Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 22.06.2005, Az.: 5 LB 306/04

dienstliche Beurteilung; Nachvollziehbarkeit; Änderung durch Zweitbeurteiler

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
22.06.2005
Aktenzeichen
5 LB 306/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 50712
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 11.10.2002 - AZ: 1 A 65/00

Tatbestand:

1

I. Der Kläger wendet sich gegen die ihm als Polizeihauptmeister für den Beurteilungszeitraum vom 1. Februar 1996 bis zum 31. Mai 1998 erteilte dienstliche Beurteilung, die der Erstbeurteiler am 10. August 1998 und der Zweitbeurteiler am 12. November 1998 unterzeichnete. Mit dieser Beurteilung, der die Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen vom 4. Januar 1996 (Nds.MBl S. 169) - BRLPol - zugrunde liegen, erteilte der Erstbeurteiler dem Kläger das Gesamturteil „entspricht voll den Anforderungen“ (Wertungsstufe 4) und legte dem die Bewertung von neun Einzelmerkmalen mit der Wertungsstufe 4 und vier Einzelmerkmalen mit der Bewertungsstufe 3 zugrunde. Der Zweitbeurteiler schloss sich dem nicht an, erteilte dem Kläger das Gesamturteil „entspricht den Anforderungen“ (Wertungsstufe 3) und führte zur Begründung aus:

2

„Vom Zeitpunkt der Amtsübertragung bis zum Beurteilungsstichtag habe ich weder Hinweise noch Erkenntnisse gewonnen, die für eine über- oder unterdurchschnittliche Leistungsbewertung des Beamten hätten sprechen können. Bei der Beurteilung war als zusätzlicher Aspekt im Vergleich zu anderen Beamten seines Statusamtes die geringere Erfahrung in der Laufbahn zu berücksichtigen. Der Erstbeurteiler hatte zum Stichtag nur zwei PHM zu beurteilen. Beim Vergleich dieser beiden wurde offensichtlich ein nicht beiden Beamten gerecht werdender Maßstab angelegt, dieses trifft um so mehr zu, da ein Vergleich aller Beamten A 9 deutliche Unterschiede erkennen lässt, so dass aufgrund der nicht maßstabgerechten Bewertung des Erstbeurteilers die Beurteilung von mir insgesamt um einen Punkt heruntergesetzt wird“.

3

Unter Berücksichtigung des Widerspruchs des Klägers vom 2. Dezember 1998, der als Antrag auf Änderung der dienstlichen Beurteilung vom 10. August/12. November 1998 gewertet wurde, hob die Beklagte im Hinblick auf die in Nr. 11 BRLPol vorgesehene Korrektur- und Änderungskompetenz die Beurteilung des Zweitbeurteilers auf und bat ihn auf der Grundlage des Entwurfs des Erstbeurteilers eine erneute Zweitbeurteilung unter Berücksichtigung der Bewertung der Einzelmerkmale durchzuführen. Daraufhin änderte der Zweitbeurteiler das mit der Wertungsstufe 4 durch den Erstbeurteiler bewertete Einzelmerkmal „1.7 Arbeitssorgfalt“ und bewertete es mit der Wertungsstufe 3. Zur Begründung ist ausgeführt:

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Die Arbeitsergebnisse erfüllen die wesentlichen Anforderungen und werden in der Regel umsichtig und nach sorgfältiger Abwägung erzielt. Formale Anforderungen werden weitestgehend berücksichtigt.

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In gleicher Weise änderte der Zweitbeurteiler die Bewertung des Einzelmerkmals „2.5 Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse“ und führte zur Begründung aus:

6

„Die Arbeitsergebnisse entsprechen im Wesentlichen den Anforderungen und sind verwertbar. Sie sollten jedoch inhaltlich mehr Informationen vermitteln und auch Details berücksichtigen, um insgesamt die Vorgangsbearbeitung schlüssig nachvollziehen zu können, damit auch der Ermittlungsverlauf erkennbar wird.“

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Diese Veränderungen wurden in einem Beurteilungsgespräch am 18. Februar 1999 mit dem Erstbeurteiler und dem Kläger erörtert.

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Unter dem 31. März 1999 bat die Beklagte den Erstbeurteiler um Stellungnahme, warum er in der durch ihn erstellten Erstbeurteilung von der in den Beurteilungskonferenzen bei der Polizeiinspektion D. vereinbarten Maßstabsbildung unter Berücksichtung des in den Beurteilungskonferenzen bei der Bezirksregierung D. bezirkseinheitlich erarbeiteten Beurteilungsmaßstabes abgewichen sei. Hierzu äußerte sich der Erstbeurteiler nicht.

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Unter dem 5. Mai 1999 hob die Beklagte die Änderung der Beurteilung durch den Zweitbeurteiler erneut auf und bat ihn, das nach Änderung der Einzelmerkmale erforderliche Gesamtergebnis der Leistungsbewertung (Nr. 3.2 des Beurteilungsvordrucks) nachzutragen und die ursprünglich für die Herabsetzung des Gesamturteils gegebene, vorstehend zitierte Begründung (Nr. 5 des Beurteilungsvordrucks) zu streichen. Dem entsprach der Zweitbeurteiler in der Weise, dass er als Gesamtergebnis die Wertungsstufe 3 eintrug und die erbetene Streichung vornahm. Dieser Vorgang wurde unter Überreichung von Fotokopien der geänderten dienstlichen Beurteilung dem Kläger am 12. Mai 1999 bekanntgegeben.

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Durch Bescheid vom 29. Mai 1999 lehnte die Beklagte die begehrte Änderung der dienstlichen Beurteilung ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Zweitbeurteiler habe sich bei der Gesamtbewertung unter Berücksichtigung der Richtwerte und der in dem Vergleich mit anderen Beamten der betreffenden Vergleichsgruppe im Bereich der Polizeiinspektion D. durch die Anlegung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes nicht in der Lage gesehen, die Wertungsstufe 4 mitzutragen. Die Erkenntnisse, die ihn veranlasst haben, das Gesamturteil „entspricht den Anforderungen“ (Wertungsstufe 3) zu erteilen, habe der Zweitbeurteiler in unmittelbaren und mittelbaren dienstlichen Kontakten und in den durchgeführten Beurteilerkonferenzen der Polizeiinspektion D. erlangt. In diesen Beurteilerkonferenzen habe der Zweitbeurteiler einen Leistungsvergleich durch die Darlegung und Erörterung der Leistungsmaßstäbe der Erstbeurteiler für die Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe angestellt und danach einheitlich für den Zweitbeurteilerbereich in der Polizeiinspektion D. angewandt. Das Gesamturteil ergebe sich schlüssig aus der inhaltlichen Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale.

11

Dem widersprach der Kläger mit der Begründung, die angegriffene dienstliche Beurteilung sei rechtswidrig, weil die durch seine Wirbelsäulen- und Bandscheibenveränderungen bedingte Behinderung mit einem Grad von 30, aufgrund der durch das Gutachten des Polizeiarztes vom 11. Februar 1998 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % festgestellt worden sei, unberücksichtigt geblieben sei. Außerdem sei im Hinblick auf diese Behinderung und auch die Zusammenlegung der Kriminal- und Schutzpolizei erst im Jahre 1996 und seine bis dahin ausgeübte Tätigkeit als Schutzpolizist die Einbeziehung der Kriminalhauptmeister in die Vergleichsgruppe zur Bildung des Beurteilungsmaßstabes nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus erscheine eine adäquate Beurteilung seiner Leistungen durch den Zweitbeurteiler nicht möglich, da dieser ihn - den Kläger - kaum kenne.

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Diesen Widerspruch wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2000 (zugestellt am 25.01.2000) zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Behinderung des Klägers habe bei der Beurteilung keine besondere Berücksichtigung erfahren müssen, da dies nur bei schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten geschehe, der Kläger aber angesichts der festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % weder schwerbehindert noch einem Schwerbehinderten gleichgestellt sei. Die Bildung der Vergleichsgruppe sei nicht zu beanstanden, da nach den Beurteilungsrichtlinien (Nr. 11 BRLPol) eine Vergleichsgruppe die Beamtinnen und Beamte umfasse, die einer Besoldungsgruppe derselben Laufbahn angehören. Es werde also nicht unterschieden zwischen Schutz- und Kriminalpolizei oder der Tätigkeit in anderen Polizeibereichen (Diensthundeführerstaffel, Polizeimusikchor, Kriminalermittlungsdienst, Fernmeldebetriebswerkstatt). Es sei nicht erforderlich, dass der Zweitbeurteiler Eignung und Leistung des Klägers ausschließlich aus eigener Anschauung kennen müsse; es genüge, dass er sich die notwendigen Kenntnisse dadurch verschaffe, dass er auf Berichte von dritter Seite zurückgreife. Es bestünden keine Zweifel darin, dass der Zweitbeurteiler die notwendigen Kenntnisse für die von ihm erteilte Beurteilung in unmittelbaren und mittelbaren dienstlichen Kontakten und in den durchgeführten Beurteilerkonferenzen der Polizeiinspektion D. erlangt habe.

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Zur Begründung der hiergegen am 25. Februar 2000 erhobenen Klage hat der Kläger sein Widerspruchsvorbringen wiederholt und vertieft und darüber hinaus im Wesentlichen geltend gemacht: Seine Behinderung habe unabhängig von der Schwerbehinderteneigenschaft Berücksichtigung finden müssen. Sie sei dem Erstbeurteiler bekannt gewesen und auch in dem Beurteilungsgespräch am 25. November 1998 von ihm vorgetragen worden. Das könne durch Vernehmung des Erstbeurteilers als Zeugen bewiesen werden.

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Der Kläger hat beantragt (sinngemäß),

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2000 zu verurteilen, die dienstliche Beurteilung vom 10. August/12. November 1998 aufzuheben und ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu beurteilen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

18

Zur Begründung hat sie die in den angefochtenen Bescheiden gegebenen Gründe wiederholt und vertieft und darüber hinaus geltend gemacht: Unabhängig von der Bildung der Vergleichsgruppen zur Ermittlung des Beurteilungsmaßstabes fänden die Besonderheiten des jeweils betroffenen Dienstpostens bei der dienstlichen Beurteilung dadurch Berücksichtigung, dass diese bei der inneren Differenzierung im Rahmen der Bewertung der einzelnen Beurteilungsmerkmale Berücksichtung fänden.

19

Das Verwaltungsgericht hat durch das ohne mündliche Verhandlung am 11. Oktober 2002 ergangene Urteil die angefochtenen Bescheide vom 29. Mai 1999 und 21. Januar 2000 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für den Zeitraum vom 1. Februar 1996 bis zum 31. Mai 1998 neu zu beurteilen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Es sei nicht auszuschließen, dass die angegriffene Beurteilung nicht in einem einwandfreien Verfahren zustande gekommen ist, weil - wie die Kammer in dem Urteil vom 20. März 2002 (1 A 8/00) festgestellt habe - in den Ranking- und Beurteilungskonferenzen die Notenstufen in einer Weise individuell festgelegt würden, die eine eigenständige Beurteilung durch den zuständigen Beurteiler ausschließe. Außerdem stehe die Verfahrensweise bei Abänderung der hier umstrittenen Beurteilung in Widerspruch zu einer fürsorglichen und fairen Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens, weil die abgeänderte Beurteilung den Kläger lediglich am 12. Mai 1999 eröffnet worden und ihm eine angemessene Überlegungs- und Befassungsfrist nach Bekanntgabe nicht eingeräumt worden sei. Die Klage habe aber vor allem deshalb Erfolg, weil die Herabstufung des Gesamturteils von der Wertungsstufe 4 auf die Wertungsstufe 3 durch den Zweitbeurteiler nicht nachvollziehbar sei. Die nachträgliche Änderung von lediglich zwei Leistungsmerkmalen (Arbeitssorgfalt, Verwertung der Arbeitsergebnisse) sei in ihrer Begründung kaum tragfähig und mit Blick auf ihre (gravierende) Bedeutung für das Gesamtergebnis nicht plausibel. Wenn die Arbeitsergebnisse des Klägers auch nach Einschätzung des Zweitbeurteilers „in der Regel umsichtig nach sorgfältiger Abwägung erzielt“ würden, so werde nicht deutlich, aus welchen Sachgründen denn nun die Herabstufung von der Wertungsstufe 4 auf die Wertungsstufe 3 habe erfolgen müssen und vom Leistungsbild des Klägers her erforderlich gewesen sei. Es sei durchaus möglich, das Beurteilungsmerkmal „Arbeitssorgfalt“ bei solcher Beschreibung weiterhin den Anforderungen zuzuordnen, die mit der Notenstufe 4 umschrieben würden, nämlich dass die Sorgfalt den Anforderungen „in vollem Umfang gerecht wird und somit insgesamt über dem Durchschnitt liegt“ (Definition der Notenstufe 4). Auch die Begründung zur Herabstufung der „Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse“ überzeuge nicht, wenn dort ausgeführt werde, jene Ergebnisse entsprächen „im Wesentlichen den Anforderungen“ und seien „verwertbar“. Die dann aufgestellte Forderung nach mehr „Details“ und „Erkennbarkeit des Ermittlungsverlaufs“ möge für die Vergabe höherer Wertungsstufen zutreffen, sei jedoch - bei anforderungsgerechten Ergebnissen - nicht zwingender Anlass für eine Abstufung auf die Bewertungsstufe 3. Des Weiteren sei nicht nachvollziehbar, in welcher Weise die von der Beklagten für notwendig gehaltene „innere Differenzierung“ bezüglich der Kriminalhauptmeister und der Polizeihauptmeister durchgeführt worden sei. Anhaltspunkte für eine solche Differenzierung fänden sich in der angegriffenen Beurteilung nicht. Zudem sei nicht erkennbar, dass eine - angesichts der vorliegenden gesundheitlichen Einschränkung des Klägers - abwägende Einbeziehung und Beurteilung der tatsächlich vorhandenen Behinderung des Klägers stattgefunden hätten, möge sie auch für sich genommen nicht den Grad erreicht haben, der zwingend zu einer formal rechtlichen Berücksichtigung hätte führen müssen. Die Wirbelsäulen- und Bandscheibenveränderungen des Klägers, die von der Beklagten unter Verwertung des polizeiärztlichen Gutachtens vom 12. Februar 1998 als eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 % angesehen worden seien, hätten in der Beurteilung Erwähnung und abwägende Einbeziehung verdient. Aus dem von dem Zweitbeurteiler verfassten aber später gestrichenen ersten Begründungsvermerk für die Herabsetzung des Gesamturteils ergebe sich, dass der Zweitbeurteiler wenig Kenntnisse über die Leistungen des Klägers gehabt habe. Es sei nicht einsichtig gemacht worden, auf welche Weise der Zweitbeurteiler seine Unkenntnis ausgeglichen habe und zu einer sachgerechteren Einschätzung als der des Erstbeurteilers habe gelangen können.

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Zur Begründung der durch den Beschluss des erkennenden Senats vom 20. Oktober 2004 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zugelassenen Berufung macht die Beklagte unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens im Wesentlichen geltend: Die von dem Verwaltungsgericht im Hinblick auf sein Urteil vom 20. März 2002 (1 A 8/00) geäußerten Zweifel hinsichtlich der Unabhängigkeit der Bewertung durch die hier tätig gewordenen Beurteiler aufgrund einer verbindlichen Vorgabe der Bewertung durch die Beurteilungskonferenz seien nicht gerechtfertigt, da in dem hier zu beurteilenden Verfahren die Beurteilungskonferenz in einer anderen Besetzung und zu einem anderen Zeitpunkt tätig geworden sei und keinerlei Anhaltspunkte dafür bestünden, dass gerade diese Beurteilungskonferenz dem für die hier umstrittene dienstliche Beurteilung zuständigen Beurteiler verbindliche, eine eigene Bewertung ausschließende und von dem Beurteiler beachtete Vorgaben gemacht habe. Entgegen der von dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung sei die angegriffene Beurteilung mit den Änderungen durch den Zweitbeurteiler dem Kläger ordnungsgemäß am 12. Mai 1999 bekannt gegeben worden. Eine zweitägige Überlegungs- und Befassungsfrist sähen die Beurteilungsrichtlinien nicht vor. Seinen Anspruch auf rechtliches Gehör zu den Änderungen des Zweitbeurteilers habe der Kläger bei Bekanntgabe wahrnehmen können, und auch anschließend sei es ihm uneingeschränkt möglich gewesen, seine Einwendungen geltend zu machen. Entgegen der von dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung habe der Zweitbeurteiler, der ebenso wie zu den übrigen Beamten der sieben seiner Polizeiinspektion zugeordneten Kommissariate dienstlichen Kontakt während des Beurteilungszeitraums mit dem Kläger gehabt habe und dessen abschließende Beurteilung nach den Richtlinien maßgeblich sei, Änderungen vorgenommen, die nachvollziehbar erläutert seien. Insbesondere stehe das Gesamturteil nicht im Widerspruch zu dem Ergebnis der Einstufung der Leistungsbewertungen und der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit des Klägers. Die Behinderung des Klägers sei nicht berücksichtig worden, weil dieser entsprechende Mitteilungen nicht gemacht habe.

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Die Beklagte beantragt,

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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Zur Begründung verteidigt er das angefochtene Urteil, vertieft sein bisheriges Vorbringen und macht darüber hinaus im Wesentlichen geltend: Der Zweitbeurteiler habe bei Änderung der angegriffenen dienstlichen Beurteilung kein eigenes Werturteil abgegeben, sondern eine Vorgabe der Beurteilerkonferenz übernommen. Das werde ausdrücklich in das Zeugnis des Zweitbeurteilers gestellt. Anhaltspunkte für eine solche Bindung der Beurteiler durch die Beurteilungskonferenz ergäben sich auch aus dem Schreiben der Beklagten vom 31. März 1999 an den Erstbeurteiler. Eine ausreichende Überlegungsfrist, wie sie beurteilungsrechtlich geboten sei, sei ihm nach Bekanntgabe der geänderten Beurteilung nicht eingeräumt worden. Außerdem habe der notwendige Abgleich der Beurteilung zwischen Erst- und Zweitbeurteiler nicht stattgefunden. Der dienstliche Kontakt zwischen dem Zweitbeurteiler und dem Kläger als Mitglied des Kommissariats E. während des Beurteilungszeitraums sei zu gering, um eine ausreichende Beurteilungsgrundlage darzustellen. Hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Änderung der angegriffenen Beurteilung durch den Zweitbeurteiler sei hervorzuheben, dass es auf eine plausible Begründung im Sinne einer rechtlich gebotenen Verifizierbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Gesamtbewertung ankomme. Der mathematische Durchschnitt der vom Erstbeurteiler festgelegten Einzelmerkmale ergebe eine Bewertung von 3,7 und unter Berücksichtigung der gewichteten Merkmale sogar 3,8. Insoweit sei die vorgenommene Abweichung des Zweitbeurteilers nicht nachvollziehbar dargelegt. Es genüge nicht, wie in dem Zulassungsbeschluss dargelegt sei, dass auch eine Gesamtbewertung mit der Wertungsstufe 3 aufgrund der Bildung des arithmetischen Mittels möglich sei. Es komme gerade auf eine Gesamtbetrachtung und deren Nachvollziehbarkeit an und nicht auf einen rechnerisch zu ermittelnden Mittelwert. Die bloße Abänderung von lediglich zwei Leistungsmerkmalen (Arbeitssorgfalt, Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse) trage die Herabstufung des Gesamturteils nicht. Außerdem sei es nicht ausreichend, wenn der Zweitbeurteiler nur auf Kenntnisse Fremder zurückgreifen könne. Beurteilungsgrundlagen könnten nur eigene Erkenntnisse sein. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung sei dem Erstbeurteiler seine - des Klägers - gesundheitliche Behinderung bekannt gewesen. Sie hätte, auch wenn sie unterhalb der formalrechtlichen Berücksichtigungsgrenze liege, Berücksichtigung finden müssen.

26

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze, hinsichtlich des Sacherhalts im Übrigen auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge (Beiakten A) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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II. Die nach ihrer Zulassung statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

28

Die mit der Klage begehrte Aufhebung des Bescheides vom 29. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2000 und Verpflichtung der Beklagten, den Kläger für den Zeitraum vom 1. Februar 1996 bis zum 31. Mai 1998 erneut dienstlich zu beurteilen, sind nicht gerechtfertigt, weil die angefochtenen Bescheide und die den genannten Zeitraum erfassende dienstliche Beurteilung vom 10. August/12. November 1998 rechtmäßig sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).

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Ausgangspunkt der rechtlichen Überprüfung der angegriffenen dienstlichen Beurteilung ist § 30 der Verordnung über die Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes des Landes Niedersachsen - PolLVO - (v. 07.08.1979, Nds.GVBl. S. 236), zuletzt geändert durch Verordnung vom 8. Mai 1996 (Nds.GVBl. S. 237). Danach sind Eignung, Leistung und Befähigung der Polizeivollzugsbeamten regelmäßig alle drei Jahre dienstlich zu beurteilen, soweit die Beurteilungsrichtlinien, die das Innenministerium erlässt, nichts anderes bestimmen. Die Beurteilung soll sich besonders auf allgemeine geistige Fähigkeiten, Persönlichkeitsmerkmale, Bildungsstand, Arbeitsleistung, soziales Verhalten und Belastbarkeit erstrecken. Sie ist mit einem Gesamturteil, für das die Richtlinien die Vorgabe von Richtwerten vorsehen können, abzuschließen und kann einen Vorschlag für die weitere dienstliche Verwendung enthalten.

30

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass dienstliche Beurteilungen nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtssprechung nur in eingeschränktem Maße einer gerichtlichen Prüfung unterliegen. Nach diesen Grundsätzen hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle gegenüber der dem Dienstherrn gegebenen Beurteilungsermächtigung darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verwaltungsvorschriften (Richtlinien), wie sie den Beurteilungen zugrunde liegen, verstoßen hat. Wenn der Dienstherr Verwaltungsvorschriften über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat und diese auch praktiziert, hat das Gericht zu prüfen, ob im konkreten Fall die Richtlinien eingehalten worden sind oder ob diese mit den Regelungen der Laufbahnvorschriften im Einklang stehen (vgl.: BVerfG, Beschl. v. 29.05.2002 - BvR 723/99 -, NVwZ 2002, 1368 = DVBl. 2002, 1203; BVerwG, Beschl. v. 17.07.1998 - 2 B 87.97 -, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 232.1 § 40 BLV Nr. 19; OVG Lüneburg, Urt. v. 03.06.2003 - 5 LB 211/02 -, jew. m.w.Nachw.).

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Das sich daraus ergebende Gebot, von einem richtigen Sachverhalt auszugehen und allgemein gültige Wertmaßstäbe zu beachten, erfordert es, ausgehend von zutreffenden Tatsachen und Werturteilen, nachvollziehbar darzulegen, aus welchem Grunde der betroffene Beamte das ihm durch die dienstliche Beurteilung erteilte Gesamturteil erhalten hat.

32

Entgegen der von dem Verwaltungsgericht und dem Kläger vertretenen Auffassung genügt die hier angegriffene dienstliche Beurteilung diesem Erfordernis.

33

Entscheidend für die Bildung des Gesamturteils sind die in der eingangs genannten laufbahnrechtlichen Bestimmung festgelegten Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung, deren Bewertung die einzelnen Beurteilungsmerkmale dienen. Entgegen der von dem Verwaltungsgericht und dem Kläger vertretenen Auffassung ist die nach Nr. 14.2 Abs. 3 Satz 2 BRLPol maßgebliche Bewertung der Leistungsmerkmale „1.7 Arbeitssorgfalt“ und „2.5 Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse“ mit der Wertungsstufe 3 durch weitere Werturteile nachvollziehbar begründet. Nach Nr. 5.5 BRLPol erhalten die Wertungsstufen 3 („entspricht den Anforderungen“) Beamtinnen und Beamten, deren Leistung im allgemeinen den Anforderungen entspricht, und kennzeichnet diese Bewertung Leistungen, die dem durchschnittlichen Bereich zuzuordnen sind. Die Erteilung der Wertungsstufe 4 („entspricht voll den Anforderungen“) setzt dagegen voraus, dass die Leistungen des Beurteilten die Anforderungen in vollem Umfang gerecht werden und somit insgesamt über dem Durchschnitt liegen. Aus den eingangs wiedergegebenen Begründungen für die Vergabe der Wertungsstufe 3 ergeben sich deutliche Einschränkungen, die es nachvollziehbar erscheinen lassen, dass die Leistungen des Klägers den Anforderungen nicht in vollem Umfange gerecht werden und somit insgesamt nicht über dem Durchschnitt liegen, sondern eher im allgemeinen den Anforderungen entsprechen und dem durchschnittlichen Bereich zuzuordnen sind. Denn die Arbeitsergebnisse erfüllen lediglich die wesentlichen - nicht alle - Anforderungen und werden in der Regel - nicht immer - umsichtig und nach sorgfältiger Abwägung erzielt. Formale Anforderungen werden weitgehend, also nicht ohne Einschränkungen, berücksichtigt. Auch die Arbeitsergebnisse entsprechen im Wesentlichen, also nicht immer, den Anforderungen und weisen inhaltliche Einschränkungen auf, die den Umfang der Informationsvermittlung und die Nachvollziehbarkeit des Ermittlungsverlaufs betreffen. Diese Einschränkungen lassen es durchaus nachvollziehbar erscheinen, die Leistungen des Klägers nicht als überdurchschnittlich im Sinne der Wertungsstufe 4, sondern als durchschnittlich im Sinne der Wertungsstufe 3 zu bewerten. Dem steht nicht entgegen, dass der Erstbeurteiler diese Leistungsmerkmale mit der Wertungsstufe 4 bewertet hat. Zwar hat der Beurteiler auch nach Kenntnis der Neubewertung durch den Zweitbeurteiler im Rahmen der Erörterung der Neubewertungen am 18. Februar 1999 - offenbar ohne Einschränkungen - an seiner Bewertung dieser Leistungsmerkmale mit der Wertungsstufe 4, die er nicht näher begründet hat, festgehalten, jedoch haben weder er noch der Kläger die von dem Zweitbeurteiler für die Neubewertung gegebene Begründung inhaltlich in Frage gestellt.

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Unter Berücksichtigung der danach nachvollziehbaren Bewertung dieser beiden Leistungsmerkmale mit der Wertungsstufe 3 erscheint auch das dem Kläger durch den Zweitbeurteiler erteilte Gesamturteil mit der Wertungsstufe 3 („entspricht den Anforderungen“) nachvollziehbar. Nach Nr. 7 BRLPol entspricht das Gesamturteil grundsätzlich der Gesamtbewertung der Leistungsbeurteilung. Diese Gesamtbewertung ist aus der Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale zu bilden, allerdings nicht zwingend rechnerisch zu ermitteln, sondern unter Berücksichtigung der Bedeutung der einzelnen Leistungsmerkmale für den jeweiligen Dienstposten (Nr. 5.4 Abs. 2 BRLPol). Allein die Bildung eines arithmetischen Mittels wird - wie in der Rechtsprechung wiederholt entschieden worden ist - dem Geist des Beurteilungsrechts nicht gerecht. Das Gesamturteil darf sich nur nicht in Widerspruch setzen zu dem Ergebnis der Einstufungen der Leistungsbewertungen und der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit (vgl.: BVerwG, Urt. v. 24.11.1994 - 2 C 21.93 -, BVerwGE 97,128; OVG Lüneburg, Urt. v. 23.09.2003 - 5 LB 172/03 -, OVG Saarlouis, Beschl. v. 22.04.1999 - 1 B 4.99 -, DÖD 2000, 65 [OVG Rheinland-Pfalz 10.05.1999 - 3 A 12725/98], jew. m. w. Nachw.). Ein solcher Widerspruch zwischen dem gebildeten Gesamturteil und dem Ergebnis der Einstufungen der Leistungsbewertungen ist hier nicht erkennbar. Maßgeblich ist die inhaltliche Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale, aus denen das Gesamturteil herzuleiten ist. Da diese inhaltliche Wertung Ausdruck in der für das jeweilige Leistungsmerkmal vergebenen Wertungsstufe findet, kann bei Bildung des Gesamturteils der arithmetische Mittelwert Berücksichtigung finden. Dies darf nur nicht in der Weise geschehen, dass dieser Mittelwert ohne weitere bewertende Überlegungen zwingend zu einem bestimmten Gesamturteil führt, etwa in der Weise, dass bei einem arithmetischen Mittelwert von 3,5 - wie es im kaufmännischen Bereich üblich ist - zwingend aufgerundet und die Wertungsstufe 4 oder bei einem arithmetische Mittelwert von 3,4 abgerundet und die Wertungsstufe 3 vergeben wird. Die Bildung des Gesamturteils obliegt dem zuständigen Beurteiler unter Berücksichtigung nicht nur des arithmetischen Mittels, sondern aller für die Beurteilung maßgeblicher Gesichtspunkte und ist rechtlich - wie vorstehend bereits ausgeführt - nur zu beanstanden, wenn das gebildete Gesamturteil zu dem Ergebnis der Einstufungen der Leistungsbewertungen und der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit im Widerspruch steht. Diese Annahme ist hier aber nicht gerechtfertigt.

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Von den 13 beurteilten Leistungsmerkmalen sind sieben mit der Wertungsstufe 4 und sechs mit der Wertungsstufe 3 beurteilt; daraus ergibt sich eine Gesamtbewertung, die mit dem Durchschnittswert 3,5 zwischen den Wertungsstufen 3 und 4 liegt. Von den sechs Leistungsmerkmalen dieser insgesamt 13 beurteilten Leistungsmerkmale, die gewichtet, also bedeutsamer als die übrigen Merkmale sind, sind drei mit der Wertungsstufe 3 und drei mit der Wertungsstufe 4 beurteilt; auch daraus ergibt sich eine Bewertung, die mit dem Durchschnittswert 3,5 zwischen den Bewertungsstufen 3 und 4 liegt. Eine fehlende Nachvollziehbarkeit des aus den Bewertungen dieser einzelnen Leistungsmerkmale abgeleiteten Gesamturteils kann deshalb nicht angenommen werden. Auch aus der von dem Verwaltungsgericht berücksichtigten und vorstehend bereits zitierten Entscheidung des OVG Saarlouis (DÖD 2000, 65) lässt sich etwas anderes nicht herleiten. Auch in dieser Entscheidung wird von den vorstehend dargestellten Grundsätzen ausgegangen, deren Nichtbeachtung aber für einen Sachverhalt angenommen, der mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht vergleichbar ist. In dem von dem Oberverwaltungsgericht Saarlouis entschiedenen Fall ist durch den Zweitbeurteiler das Gesamturteil mit der Durchschnittsnote „3 = entspricht voll den Anforderungen“ allein mit dem Hinweis auf die Anwendung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes festgesetzt worden, obgleich der dort betroffene Beamte auf der Grundlage aller bewerteten Einzelmerkmale eine Durchschnittsbewertung von 1,80 erreicht hatte, die zwischen der Benotung mit der Note „1 = übertrifft die Anforderungen in ganz besonderem außergewöhnlichem Maße“ und der Note „2 = übertrifft die Anforderungen erheblich“ liegt. In dem hier zu beurteilenden Fall hat der Kläger aber sowohl im Rahmen der von ihm für zutreffend gehaltenen Bewertung durch den Erstbeurteiler, bei der das arithmetische Mittel der Benotung der Einzelmerkmale 3,7 beträgt, als auch bei der Bewertung durch den Zweitbeurteiler auf der Grundlage eines arithmetischen Mittels der Einzelmerkmale von 3,5 eine durchschnittliche Bewertung erreicht, die zwischen den Wertungsstufen 4 “entspricht voll den Anforderungen“ und 3 „entspricht den Anforderungen“ liegt und deshalb sowohl ein Gesamturteil mit der Wertungsstufe 4 als auch ein Gesamturteil mit der Wertungsstufe 3 ermöglicht. In einem solchen Fall hängt die Frage, ob die eine oder andere Note vergeben wird, entscheidend von dem Beurteilungsmaßstab ab. Nach der maßgeblichen Auffassung des Zweitbeurteilers hält dieser unter Berücksichtigung der übrigen in der Besoldungsgruppe A 9 beurteilten Beamten und im Vergleich zu den diesen erteilten dienstlichen Beurteilungen es für geboten, einen strengeren Maßstab anzulegen als der Erstbeurteiler, der der ihm gegenüber von dem Zweitbeurteiler und der Beklagten geäußerten Auffassung, er habe den strengeren Maßstab nicht berücksichtigt, nicht widersprochen hat. Unter Berücksichtigung dieses strengeren Maßstabes und der von dem Kläger bei der Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale erzielten Ergebnisse kann die Bildung des Gesamturteils mit der Wertungsstufe 3 „entspricht den Anforderungen“ nicht als im Widerspruch stehend zu dem Ergebnis der Einstufungen der Leistungsbewertungen und der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit angesehen werden. Das Gesamturteil ist deshalb im Hinblick auf die eingangs im Einzelnen dargestellte eingeschränkte gerichtliche Überprüfung dienstlicher Beurteilungen und den sich daraus ergebenden Beurteilungsspielraum des Beurteilers rechtlich nicht zu beanstanden.

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Die Rechtswidrigkeit der angegriffenen dienstlichen Beurteilung kann auch nicht mit der Begründung angenommen werden, der Zweitbeurteiler sei wegen mangelnder Kenntnisse der Leistungen des Klägers nicht in der Lage gewesen, die Leistungsmerkmale „1.7 Arbeitssorgfalt“ und „2.5 Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse“ zu beurteilen. In dem angegriffenen Bescheid vom 29. Mai 1999 ist hierzu ausgeführt, dass der Zweitbeurteiler die für die Bewertung der Leistungsmerkmale erforderlichen Kenntnisse aus unmittelbarem dienstlichen Kontakt mit dem Kläger aufgrund der zahlreichen Erörterungen während der Beurteilungskonferenzen und mit anderen Kollegen des Klägers erhalten habe. Demgegenüber ergeben sich entgegen der von dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung keine Zweifel aus dem in der inzwischen aufgehobenen Fassung der angegriffenen dienstlichen Beurteilung vom 10. August 1998/12. November 1998 enthaltenen Vermerk des Zweitbeurteilers, nach dem im Vergleich zu anderen Beamten des Statusamtes des Klägers dessen geringere Erfahrung in der Laufbahn zu berücksichtigen sei. Denn damit sind offenbar die auch von dem Kläger angesprochenen noch relativ geringen Erfahrungen im Bereich der kriminalpolizeilichen Tätigkeit seit der Zusammenlegung der Aufgaben der Schutzpolizei und der Kriminalpolizei im Jahre 1994 gemeint. Dass der Zweitbeurteiler bei Bewertung der Leistungsmerkmale „1.7. Arbeitssorgfalt“ und „2.5 Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse“ von einer geringeren Erfahrung des Kläger im Bereich der schutzpolizeilichen Tätigkeit ausgegangen oder aus anderen Gründen keine Kenntnisse über die Tätigkeit des Klägers im schutzpolizeilichen und kriminalpolizeilichen Bereich während des Beurteilungszeitraums gehabt hat, lässt sich dem Vermerk nicht entnehmen. Anhaltspunkte hierfür sind auch im Übrigen den vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Deshalb ist auch im Hinblick auf den zwischen dem Zweitbeurteiler als Angehöriger der Polizeiinspektion D. und dem Kläger als Angehöriger des dieser Inspektion zugeordneten Kommissariats E. während des Beurteilungszeitraums bestehenden dienstlichen Kontaktes die von dem Kläger angeregte Vernehmung des Zweitbeurteilers als Zeugen darüber, ob er ausreichend Kenntnisse über die Tätigkeit des Klägers während des Beurteilungszeitraums gehabt habe, nicht erforderlich.

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Auch durch die von dem Verwaltungsgericht im Hinblick auf sein rechtskräftiges Urteil vom 20. März 2002 (1 A 8/00) und die Änderungsaufforderungen der Beklagten vom 5. Januar und 5. Mai 1999 berücksichtigte Annahme, es sei nicht auszuschließen, dass der Zweitbeurteiler lediglich dem Votum der Beurteilungskonferenz gefolgt ist, aber keine eigene Bewertung vorgenommen hat, wird die Annahme der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Beurteilung nicht in Frage gestellt. Denn rechtswidrig ist diese Beurteilung nur, wenn eine solche Bindung bestanden hat. Dies kann aber weder dem genannten Urteil des Verwaltungsgerichts noch den erwähnten Änderungsaufforderungen und auch nicht dem von dem Kläger in diesem Zusammenhang erwähnten Schreiben der Beklagten vom 31. März 1999 an den Erstbeurteiler entnommen werden. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. März 2002 (1 A 8/00) betraf einen anderen Beurteilungszeitraum und eine andere Beurteilungskonferenz und hatte keinerlei Zusammenhang mit der hier maßgeblichen Beurteilungskonferenz. Den hier vorliegenden Unterlagen ist lediglich zu entnehmen, dass die Beurteilungskonferenzen bemüht waren, die Beachtung der in den Beurteilungsrichtlinien (Nr. 11 BRPol) vorgesehenen Richtwerte und die Zugrundelegung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes zu gewährleisten. Eine die Beurteilungskompetenz des Zweitbeurteilers rechtswidrig einschränkende Bindung kann auch nicht den genannten Schreiben vom 5. Januar und 5. Mai 1999 entnommen werden. Denn diese betreffen lediglich die Art und Weise der Begründung der Herabsetzung des Gesamturteils, das der Zweitbeurteiler unabhängig von einer Einflussnahme durch Schreiben der Beklagten bereits vor Erhalt dieser Schreiben unter Hinweis auf den strengeren, von dem Erstbeurteiler nach Auffassung des Zweitbeurteilers nicht beachteten Beurteilungsmaßstab herabgesetzt hatte. Auch dem Schreiben der Beklagten vom 31. März 1999 an den Erstbeurteiler kann entgegen der mit der Berufungserwiderung vertretenen Auffassung eine rechtswidrige Einschränkung der Beurteilungskompetenz nicht entnommen werden. Denn mit diesem Schreiben wird der Beurteiler lediglich um Stellungnahme gebeten, warum er von der in den Beurteilungskonferenzen vereinbarten Maßstabsbildung abgewichen sei. Dem ist inhaltlich eine rechtswidrige Einschränkung der Beurteilungskompetenz nicht zu entnehmen, und außerdem hat der Erstbeurteiler seine Bewertungen vor Abfassung dieses Schreibens abgeschlossen und auch im Hinblick auf dieses Schreiben nicht verändert. Zwar könnte indiziell aus der Behauptung der Beklagten in diesem Schreiben, der Erstbeurteiler sei von der vereinbarten Maßstabsbildung abgewichen, hergeleitet werden, dass die Beklagte dies selbständig beurteilt hat und eine verbindliche Vorgabe machen wollte. Jedoch ist dies deshalb nicht gerechtfertigt, weil dieses Schreiben im Zusammenhang mit dem Beurteilungsvorgang, der die Einschätzung des hierfür zuständigen Zweitbeurteilers enthält, der Erstbeurteiler sei von der vereinbarten Maßstabsbildung abgewichen, übersandt wurde. Die Beklagte hat also keine eigenständige Bewertung des von dem Erstbeurteiler angewandten Beurteilungsmaßstabes vorgenommen, sondern sich der entsprechenden Kritik des Zweitbeurteilers angeschlossen.

38

Entgegen der von dem Kläger vertretenen Ansicht kann die Rechtswidrigkeit auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass in der für die angegriffene Beurteilung maßgeblichen Vergleichsgruppe mindestens 30 Beamtinnen und Beamte zusammengefasst wurden, die einer Besoldungsgruppe derselben Laufbahngruppe angehörten, unabhängig davon, ob sie früher im kriminalpolizeilichen Bereich oder - wie der Kläger - ausschließlich im schutzpolizeilichen Bereich tätig gewesen sind. Denn seit 1994 besteht diese laufbahnrechtliche Unterscheidung nicht mehr, die früheren Kriminalbeamten gehören ebenso wie die Beamten des Schutzpolizeivollzugsdienstes derselben Laufbahngruppe an, und maßgeblich für die dienstliche Beurteilung ist allein das während des Beurteilungszeitraums innegehabte Amt im statusrechtlichen Sinne (vgl.: BVerwG, Urt. v. 02.04.1981 - 2 C 13.80 -, ZBR 1981, 315; OVG Lüneburg, Urt. v. 03.06.2003 - 5 LB 211/02 -, jeweils m. w. Nachw.). Außerdem hat die Zusammenlegung der Tätigkeitsbereiche der Kriminalpolizei und der Schutzpolizei sowohl für die früheren Beamten der Kriminalpolizei als auch die der Schutzpolizei dazu geführt, dass die jeweiligen Angehörigen einer Laufbahngruppe neue Tätigkeiten haben übernehmen müssen. Daraus ergibt sich, dass für die einer bestimmten Besoldungsgruppe zugeordneten Ämter derselben Laufbahngruppe vergleichbare Anforderungen bestehen und eine Differenzierung zwischen den Polizeibeamten, die vor 1994 der Kriminalpolizei und denen, die vor diesem Zeitpunkt der Schutzpolizei angehörten, nicht geboten ist.

39

Die von dem Kläger mit der Berufungserwiderung vertretene Ansicht, die angegriffene dienstliche Beurteilung sei deshalb rechtswidrig, weil ein Abgleich der Beurteilungen zwischen Erst- und Zweitbeurteiler - wie ihn das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2004 (2 MB 1143/04) für notwendig gehalten habe - nicht stattgefunden habe, ist nicht zutreffend. Denn der in dem genannten Beschluss überprüften dienstlichen Beurteilung lagen andere Beurteilungsrichtlinien als die hier maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien zugrunde. Nach den in dem zitierten Beschluss maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien war eine Beurteilung durch den unmittelbaren Vorgesetzten und den nächsthöheren Vorgesetzten vorgesehen und bestand eine Erörterungspflicht des Dienstvorgesetzten mit diesen beiden beurteilenden Vorgesetzten, wenn dieser die Beurteilung abänderte. Unter Berücksichtigung dieser Regelung ist die unterbliebene Erörterung als rechtsfehlerhaft angesehen worden. Eine entsprechende Regelung enthalten die hier maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien aber nicht. Diese bestimmen lediglich, dass Abweichungen vom Gesamturteil und die Nichtberücksichtigung erhobener Einwendungen mit den Beteiligten zu erörtern sind (Nr. 14.2 Abs. 3 Satz 2 BRLPol). Dies ist hier geschehen. Denn der Erstbeurteiler war an der im Rahmen dieser Regelung durchgeführten Erörterung der hier maßgeblichen Änderung der Leistungsmerkmale durch den Zweitbeurteiler am 18. Februar 1999 beteiligt und hatte die Möglichkeit, sich zu der veränderten Beurteilung zu äußern. Außerdem ist dem Erstbeurteiler bereits mit dem bereits erwähnten Schreiben vom 31. März 1999, mit dem die Beklagte ihn zur Stellungnahme im Hinblick auf die Beachtung des Beurteilungsmaßstabes aufgefordert hatte, der Beurteilungsvorgang zur Kenntnis gegeben worden.

40

Auch die Rüge, dem Kläger sei eine ausreichende Überlegungsfrist nach Bekanntgabe der Änderung der Beurteilung nicht eingeräumt worden, rechtfertigt die Annahme der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Beurteilung nicht. Denn dem Kläger ist eine ausreichende Überlegungszeit eingeräumt worden. Die maßgebliche Änderung der beiden Leistungsmerkmale durch den Zweitbeurteiler ist ihm in dem bereits erwähnten Beurteilungsgespräch am 18. Februar 1999 bekannt gemacht worden, und außerdem ist ihm die geänderte dienstliche Beurteilung nach Streichung des ursprünglichen Veränderungsvermerks des Zweitbeurteilers am 12. Mai 1999 in Kopie ausgehändigt worden. Er hatte also in der Zeit von Februar bis Mai 1999 genügend Überlegungszeit, sich mit den die Änderung der dienstlichen Beurteilung maßgeblich tragenden Neubewertungen der beiden Leistungsmerkmale auseinanderzusetzen und seine Einwendungen zu erheben. Außerdem hat der Kläger dies im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens ohne Einschränkung tun können und auch getan.

41

Auch die Rüge der unterbliebenen Berücksichtigung der Behinderung des Klägers rechtfertigt die Annahme der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Beurteilung nicht. Die Ansicht, die dienstliche Beurteilung sei wegen Zugrundelegung eines unzutreffenden Sachverhalts rechtswidrig, weil sie unrichtigerweise die unzutreffende Bemerkung enthalte, der Kläger sei nicht schwerbehindert und auch einem Schwerbehinderten nicht gleichgestellt, ist nicht zutreffend. Denn die in diesem Zusammenhang berücksichtigten ärztlichen Unterlagen, insbesondere das polizeiärztliche Gutachten vom 11. Februar 1998, rechtfertigen weder die Annahme einer Schwerbehinderung noch die einer Gleichstellung als Schwerbehinderter. Hiervon geht inzwischen auch der Kläger aus. Einer Entscheidung der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers bei der dienstlichen Beurteilung eine Berücksichtigung gefunden haben oder nicht, bedarf es nicht. Denn weder aus den Unterlagen noch aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich, dass die Bewertung der Einzelmerkmale in der dienstlichen Beurteilung im Hinblick auf die Rückenbeschwerden des Klägers fehlerhaft sind. Hinsichtlich der aufrechterhaltenen Bewertungen durch den Erstbeurteiler sieht auch der Kläger dies so. Denn er ist mit diesen Bewertungen einverstanden. Hinsichtlich der beiden Leistungsmerkmale, die der Zweitbeurteiler bewertet hat, der „1.7. Arbeitssorgfalt“ und der „2.5 Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse“, lässt sich auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers nicht feststellen, dass die Rückenbeschwerden von Einfluss auf diese Bewertung sein können.

42

Die Kosten des danach im Ergebnis erfolglosen Klageverfahrens hat nach § 154 Abs. 1 VwGO der Kläger zu tragen.

43

Die Kostenentscheidung ist nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO vorläufig vollstreckbar.

44

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die sich hierfür aus den §§ 132 Abs. 2 VwGO, 193 NBG ergebenden Voraussetzungen nicht vorliegen.