach Beginn der Gruppenverfolgung (1993) ausgereist, nämlich erst im Jahre 2001. Eine inländische Fluchtalternative bestehe nicht, da Christen in Istanbul nach herrschender Rechtsprechung kein wirtschaftliches Auskommen finden könnten.
Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach den Klageanträgen erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass die Situation der Christen in der Türkei aufgrund zwischenzeitlicher innenpolitischer Änderungen in der Türkei einer erneuten Überprüfung unterzogen werden müsse.
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich nicht geäußert.
Der Senat hat Gutachten über die Lage der (syrisch-orthodoxen) Christen einerseits bei Ausreise Ende 2001, andererseits derzeit sowohl in ihren angestammten Herkunftsgebieten als auch bei Übersiedlung in den Westen eingeholt und damit das Auswärtige Amt, Dr. Oehring, sowie amnesty international beauftragt.
Auf die daraufhin eingegangenen Stellungnahmen von amnesty international vom 24. Juni 2004 (GA Bl. 119), des Auswärtigen Amtes vom 28. Juni 2004 (Bl. 124) und auf das Gutachten von Dr. Oehring vom 3. Oktober 2004 (GA Bl. 132) wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel ergeben sich aus der gerichtlichen Verfügung vom 23. Mai 2005 sowie aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2005.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die Kläger als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG anzuerkennen oder ihnen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1-7 AufenthG (früher §§ 51, 53 AuslG) zu gewähren.
A) Auf das Individualgrundrecht des Art. 16 a Abs. 1 GG kann sich nur berufen, wer selbst politische Verfolgung erlitten oder zu befürchten hat. Voraussetzung ist, dass dem Asylbewerber in seinem Heimatland gezielt Rechtsverletzungen von beachtlicher Intensität in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale zugefügt wurden oder solche ihm drohten, d.h. aus Gründen, die in seiner politischen oder religiösen Grundüberzeugung, seiner Volkszugehörigkeit oder in anderen Merkmalen liegen, welche sein Anderssein prägen (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315, 335).
Ist eine politische Verfolgung zu bejahen, besteht gleichwohl kein Asylanspruch, wenn der Asylsuchende Schutz vor politischer Verfolgung in anderen Regionen des eigenen Landes finden kann (inländische Fluchtalternative). Eine derartige inländische Fluchtalternative besteht in anderen Landesteilen dann, wenn der Betroffene dort vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist (herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab) und wenn ihm dort auch keine anderen Nachteile und Gefahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit (normaler Maßstab) drohen, die nach ihrer Intensität oder Schwere einer asylerheblichen Rechtsbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen, sofern diese existenzielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989
- 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315, 343 ff.; Urt. v. 10.11.1989 - 2 BvR 403/84 u.a. -, BVerfGE 81, 58, 65 ff.).
Ergibt sich die Gefahr eigener politischer Verfolgung des Asylbewerbers nicht aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen des Verfolgerstaates, so kann sie sich auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet. Zu unterscheiden ist dabei zwischen einer unmittelbaren staatlichen Verfolgung, bei der staatliche Ziele durch staatliche oder staatlich autorisierte Organe durchgesetzt werden, und einer zwar von privater Seite ausgehenden, dem Staat jedoch nach allgemeinen Grundsätzen zurechenbaren und deshalb mittelbaren staatlichen Verfolgung.
Die Annahme einer mittelbaren Gruppenverfolgung setzt jedenfalls voraus, dass Gruppenmitglieder Rechtsgutbeeinträchtigungen erfahren, aus deren Intensität und Häufigkeit jedes einzelne Gruppenmitglied die begründete Furcht herleiten kann, selbst alsbald Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden. Das wird vor allem bei gruppengerichteten Massenausschreitungen der Fall sein, die das ganze Land oder große Teile des Landes erfassen. Allerdings ist nicht erforderlich, dass die Gruppenverfolgung stets ein ganzes Land flächendeckend erfasst. Die einer Verfolgung zugrunde liegenden ethnischen, religiösen, kulturellen oder sozialen Gegensätze können nämlich in einzelnen Landesteilen unterschiedlich ausgeprägt sein. Eine mittelbare Gruppenverfolgung liegt auch vor, wenn unbedeutende oder kleine Minderheiten mit solcher Härte, Ausdauer und Unnachsichtigkeit verfolgt werden, dass jeder Angehörige dieser Minderheit sich ständig der Gefährdung an Leben, Leib und persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht (BVerfG, Beschl. v. 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -; BVerfGE 83, 216; BVerwG, Urt. v. 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200). Eine vergleichbare quantitative und qualitative Verfolgungsdichte muss auch dann bestehen, wenn es sich im Randgebiet eines Staates nicht um eruptive Ereignisse, sondern um lang andauernde stille Differenzen, gegenseitige Animositäten und Streitigkeiten zwischen verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen von Menschen handelt. Ein in einer solchen Gegend bestehendes feindliches Klima einschließlich möglicher Diskriminierungen oder Benachteiligungen der Bevölkerungsminderheit durch die Bevölkerungsmehrheit oder aber die allmähliche Assimilation ethnischer oder religiöser Minderheiten begründet dagegen allein noch keine politische Gruppenverfolgung (BVerwG, Urt. v. 24.7.1990 - 9 C 78.89 -, NVwZ 1990, 1177).
Für eine unmittelbare staatliche Gruppenverfolgung gelten demgegenüber geringere Voraussetzungen im Hinblick auf die prinzipielle Überlegenheit staatlicher Machtmittel sowie deshalb, weil hier eigene staatliche Ziele von staatlichen Organen oder durch eigens vom Staat berufene oder autorisierte Kräfte durchgesetzt werden. Im Unterschied zur mittelbaren Gruppenverfolgung kann eine unmittelbare staatliche Gruppenverfolgung schon dann anzunehmen sein, wenn zwar Referenz- oder Vergleichsfälle durchgeführter Verfolgungsmaßnahmen zum Nachweis einer jedem Gruppenmitglied drohenden Gefahr nicht in erforderlichem Umfang oder überhaupt nicht festgestellt werden können, aber hinreichend sichere Anhaltspunkte für ein staatliches Verfolgungsprogramm vorliegen, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist oder alsbald bevorsteht. Das kann etwa der Fall sein, wenn festgestellt werden kann, dass der Heimatstaat religiöse Minderheiten physisch vernichten und ausrotten oder aus seinem Staatsgebiet vertreiben will. In derartigen extremen Situationen bedarf es nicht erst der Feststellung einzelner Vernichtungs- oder Vertreibungsschläge, um die beachtliche Wahrscheinlichkeit drohender Verfolgungsmaßnahmen darzutun. Die allgemeinen Anforderungen an eine hinreichend verlässliche Prognose müssen allerdings auch dann erfüllt sein. Referenzfälle politischer Verfolgung sowie ein Klima allgemeiner moralischer, religiöser oder gesellschaftlicher Verachtung sind auch dabei gewichtige Indizien für eine gegenwärtige Gefahr politischer Verfolgung (BVerwG, Urt. v. 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200).
Zu unterscheiden ist weiter zwischen „regionaler“ Gruppenverfolgung einerseits und „örtlich begrenzter“ Gruppenverfolgung andererseits. Kennzeichen einer „regionalen“ Gruppenverfolgung ist, dass der unmittelbar oder mittelbar verfolgende Staat die gesamte durch ein oder mehrere Merkmale/Umstände verbundene Gruppe im Blick hat, sie aber z.B. aus Gründen politischer Opportunität nicht oder jedenfalls nicht landesweit verfolgt. Da eine derartige Regionalisierung des Verfolgungsgeschehens unter gewissen Bedingungen in eine landesweite Verfolgung umschlagen kann, sind auch die außerhalb dieser Region lebenden Gruppenmitglieder von der Gruppenverfolgung mit betroffen. Ihre potenzielle Gefährdung macht sie zwar nicht zu Verfolgten, rechtfertigt aber die Anwendung eines herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabes, wenn die regionale Gefahr als objektiver Nachfluchtgrund auftritt. Eine Rückkehr in das Verfolgerland ist daher nur unter den o.a. Voraussetzungen einer inländischen Fluchtalternative zumutbar. Andere als durch die politische Verfolgung bedingte Nachteile und Gefahren, die an dem verfolgungssicheren Ort drohen, schließen diesen Ort als inländische Fluchtalternative mithin nur dann aus, wenn eine gleichartige existenzielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde (BVerwG, Beschl. v. 22.4.1996, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 186). Soweit Herkunftsort und Ort einer inländischen Fluchtalternative identisch sind, erübrigt sich demnach eine Prüfung der Frage der Existenzmöglichkeit (BVerwG, Urteile v. 9.9.1997- 9 C 43.96 -, DVBl. 1998, 274, u. - 9 C 40.96 -).
Von einer „örtlich begrenzten“ Verfolgung ist dagegen auszugehen, wenn sich die Verfolgungsmaßnahmen nicht gegen alle durch übergreifende Merkmale wie z.B. Volkszugehörigkeit oder Religion verbundene Personen richten, sondern nur gegen solche, die ein weiteres Merkmal aufweisen, z.B. aus einem bestimmten Gebiet stammen, Grundbesitz oder ein bestimmtes Alter haben. Dann besteht schon die Gruppe, die der Verfolger im Blick hat, lediglich aus solchen Personen, die alle Kriterien erfüllen. Asylbewerber, die nicht gleichzeitig auch die weiteren die Gruppe konstituierenden Merkmale (z.B. Grundbesitz, Gebietsansässigkeit, Alter etc.) in eigener Person aufweisen, sind von der Verfolgung von vornherein nicht betroffen. Ihnen ist als unverfolgt Ausgereiste die Rückkehr in die Heimat mithin zumutbar, soweit ihnen dort nicht nach dem allgemeinen Prognosemaßstab mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.1996 - 9 C 17.95 -, BVerwGE 101, 134; v. 9.9.1997 - 9 C 43.96 -, DVBl. 1998, 274).
B) Nach diesen Kriterien ist dem Begehren der Kläger nicht zu entsprechen.
1) Die Kläger sind nicht als Asylberechtigte im Sinne des Art. 16 a GG anzuerkennen.
a) Dem steht schon entgegen, dass sie ihre Einreise auf dem Luftweg nicht glaubhaft gemacht haben (Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m. § 26 a Abs. 2 AsylVfG). Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt konnten sie weder Flugtickets vorlegen noch die Fluglinie angeben. Sie haben sich auch nicht unmittelbar nach der Einreise auf dem Flughafen als Asylbewerber zu erkennen gegeben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vermochte der Kläger zu 1) die behauptete Einreise auf dem Luftweg ebenfalls nicht näher zu belegen. Dieses geht, da eine weitere Aufklärung des Reiseweges mangels zureichender Anhaltspunkte nicht möglich ist, zu Lasten der Kläger (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 29.6.1999- 9 C 36.98 -, BVerwGE 109, 174, 182).
b) Unabhängig davon können sie auf das Grundrecht des Art. 16 a GG aber auch deswegen nicht verweisen, weil von einer politischen Verfolgungsgefahr der Kläger bei Rückkehr in die Türkei nicht auszugehen ist.
aa) Bei den Klägern handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts um syrisch-orthodoxe Christen aus der Türkei, und zwar aus dem Dorf Antili (früher: H.), Kreis M., Provinz Ma., im Südosten der Türkei. Die Kläger haben sich im Laufe des Verfahrens als syrisch-orthodoxe Christen bezeichnet. Der Senat sieht keinen Anlass, hieran zu zweifeln. Auch aus dem vorgelegten Personenstandsregister ergibt sich die christliche Glaubenszugehörigkeit (Beiakte A, Bl. 20), ebenso aus einem vorgelegten Taufbeleg (Beiakte A, Bl. 21). Dr. Oehring geht in seinem Gutachten vom 3. Oktober 2004 ebenfalls von einer christlichen Glaubenszugehörigkeit der Kläger aus.
Zum geschichtlichen Hintergrund der Christen in der Türkei wird auf das Urteil des Senats vom 18. Juni 1996 - 11 L 7836/95 - verwiesen. Die gesamte Bevölkerung der Türkei beträgt zurzeit ca. 67 Millionen, davon gehören 99 % dem Islam an, und zwar weit überwiegend dem sunnitischen Islam. Aktuell wird der Anteil der Christen in der Türkei mit 0,3 bis 0,15 %, also etwa 100.000 bis 190.000 Personen angegeben (vgl. hierzu Oehring, Zur Lage der Menschenrechte in der Türkei - Laizismus = Religionsfreiheit?, missio 2001/ 2002, S. 10 f.; FAZ v. 7.4.2004; Die Welt v. 29.11.2004; Thrautig, Neue Chancen für Christen in der Türkei?, ZAR 2004, 73).
bb) Bei ihrer Ausreise im Dezember 2001 unterlagen die Kläger keiner individuellen politischen Verfolgung. Dass sie von Kurden im täglichen Leben beschimpft und ihnen teilweise Tiere weggenommen wurden, erreicht - wenn dieses Verhalten nach deutschen Rechtsverständnis auch nicht zu billigen ist - noch nicht die Schwelle einer asylerheblichen politischen Verfolgung. Der Senat hält den Vortrag der Kläger, der Vater bzw. Schwiegervater sei getötet worden, nur weil er Christ gewesen sei, wegen der unterschiedlichen Zeitangaben der Kläger zu 1) und 2) gegenüber dem Bundesamt - Tötung vor drei Jahren bzw. vor sieben Jahren - für nicht glaubhaft. Diesen erheblichen Widerspruch vermochte der Kläger zu 1) auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht auszuräumen. Die Tötung von zwei Onkeln vor ca. 20 Jahren kann aufgrund des seitdem verstrichenen langen Zeitraums nicht mehr als kausal für die Ausreise angesehen werden. Aktueller Anlass für die Ausreise soll gewesen sein, dass der Kläger zu 1) etwa zwei Monate vor der Ausreise auf der Weide in der aramäischen Sprache gesungen habe und deswegen von Moslems mit dem Tod bedroht worden sei. Dieser Vorfall reicht zur Begründung einer politischen Verfolgungsgefahr jedoch nicht aus. Konkrete Anhaltspunkte, dass die an dem Vorfall auf der Weide beteiligten Moslems es nicht nur bei ihren verbalen Androhungen belassen, sondern diese auch in die Tat umsetzen würden, sind nicht gegeben, wie sich auch daran zeigt, dass in der Vergangenheit körperliche Übergriffe auf die Kläger nicht vorgekommen sind. Darüber hinaus haben die Kläger selbst ausgeführt, weitere Probleme mit Behörden und Gerichten hätten sie nicht gehabt, man sei froh gewesen, wenn sie in Ruhe gelassen worden seien. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Kläger nach eigenen Angaben in einem rein christlichen Dorf wohnten mit allerdings vorwiegend älterer Bevölkerung. Aber allein durch dies rein christliche Dorf war ihnen ein gewisser Schutz gegenwärtig. Insgesamt reicht der Vortrag daher nicht zur Bejahung einer individuellen politischen Verfolgungsgefahr aus.
cc) Im Zeitpunkt der Ausreise - Dezember 2001 - unterlagen die Kläger auch keiner Gruppenverfolgung.
Allerdings hat der Senat in früheren Verfahren, zuletzt mit Urteil vom 16.5.2000 - 11 L 4089/99 - unter Auswertung der zu jenem Zeitpunkt vorhandenen Erkenntnismittel die Auffassung vertreten, dass die syrisch-orthodoxen Christen seit etwa Frühjahr 1993 von einer mittelbaren Gruppenverfolgung in ihrem angestammten Siedlungsgebiet im Südosten der Türkei, insbesondere im Tur Abdin, betroffen waren. Im Anschluss an die oben zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Senat jene Verfolgung als sog. „örtlich begrenzte Gruppenverfolgung“ eingestuft (vgl. Urt. v. 18.6.1996 - 11 L 7836/95 -, v. 29.6.1998 - 11 L 5510/97 - u. v. 28.8.1998 - 11 L 155/98 -).
Die Verfolgung der Christen im Südosten der Türkei war deswegen als „nur“ örtlich begrenzt anzusehen, weil die Verfolgungshandlungen gleichsam im Windschatten der damaligen Auseinandersetzungen zwischen den türkischen Streitkräften und der PKK geschahen und „nur“ die Christen im Südosten der Türkei betrafen, die über landwirtschaftlichen Besitz verfügten. Diese Gruppe lebte seit jeher im Vergleich zu den dort ebenfalls ansässigen Kurden in relativem Wohlstand (vgl. schon Wiesner, Stellungnahme v. 14.10.1986 an VG Hamburg; Carragher, Stellungnahme v. 15.10.1980 an Bay.VGH). Sie wurden schon immer von den nomadischen bzw. halbnomadischen Kurden, die über kein Eigentum verfügten, deswegen bedrängt. Für eine Vertreibung der Christen war mithin neben ihrer Religion auch ihr wirtschaftlicher (ländlicher) Besitz maßgebend, was sich insbesondere darin widerspiegelte, dass häufig Vieh gestohlen, die Ernte vernichtet oder das Feld verwüstet wurde (vgl. hierzu schon Urt. d. Sen. v. 29.10.1991 - 11 L 5773/91 -). Diese Übergriffe haben insbesondere in den 80er und 90er Jahren zugenommen, zumal die christliche Gemeinschaft durch Abwanderungen stetig schwächer wurde. Mit verschiedenen Gewaltdelikten wurde - im Zuge der allgemeinen Auseinandersetzungen im Südosten - auf eine Entvölkerung des ländlichen Bereichs von den Christen, die überwiegend von Ackerbau und Viehzucht lebten, hingewirkt. Verantwortlich hierfür waren vor allem die Dorfschützer und die hinter ihnen stehenden Großgrundbesitzer, die ihrerseits an dem Landbesitz der Christen interessiert waren. Der vom türkischen Staat den Großgrundbesitzern durch die Einrichtung des Dorfschützersystems eingeräumte Freiraum wurde von diesen dazu genutzt, im Rahmen der im Südosten stattfindenden Auseinandersetzungen mit der PKK auch ihren privaten ökonomischen Interessen nachzugehen und Ländereien oder Häuser der Christen in Besitz zu nehmen und diese vollends aus den betroffenen Dörfern zu vertreiben. Die türkischen Sicherheitskräfte zeigten sich unfähig, derartige Verhaltensweisen zu unterbinden.
Der dargestellte, die asylrechtliche Lage der Christen im ländlichen Bereich im Südosten der Türkei prägende Vertreibungsdruck war in den Städten im Südosten, erst recht in den außerhalb des Südostens liegenden Städten in der Westtürkei oder an der südlichen Mittelmeerküste nicht (in gleicher Weise) vorhanden, da die Übergriffe nach dem oben Gesagten in Anknüpfung an das asylrechtliche Merkmal der Religionszugehörigkeit im Wesentlichen auf die Aneignung des umfangreichen landwirtschaftlichen Grundbesitzes der Christen im Südosten der Türkei gerichtet waren und deshalb (in dieser Stärke) in den türkischen Städten wegen der dort herrschenden anderen Boden- und Eigentumsverhältnissen nicht in gleicher Weise vorkamen. Eine inländische Fluchtalternative im Westen der Türkei stand aber nicht zur Verfügung, weil sich die Christen dort keine wirtschaftliche Existenz aufbauen konnten (vgl. Urteile d. Sen. v. 29.6.1998 - 11 L 5510/97 -, v. 28.8.1998 - 11 L 155/98 -, v. 16.5.2000 - 11 L 4089/99 -; ebenso OVG NW, Urteile v. 28.9.1994 - 2 A 1411/91.A -, v. 22.6.1995 - 2 A 3596/91.A -, v. 27.9.1996 - 2 A. 10242/90 - und v. 27.9.1997 - 2 A 4156/92.A -; Hess.VGH, Urt. v. 23.3.1998 - 12 UE 2918/96.A -; Bay.VGH, Urt. v. 25.9.1997 - 11 BA 95.36396 -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.11.1995 - A 12 S 3571/94 -; a.A. OVG Rhl.-Pf., Urt. v. 4.12.1995 - 10 A 11776/95.OVG -).
Die Kläger haben im ländlichen Bereich des Tur Abdin gewohnt und besaßen dort auch Land.
Auf die Rechtsprechung des Senats zur Gruppenverfolgung könnten sie sich mit Erfolg allerdings nur dann berufen, wenn auch im Zeitpunkt ihrer Ausreise - Dezember 2001 - noch weiterhin von einer örtlich begrenzten Verfolgung der syrisch-orthodoxen Christen im Südosten der Türkei, insbesondere im Gebiet des Tur Abdin, auszugehen ist.
Das ist jedoch nicht der Fall (1.). Als unverfolgt Ausgereiste ist ihnen eine Rückkehr in die Türkei zumutbar, da auch nach derzeitigem Erkenntnisstand eine politische Verfolgung nicht beachtlich wahrscheinlich ist. Nach Auswertung der Erkenntnismittel kann (sogar) von einer hinreichenden Sicherheit vor Verfolgung bei Rückkehr ausgegangen werden (2.).
(1.) Von einer örtlich begrenzten mittelbaren Gruppenverfolgung der syrisch-orthodoxen Christen im ländlichen Südosten der Türkei auch noch im Dezember 2001 ist nicht auszugehen.
Schon nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 20. November 1997 hatte sich die Sicherheitslage der Christen im Südosten verbessert.
Nach der Festnahme des PKK-Führers Öcalan im Frühjahr 1999 hatte sich das politische Klima im Südosten der Türkei dann zwar vorübergehend wieder verschärft (vgl. AA, Lagebericht vom 7.9.1999).In den Lageberichten des Auswärtigen Amtes vom 22. Juni 2000 und 24. Juli 2001 heißt es dazu, dass die „Lage der wenigen im Südosten ausharrenden syrisch-orthodoxen Christen angespannt (bleibt)“. Im Lagebericht vom 24. Juli 2001 (ebenso auch ai vom 24.6.2004 an OVG Lüneburg) wurde aber bereits auf einen Erlass des damaligen Ministerpräsidenten Ecevit vom 12. Juni 2001 verwiesen, in dem alle öffentlichen Einrichtungen ausdrücklich aufgefordert wurden, zurückkehrenden syrisch-orthodoxen Bürgern den freien Gebrauch ihrer verfassungsmäßigen, gesetzlichen und demokratischen Rechte zu erlauben. Im Lagebericht vom 20. März 2002, ein Vierteljahr nach Ausreise der Kläger, stellte das Auswärtige Amt fest, dass sich die Lage im Südosten der Türkei beruhigt habe. Es gebe erste Rückkehrer. Nach ersten Berichten werde der Runderlass des Ministerpräsidenten vom 12. Juni 2001 in der Praxis befolgt (vgl. hierzu auch Beschl. d. Sen. v. 2.10.2002 - 11 LA 222/02 -; v. 6.11.2003 - 11 LA 343/03 -, in dem bereits die Frage aufgeworfen wurde, ob die Rechtsprechung des Senats zur mittelbaren Gruppenverfolgung der Christen im Südosten der Türkei weiter aufrecht erhalten werden könne, diese Frage aber aufgrund der Besonderheiten des dortigen Einzelfalls nicht zur Entscheidung anstand). Wenn auch Anlass dieses Erlasses möglicherweise weniger die Behinderungen syrisch-orthodoxer Christen bei Versuchen, ihre Heimatdörfer zu besuchen, war, sondern vielmehr die Angst vor anti-türkischer Propaganda im Ausland (Dr. Oehring, St. v. 6.1.2003 an VG Kassel), so bleibt doch festzuhalten, dass in der Praxis aufgrund dieses Erlasses syrisch-orthodoxe Christen ihre Heimatdörfer tatsächlich wieder besuchen konnten und dies auch taten. Auch hat der Gouverneur der Provinz Ma. als Folge des Erlasses sich mit syrisch-orthodoxen Vertretern getroffen, um eigentumsrechtliche Fragen zu erörtern. Praktisch war in der Vergangenheit nämlich nirgends im Tur Abdin Immobilieneigentum dokumentiert, Verkäufe erfolgten per Hand, wer Eigentümer war, war im Dorf jeweils bekannt. Im Zuge der militärischen Auseinandersetzungen zwischen der PKK einerseits und den türkischen Streitkräften/den Dorfschützern andererseits haben Kurden dann jedoch die Häuser von Christen (oder auch von mit der PKK sympathisierenden Kurden) besetzt, so dass bei Rückkehr von Christen (oder auch sonstigen vertriebenen Kurden) das Eigentum an den Häusern neu geregelt werden muss (Dr. Oehring, St. v. 6.1.2003 an VG Kassel). Allein, dass syrisch-orthodoxe Christen aufgrund des Erlasses wieder ihre Dörfer im Südosten der Türkei besuchten und dass das oben angegebene Gespräch mit dem Gouverneur möglich war, zeigt, dass zumindest diese Personen damals von einer politischen Verfolgungsgefahr nicht mehr ausgingen. Dieses wird auch bestätigt durch den Vortrag der Kläger, ein Verwandter aus dem Bundesgebiet habe sie im Jahr 2000 besucht. Auch dieser Verwandte hat mithin im Zeitpunkt seines Besuchs keine Verfolgungsgefahr für sich befürchtet. Die von Dr. Oehring (St. v. 6.1.2003 an VG Kassel) und von ai (St. v. 24.6.2004 an OVG Lüneburg) aufgezeigten Schwierigkeiten der Christen bei Rückkehr (Behandlung der Christen als Ausländer, sofern sie nur noch die deutsche Staatsangehörigkeit haben; eigentumsrechtliche Probleme, sozialer Neid, weil Rückkehrer zum Teil finanziell besser stehen als die am Ort verbliebene Bevölkerung) haben keine asylerhebliche Relevanz, sondern stellen allgemeine Probleme von Rückkehrern dar. Im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 20. März 2002 heißt es weiter, auch die Terroranschläge des 11. September 2001 hätten in der Türkei zu keiner spürbaren Verschlechterung im Verhältnis der Religionsgemeinschaften untereinander geführt. Die religiösen Minderheiten hätten grundsätzlich außer den bestehenden Statusproblemen (kein Rechtsstatus der christlichen Gemeinden; keine Rechtssicherheit bezüglich Bau von Kirchen, Ausbildung von Priesternachwuchs und Unterricht in aramäischer Sprache) weder unter massiven staatlichen Repressionen zu leiden noch seien sie in nennenswertem Umfang Übergriffen ihrer muslimischen Nachbarn ausgesetzt. Dieses gelte auch für zum Christentum konvertierte Moslems.
Für eine Beruhigung der Lage spricht auch, dass weitere gravierende Abwanderungsbewegungen bei den Christen im Südosten der Türkei gegenüber den achtziger/neunziger Jahren nicht festzustellen sind. Die Zahl der dort lebenden Christen hat sich vielmehr seit längerer Zeit bei ca. 1.500 bis 2.000 stabilisiert (Lagebericht des AA vom 22.6.2000, v. 24.7.2001; Dr. Oehring, Zur Lage der Menschenrechte in der Türkei - Laizismus = Religionsfreiheit? 2001/2002, S. 10 f.).
Ein im Grundsatz eher positives Bild des christlichen Lebens in der Türkei trotz nach wie vor erheblicher bürokratischer Hemmnisse schildert Walter Conrad (Christliches Leben in der Türkei, Zeitschrift für Türkeistudien, 2002, S. 241). Er weist zwar einerseits darauf hin, dass die Türkei in der Behandlung ihrer christlichen Minderheiten dem durch Unterzeichnung und Ratifizierung entsprechender völkerrechtlicher Verträge und Dokumente selbstgesetzten Standard bislang nicht gerecht geworden sei, und obgleich sich die Situation verbessert habe, nach wie vor bürokratische Hemmnisse bestünden, stellt aber auch eine Entkrampfung in dem Umgang mit den Behörden fest und eine positive Aufwärtsentwicklung zum freien Gestalten des Lebens der Christen in der Türkei. So weist er u.a. darauf hin, dass der türkische Staatspräsident Sezer am 6. Juni 2001 das Kloster Deyrulzafaran am Stadtrand von Ma. besucht habe und dass versucht werde, nach dem Ende der Auseinandersetzungen mit der PKK nach Europa ausgewanderte Familien zur Rückkehr in ihre Heimatregion im Südosten der Türkei zu bewegen. Im Oktober 2001 sei eine neue Übersetzung der Bibel in zeitgemäßer türkischer Sprache erschienen. Bei der Vorstellung der Bibel für die interessierte Öffentlichkeit in einem Istanbuler Hotel seien auch Repräsentanten des Islams anwesend gewesen. Zudem seien neue Ansätze für den interreligiösen Dialog gewählt. So habe die Stiftung der Journalisten und Schriftsteller schon im April 2000 Vertreter der Kirchen, des Judentums und Islams in die Nähe von Sanliurfa eingeladen. Vertreter der Ministerien seien bei dieser Veranstaltung ebenfalls anwesend gewesen. Einschränkungen bei der offiziellen Zulassung von christlichen Hauskreisen könnten zudem nicht ohne Weiteres als diskriminierender Handlung gegenüber Christen gewertet werden; bei entsprechender Zulassung derartiger gottesdienstlicher Veranstaltungen müsste Entsprechendes nämlich auch für Muslime gelten; damit wäre aber fundamentalistischen Bestrebungen die Tür geöffnet. An bürokratischen Hemmnissen, die nach wie vor bestehen, nennt er ebenso wie die übrigen Erkenntnismittel Rechtsunsicherheit bei Neubau und Renovierung von alten Kirchen, restriktive Auslegung der Stiftungsrechts, unzureichende Klärung der Vermögensfragen, nach wie vor fehlende Ausbildungsmöglichkeiten für eine christliche Lehrtätigkeit in der Türkei. Nach Darstellung von Conrad wird zudem die Religion im Personalausweis (auch) durch die Ziffer „31“ gekennzeichnet, so dass fundamentalistisch eingestellte Muslime christlichen Türken den Alltag erschweren könnten. Unabhängig von diesen einschränkenden Bestimmungen herrsche aber eine Art „Aufbruchstimmung“ vor. Fünf Verlage veröffentlichten christliche Literatur und stellten diese auf Messen vor.
Einen vorsichtigen Optimismus zur Lage der Christen in der Türkei unter Aufzählung der nach wie vor bestehenden bürokratischen Hemmnisse lässt sich auch den Ausführungen in Herder-Korrespondenz 55, 5/2001, S. 254 ff. entnehmen.
Nach Einschätzung von Mehmet Oztürk, Wien, (Gutachten über die allgemeine Situation der Kurden in der Türkei für den Unabhängigen Bundesasylsenat vom 10.1.2002, S. 18) sind Christen (letztlich) landesweit nicht in nennenswertem Umfang Übergriffen ihrer islamischen Nachbarn ausgesetzt und schreiten Sicherheitskräfte erforderlichenfalls ein.
Der Presse lässt sich für den Zeitraum ab 2000/2001 ebenfalls eine vorsichtig positive Grundstimmung entnehmen (NZZ v. 10.1.2000: Die Christen in der Türkei hoffen auf die EU; FAZ v. 9.4.2001: Priester in Türkei freigesprochen; SZ v. 7.5.2001: Entspannung auf dem „Berg der Knechte“; FAZ v. 9.5.2001: Nicht alle syrisch-orthodoxen Christen dürfen in ihre Dörfer zurückkehren; dpa v. 6.6.2001: Zwischen Duldung und Unterdrückung - Christen in der Türkei); wenngleich auch kritischere Beiträge nicht fehlen (FAZ v. 7.5.2001; Kock fordert Rechtssicherheit für Christen in der Türkei; FAZ v. 20.12.2001: Die Enteignung in der Türkei dauert an). In der FAZ vom 9. Mai 2001 wird u.a. berichtet, von den in die Schweiz und die Bundesrepublik Deutschland abgewanderten Familien seien allein in den vergangenen zwölf Monaten 15 Familien zurückgekehrt. Zwar sei eine Rückkehr in ehemals zwangsgeräumte Dörfer zurzeit nicht möglich, es gebe aber ein Projekt, wonach innerhalb der Provinz Ma. die Rückkehr in 13 Dörfer möglich sei; eine Rückkehr in das Dorf Midin sei bereits derzeit möglich. In dem Dorf Anhel hätten sich dagegen Dorfschützer niedergelassen. Ehemalige Dorfbewohner hätten sich jedoch zusammengeschlossen mit dem Ziel, ihr Eigentum grundbuchrechtlich absichern zu lassen und es von kurdischen Familien, die es zwischenzeitlich in Besitz genommen haben, wieder herauszuverlangen.
Soweit ai (St. v. 24.6.2004 an OVG Lüneburg) darauf hinweist, dass der syrisch-orthodoxe Pfarrer Yussuf Akbulut wegen Anstiftung zu Hass und Feindschaft angeklagt worden sei, nachdem er im Herbst 2000 das Massaker an den Armeniern auch im Zusammenhang mit der Tötung von syrisch-orthodoxen Christen gestellt habe, kann die erhobene Anklage nicht als Indiz für eine Gruppenverfolgung von Christen gewertet werden; denn in der Türkei sind in der Vergangenheit stets kritische Äußerungen im Zusammenhang mit dem Armenier-Pogrom von 1915 strafrechtlich verfolgt worden (vgl. FAZ vom 17.4.2004). Mittlerweile ist Yussuf Akbulut insbesondere auf Druck des Auslandes freigesprochen worden mit der Begründung, er habe seine Aussage nur im privaten Kreis gemacht (FAZ v. 9.4.2001; Herder 2001 Nr. 5). Erst seit etwa Herbst 2001 bekennt sich die Türkei zögernd zum armenischen Genozid (vgl. hierzu Urt. d. Sen. v. 28.8.2003 - 11 LB 2/03 -, S. 31 zu armenischen Christen).
Bei zusammenfassender Würdigung dieser Erkenntnismittel kann von einer (mittelbaren) Gruppenverfolgung der Christen im Südosten der Türkei im Zeitpunkt der Ausreise der Kläger nicht (mehr) ausgegangen werden. Waren die Kläger mithin 2001 unverfolgt ausgereist, stellt sich nicht die Frage nach einer inländischen Fluchtalternative im Zeitpunkt der Ausreise.
2) Den Klägern ist es auch derzeit zumutbar, zurückzukehren, da sich die allgemeine politische Situation und damit auch die Lage der Christen im Südosten der Türkei weiter entspannt hat. Es besteht derzeit keine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Gefahr politischer Verfolgung bei Rückkehr. Rückkehrende syrisch-orthodoxe Christen sind nach Einschätzung des Senats vielmehr hinreichend sicher vor politischer Verfolgung. Hierzu im Einzelnen:
Die schon für 2001 festzustellende Entspannung hat sich weiter fortgesetzt.
Bei den Parlamentswahlen vom 3. November 2002 errang die AKP (Gerechtigkeits- und Aufbaupartei) die absolute Mehrheit der Parlamentssitze. Die für Verfassungsänderungen notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit hatte sie bei den Wahlen knapp verfehlt, zwischenzeitlich durch einige Parteiübertritte erreicht und im Februar 2005 durch Austritte aus der Parlamentsfraktion AKP erneut verloren. Nur der kemalistisch geprägten „Republikanischen Volkspartei“ (CHP) gelang daneben der Einzug in das Parlament. Alle anderen noch in früheren Legislaturperioden vertretenen Parteien scheiterten. Die türkische Parteienlandschaft hat sich damit in den letzten 26 Monaten erheblich verändert. Ministerpräsident und AKP-Vorsitzender Erdogan ist die alles dominierende Figur der türkischen Politik (AA, Lagebericht v. 3.5.2005, S. 6). Die Regierung unter Erdogan setzte den schon von der vorherigen Regierung unter Premierminister Ecevit eingeleiteten Reformkurs mit einer Vielzahl von Verfassungs- und Gesetzesänderungen fort, die dem Ziel dienen, die Voraussetzungen für eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union gerade auch im Hinblick auf die Wahrung der Menschenrechte, eine Maßgabe, die von der EU immer wieder angemahnt worden war, zu erfüllen. Insgesamt wurden seit 2002 acht sog. „Reformpakete“ beschlossen, die in kurzer Zeit erhebliche gesetzgeberische Neuerungen brachten. Kernpunkte dieser Reformpakete waren: Abschaffung der Todesstrafe, Abschaffung der Staatssicherheitsgerichte, Eindämmung des Einflusses des Militärs, Zulassung auch von anderen in der Türkei gesprochenen Sprachen als türkisch, erleichterte Bestimmungen über die Rechtsstellung von religiösen Stiftungen, Maßnahmen zur Bestrafung von Folter. Zuletzt wurden u.a. ein neues Strafgesetzbuch, eine neue Strafprozessordnung sowie ein neues Strafvollzugsgesetz verabschiedet (Lagebericht v. 3.5.2005 u. v. 1.6.2004). Der deutlich gewordene Reformprozess führte im Dezember 2004 zum Beschluss des Europäischen Rates, mit der Türkei im Oktober 2005 Beitrittsverhandlungen aufzunehmen.
Aufgrund der 2002 festgesetzten Reformen schöpften die Christen (trotz nach wie vor kritischer Einschätzungen, vgl. etwa FAZ v. 23.9.2002: Zunächst nur auf dem Papier, was die türkischen Reformen wirklich wert sind, wird sich erst noch zeigen; Nürnberger Nachrichten v. 4.10.2002: Von Rechtsstaatlichkeit sind wir noch weit entfernt; Welt am Sonntag v. 15.12.2002: Christen werden diskriminiert) große Hoffnungen auf eine baldige deutliche Verbesserung auch ihrer Situation. Z.B. hofften sie darauf, Kirchen neu bauen oder erweitern zu dürfen, eine Klärung der Frage des Eigentums an Kirchengebäuden herbeizuführen sowie Priester in der Türkei ausbilden zu dürfen und z.B. die Wiedereröffnung des 1971 geschlossenen griechisch-orthodoxen Priesterseminars bei Istanbul zu erreichen (vgl. z.B. dpa v. 27.8.2002: Christen führen Schattendasein in der Türkei - künftig mehr Rechte?; FAZ v. 12.10.2002: Mehr Rechte für Minderheiten).
Diese Hoffnungen erfüllten sich bislang jedoch nur ansatzweise. Die Umsetzung der auf den Weg gebrachten Reformvorhaben in der Praxis stößt immer wieder auf Schwierigkeiten und verzögert sich.
In einigen Kreisen der Türkei wird als Grund vermutet, dass Ministerpräsident Erdogan eine „geheime Agenda“ mit dem Ziel einer islamistischen Unterwanderung der Türkei unter Ausschaltung des Laizismus betreibe und die EU-Anbindung lediglich als Vorwand für diese Ziele benutze. Diese Stimmen verweisen darauf, dass Erdogan während seiner Tätigkeit als Oberbürgermeister in Istanbul noch radikal-islamisch eingestellt war (AA, Lagebericht v. 3.5.2005; Die Welt v. 14.5.2004; Handelsblatt v. 16.6.2004).
Andere weisen darauf hin, dass sich zwar ein großer Mentalitätswandel durch erhebliche Teile der türkischen Gesellschaft ziehe, dieser allerdings noch nicht alle Bereiche der Verwaltung, Polizei und Justiz erfasst habe (Thrautig, Neue Chancen für Christen in der Türkei?, ZAR 2004, 73). Die Regierung sei gleichwohl bestrebt, die beschlossenen Reformen voranzutreiben und die entsprechende Anwendung der Gesetze sicherzustellen. So habe sie z.B. besonders wichtige Posten wie den des Gouverneurs der Provinz Diyarbakir im Südosten der Türkei mit Personen besetzt, die dieses Reformwerk ausdrücklich unterstützten (Lagebericht v. 3.5.2005, S. 5 f., 25 f.).Viele Entscheidungsträger hegten jedoch aufgrund ihres bisherigen laizistisch-nationalen Staatsverständnisses Skepsis gegenüber den nunmehrigen Reformvorhaben und versuchten gegenzusteuern (Dr. Oehring, Zur Lage der Menschenrechte - Die Türkei auf dem Weg nach Europa - Religionsfreiheit?, missio 2004, S. 63; FAZ v. 25.4.2005: Eine Welle des Nationalismus; Financial Times Deutschland v. 2.5.2005: Nationalismus stellt Türkei vor Zerreißprobe).
Tatsächlich ist das seit Langem geschlossene griechisch-orthodoxe Priesterseminar in Istanbul noch nicht wieder eröffnet worden. Auch im Übrigen ist eine eigene Priesterausbildung für christliche Gemeinden nach wie vor nicht möglich (Lagebericht v. 3.5.2005, FAZ v. 5.10.2004). Der Rechtsstatus der christlichen Gemeinden ist - aus Sicht der Christen - weiterhin unbefriedigend. Christliche Kirchen haben weiterhin keine eigene Rechtspersönlichkeit . Allerdings sind auch die islamischen Einrichtungen nicht als Rechtspersönlichkeit ausgestaltet, da dieses aus türkischer Sicht mit dem Verfassungsprinzip des „Laizismus“ nicht in Übereinklang steht (vgl. Dr. Oehring, Zur Lage der Menschenrechte in der Türkei - Laizismus = Religionsfreiheit?, missio 2001/2002, S. 5, 12, wonach das Laizismusprinzip (an sich) die Funktion hat, sich ideologisch gegen eine Religion - den Islam - durchzusetzen, die im Verdacht steht, ... eine Rückkehr von Staat und Religion zu fordern; vgl. hierzu auch Hermann, FAZ v. 14.6.2003: „Alle Religion ist Politik“, wonach die Türkei nach ihrem Staatsverständnis religiösen Minderheiten deswegen wenig Rechte zuerkenne, weil sie bei zuviel Anerkennung separatistische politische Bewegungen fürchte. Vor Augen habe man insoweit das Beispiel Israel, das zeige, dass Landnahme auf religiöser Basis und Staatsgründung auf historischem Boden möglich sei; vergleichbar Thrautig, ZAR 2004, 73, der zu bedenken gibt, dass die Anerkennung einer Eigenständigkeit der christlichen Religionen unter dem Gesichtspunkt der Gleichberechtigung dann auch von den Moslems in Anspruch genommen werden würde und dass eine derartige Vorstellung in der Türkei traditionell die Furcht vor Erstarken separatistischer/islamistischer Strömungen wecke; andererseits wird aber auch darauf hingewiesen, dass in der Praxis die Türkei nicht mehr den Islam kontrolliere, sondern durch das Präsidium für Religionsangelegenheiten (Diyanet) verwalte und fördere - Dr. Oehring, Zur Lage der Menschenrechte - Die Türkei auf dem Weg nach Europa -Religionsfreiheit?, missio 2004, S. 4). Eigentum von Kirchengemeinden gibt es weiterhin nicht. In der Regel wird Grundeigentum von sog. Gemeindestiftungen oder unmittelbar von privaten Dritten erworben und dann der Kirche zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Reformvorhaben war das Stiftungsgesetz von 1935 überarbeitet worden. Die enge Auslegung dieses Gesetzes hatte 1974 zur Beschlagnahme zahlreicher Grundstücke geführt und verhindert, dass christliche Kirchen neues Eigentum erwerben konnten (vgl. hierzu Dr. Oehring, Zur Lage der Menschenrechte - Die Türkei auf dem Weg nach Europa - Religionsfreiheit?, missio 2004, S. 10 f.). Mit dem Reformpaket vom 3. August 2002 wurde das Stiftungsgesetz geändert. Die Neuregelung sollte es religiösen Gemeinschaft ermöglichen, bereits erworbene oder genutzte Immobilien registrieren zu lassen. Die Frist hierfür wurde auf (insgesamt) 18 Monate festgelegt (AA, Lagebericht v. 12.8.2003, S. 28). Einen durchgreifenden Erfolg hat dieses Gesetz bislang nicht gebracht. Von ca. 2.434 gestellten Anträgen auf Eintragung von Eigentum sind zwar 287 angenommen worden, nach wie vor kann jedoch die Generaldirektion für Stiftungswesen in religiöse Stiftungen eingreifen und Eigentum beschlagnahmen (vgl. EU-Fortschrittsbericht v. 6.10.2004 im Lagebericht v. 3.5.2005, S. 18; SZ v. 14.10.2004). Hiervon wird auch Gebrauch gemacht (NZZ v. 16.3.2005: Türkische Beamte und Richter auf Raubzug; fortschreitende Enteignung christlicher Stiftungen). Auch die in einem weiteren Reformpaket vom 19. Juni 2003 vorgesehenen baurechtlichen Erleichterungen für die Errichtung von Gebetshäusern greifen in der Praxis nicht wie erhofft. Vielmehr wird von Fällen berichtet, in denen türkische protestantische Gemeinden, die vorher mehr oder weniger geduldet waren, von den Behörden nunmehr damit konfrontiert werden, dass ihre Gebetsstätten nicht im Bebauungsplan verzeichnet seien und deshalb geschlossen werden müssten (AA, Lagebericht v. 19.5.2004, S. 25; vgl. hierzu auch Dr. Oehring, Zur Lage der Menschenrechte - Die Türkei auf dem Weg nach Europa - Religionsfreiheit?, missio 2004, S. 34). Mittlerweile soll ein neues Stiftungsrecht ausgearbeitet werden (AA, Lagebericht v. 3.5.2005, S. 18).
Entsprechend wurde schon im EU-Fortschrittsbericht vom 5. November 2003 (zitiert im Lagebericht AA v. 19.5.2004, S. 18) festgehalten, dass nicht-muslimische religiöse Minderheiten weiterhin vor „ernsten Hindernissen im Hinblick auf ihre Persönlichkeit, Eigentumsrechte, ihre interne Verwaltung und das Verbot der Ausbildung von Geistlichen“ stünden.
Diese bürokratischen Hemmnisse werden von den christlichen Gemeinden um so stärker empfunden, als die sunnitischen islamischen Einrichtungen vom türkischen Staat gefördert werden. Zuständig hierfür ist das Amt für religiöse Angelegenheiten („Diyanet“) (vgl. Die Welt vom 21.11.2004). Es verfügt im Jahr 2005 über fast 90.000 Mitarbeiter und über ein Budget von rd. 590 Millionen Euro. Diesem Amt obliegt die Ernennung und Überwachung der Vorbeter sowie Bau und Unterhalt der Moscheen. Unterstützt wird durch dieses Amt ausschließlich der sunnitische Islam (Lagebericht des AA v. 3.5.2005, S. 16).
Allein administrative Hemmnisse rechtfertigen allerdings nicht die Bejahung einer politischen Verfolgung, da sie die Glaubensbetätigung als solche in ihrem Kernbereich nicht tangieren. Ebenso ist nicht als politische Verfolgung zu werten, dass Christen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit praktisch keinen Zugang für die Justiz-, Lehrer-, Polizei- oder Offizierslaufbahn haben. Da die Türkei zu weit mehr als 90 % von Muslimen bewohnt wird, kann die Zielrichtung der politischen Gremien, für das Funktionieren des Staates wesentliche Berufsfelder mit Muslimen zu besetzen, unter asylrechtlichen Gesichtspunkten nicht beanstandet werden (vgl. hierzu auch Urt. d. Sen. v. 24.10.1990 - 11 L 95/89 - zu syrisch-orthodoxen Christen u. v. 28.8.2003 - 11 LB 2/03 - zu armenischen Christen in der Türkei).
Eine aus Gründen der Religion stattfindende Verfolgung ist nur dann asylerheblich, wenn die Beeinträchtigung der Freiheit der religiösen Betätigung nach Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzt. Es muss sich um Maßnahmen handeln, die den Gläubigen als religiös geprägte Persönlichkeiten ähnlich schwer treffen wie bei Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit oder die physische Freiheit (BVerwG, Urt. v. 18.2.1986 - 9 C 16.85 -; BVerwGE 74, 31), indem sie ihn physisch vernichten, mit vergleichbar schweren Sanktionen bedrohen, seiner religiösen Identität berauben oder daran hindern, seinen Glauben im privaten Bereich durch Gebete und Gottesdienste zu bekennen (BVerfG, Beschl. v. 1.7.199´87 - 2 BvR 478/86 u.a. -, BVerfGE 76, 143, 158; Beschl. v. 10.11.1989 - 2 BvR 403/84 u.a. -, BVerfGE 81, 58; BVerwG, Urt. v. 29.8.1995 - 9 C 2.95 -; Urt. d. Sen. v. 28.8.2003 - 11 LB 2/03 - zu armenischen Christen).
Vor einer derartigen Verfolgung sind die Christen nach Auswertung der aktuellen Erkenntnismittel jedoch derzeit hinreichend sicher. Dieses gilt auch, obgleich Mitte 2004 Kämpfe zwischen der PKK und dem türkischen Militär im Südosten der Türkei wieder aufgeflammt sind (vgl. Dr. Oehring, St. v. 3.10.2004 an OVG Lüneburg, S. 6; NZZ v. 3.7.2004, FAZ v. 20.7.2004; FR v. 20.5.1005: PKK droht mit Terror in den Städten; aber FR v. 3.6.2005: „PKK zur Waffenruhe bereit“).
Berichte über auf eine (mittelbare) Gruppenverfolgung hindeutende Übergriffe auf Christen sind in den aktuellen Erkenntnismitteln nicht enthalten. Soweit von Übergriffen berichtet wird, handelt es sich nur um vereinzelte Fälle, die die Annahme einer Gruppenverfolgung nicht tragen.
Die Anzahl der zurzeit im Südosten lebenden Christen wird mit ca. 1.500 bis 2.200 angegeben (AA, Lagebericht v. 19.5.2004, S. 25 u. St. v. 28.6.2004 an OVG Lüneburg; ai, St. v. 24.6.2004 an OVG Lüneburg; Dr. Oehring, St. v. 3.10.2004 an OVG Lüneburg).
Das Auswärtige Amt weist in der Stellungnahme vom 28. Juni 2004 darauf hin, dass es seit Jahren keine religiösen Übergriffe auf Christen im Südosten mehr gegeben habe. In der Region M./Ma. gebe es inzwischen sechs „aktive“ Klöster. Auch sei z.B. in M. zugunsten von zurückkehrenden Christen zwischenzeitlich Grundeigentum eingetragen worden. Insgesamt hätten die Reformen der letzten Jahre in der Türkei ein Instrumentarium geschaffen, das staatliche Repressionen in asylrelevanter Intensität theoretisch unmöglich mache (AA, Lagebericht v. 3.5.2005, S. 9).
Dieser Wertung folgt ai in der Stellungnahme vom 24. Juni 2004 zwar nicht. Es ist der Auffassung, dass die Religionsausübung weiterhin beeinträchtigt werde. So lägen Erkenntnisse vor, dass bewaffnete Angehörige des Geheimdienstes an (christlichen) Gottesdiensten teilnähmen und Gemeindemitglieder am Telefon überwachten. Allein die Teilnahme von Angehörigen des Geheimdienstes an Gottesdiensten kann aber noch nicht als asylerhebliche Repressalie bewertet werden. Hinsichtlich der Telefonüberwachung sind nachprüfbare Angaben in der Stellungnahme von ai nicht enthalten. Die in der Stellungnahme von ai zum Ausdruck kommenden behördlichen Schwierigkeiten, denen christliche Kirchen nach wie vor ausgesetzt sind, reichen nicht für die Annahme einer Gruppenverfolgung aus. Dass das christliche Missionieren von türkischen Behörden unterbunden wird, wird auch vom Auswärtigen Amt (Lagebericht v. 19.5.2004, S. 24) bestätigt. Die Religionsfreiheit umfasst allerdings nicht auch das Missionieren als solches. ai geht in der Stellungnahme letztlich ebenfalls davon aus, dass die Situation der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin besser sei als in den neunziger Jahren, Anzeigen von syrisch-orthodoxen Christen werde durch Strafverfolgungsorgane nachgegangen, es würden Strafverfahren eingeleitet. Allerdings komme es im Rahmen der oft lang andauernden Strafprozesse zu Diskriminierungen. Bloße Diskriminierungen wiederum reichen aber nicht für die Annahme einer (mittelbaren) Gruppenverfolgung der Christen in der Türkei aus.
Auch nach der eingeholten Stellungnahme von Dr. Oehring (v. 3.10.2004 an OVG Lüneburg) ist der türkische Staat gegenüber Christen grundsätzlich schutzwillig. Dr. Oehring beurteilt die aktuelle Entwicklung in der Türkei zwar etwas zurückhaltender als das Auswärtige Amt in seinem aktuellen Lagebericht vom 3. Mai 2005. Individuelle Religionsfreiheit ist nach seiner Darstellung in den Dörfern und Städten jedoch gewährleistet. Die Christen lebten im Wesentlichen in den Städten Ma. und M. sowie verteilt auf 14 Dörfer. Bei der Mehrheit dieser Dörfer kann nach dem Gutachten von Dr. Oehring allerdings nicht mehr von einer Dorfgemeinschaft im herkömmlichen Sinne gesprochen werden, da es sich bei der verbliebenen Bevölkerung in der Regel um ältere Menschen handele und Dörfer mit einer nur geringen Einwohnerzahl mittelfristig nicht zu halten seien, da nach und nach muslimische Kurden zuzögen und sich in den ursprünglich von christlichen Bewohnern verlassenen Häusern einrichten würden. Auch Dr. Oehring kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass in den Dörfern mit einer Präsenz der Gendarmerie oder des Militärs entweder im Dorf selbst oder in einem Nachbardorf Christen ihren landwirtschaftlichen Besitz ungestört bestellen könnten und nicht Übergriffe moslemischer Kurden befürchten müssten. Bei etwaigen Übergriffen der kurdischen Bevölkerung sei zudem mit der Gewährung von Schutz durch den türkischen Staat zu rechnen. Befänden sich Gendarmerie oder der Militärposten dagegen weiter weg von dem christlichen Dorf sei zwar theoretisch mit der Schutzgewährung durch den türkischen Staat zu rechnen, in der Praxis jedoch nicht auszuschließen, dass diese Schutzgewährung zeitlich erst nach dem entsprechenden Übergriff eingreife. Dass in abgelegenen Regionen dieser Schutz teilweise erst zu spät greift, ist keine nur bei der christlichen Bevölkerung bestehende Besonderheit, sondern gilt für alle entfernt von einer Polizeistation lebenden Bevölkerungsgruppen, sei es in der Türkei, sei es außerhalb der Türkei. Auch in den Städten können nach dem Gutachten von Dr. Oehring Christen ihrer Erwerbstätigkeit als Händler/Handwerker nachgehen, ohne in der Regel mit Übergriffen muslimischer Kurden rechnen zu müssen. Auch hier werde bei Übergriffen durchaus Schutz vom türkischen Staat gewährt. Insgesamt stellt Dr. Oehring damit die Schutzgewährung durch den türkischen Staat zugunsten der Christen nicht in Frage.
Dieses wird bestätigt durch den Bericht in der FAZ vom 16. Januar 2003: Danach hatten muslimische Räuber eine christliche Kirche geplündert und wertvolle Gegenstände gestohlen. Nach dem Bericht war die Zusammenarbeit mit den türkischen Behörden gut, der Überfall wurde auch nicht als gegen Christen gerichtet angesehen, sondern als ein Werk verarmter Zuwanderer.
Dass der türkische Staat durchaus auch zugunsten der Christen einschreitet, wird an dem Beispiel des Dorfes Sareköy (Sare) im Südosten der Türkei deutlich. Dieses Dorf war ursprünglich von syrisch-orthodoxen Christen besiedelt, die das Dorf aber im Zuge der militärischen Auseinandersetzungen im Südosten der Türkei verlassen hatten. Es siedelten sich in den verlassenen Häusern mit Billigung der türkischen Regierung Dorfschützer an. Nach Intervention des syrisch-orthodoxen Erzbischofs vom Tur Abdin Samuel Aktas, Vertretern syrisch-orthodoxer Gemeinden in der Türkei und in Europa und Diplomaten von EU-Mitgliedstaaten haben türkische Streitkräfte im September 2004 dieses Dorf geräumt (vgl. auch NZZ v. 20.11.2004). Es steht nunmehr wieder syrisch-orthodoxen Christen zur Verfügung. Nach den Auskünften des Rechtsanwalts der Kläger und des Dolmetschers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sind Christen dorthin aber noch nicht zurückgekehrt, weil sie Repressalien von Seiten der vertriebenen Dorfschützer befürchten. Nach Dr. Oehring (St. v. 3.10.2004 an OVG Lüneburg) ist unklar, was mit den aus diesem Dorf nunmehr vertriebenen Dorfschützern (ca. 300 Personen) geschehen ist. Dass - so auch Dr. Oehring - die syrisch-orthodoxen Christen bei Rückkehr in das Dorf möglicherweise „Rachetaten“ der vertriebenen Dorfschützer befürchten müssen, ist nicht auszuschließen. Diese Streitigkeiten können aber nicht als ausdrücklich gegen die christliche Religion gerichtet angesehen werden; denn sie bestehen ebenso, wenn zuvor z.B. von Dorfschützern aus ihren Dörfern vertriebene Kurden nunmehr dorthin zurückkehren (AA, Lagebericht v. 19.5.2005, S. 26; Lagebericht v. 3.5.2005, S. 18).
Sowohl das Auswärtige Amt (St. v. 28.6.2004 an OVG Lüneburg) als auch ai (St. v. 24.6.2004 an OVG Lüneburg) weisen darauf hin, dass es zwischenzeitlich verschiedene Rückkehrprojekte von Christen gibt. So sollen in das Dorf Kafro (aramäisch = Elbegendi Köyö) im Kreis M. mehrere Christen zurückkehren wollen. Dazu hat sich ein Entwicklungsverein Kafro mit Sitz in der Schweiz gegründet, dem je 50 Familien in der Schweiz und Schweden und ca. 130 Familien in Deutschland angehören. Ziel dieses Vereins ist, verlassene Dörfer wieder neu zu errichten (AA vom 28.6.2004 an OVG Lüneburg; ai vom 24.6.2004 an OVG Lüneburg; Focus 2004 Nr. 44, S. 211). Insgesamt gibt es ca. sieben Dörfer, für die derartige Rückkehrprojekte geplant sind (ai vom 24.6.2004 an OVG Lüneburg). In M. sind entsprechende Eigentumseintragungen in Einzelfällen bereits erfolgt. Dr. Oehring bestätigt in seinem Gutachten (v. 3.10.2004 an OVG Lüneburg) den Rückkehrplan für das Dorf Kafro. Bei seinem Besuch dort im Oktober 2003 seien bereits mehrere Neubauten im Bau gewesen. Auch wenn Dr. Oehring zweifelt, ob es tatsächlich zu einer dauerhaften Wiederansiedlung syrisch-orthodoxer Christen in diesem Dorf (Kafro) trotz der unzureichenden Infrastruktur kommt (kritisch ebenfalls Thrautig, ZAR 2004, 75), wird doch daran, dass die syrisch-orthodoxen Christen aus Europa seit nunmehr 2001 Geld und Arbeit in ihre Heimatorte investieren, deutlich, dass sie selbst die Situation in der Türkei nicht mehr als bedrohlich empfinden und mithin von einer hinreichenden Sicherheit für ihr Leben und das Leben ihrer Familien bei Rückkehr in die Türkei ausgehen. Dass sich die syrisch-orthodoxen Christen dadurch, dass sie teilweise von Stil und Ausmaß „exklusive“ Neubauten in den eher ärmlichen Dörfern errichten, möglicherweise den Neid anderer dort lebender Bevölkerungsgruppen zuziehen, ist ein allgemeines Risiko ohne asylerheblichen Bezug.
Nach wie vor gibt es Streitigkeiten mit in den ehemaligen Dörfern lebenden Kurden wegen der Eigentumsverhältnisse (ai vom 24.6.2004 an OVG Lüneburg). Nach einem Bericht in der FAZ vom 16.1.2003 wurden Christen in M. von einer lokalen Kurdenmafia verprügelt, als die Christen versuchten, ihr Eigentum, das mittlerweile die Kurden an sich genommen hatten, wieder eintragen zu lassen. ai (St. v. 24.6.2004) erwähnt einen Vorfall, wonach ein in das Dorf Kafro zurückgekehrter syrisch-orthodoxer Christ (Nuri Demir) im April 2003 während der Herrichtung seines Elternhauses von Kurden angegriffen und verletzt worden sei, er seinerseits zwei Menschen verletzt habe, ein strafrechtliches Verfahren jedoch nur gegen ihn (Demir) eingeleitet worden sei. Im Juni 2005 kam es im Tur Abdin zu einem Bombenanschlag, der, soweit ersichtlich, dem syrisch-orthodoxen Dekan Gök, dem Bürgermeister von Harabale und einem deutschen Geschäftsmann galt, die auf dem Weg waren, Grundeigentum von Christen in ein Katasteramt eintragen zu lassen (Westfalen-Blatt v. 20.6.2005; GfbV, Bombenanschlag auf rückkehrwillige assyrisch-aramäische Christen in der Türkei, Internet, Stand: 16.6.2005). Diese vereinzelten Vorfälle können weder für sich noch bei Gesamtbetrachtung als Anzeichen für eine (erneute) mittelbare Gruppenverfolgung von Christen gewertet werden; denn es ist den Erkenntnismitteln nicht zu entnehmen, dass der türkische Staat den Christen gegenüber schutzunwillig ist. Einen lückenlosen Schutz kann er naturgemäß nicht gewähren.
Dr. Oehring (St. v. 3.10.2004 an OVG Lüneburg) weist weiter darauf hin, dass auch in das Dorf Midin, in dem nie muslimische Kurden gewohnt hätten und in dem sich ein Militärstützpunkt befinde, syrisch-orthodoxe Christen zurückgekehrt seien, und zwar auch schon in früherer Zeit. Die Christen hätten dort ihre ursprünglichen Häuser wieder in Besitz genommen und nutzten sie. Der Fortbestand dieses Dorfes mit ca. 225 Einwohnern (ca. 45 Haushalten) sei als weitgehend gesichert anzusehen.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker stellt in ihrem Memorandum von Ende Februar 2004 fest, dass Flüchtlinge aus Westeuropa in einige Dörfer in der Türkei zurückkehren konnten und dass Beobachter vor allem im Tur Abdin von vielen Erleichterungen der Situation der Christen sprächen. Unterricht in aramäischer Sprache werde nicht mehr behindert. Andererseits weist sie aber auch auf die bürokratischen Hemmnisse hin, denen Christen weiterhin ausgesetzt seien. So würden die Erteilung von Baugenehmigungen, die Rückgabe von Grundstücken und der Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur verzögert.
Diese Feststellungen der Gesellschaft für bedrohte Völker korrespondieren mit den Einschätzungen von Dr. Oehring, ai und dem Auswärtigen Amt. Soweit die GfbV ergänzend darauf hinweist, dass Ende 2002 in Neuauflagen türkischer Schulbücher die Volksgruppen der Armenier, der Pontosgriechen und der syrisch-orthodoxen Christen als Spione, Verräter und Barbaren bezeichnet und Synagogen, Kirchen und Minderheitenschulen als schädliche Einrichtungen dargestellt worden sein sollen (ebenso Thrautig, ZAR 2004, 75), soll der armenische Patriarch deswegen Kontakt mit dem türkischen Ministerpräsidenten aufgenommen und dieser eine Revision der Schulbücher versprochen haben (Thrautig, ZAR 2004, 75). Allerdings weist auch das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 3. Mai 2005 (S. 17) darauf hin, dass in der türkischen Presse immer wieder tendenziöse Berichte erscheinen, die eine Bedrohung durch Christen suggerieren, die in keinem Verhältnis zu der geringen Zahl der insgesamt ca. 110.000 Christen (und den tatsächlich vereinzelt vorkommenden missionarischen Aktivitäten dieser Christen) stehe.
Dr. Thrautig (ZAR 2004, 73; Neue Chancen für Christen in der Türkei?) weist in seiner schon oben mehrfach zitierten Stellungnahme darauf hin, dass Christen und Kirchenführer von einem Klimawandel berichteten. Die schwindenden Ressentiments zeigten sich in alltäglichen Dingen („Wenn ein Muslim bei einem Christen oder bei einem Muslim einen Wagen kaufen kann, geht er dorthin, wo er billiger wegkommt“). Nach Aussage eines Pfarrers der evangelischen Gemeinde in Istanbul habe sich die Atmosphäre gegenüber Christen allgemein verbessert, auch sei der Kontakt zu örtlichen Behörden besser geworden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass trotz des juristisch unbefriedigenden Zustandes der christlichen Religionsgesellschaften die örtlichen Behörden sich durchaus flexibel zeigten und z.B. von christlichen Kirchen für die Benutzung von Gebetsräumen teilweise weder Kosten für Strom oder Gas berechneten. Auch habe das Kloster Mar Gabriel, dem Sitz des syrisch-orthodoxen Erzbischofes Samuel Aktas, das vor wenigen Jahren noch baufällig schien, mit Geldern aus Auslandsgemeinden renoviert werden können; es enthalte Gästezimmer, die Touristen und Wallfahrer beherbergten. Dieser „religiöse Herbergsbetrieb“ werde von den Behörden geduldet, obgleich er auf keiner gesetzlichen Grundlage beruhe. Geduldet werde nach wie vor auch, dass in dem Kloster junge Leute in die Liturgie eingewiesen werden und die aramäische Sprache, die Ursprache des Christentums, lernen könnten (vgl. auch Die Welt v. 5.10.2004; NZZ v. 20.11.2004).
Die gegenüber den Verhältnissen in den neunziger Jahren eingetretene Entspannung wird zudem daran deutlich, dass im September 2003 mehrere christliche Gemeinden gegenüber türkischer Regierung und Parlament gemeinsam Forderungen nach einer besseren Anerkennung und Stellung der christlichen Kirchen formuliert haben (vgl. Dr. Oehring, Zur Lage der Menschenrechte - Die Türkei auf dem Weg nach Europa - Religionsfreiheit?, missio 2004, S. 50). Ein derartiges Vorgehen wäre - selbst wenn diese Aufforderung bislang keine konkreten Ergebnisse gebracht hat - in den neunziger Jahren nicht möglich gewesen. Auch der unter touristischen Gesichtspunkten von 38 Hotelbesitzern bezahlte und Ende 2004 eröffnete sog. „Garten der Religionen“, der eine Moschee, eine Kirche und eine Synagoge beinhaltet (Dr. Oehring, Zur Lage der Menschenrechte - Die Türkei auf dem Weg nach Europa - Religionsfreiheit?, missio 2004, S. 38; FAZ v. 9.12.2004), wäre früher nicht denkbar gewesen.
Der türkische Ministerpräsident hat schließlich am 8. Dezember 2004 erklärt, dass der türkischen Regierung Defizite hinsichtlich der Religionsfreiheit bekannt seien und sie an deren Beseitigung arbeite (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Erkenntnisse des Bundesamtes, Türkei, Stand: Dezember 2004, S. 26).
Die aufgezeigte Entwicklung lässt es trotz aller nach wie vor bestehenden und nicht zu unterschätzenden erheblichen administrativen Erschwerungen im Leben der Christen in der Türkei als hinreichend sicher erscheinen, dass Christen in der Türkei zurzeit ihren Glauben zumindest in seinem eigentlichen Kernbereich ungehindert ausüben können und dass sie auch keinen über die administrativen Beeinträchtigungen hinausgehenden Drangsalierungen ihrer kurdischen/türkischen Mitbewohner ausgesetzt sind. Eine Rückkehr in die Türkei ist den Klägern daher zumutbar (vgl. ebenso VG Wiesbaden, Urt. v. 12.5.2003 - 6 G 1/02 -, die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist vom Hess.VGH mangels zureichender Darlegung von Zulassungsgründen zurückgewiesen worden; Hess.VGH, Beschl. v. 24.5.2004 - 6 ZU 1470/03 -; OVG Schl.-H., Urt. v. 29.4.2004 - 4 LB 101/02 -).
Sollten - was derzeit noch nicht absehbar ist - die für Oktober 2005 geplanten Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU nicht zu einem von der Türkei gewünschten Ergebnis führen und sollten sich daraus negative Auswirkungen auf die Lage der Christen in der Türkei ergeben, müsste die Situation gegebenenfalls anhand der dann gegebenen Erkenntnisquellen neu bewertet werden.
2) Aus den Ausführungen unter 1) ergibt sich, dass auch kein Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG eingreift.
3) Ebenso ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass sich ein Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 2-7 AufenthG ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylVfG.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.