Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.12.2014, Az.: 5 ME 177/14

Arbeitszeugnis; Auswahlgespräch; Bestenauslese; Beurteilungszeitraum; dienstliche Beurteilung; Führungsverhalten; Gesamturteil; kompatibel; Statusamt; Vergleichbarkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.12.2014
Aktenzeichen
5 ME 177/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42645
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 01.10.2014 - AZ: 2 B 10059/14

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zum Sonderfall einer Auswahlentscheidung, bei der der auswählenden Behörde ein Vergleichbarmachen der Beurteilungen der Bewerber nicht zumutbar ist.

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover - 2. Kammer - vom 1. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 42.770,58 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit der vorliegenden Beschwerde begehrt der Antragsteller weiter einstweiligen Rechtsschutz im Zusammenhang mit seiner Bewerbung um die Übertragung der nach der Besoldungsgruppe B 2 BBesO besoldeten Stelle des Leiters der Abteilung C.

Der Antragsteller steht im Statusamt eines Regierungsdirektors (A 15) und ist seit November 19.. Justiziar der D.. Seit November 19.. ist er Vertreter des Abteilungsleiters. Seine aktuelle dienstliche Beurteilung zum Stichtag ... Oktober 20.. endet mit der Gesamtbewertung „B“ (deutlich über den Anforderungen liegende Leistungen; dritte Notenstufe). Das Führungsverhalten wurde nicht beurteilt. Diese Beurteilung hat der Antragsteller angefochten. Das beim Verwaltungsgericht anhängige Klageverfahren (2 A 8013/14) ist noch nicht entschieden. In der Vorbeurteilung für den Zeitraum Oktober 20.. bis September 20.. hatte der Antragsteller ein um eine Note besseres Gesamturteil, nämlich die Note „A“ (sehr weit über den Anforderungen liegende Leistungen; zweite Notenstufe) erhalten. In den Teilmerkmalen, die dem Begriff „Führungsverhalten“ zugeordnet sind, hatte er die Bewertungsstufe „C“ (im vollen Umfang den Anforderungen entsprechend) erzielt.

Die ausgewählte Beigeladene war von 20.. bis 20.. Referentin für Personalentwicklung, Aus- und Fortbildung bei der Bundesanstalt für E. und bis 20.. Referatsleiterin für Personal, Beschäftigungen und Recht bei der Bundesanstalt für F.. Seit April 20.. nimmt sie die Aufgaben einer Referatsleiterin „Organisation, innerer Dienst“ (A 15) sowie die stellvertretende Abteilungsleitung Allgemeine Verwaltung im Zentrum für G. wahr. Ihre letzte dienstliche Beurteilung zum Stichtag ... August 20.. für den Zeitraum ab Januar 20.. endet mit dem Gesamturteil „tritt hervor“ (dritte Notenstufe).

Aus den 42 Bewerbungen traf die Auswahlkommission am ... Juni 20.. eine Vorauswahl von 13 Bewerbern. Drei dieser Bewerber verfolgten ihre Bewerbung nicht weiter. Von den zehn verbliebenen Bewerbern, zu denen auch der Antragsteller und die Beigeladene gehören, haben zwei (der Antragsteller und ein Kollege) denselben Dienstherrn und dasselbe Statusamt inne und sind in demselben Beurteilungszeitraum beurteilt worden. Beide haben ihre Beurteilungen angefochten. Die anderen acht Bewerber haben von acht unterschiedlichen Dienstherrn bzw. Arbeitgebern Beurteilungen bzw. Arbeitszeugnisse auf der Grundlage unterschiedlicher Beurteilungsregelungen und über unterschiedlich lange Beurteilungszeiträume vorgelegt.

Die Auswahlkommission beschloss, Auswahlgespräche mit den verbliebenen zehn Bewerbern zu führen. Aus dem Protokoll vom ... April 20.. ergibt sich, dass die Auswahlgespräche in Form eines strukturierten Interviews mit den zehn Bewerbern am ... und ... April 20.. stattfanden und jeweils etwa 60 bis 75 Minuten dauerten.

In dem Auswahlvermerk vom ... Mai 20.. führte die Auswahlkommission aus, eine Harmonisierung der vorliegenden Beurteilungen sei nicht möglich gewesen. Aufgrund der bestehenden Besonderheiten habe der dem Vergleich der Bewerbungen regelmäßig zukommende Stellenwert der dienstlichen Beurteilungen eingegrenzt und der Fokus verstärkt auf Auswahlgespräche gelegt werden müssen. Bewertet worden seien die langjährige Verwaltungserfahrung mit Personalführungsverantwortung, die Eindrücke des Auswahlgesprächs sowie (soweit möglich) die dienstliche Beurteilung der Kandidat(inn)en. Dabei sei ein besonderes Augenmerk gelegt worden auf die allgemeine Führungseignung, die Aufgeschlossenheit für die wissenschaftlichen Fragestellungen und Aufgaben einer Forschungseinrichtung und deren administrative Umsetzung. Es seien drei Kandidaten in die engere Auswahl zu ziehen, zu denen der Antragsteller nicht gehöre. Zwei davon - darunter die Beigeladene - seien gleichermaßen für die Besetzung des Dienstpostens geeignet. Unter Berücksichtigung von gleichstellungsrechtlichen Aspekten sei die Beigeladene die am besten geeignete Kandidatin.

Dem Antragsteller wurde das Ergebnis des Auswahlverfahrens mit Bescheid vom ... Juni 20.. mitgeteilt.

Seinen am 24. Juni 2014 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 1. Oktober 2014 ab. Hiergegen richtet sich die am 21. Oktober 2014 eingelegte Beschwerde.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

1. Der Senat folgt der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Besetzung der Auswahlkommission im Zeitpunkt der konkreten Auswahlentscheidung nicht zu beanstanden ist.

Der vom Antragsteller für befangen erklärte Präsident der D. ist vor der Durchführung der Auswahlgespräche aus der Auswahlkommission ausgeschieden.

Eine Befangenheit des Leiters der H. I. ist nicht erkennbar. Zwar ist I. in dem an den bisherigen Abteilungsdirektor der D. gerichteten Schreiben vom ... Juni 20.. der Rechtsauffassung des Antragstellers in dessen Vermerk vom ... Juni 20.. nicht gefolgt. Allein fachliche Meinungsverschiedenheiten vermögen jedoch eine Befangenheit nicht zu begründen.

Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Beteiligung eines Vertreters des Landes im Hinblick auf die Begründung der Antragsgegnerin sachgerecht erscheine, hat der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen nicht substantiiert in Frage gestellt. Dem von dem Antragsteller vorgelegten Auszug aus der Niederschrift der Sitzung des Kuratoriums des J. -Instituts für K. am .. März 20.. lassen sich Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Herrn L. nicht entnehmen. Unter Top 5 dieser Niederschrift ist - soweit dies für den vorliegenden Fall maßgeblich ist - nur protokolliert, dass Herr L. über die Ausschreibung der hier streitigen Stelle informiert hat.

Schließlich lässt sich eine Befangenheit auch nicht dem Umstand entnehmen, dass die Auswahlgespräche im Bundeswirtschaftsministerium - nicht, wie vom Antragsteller vorgetragen, im Niedersächsischen Wirtschaftsministerium - stattgefunden haben.

2. Der Senat teilt ferner die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Auswahlentscheidung der Auswahlkommission dem Grundsatz der Bestenauslese gemäß Art. 33 Abs. 2 GG gerecht wird.

a) Die Auswahlkommission hat es nicht rechtsfehlerhaft versäumt, eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen der Bewerber herzustellen.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d. h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 - BVerwG 2 VR 5.12 -, juris Rn. 25). Ist eine Auswahlbehörde wie hier mit unmittelbar nicht vergleichbaren Beurteilungen konfrontiert, so darf dies indes aus Rechtsgründen nicht dazu führen, dass wegen der eingeschränkten Vergleichbarkeit der Beurteilungen zugleich auch die Leistungen der Bewerber als unvergleichbar betrachtet werden und die Bewerber im Ergebnis nicht mehr miteinander konkurrieren können. Der Grundsatz der Bestenauslese des Art. 33 Abs. 2 GG und das in jener Verfassungsbestimmung abgedeckte Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen beinhalten als Teilaspekt auch einen Anspruch der Bewerber gegen die Auswahlbehörde, im Vorfeld ihrer Entscheidung Verhältnisse herzustellen, die einen rechtlich einwandfreien Vergleich der Bewerber ermöglichen. Denn nur auf einer solchen Grundlage, die allein die Auswahlbehörde schaffen kann, lässt sich das grundrechtsgleiche Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl erfüllen. Die entsprechenden Maßnahmen können dahin gehen, dass die Auswahlbehörde die Einholung benötigter dienstlicher Beurteilungen oder ergänzender Stellungnahmen veranlasst, bis dahin, dass sie aus vorliegenden Unterlagen selbstständig geeignete und vergleichbare Aussagen gewinnt (OVG NRW, Beschluss vom 20.1.2009 - 1 B 1267/08 -, juris Rn. 16). Die Auswahlbehörde ist gehalten, die Aussagen von Beurteilungen mit unterschiedlichen Beurteilungsinhalten miteinander "kompatibel" zu machen (BVerwG, Beschluss vom 25.4.2007 - BVerwG 1 WB 31.06 -, juris, 3. Leitsatz).

Der Senat folgt der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass bei der vorliegenden Fallkonstellation dem Dienstherrn diese Anforderungen an die Auswahl nicht zugemutet werden können.

Die Auswahlkommission hat in ihrem Auswahlvermerk vom ... Mai 20.. (Bl. 111 ff., 114 BA A) ausgeführt, es lägen für die verbliebenen zehn Bewerber (sog. „A-Kandidaten“) keine hinreichend aktuellen, aussagekräftigen und miteinander vergleichbaren Leistungs-, Befähigungs- und Eignungsnachweise als taugliche und maßgebliche Entscheidungsgrundlage für die Auswahl vor. Wegen der großen Unterschiede sei es nicht möglich gewesen, die vorliegenden Beurteilungen vergleichbar zu machen bzw. eine Harmonisierung vorzunehmen. Die Antragsgegnerin hat mehrere Komponenten aufgeführt, die einer Harmonisierung entgegenstehen würden (Bl. 114 BA A).

Diese Komponenten reichen für sich allein allerdings grundsätzlich nicht aus, eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen auszuschließen.

Dass die Beurteilungen insgesamt drei verschiedene Besoldungsgruppen (A 14 bis A 16) umfassen, hindert ihre Vergleichbarkeit grundsätzlich nicht. Ein Qualifikationsvergleich anhand dienstlicher Beurteilungen setzt nicht voraus, dass die beurteilten Bewerber dasselbe Statusamt innehaben (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4.9.2014 - 6 B 476/14 -, juris Rn. 3). Es obliegt vielmehr der Auswahlbehörde, die Bewertungen in den Beurteilungen betreffend die unterschiedlichen Statusämter zu würdigen und zu gewichten.

Es trifft zwar zu, dass die vorliegenden Beurteilungen der Bewerber unterschiedlich lange Beurteilungszeiträume umfassen. Eine Vergleichbarkeit kann jedoch gleichwohl möglich sein, wenn man die Dauer des Beurteilungszeitraumes, die Leistungsentwicklung oder weitere Begleitumstände in den Blick nimmt und die Aussagekraft der aktuellen Beurteilungen ergänzend absichert (vgl. Thür. OVG, Beschluss vom 15.4.2014 - 2 EO 641/12 -, juris Rn. 32). Soweit die Endzeitpunkte der Beurteilungen um mehrere Jahre divergieren, könnte dies durch die Einholung von Anlassbeurteilungen verhindert werden.

Zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber ist regelmäßig auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zurückzugreifen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 14.11.2013 - 5 ME 228/13 -, juris Rn. 12). Dass die aktuellen Beurteilungen von zwei Bewerbern angegriffen worden sind, hinderte die Antragsgegnerin nicht daran, diese Beurteilungen im Rahmen der Auswahlentscheidung zugrunde zu legen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass diese Beurteilungen, die keine Verwaltungsakte sind, wirksam sind, weil Widerspruch und Klage gegen eine Beurteilung keine aufschiebende Wirkung haben (vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 25.11.2014 - 5 LB 7/14 -). Eine etwaige Überprüfung der Beurteilung wäre dann im Eilverfahren vorzunehmen gewesen.

Eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen scheiterte auch nicht allein daran, dass zwei Bewerber keine Beurteilungen, sondern Arbeitszeugnisse vorgelegt haben. Qualifizierte Arbeitszeugnisse können mit Beurteilungen von Beamten verglichen werden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 5.3.2014 - 5 LA 291/13 -, juris Rn. 6).

Zwar beruhen die Beurteilungen dieser Bewerber auf unterschiedlichen Beurteilungsrichtlinien und -systemen hinsichtlich der Kriterien und der Bewertung. Dies schließt jedoch nicht von vornherein eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen aus. In der Rechtsprechung ist insoweit anerkannt, dass der für die Auswahl zuständige Dienstherr in diesem Fall für die unterschiedlichen Beurteilungen einen Vergleichsmaßstab zu bilden hat, auf dessen Grundlage er den Versuch zu unternehmen hat, die Beurteilungen miteinander zu vergleichen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 30.3.2003 - 1 TG 363/03 -, juris).

In dem vorliegenden Sonderfall ist es aber aufgrund des Zusammentreffens dieser Komponenten für die Auswahlkommission mit besonderen Schwierigkeiten und Unsicherheiten verbunden gewesen, mit Blick auf die gebotene Anwendung des Grundsatzes der Bestenauslese eine hinreichend aussagekräftige und zuverlässige Beurteilungs- und Auswahlgrundlage zu erhalten. Bei zehn in die engere Auswahl genommenen Bewerbern sind nur zwei Beurteilungen (und zwar die des Antragstellers und des Bewerbers M.) unmittelbar vergleichbar, weil sie von demselben Dienstherrn (nämlich von der D.) in demselben Statusamt und für denselben Beurteilungszeitraum erstellt worden sind. Für sechs andere Bewerber liegen Beurteilungen von sechs verschiedenen Dienstherrn mit unterschiedlichen Beurteilungsregelungen für drei unterschiedliche Statusämter (1 x A 14, 3 x A 15, 2 x A 16) vor. Zum Teil (etwa betreffend den Bewerber N.) gibt es keine schriftlichen Beurteilungsrichtlinien. Für zwei Bewerber liegen Arbeitszeugnisse zweier verschiedener Arbeitgeber vor. Bis auf die Beurteilungen der zwei internen Bewerber umfassen alle Beurteilungen unterschiedliche Zeiträume und Beurteilungsendzeitpunkte. Selbst wenn die Antragsgegnerin Anlassbeurteilungen eingeholt hätte, wären zwar die Endzeitpunkte der Beurteilungen der Bewerber harmonisiert worden (siehe auch S. 10 des Abdrucks des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses), alle übrigen aufgeführten Unterschiede wären dadurch aber nicht angeglichen worden.

Hier kommt die Besonderheit hinzu, dass sich - wie sich aus dem Auswahlvermerk vom ... Mai 20.. (Bl. 114 BA A) ergibt - der ausgeschriebene Dienstposten von vergleichbaren Dienstposten abhebt. Denn die Aufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens umfassen neben der Leitung und Koordinierung der Abteilung „O.) auch die Leitung der gemeinsamen Verwaltung des P., das die D., das Landesamt für Q. und das J. -Institut für R. vereint. Wie in dem Auswahlvermerk dargelegt wird, sollte der Kandidat für diese herausgehobene Aufgabe nicht nur ausgewiesener Verwaltungsexperte, sondern „auch sensibel für wissenschaftliche Fragestellungen und Aufgaben einer Forschungseinrichtung sein und ein modernes, dienstleistungsorientiertes Verständnis für die Wahrnehmung der administrativen Aufgaben besitzen“. In dem Auswahlvermerk vom ... Mai 20.. ist nachvollziehbar ausgeführt, dass diese übergreifenden Anforderungen in den vorliegenden Beurteilungen der Bewerber kaum abgebildet sind (Bl. 115 BA A).

Der Antragsteller kann nicht mit Erfolg einwenden, die Auswahlkommission habe seine Vorbeurteilung und die letzte Beurteilung der Beigeladenen ausschärfend ausgewertet und dies zeige, dass ein Vergleichbarmachen der Beurteilungen möglich gewesen sei. Dass für alle vorliegenden zehn Beurteilungen bzw. Arbeitszeugnisse eine Vergleichbarkeit möglich gewesen wäre, ergibt sich hieraus nicht.

b) Konnte die Antragsgegnerin demnach aufgrund der vorliegenden Beurteilungen und Arbeitszeugnisse der Bewerber keine abschließende Auswahlentscheidung treffen, ist es im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin auf das weitere geeignete Erkenntnismittel eines sog. strukturierten Auswahlgesprächs zurückgegriffen hat (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 27.4.2010 - BVerwG 1 WB 39.09 -, juris Rn. 39; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 25.8.2014 - 6 B 760/14 -, juris Rnrn. 24 ff.). Dies gilt umso mehr, als es hier um die Eignungsprognose für einen - wie dargelegt - herausgehobenen Dienstposten in Leitungsposition geht, auf den sich überwiegend externe Bewerber beworben haben, deren Beurteilungen andere Dienstherren, Dienststellen und Arbeitgeber gefertigt haben (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.5.2004 - 1 B 300/04 -, juris Rn. 13).

Damit ein solches Auswahlgespräch im Rahmen des Gesamtvergleichs der Bewerber ein verstärktes und ggf. ausschlaggebendes Gewicht erlangen kann, muss es qualitativen Mindestanforderungen genügen. Diese sind hier erfüllt. Jeder Bewerber, der zu einem Auswahlgespräch eingeladen war, hat in jeweils etwa 60 bis 75 Minuten dauernden Einzelgesprächen anhand eines strukturierten Interviews zu sechs verschiedenen Themenblöcken genügend Zeit und Gelegenheit erhalten, um seine Persönlichkeit, fachlichen Fähigkeiten und Leistungen sowie eigene Ideen und Konzepte für den betroffenen Aufgabenbereich darstellen zu können. Der Verlauf und die Bewertungen der Auswahlgespräche sind in dem Vermerk vom ... April 20.. (Bl. 137 ff. BA „A“) niedergelegt worden.

c) Schließlich ist auch das Ergebnis der Auswahlkommission, die Beigeladene auszuwählen, rechtlich nicht zu beanstanden.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Auswahlkommission mit ihren auf der Grundlage der Auswahlgespräche getroffenen Eignungseinschätzungen den Beurteilungsspielraum überschritten haben könnte. Wesentlich ist, dass jedes Instrument der Bestenauslese, das auf diese Weise zusätzlich zum Einsatz kommt, gleichmäßig und nach einheitlichen Maßstäben auf alle Bewerber angewendet wird, um auch insoweit die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.

Dies ist hier der Fall. Wie sich aus dem Auswahlvermerk vom ... Mai 20.. (Bl. 111 ff. BA A) ergibt, hat die Auswahlkommission bei allen zehn übriggebliebenen Bewerbern ihre aus den strukturierten Auswahlgesprächen gewonnenen Eindrücke zugrunde gelegt.

Allerdings darf der Dienstherr das Gespräch grundsätzlich nicht allein zur Grundlage seiner Entscheidung machen. Er kann zwar im Rahmen des ihm zustehenden weiten Ermessens das Ergebnis strukturierter Auswahlgespräche als möglicherweise ausschlaggebendes Kriterium für die Begründung seiner Auswahlentscheidung heranziehen, er hat aber gleichwohl zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen Gesprächen nur um eine Momentaufnahme handelt, die schon ihrer Konzeption nach nicht geeignet ist, an die Stelle einer Beurteilung zu treten, die regelmäßig einen längeren Leistungszeitraum abbildet (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.11.2013 - 6 B 1193/13 -, juris Rn. 24).

Zutreffend hat die Auswahlkommission deshalb zu Recht im Rahmen ihrer Auswahlentscheidung die für die verbliebenen Bewerber vorliegenden Beurteilungen in den Blick genommen und überprüft, ob sich der in den Auswahlgesprächen gewonnene Eindruck mit den Bewertungen in den Beurteilungen deckte. Es ist bei dieser Vorgehensweise nicht erkennbar, dass die Auswahlkommission die leistungsbezogenen Auswahlkriterien nicht auf derselben Auswahlebene und auf alle Bewerber angewandt hätte (vgl. hierzu Nds. OVG, Beschluss vom 14.11.2013, a. a. O., Rnrn. 17 ff.). Lediglich bei den beiden Bewerbern, die Arbeitszeugnisse vorgelegt haben, wurde nicht unmittelbar auf die darin enthaltenen Bewertungen Bezug genommen. Dies ist aber nicht zu beanstanden, weil beide Bewerber zu geringe Verwaltungserfahrung zeigten und deshalb aus dem Bewerberfeld ausschieden.

Die Auswahlkommission ist rechtsfehlerfrei zu der Erkenntnis gelangt, dass ihre Einschätzungen in den Auswahlgesprächen mit den Bewertungen in den vorliegenden Beurteilungen sowohl für den Antragsteller als auch für die Beigeladene übereinstimmten.

Allerdings hat die Auswahlkommission hierbei nicht die aktuelle Beurteilung des Antragstellers zugrunde gelegt, sondern nur seine Vorbeurteilung. Entgegen der Ansicht der Auswahlkommission war - wie oben dargelegt - die aktuelle Beurteilung wirksam, obgleich der Antragsteller sie angefochten hat, und sind regelmäßig vorrangig die aktuellen Beurteilungen der Bewerber im Rahmen der Bestenauslese maßgeblich. Dass die Auswahlkommission gleichwohl nicht die aktuelle Beurteilung des Antragstellers berücksichtigt hat, führt aber im vorliegenden Einzelfall ausnahmsweise nicht zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung. Denn es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass die aktuelle Beurteilung des Antragstellers zu einer anderen, für den Antragsteller günstigeren Bewertung im Auswahlverfahren geführt hätte. Denn in der aktuellen Beurteilung hat der Antragsteller ein schlechteres Gesamturteil, nämlich die 3. Notenstufe „B“ (deutlich über den Anforderungen liegende Leistungen) erhalten, während er in der Vorbeurteilung die zweite Notenstufe „A“ (sehr weit über den Anforderungen liegende Leistungen) erhalten hat. Sein Führungsverhalten ist in der aktuellen Beurteilung gar nicht beurteilt worden. Zwar hat der Antragsteller die aktuelle Beurteilung angefochten. Im vorliegenden Verfahren ist aber nichts dafür vorgetragen worden, dass die aktuelle Beurteilung des Antragstellers rechtswidrig wäre.

Dass der Antragsteller in der Vorbeurteilung aus 2011 im Gesamturteil die zweite Notenstufe „A“ erhalten hat, hat die Auswahlkommission berücksichtigt. Die Auswahlkommission hat gewürdigt, dass der Antragsteller seine Fachkenntnisse ebenso wie Einzelheiten zu komplexen Aufgabenstellungen im S. überzeugend und detailliert präsentieren konnte (Bl. 149 BA A). Sie vermochte trotz seiner Fachkenntnisse jedoch die für die Position des Verwaltungsleiters erforderlichen Fähigkeiten nicht zu erkennen. Diesen aus dem Auswahlgespräch gewonnenen Eindruck hat sie in der Bewertung in der Vorbeurteilung bestätigt gesehen, in der der Antragsteller für sein Führungsverhalten nur die Note „C“ erhalten hat. Hiergegen verweist der Antragsteller ohne Erfolg auf die Ausführungen der D. in dem Widerspruchsbescheid vom ... März 20.. betreffend die aktuelle Beurteilung  für den Zeitraum vom ... Oktober 20.. bis zum ... September 20.., wonach die Beurteilung des Führungsverhaltens für den Zeitraum ... Oktober 20.. bis ... September 20.. in der Vorbeurteilung unzutreffend gewesen sei. Aus dem textlichen Zusammenhang im Widerspruchsbescheid vom ... März 20.. ergibt sich, dass die D. mit diesen Ausführungen nicht die Bewertung des Führungsverhaltens für unzutreffend gehalten hat, sondern den Umstand, dass überhaupt das Führungsverhalten des Antragstellers bewertet worden ist. Gleichwohl war die Auswahlkommission nicht gehindert, die Bewertungen des Führungsverhaltens in der Vorbeurteilung zu berücksichtigen, weil diese Bewertungen wirksam sind. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist ihm im vorliegenden Verfahren hinreichend Gehör gewährt worden, um zum Gesichtspunkt des Merkmals „Führungsverhalten“ Stellung zu nehmen.

Es ist nicht sachfremd, dass die Auswahlkommission bei der Auswahl das Leistungsmerkmal „Führungsverhalten“ vorrangig in den Blick genommen hat. Zwar ist die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung auf das Amt im statusrechtlichen Sinne bezogen und darf daher grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen eines konkreten Dienstpostens erfolgen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 - BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rnrn. 18, 28 zu sog. Vorwirkungsfällen). Hier sind die Anforderungen aber an dem nach der Besoldungsgruppe B 2 bewerteten Statusamt des Abteilungsdirektors zu messen „als Leiter einer großen und bedeutenden Abteilung bei einer Mittel- oder Oberbehörde, bei einer sonstigen Dienststelle oder Einrichtung, wenn deren Leiter mindestens in Besoldungsgruppe B 5 eingestuft ist“ (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 8. August 2014, Bl. 50 GA). Von dem Inhaber dieses Statusamtes ist schon kraft Amtes Führungsstärke zu erwarten. Überdies ergibt sich aus dem Auswahlvermerk vom ... Mai 20.. (Bl. 114 BA A), dass der Dienstherr dem Führungsverhalten im Hinblick auf die mit dem ausgeschriebenen Dienstposten verbundenen zwei Leitungsaufgaben eine besondere Bedeutung beigemessen hat. Vor diesem Hintergrund spricht hier Einiges dafür, dass der Dienstherr eine Fähigkeit zur Führung auch deshalb bereits voraussetzen durfte, weil anderenfalls unzumutbare Beeinträchtigungen der Aufgabenwahrnehmung zu befürchten waren.

Ohne Erfolg wendet der Antragsteller ein, er sei in seiner Vorbeurteilung im Gesamturteil mit der zweitbesten Notenstufe bewertet worden, die Beigeladene habe in ihrer Beurteilung im Gesamturteil nur die drittbeste Notenstufe erhalten. Grundsätzlich ist zwar - wie bereits oben im Einzelnen ausgeführt -  der Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt anhand aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen und ist maßgebend für den Leistungsvergleich in erster Linie das abschließende Gesamturteil (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013, a. a. O., Rn. 21). Wie oben dargelegt, durfte die Auswahlkommission in dem vorliegenden Sonderfall aber zu Recht davon ausgehen, dass aufgrund der erheblichen Unterschiede der vorliegenden Beurteilungen und Arbeitszeugnisse der Bewerber keine abschließende Auswahlentscheidung getroffen werden konnte. Deshalb kam in dem hier streitigen Auswahlverfahren gerade kein alleiniger, unmittelbarer Leistungsvergleich anhand der vorliegenden Beurteilungen in Betracht.

Der Antragsteller wendet erfolglos ein, das Protokoll des mit ihm geführten Auswahlgesprächs sei unvollständig; er habe die „Zusatzfrage“, wie er sich angesichts der Sachlage eine künftige Zusammenarbeit mit den Leitungen der Institutionen vorstelle, dahingehend beantwortet, dass er dazu von seiner Seite aus keine unüberwindlichen Hindernisse erkennen könne. Zum einen handelt es sich bei dem Protokoll vom ... April 20.. nicht um ein Wortprotokoll. Zum anderen ist nicht erkennbar, dass diese nicht weiter differenzierende Äußerung des Antragstellers geeignet ist, die Einschätzung der Auswahlkommission zu entkräften, wonach der Antragsteller ein differenziertes Verständnis auch hinsichtlich möglicher Ansätze zur Entwicklung der Verwaltung der D. und Überwindung bestehender Schwierigkeiten nicht habe erkennen lassen (Bl. 104 BA A).

Schließlich bemängelt der Antragsteller ohne Erfolg, die Entscheidung zugunsten der Beigeladenen beruhe auf Gleichstellungserwägungen, ohne dass zuvor alle Möglichkeiten des Leistungsvergleichs herangezogen worden wären. Nachdem die Auswahlkommission das leistungsbezogene Merkmal eines strukturierten Auswahlgesprächs unter Würdigung der vorliegenden Beurteilungen herangezogen und hierbei eine im Wesentlichen gleiche Eignung für die ausgeschriebene Stelle bei der Beigeladenen und bei einem weiteren Bewerber festgestellt hat, ist nicht erkennbar und auch nicht dargetan, dass hier bei der Auswahl der Beigeladenen die Voraussetzungen des § 8 BGleiG nicht vorgelegen hätten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil sie keinen eigenen Antrag gestellt und das vorliegende Verfahren nicht gefördert hat.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Satz 1  GKG (6 x 7.128,43 EUR = 42.770,58 EUR).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).