Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.06.2005, Az.: 9 LA 169/03
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 27.06.2005
- Aktenzeichen
- 9 LA 169/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 44017
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2005:0627.9LA169.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Osnabrück - AZ: 1 A 133/02
In der Verwaltungsrechtssache
Streitgegenstand: Straßenreinigungsgebühren; Antrag auf Zulassung der Berufung -
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 9. Senat - am 27. Juni 2005 beschlossen:
Tenor:
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 1. Kammer - vom 27. Mai 2003 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens,
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 85,68 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegen beziehungsweise nicht von ihm in der erforderlichen Weise nach § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO in seiner Antragsschrift dargelegt worden sind.
An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht schon dann vor, wenn überhaupt nur Gründe, ja nicht einmal, wenn sogar gewichtige Gründe gegen die Richtigkeit der Entscheidung angeführt werden können, so dass der Ausgang des Verfahrens als offen bezeichnet werden kann, sondern erst dann, wenn der Erfolg der Berufung wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 31. Juli 1998 - 1 L 2696/98 - NdsRpfl 1999, 87 = NwVZ 1999, 431 = NdsVBl 1999, 93).
Die nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO erforderliche Begründung muss sich daher mit den die angegriffene Entscheidung tragenden Gesichtspunkten auseinandersetzen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils sind als Zulassungsgrund aber auch danach erst dann ausreichend dargelegt im Sinne des § 124 a Absatz 4 Satz 4 VwGO, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.
Die von dem Kläger im Zulassungsantrag angeführten Erwägungen sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen.
Soweit der Kläger allein einen Verstoß gegen die Ausschreibungspflicht der Beklagten rügt, führt dieser Ansatz nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Denn nach der Rechtsprechung des Senats (zum Ausbaubeitragsrecht: Beschluss vom 9. November 1999 - 9 L 1832/99 - NdsVBl 2000, 173 = NSt-N 2000, 98 ), auf den sich auch das erstinstanzliche Urteil stützt, hat ein etwaiger Verstoß gegen die Ausschreibungspflicht nicht ohne weiteres die Unwirksamkeit der Festsetzung des Gebührensatzes in der Gebührensatzung zur Folge (ebenso zu Kosten des Grundstücksanschlusses Beschluss des Senats vom 2. März 2004, - 9 LA 28/04 - NSt-N 2004, 93). Der Senat hat in diesen Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass der Verstoß gegen die grundsätzlich bestehende Ausschreibungsverpflichtung nicht - gewissermaßen automatisch - zur Rechtswidrigkeit einer Abgabenforderung führt. Entscheidend sei nämlich nicht die - insoweit lediglich formale - Einhaltung kommunaler Vorschriften, sondern die Wahrung des abgabenrechtlichen Erforderlichkeitsprinzips. In derartigen Fällen muss die auftragserteilende Gemeinde nachweisen, dass die zugrunde gelegten Preise sich noch im Rahmen dessen bewegen, was das kostenbezogene Erforderlichkeitsprinzip voraussetzt (Nds. OVG, Beschluss vom 2. März 2004, - 9 LA 28/04 - a. a. O.), d. h., ob die angefallenen Kosten angemessen sind. Ihr obliegt eine Darlegungs- und Plausibilisierungspflicht, die vor allem den Nachweis erfordert, dass die vereinbarten Entgelte in jeder Hinsicht markt- und wettbewerbsgerecht sind und daher niedrigere Entgelte auch bei einer Ausschreibung voraussichtlich nicht hätten vereinbart werden können (zu Abfallgebühren: Urteil des Senats vom 28. März 2001 - 9 K 4037/00 -).
Diesen "Nachweis" hat die Beklagte nach Auffassung des Verwaltungsgerichts in hinreichender Weise geführt. Er ist vom Kläger mit seinem Vorbringen im vorliegenden Verfahren nicht erschüttert worden.
Bei seiner Kritik an dem Gutachten der Firma "B. GmbH Unternehmensberatung GmbH" vom Mai 1991 verkennt der Kläger, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Stadt C. auf angenommenen Personalkosten eines Mitarbeiters bei jährlich 1.600 Stunden beruhen, während das Gutachten auf einem Mindestzeitaufwand von 4.050 Stunden basiert, was einem Einsatz von 2,5 - 3 Dienstkräften entspricht. Die vom Kläger dem Gutachten unterstellte Ungereimtheit kann der Senat deshalb nicht feststellen.
Weitere schlüssige Erwägungen des Klägers, die die Aussagekraft des Gutachtens und die Argumentation des Verwaltungsgerichts erschüttern, sind vom Kläger nicht dargetan. Allein der bloße Hinweis, dass die Straßenreinigung durch die Zusatzvereinbarungen zum 1. Januar 1994 und zum 1. Januar 2001 teurer geworden ist, reicht insoweit nicht, die Angemessenheit der der Gebührenkalkulation zugrundeliegenden Kosten ernsthaft infrage zu stellen.
Der weiter vom Kläger vorgetragene Hinweis auf die niedrigeren Straßenreinigungsgebühren der benachbarten und vergleichbaren Städte und Gemeinden verhilft dem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg. Zwar wird in der Rechtsprechung ein interkommunaler Gebührenvergleich zur Klärung der Frage der Angemessenheit der in den Gebührensatz eingerechneten Kosten grundsätzlich für vertretbar gehalten (OVG Koblenz, Urteil vom 17. Juni 2004 - 12 C 10660/04 -zitiert nach Juris), aber im vorliegenden Fall lässt allein der bloße Vergleich mit niedrigeren Straßenreinigungsgebühren in anderen Städten und Gemeinden nicht zwingend den Schluss auf eine Nichteinhaltung der kostenbezogenen Erforderlichkeit der angefallenen Kosten zu.
Soweit der Kläger gegen den vom Verwaltungsgericht angenommenen Nachweis der Angemessenheit der Kosten weiter einwendet, die Kostenermittlung vom 14. Oktober 2002 nicht gekannt zu haben, übersieht er, dass seinem Prozessbevollmächtigten diese Kostenübersicht vom 14. Oktober 2002 ausweislich der Gerichtsakte übersandt wurde und dieser sie in seinem Schriftsatz vom 16. Mai 2002 selbst erwähnt.
Die weiter vom Kläger aufgestellte Forderung, der Nachweis der Angemessenheit der Kosten müsse zwingend über die Vorschriften des Preisprüfungsrechts erfolgen, stellt den vom Verwaltungsgericht festgestellten Nachweis durch die Beklagte nicht in frage. Denn der Senat hat in seiner Entscheidung vom 22. Januar 1999 (- 9 L 1803/97 - OVGE 48, 374 = NdsVBl 1999, 167 = KStZ 1999, 190 = NVwZ 1999, 1128 [OVG Niedersachsen 22.01.1999 - 9 L 1803/97]) nicht darauf abgestellt, dass ein solcher Nachweis ausschließlich anhand der Vorschriften des Preisprüfungsrechts erfolgen muss (vgl. auch Beschluss vom 2. März 2004 - a. a. O.) und nicht auf andere geeignete Weise gelingen kann. Vielmehr hat der Senat die Nachweisführung im Regelfall bejaht, wenn der abgeschlossene Vertrag mit dem Dritten den Vorschriften des Preisprüfungsrechts entspricht. Von daher bleibt eine unterbliebene preisrechtliche Prüfung ohne Auswirkungen, wenn die Angemessenheit der Kosten anders nachgewiesen worden ist.
Ebenso wenig verhilft der Einwand dem klägerischen Antrag zum Erfolg, die Beklagte habe ihre Pflicht zur europaweiten Ausschreibung missachtet. Weder aus der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (Richtlinie 92/50/EWG - ABI. EG Nr. L 209, S. 1 - 24) noch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes kann abgeleitet werden, dass etwaige Verstöße gegen die - europarechtlich initiierten und determinierten -vergaberechtlichen Vorschriften für öffentliche Dienstleistungen zur Unzulässigkeit der Berücksichtigung von infolge fehlerhafter Vergabe entstandener Kosten im Rahmen der Erhebung öffentlicher Abgaben führen müssen. Die Regelung mittelbarer Folgen von Vergaberechtsverstößen für die Gebühren- und Beitragspflicht überlässt das Europarecht vielmehr dem nationalen Recht (OVG Rheinland - Pfalz, Urteil vom 17. Juni 2004 -12 C 10660/04 -, zitiert nach Juris).
Die vom Kläger ferner gerügte fehlende Änderung des § 2 Abs. 1 StrRS für den Zeitraum bis zum 31. März 2002 lässt die vom Verwaltungsgericht ausgeführte Argumentation, die Beklagte habe die Kosten für die Reinigung des 3 m- Streifens bei erneuter Kalkulation für den Zeitraum bis zum 31. März 2002 zur Behebung des Kalkulationsfehlers unberücksichtigt gelassen, unberührt.
Soweit der Kläger eine differenzierte Verteilung der Straßenreinigungskosten auf einzelne Teilbereiche der C. Fußgängerzone fordert, zeigt er mit diesem Ansatz nicht auf, dass die Beklagte die Grenzen des ortsgesetzgeberischen Ermessens, das das Verwaltungsgericht zu Recht bei seiner Entscheidung betont hat, überschritten hat. Der Satzungsgeber ist nicht gezwungen, Straßenreinigungsgebühren nach dem Maß der konkreten Verschmutzungsverursachung zu bemessen oder - mit Blick hierauf- an Maß oder Art der Nutzung der Anliegergrundstücke auszurichten (BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 1993-8 NB 5/93 -, KStZ 1994, 152-153).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 14 Abs. 3, 13 Abs. 2 GKG a. F.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG n. F.).