Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.06.2005, Az.: 1 OA 70/05
Beschwerde des Prozessbevollmächtigten gegen die Festsetzung eines Streitwerts; Zugrundelegung des Wertes des selbstständigen Beweisverfahrens auch für das Hauptverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 06.06.2005
- Aktenzeichen
- 1 OA 70/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 34130
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2005:0606.1OA70.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 14.03.2005 - AZ: 2 E 1771/03
Rechtsgrundlage
- § 13 Abs. 1 S. 2 GKG
Fundstelle
- NVwZ-RR 2005, 863 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Selbstständiges Beweisverfahren
- Gegenstandswertbeschwerde -
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 1. Senat -
am 6. Juni 2005
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers wird der Gegenstandswertbeschluss des Verwaltungsgerichts Stade - 2. Kammer - vom 14. März 2005 geändert.
Der Gegenstandswert wird auf 37.500,-- EUR festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet.
Entscheidungsgründe
Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert für das vor dem Verwaltungsgericht durchgeführte selbstständige Beweisverfahren. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert mit dem angegriffenen Beschluss auf 4.000,-- EUR gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. festgesetzt, weil der Wert des selbstständigen Beweisverfahrens nicht gleichzusetzen sei mit dem Wert eines in einem möglicherweise anschließenden Hauptsacheverfahren zu verfolgenden Ersatzanspruchs.
Dagegen wendet sich der Antragsteller, der darauf verweist, dass nach den §§ 485 ff. ZPO der Hauptsachewert maßgeblich sei. Der Rechtsstreit habe für den Antragsteller eine mit dem Mangelbeseitigungsaufwand identische Bedeutung, so dass der Wert identisch sei mit der Kostenschätzung des im selbstständigen Beweissicherungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens über die notwendigerweise durchzuführenden Arbeiten.
Die Beschwerde ist begründet. Der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist nach § 13 GKG a.F./§ 52 Abs. 1 GKG n.F. grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Das Verwaltungsgericht hat in Anwendung dieser Bestimmung den Streitwert zu niedrig festgesetzt. Maßgeblich ist - auch nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur zur Höhe des Streitwerts in Beweissicherungsverfahren - das Interesse des Klägers und der Wert des zu sichernden Anspruchs (VGH BW, Beschl. v. 30.12.1997 - 5 S 2863/97 -, NVwZ-RR 1998, 526; Bay. VGH, Beschl. v. 22.9.2000 - 22 C 00.2503 -, NVwZ-RR 2001, 278 u. 7.11.1972 - Nr. 46 V 71 - BayVBl. 1973, 52). Zur Ermittlung des Streitwertes ist deshalb in Beweissicherungsverfahren - auch - darauf abzustellen, was der Anspruch des - eventuell folgenden - Hauptsacheverfahrens wäre.
Aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 3. März 2004 über die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens ergibt sich, dass Ziel des Beweissicherungsverfahrens war, ein Verfahren zu vermeiden, über die Frage des Umfangs der Pflicht des Antragsgegners Baumängel zu beseitigen, die durch mangelnde Ausführung von Sanierungsarbeiten durch den Antragsgegner entstanden sind. Den Sanierungsarbeiten lag ein Vertrag zugrunde, der zwischen den Beteiligten im August 1994 geschlossen worden war. Der Umfang der einzelnen Sanierungsarbeiten ergibt sich aus einer denkmalrechtlichen Genehmigung vom 7. Dezember 1994 für das betroffene Gebäude. Erst als weiteres Verfahren danach käme ein Verfahren auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung in Betracht, das vermieden werden kann, wenn der Antragsgegner seiner sich aus dem Sanierungsvertrag von 1994 ergebenden Verpflichtung zur fachgerechten Herstellung der Baumaßnahme nachkommt. Ziel des Hauptsacheverfahrens ist demnach also zunächst, zu erreichen, dass die erforderlichen Arbeiten ordnungsgemäß vom Antragsgegner vorgenommen werden, damit weder Schadensersatzansprüche noch Kosten entstehen. Die Höhe der durch das Gutachten ermittelten Kosten von 150.000,-- EUR würde erst in dem zweiten Schritt eines Schadensersatzverfahrens gegen den Antragsgegner relevant werden, wenn der Antragsgegner seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeiten endgültig nicht nachgekommen ist und infolge dieser Pflichtverletzung Schadensersatzansprüche entstanden wären. Allein die Tatsache der vertragsgemäßen Durchführung der Arbeiten selbst ist Ziel des sich an ein Beweissicherungsverfahren möglicherweise unmittelbar anschließenden Hauptsacheverfahrens. Für diesen Anspruch kann aber nicht der volle Wert der durch das Gutachten ermittelten Summe angesetzt werden, so dass ein Teilbetrag in Betracht kommt, der mit einem Viertel der vom Gutachter ermittelten Summe zu bemessen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG n.F.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG n.F.).
Streitwertbeschluss:
Der Gegenstandswert wird auf 37.500,-- EUR festgesetzt.
Berner-Peschau
Muhsmann