Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.12.2014, Az.: 8 ME 138/14
Beschwerde; Feuerstättenbescheid; Geltungsdauer; Schornsteinfeger; vorläufiger Rechtsschutz
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 16.12.2014
- Aktenzeichen
- 8 ME 138/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 42640
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 21.10.2014 - AZ: 1 B 195/14
Rechtsgrundlagen
- § 14 SchfHwG
- § 17 SchfHwG
- § 146 Abs 4 VwGO
- § 80 Abs 5 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein Feuerstättenbescheid und die darin enthaltenen Festsetzungen bleiben (nur) solange wirksam, bis der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger einen neuen Feuerstättenbescheid erlässt, der Festsetzungen für die Zukunft trifft und den bisherigen Bescheid kraft Gesetzes ersetzt.
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 1. Kammer - vom 21. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Feuerstättenbescheid des Antragsgegners vom 23. Juni 2014 anzuordnen. Die hiergegen vom Antragsteller mit der Beschwerde geltend gemachten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren zu beschränken hat, gebieten eine Änderung der angefochtenen Entscheidung nicht.
Der Antragsteller macht zunächst geltend, der Antragsgegner habe wahrheitswidrig zur mangelnden Durchführung einer Feuerstättenschau an dem Kaminofen am 5. Mai 2014 vorgetragen. In Bescheinigungen vom 5. Mai 2014 habe der Antragsgegner bestätigt, dass er an zwei Feuerstätten, dem Erdgasheizkessel und dem Kaminofen, eine Sichtprüfung durchgeführt habe, die Überprüfung nach § 15 1. BImSchV und eine Beratung nach § 4 Abs. 8 bzw. § 26 Abs. 7 1. BImSchV stattgefunden hätten und das Ergebnis der Verordnung entspreche. In einer Rechnung vom 5. Mai 2014 habe er eine Feuerstättenschau bei zwei Feuerstätten abgerechnet. Nun behaupteten er und sein Mitarbeiter, Herr D., das Gegenteil, nämlich dass am 5. Mai 2014 eine Feuerstättenschau am Kaminofen nicht durchgeführt worden sei, weil er - der Antragsteller - den Zutritt verweigert habe. Dieser Behauptung trete er unverändert entgegen. Das Schreiben des Antragsgegners vom 4. Juni 2014, mit dem dieser seine Bescheinigungen und die Rechnung vom 5. Mai 2014 zurückgenommen habe, sei ein willkürlicher, nicht begründeter, massiv fehlerhafter und daher nichtiger Verwaltungsakt. Die Bescheinigungen vom 5. Mai 2014 hätten daher unverändert Bestand und belegten, dass die erforderlichen Arbeiten bereits durchgeführt worden seien.
Dieser Einwand greift in tatsächlicher und auch in rechtlicher Hinsicht nicht durch.
In tatsächlicher Hinsicht steht der vom Antragsteller erhobene Einwand im deutlichen Widerspruch zu seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes. Der Antragsteller selbst hat dort ausgeführt, dass am 5. Mai 2014 eine Inaugenscheinnahme des Kaminofens durch den Antragsgegner oder seinen Mitarbeiter nicht erfolgt ist (Schreiben v. 14.6.2014, dort S. 1; Schriftsatz v. 2.10.2014, dort S. 1 ff.). In gleicher Weise haben sich der Antragsgegner (Schriftsatz v. 23.9.2014, dort S. 3) und sein Mitarbeiter, Herr D., (Eidesstattliche Versicherung v. 23.9.2014) geäußert. Die Beteiligten haben in der Folge lediglich darum gestritten, ob die unterbliebene Inaugenscheinnahme auf einer Weigerung des Antragstellers beruhte oder nicht. Es bestehen daher für den Senat keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür, dass am 5. Mai 2014 bereits eine Feuerstättenschau am Kaminofen durchgeführt wurde. Solche Anhaltspunkte ergeben sich entgegen dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers offensichtlich auch nicht aus den Bescheinigungen und der Rechnung des Antragsgegners vom 5. Mai 2014. Denn diese hat der Antragsgegner auf das Monitum des Antragstellers vom 31. Mai 2014 mit Schreiben vom 4. Juni 2014 ausdrücklich aufgehoben. Unabhängig von den rechtlichen Wirkungen dieses Schreibens mit Blick auf die Bescheinigungen und die Rechnung vom 5. Mai 2014 hat der Antragsgegner damit tatsächlich unmissverständlich klargestellt, dass er am 5. Mai 2014 am Kaminofen eine Feuerstättenschau nicht durchführte.
Der vom Antragsteller erhobene Einwand, am 5. Mai 2014 habe am Kaminofen bereits eine Feuerstättenschau stattgefunden, ist für das vorliegende Streitverfahren aber auch rechtlich ohne Belang. Der Feuerstättenbescheid vom 5. Mai 2014 ist, ungeachtet seiner Aufhebung durch den Antragsgegner im Schreiben vom 4. Juni 2014, zum einen nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens. Zum anderen hat der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen weder aufgezeigt noch ist dies für den Senat offensichtlich, dass eine Durchführung der Feuerstättenschau am 5. Mai 2014 Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des allein streitgegenständlichen Feuerstättenbescheides vom 23. Juni 2014 haben könnte.
Der Antragsteller macht mit seiner Beschwerde weiter geltend, der vom Antragsgegner am 4. Mai 2010 erlassene Feuerstättenbescheid gelte ausweislich der darin getroffenen Festlegungen bis 2015. Dieser Feuerstättenbescheid sei einem rechtskräftigen Urteil vergleichbar und könne nicht ohne Weiteres rückwirkend geändert werden. Der im Bescheid enthaltene Änderungsvorbehalt gelte nur bei nachträglichen Änderungen der Sachlage, an denen es hier fehle. Ein weiterreichender Änderungsvorbehalt benachteilige ihn - den Antragsteller - unangemessen und sei daher unwirksam. Gleiches gelte mit Blick auf die im Bescheid vom 23. Juni 2014 enthaltene Formulierung, dass alle vorherigen Bescheide mit sofortiger Wirkung ersetzt würden.
Auch diese Einwände greifen nicht durch.
Der Antragsteller geht bereits in der Annahme fehl, die Wirksamkeit des Feuerstättenbescheides vom 4. Mai 2010 und der darin enthaltenen Festsetzungen sei auf einen fixen, unveränderlichen Zeitraum ("bis 2015") beschränkt.
Rechtsgrundlage des Feuerstättenbescheides ist der nach Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens - SchfNG - vom 26. November 2008 (BGBl. I S. 2242) am 29. November 2008 in Kraft getretene § 17 des Gesetzes über das Berufsrecht und die Versorgung im Schornsteinfegerhandwerk (Schornsteinfeger-Handwerksgesetz - SchfHwG -). Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG wird der Feuerstättenbescheid nach § 14 Abs. 2 SchfHwG bei Durchführung einer Feuerstättenschau im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 2 Gesetz über das Schornsteinfegerwesen (Schornsteinfegergesetz) - SchfG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 1998 (BGBl. I S. 2071), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700), durch den Bezirksschornsteinfegermeister erlassen. Regelungsinhalt und rechtliche Wirkungen des Feuerstättenbescheides ergeben sich aus § 14 Abs. 2 SchfHwG. Es handelt sich hierbei um ein Kernstück der Neuregelungen des Schornsteinfegerrechts im SchfHwG (vgl. Senatsbeschl. v. 7.2.2011 - 8 ME 239/10 -, NdsVBl. 2011, 146 f.; Dohrn, Das Deutsche Schornsteinfegerwesen, Stand: Mai 2010, SchfHwG, § 14 Rn. 8 f.; Schira/Schwarz, SchfHwG/SchfG, § 14 Rn. 26). Der Feuerstättenbescheid dient in Verbindung mit den Formblättern nach § 4 SchfHwG nicht nur der Information der Eigentümer über die durchzuführenden Arbeiten und das Datum, bis zu dem diese durchgeführt worden sein müssen, sondern auch der Kontrolle der Einhaltung der Pflichten der Eigentümer (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens, BT-Drs. 16/9237, S. 34). Mit diesen Funktionen ist die vom Antragsteller angenommene Beschränkung der Wirksamkeit des Feuerstättenbescheides auf einen fixen, unveränderlichen Zeitraum unvereinbar. Ein Feuerstättenbescheid und die darin enthaltenen Festsetzungen bleiben vielmehr (nur) solange wirksam, bis der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger einen neuen Feuerstättenbescheid erlässt, der Festsetzungen für die Zukunft trifft und den bisherigen Bescheid kraft Gesetzes ersetzt (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 12.2.2014 - 1 A 321/13 -, juris Rn. 33). Der Eigentümer der Feuerstätte kann sich gegenüber dem neuen Feuerstättenbescheid nicht auf die Bestandskraft des bis dahin geltenden Feuerstättenbescheides berufen (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der Duldungspflichten der Eigentümer und der Regelungen betreffend den Feuerstättenbescheid: OVG Saarland, a.a.O., Rn. 40 ff.).
Auch der vom Antragsteller als im Feuerstättenbescheid zu unbestimmt und unverhältnismäßig formulierte Vorbehalt zur Änderung und Ersetzung bestandskräftiger Feuerstättenbescheide ergibt sich danach unmittelbar und auch hinreichend bestimmt aus dem Schornsteinfeger-Handwerksgesetz selbst. Mit diesem Vorbehalt verbundene Einschränkungen eines etwaigen Vertrauens in den Bestand eines Feuerstättenbescheides sind mit Blick auf das verfolgte Ziel der steten Erhaltung der Betriebs- und Brandsicherheit der Feuerstätten auch nicht unverhältnismäßig.
Im Übrigen vermag der Senat dem Feuerstättenbescheid vom 4. Mai 2010 entgegen der Annahme des Antragstellers auch die Festsetzung eines konkreten Wirksamkeitszeitraums ("bis 2015") mit Regelungswirkung nicht zu entnehmen. Der Bescheid setzt regelnd lediglich fest, welche Schornsteinfegerarbeiten an den Feuerstätten des Antragstellers durchzuführen sind und wann dies zu geschehen hat (Bescheidtenor zu 1.). Allein in diesem Umfang räumt § 14 Abs. 2 SchfHwG dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger auch eine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes ein. Ein konkreter Wirksamkeitszeitraum ist im Feuerstättenbescheid hingegen nicht bestimmt. Der Angabe "nächste Feuerstättenschau: 2015" kommt schon aufgrund der textlichen Gestaltung außerhalb des Bescheidtenors erkennbar keine Regelungswirkung zu. Es handelt sich um einen bloßen - unverbindlichen - Hinweis. Auf diese Bedeutung weisen auch die im Feuerstättenbescheid enthaltenen "Hinweise auf die Rechtslage" noch einmal hin. Dort heißt es ausdrücklich, dass der Feuerstättenbescheid (nur) bis zur nächsten Feuerstättenschau gilt und er auch bei sich vorher ergebenden Änderungen durch einen neuen Feuerstättenbescheid ersetzt werden kann.
Der Antragsteller macht schließlich geltend, in einem Zeitraum von sieben Jahren seien bereits zwei Feuerstättenschauen durchgeführt worden, und zwar bei Einbau und Abnahme des Kaminofens 2008 und danach in 2010.
Auch dieser Einwand greift nicht durch. Die Behauptung, bereits bei Einbau und Abnahme des Kaminofens 2008 sei eine Feuerstättenschau durchgeführt worden, die den Anforderungen des § 17 Abs. 1 SchfHwG genügt, ist durch nichts belegt. Ihre Richtigkeit ist angesichts des Inkrafttretens der genannten Bestimmung erst am 29. November 2008 auch wenig wahrscheinlich.
Soweit der Antragsteller ergänzend auf sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren Bezug nimmt, ist dieser Verweis im Beschwerdeverfahren unzureichend. Eine solche pauschale Bezugnahme genügt nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO (vgl. Senatsbeschl. v. 2.9.2008 - 8 ME 53/08 -, NdsVBl. 2008, 358, 359 m.w.N.)
Die Kostenentscheidung folgt § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG (vgl. zum Ansatz des Auffangstreitwertes bei Rechtsstreitigkeiten um einen Feuerstättenbescheid: Senatsbeschl. 18.02.2011 - 8 OA 34/11 -, juris Rn. 2 ff.) und Nr. 1.5 Satz 1 Halbsatz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).