Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.12.2014, Az.: 13 LA 143/14

dolo agit; Gebühr; GOVet; GOVV; LAVES; Leistungsgebühr; Rückstandskontrolle; unzulässige Rechtsausübung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.12.2014
Aktenzeichen
13 LA 143/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42601
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 24.07.2014 - AZ: 6 A 62/12

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Geltendmachung der dem LAVES im Rahmen der Durchführung des Nationalen Rückstandskontrollplans entstandenen Kosten gegenüber den Überwachungsbehörden.

Tenor:

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 6. Kammer - vom 24. Juli 2014 wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 228.885,04 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Zulassung der Berufung setzt nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO voraus, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Eine hinreichende Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert, dass in der Begründung des Zulassungsantrags im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt sein soll. Zwar ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, 2. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 12.03.2008 - 2 BvR 378/05 -; BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -; BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 21.01.2000 - 2 BvR 2125/97 - , jeweils zit. nach juris). Erforderlich sind aber qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sich-tung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen.

1. Der vom Beklagten zunächst geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils können nur dann bestehen, wenn gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458; BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, juris). Ist das Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Bader/Funke/Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll: VwGO, 5. Aufl., § 124a Rdnr. 82).

Nach diesen Grundsätzen lassen sich dem Vorbringen des Beklagten keine Gesichtspunkte entnehmen, die ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Gebührenbescheide begründen. In seinem Beschluss vom 14. Juli 2011 - 13 LA 24/11 - (juris, Rdnr. 4 ff.) hat der Senat anlässlich eines vergleichbaren Falles ausgeführt:

„Das Verwaltungsgericht hat den Gebührenbescheid des Beklagten vom 21. Oktober 2009 zu Recht aufgehoben. Für die Inanspruchnahme des Klägers im Wege dieses Gebührenbescheides fehlt es an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG werden für Amtshandlungen in Angelegenheiten der Landesverwaltung und im übertragenen Wirkungskreis der Gebietskörperschaften und anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben, wenn die Beteiligten zu der Amtshandlung Anlass gegeben haben. Die für die Gebührenerhebung bestehende gesetzliche Voraussetzung einer Amtshandlung wird durch das Tätigwerden des Beklagten nicht erfüllt.

Es reicht insoweit nicht aus, dass die GOVet bzw. die GO-LebensmBG Gebührentatbestände für die vom Beklagten durchgeführten Tätigkeiten enthalten. Da diese Gebührenordnungen als Rechtsverordnungen erlassen worden sind, werden sie ihrerseits durch den gesetzlichen Begriff der Amtshandlung begrenzt. Nur dann, wenn das Verwaltungshandeln neben einem Gebührentatbestand auch die Voraussetzungen einer Amtshandlung erfüllen, kann eine Gebühr erhoben werden (vgl. Loeser/Barthel, NVwKostG, § 1, Anm. 3.1.2, Loseblatt, Stand Juli 2010).

Amtshandlung ist ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Verwaltungshandeln eines öffentlich-rechtlich organisierten Rechtsträgers auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch seine Organe, insbesondere Behörden, im Einzelfall und mit Außenwirkung (vgl. eingehend: Loeser/Barthel, a.a.O., Anm. 3.1.1). Eine Amtshandlung bedarf demnach in jedem Falle der Außenwirkung; Verwaltungshandeln ohne Außenwirkung gegenüber dem Bürger oder juristischen Personen ist demgegenüber keine Amtshandlung (vgl. Loeser/Barthel, NVwKostG, a.a.O., Anm. 3.1.9 m.w.N.). An einer solchen Außenwirkung fehlt es im vorliegenden Fall. Es ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht von vornherein ausgeschlossen, dass Adressat einer Amtshandlung auch eine andere Behörde sein kann, wie die Regelung des § 2 NVwKostG belegt. In diesem Fall kann die die Amtshandlung veranlassende Behörde auch Gebührenschuldner sein und die handelnde Behörde einen entsprechenden Gebührenbescheid erlassen. Dazu muss das Verwaltungshandeln gegenüber der anderen Behörde jedoch seinerseits Außenwirkung entfalten. Das ist bei der Untersuchungstätigkeit des Beklagten für die Klägerin nicht der Fall. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, stellt die Untersuchung der vom Kläger genommenen Proben durch den Beklagten eine - wenn auch in eigener Zuständigkeit vorgenommene - reine Hilfs- und Unterstützungstätigkeit des Beklagten bei der gegenüber den untersuchten Betrieben vorgenommenen Amtshandlung des Klägers dar. Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts wird verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Solche im Rahmen eines einheitlichen Verwaltungsverfahrens stattfindenden, lediglich internen Mitwirkungshandlungen anderer Behörden lösen mangels Außenwirkung keine Gebührenpflicht aus (vgl. Loeser/Barthel, a.a.O., Anm. 3.1.9.3). Dies gilt sowohl im Verhältnis gegenüber dem untersuchten Betrieb als auch gegenüber der nach außen auftretenden Überwachungsbehörde. Dem Tätigwerden des Beklagten kommt entgegen seiner Auffassung auch nicht deshalb Außenwirkung zu, weil der Gebührenbescheid als Verwaltungsakt seinerseits Außenwirkung entfaltet. Maßgeblich ist nicht die Außenwirkung des sich an das Verwaltungshandeln anschließenden Gebührenbescheides, sondern die des Verwaltungshandelns selber.“

An diesen Ausführungen hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Zulassungsbegründung des Beklagten fest. Der Kläger war nach § 2 Nr. 5 ZustVO-SOG zuständig für die Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln, Zusatzstoffen, mit Lebensmitteln verwechselbaren Erzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen nach a) dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch in der Fassung vom 26. April 2006 (BGBl. I S. 945), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 26. Februar 2008 (BGBl. I S. 215), und b) den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen, soweit nicht nach § 6 d Nrn. 9, 9 a, 16 bis 18, 20 bis 23, 26 und 29 das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zuständig ist. Damit war er nach außen hin grundsätzlich auch für die Durchführung der Maßnahmen nach dem Nationalen Rückstandskontrollplan zuständig. Auf der anderen Seite regelte der bis zum 31. Oktober 2014 geltende Artikel VI Abs. 1 des Achten Gesetzes zur Verwaltungs- und Gebietsreform vom 28. Juni 1977 (Nds. GVBl. S. 233), dass die Untersuchungen von Proben im Rahmen der staatlichen Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen in staatlichen Einrichtungen wahrgenommen werden. Nach Nr. 2.2 a) des Errichtungserlasses des ML vom 13. März 2001 - ML-101-01460-135(E) - (Nds. MBl. 2001, 390) führt der Beklagte den Rückstandskontrolldienst durch. Ausweislich des Aufgaben- und Organisationserlasses des ML vom 19. Dezember 2003 - 202-02200/L-4 - (Nds. NBl. 2004, 195) wurde beim Beklagten ein landesweit zuständiger Futtermittel- und Rückstandskontrolldienst eingerichtet, der u.a. die Koordination der Rückstandskontrolle nach dem Rückstandskontrollplan übernimmt. Auch sind von den Veterinärinstituten des Beklagten die Untersuchungen von Proben nach fleisch- und geflügelfleischhygienerechtlichen Vorschriften durchzuführen. Der Kläger hatte sich mithin zur Erfüllung seiner Aufgaben der Untersuchungsinstitute des Beklagten zu bedienen. Es handelt sich um ein arbeitsteiliges Zusammenwirken beider Behörden bei der von einem Dritten - einem Schlachthof - veranlassten Amtshandlung aufgrund einer gemeinsamen Zuständigkeit. Dieses Zusammenwirken kann nicht in mehrere Amtshandlungen aufgespalten werden. Dass auch der Gesetzgeber von dieser einheitlichen Betrachtungsweise ausgeht, belegt zudem die Regelung des § 4 NVwKostG. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift steht das Aufkommen der Kosten der Körperschaft zu, deren Behörde oder Organ die Amtshandlung vornimmt. Abs. 2 eröffnet demgegenüber die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung des Finanzministeriums im Einvernehmen mit den beteiligten Ministerien zu bestimmen, dass an den vereinnahmten Kosten diejenigen Körperschaften beteiligt werden, deren Dienststellen bei der Vorbereitung der Amtshandlung wesentlich mitgewirkt haben. Eine entsprechende Regelung ist in § 6 Abs. 2 der nunmehr geltenden GOVV getroffen worden, die die GOVet ersetzt hat.

Das Vorliegen einer Amtshandlung des Beklagten gegenüber dem Kläger kann auch nicht unter Rückgriff auf das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 13. Dezember 2007 - 7 A 10637/07 - (juris, Rdnrn. 17, 26) bejaht werden. Diese Entscheidung ist ohne nähere Befassung mit dem Begriff der Amtshandlung zum dortigen Landesrecht ergangen, dessen Einzelheiten dem Senat nicht bekannt sind und dessen Überprüfung nicht in seine Zuständigkeit fällt. Auch auf das Urteil des OVG Thüringen vom 16. Mai 2001 - 1 KO 646/99 - (juris) kann ein gegenteiliger Schluss nicht gestützt werden, lässt diese Entscheidung die Frage des Vorliegens einer Amtshandlung im dortigen Fall doch ausdrücklich offen (juris, Rdnr. 22). Mangels einer vom Kläger veranlassten Amtshandlung liegt auch kein Fall des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 letzter Halbsatz NVwKostG vor, der ausnahmsweise die Erhebung einer Gebühr gegenüber einer Behörde zulässt.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch § 14 NVwKostG nicht als Rechtsgrundlage für erfolgte Gebührenerhebungen durch den Beklagten angesehen. Nach dieser Bestimmung können u.a. für Leistungen, die von einer Landesbehörde oder im übertragenen Wirkungskreis von einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts bewirkt werden, ohne dass sie Amtshandlungen sind, Leistungsgebühren erhoben werden. Bei der Leistungsgebühr handelt es sich um einen Auffangtatbestand, der subsidiär zur Erhebung einer Verwaltungs- oder Benutzungsgebühr ist. Amtshilfe und innerbehördliche Mitwirkungen sind nicht leistungsgebührenfähig. Diese Kosten regeln sich nach den vorrangig anwendbaren Grundsätzen über die Erhebung von Verwaltungsgebühren und Auslagen (vgl. Loeser/Barthel, a.a.O., § 14, Anm. 4). Gleiches gilt auch für den Fall eines arbeitsteiligen Zusammenwirkens mehrerer Behörden bei Durchführung einer von einem Dritten veranlassten Amtshandlung aufgrund einer gemeinsamen Zuständigkeit. Es besteht insoweit kein Leistungsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten, weil dem Kläger die Einschaltung des Beklagten zur Bewirkung einer einheitlichen Amtshandlung gegenüber einem Dritten durch die für die Stellen der Landesverwaltung geltende Zuständigkeitsordnung vorgegeben ist. Der Kläger tritt dem Beklagten insoweit nicht wie ein Dritter gegenüber, sondern ist selbst Teil der staatlichen Verwaltung. Die interne Finanzierung der Amtshandlung kann in diesen Fällen nicht durch die gegenseitige Erhebung von Gebühren, sondern allein durch eine auf § 4 Abs. 2 NVwKostG beruhende Regelung über die Aufteilung des Gebührenaufkommens erfolgen.

Das Zulassungsvorbringen des Beklagten weckt auch keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit diese dem Kläger einen Folgenbeseitigungsanspruch auf Rückzahlung der Gebühren zuerkennt, die er auf der Grundlage der aufgehobenen Gebührenbescheide an den Beklagten entrichtet hat. Gegen diesen Anspruch erhebt der Beklagte den Einwand unzulässiger Rechtsausübung („dolo agit“), da ihm - unabhängig von der Berechtigung zur Gebührenerhebung - jedenfalls ein materiell-rechtlicher Anspruch zustehe, den er im Wege einer Kostenmitteilung gegenüber dem Kläger geltend machen werde. Dies verhilft dem Zulassungsantrag auch insoweit indes nicht zum Erfolg.

Allerdings setzt eine Folgenbeseitigungsanspruch voraus, dass die Wiederherstellung

des früheren Zustands möglich, rechtlich zulässig und zumutbar ist. Ein Folgenbeseitigungsanspruch ist wegen unzulässiger Rechtsausübung dann ausgeschlossen, wenn ein Zustand wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigt werden soll, der sogleich rechtmäßig wiederhergestellt werden könnte. Dies ergibt sich aus dem auch im öffentlichen- Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.09.1988 - 4 C 26.88 -, juris, Rdnr. 10, m.w.N.), in der Ausprägung des Rechtssatzes „dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“, der es verbietet, dass etwas gefordert wird, das sogleich wieder zurück zu gewähren ist. Dessen Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Dem Zulassungsvorbringen des Beklagten lässt sich keine materiell-rechtliche Grundlage für den unzulässigerweise durch Gebührenbescheid geltend gemachten Anspruch des Beklagten entnehmen. Auf § 6 Abs. 2 NVwKostG kann der Beklagte sich nicht berufen, da diese Bestimmung lediglich das Entstehen des Aufwendungsersatzanspruchs gegen den Kostenschuldner (den betroffenen Schlachthof) regelt. Auch der Erlass des ML vom 8. Februar 2000 - 106.1-44010/L-3 - kommt als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Allerdings hat der Senat in seinem bereits zitierten Beschluss vom 14. Juli 2011 - 13 LA 24/11 - (juris, Rdnr. 7) ausgeführt, mit diesem Erlass werde die - im damaligen Verfahren unstreitige - materielle Erstattungspflicht der Überwachungsbehörden gegenüber den Untersuchungsämtern in der in den Gebührenordnungen vorgesehenen Höhe festgelegt. Es kann offen bleiben, ob an diesen Ausführungen in der Weise festzuhalten ist, dass einer kommunalen Körperschaft im übertragenen Wirkungskreis eine Zahlungspflicht durch schlichten Erlass auferlegt werden kann. Der genannte Erlass ist mit Ablauf des 7. Februar 2010 außer Kraft getreten und damit für den hier interessierenden Zeitraum nicht mehr anwendbar. Das vorgelegte Schreiben des ML vom 9. Februar 2010, mit dem die Landkreise, die Region Hannover und die kreisfreien Städte sowie der Beklagte gebeten werden, bis zum Inkrafttreten der in Vorbereitung befindlichen Nachfolgeregelung weiter wie bisher zu verfahren, scheidet schon mangels Verbindlichkeit als materielle Rechtsgrundlage aus. Eine der Bestimmung des § 4 Abs. 2 NVwKostG genügende Regelung ist erst mit § 6 der seit dem 3. Dezember 2014 geltenden GOVV geschaffen worden.

2. Die Zulassung der Berufung kommt auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Betracht.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn sie mit einem Schwierigkeitsgrad verbunden ist, der signifikant über dem Durchschnitt vergleichbarer verwaltungsgerichtlicher Fälle liegt. Zwar dürfen insoweit die Darlegungserfordernisse nicht überspannt werden, weil sich ein nicht auf das jeweilige Rechtsgebiet spezialisierter Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand Erkenntnisse über das in vergleichbaren Streitverfahren übliche Maß an Komplexität nicht beschaffen kann, während sie dem angerufenen Gericht ohne weiteres zugänglich sind (BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00, juris, Rdnr. 17). Andererseits reicht aber eine nochmalige Darstellung der Argumente nicht aus, die bereits zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils vorgebracht worden sind, eine Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO indes gerade nicht zur Folge haben.

Besondere rechtliche Schwierigkeiten, auf die der Beklagte sich beruft, liegen nicht vor. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, die Schwierigkeit der Rechtsfrage, ob er gegenüber den Landkreisen auf der Grundlage des § 14 NVwKostG Gebührenbescheide für die Untersuchungen im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans erlassen dürfe, übersteige das normale Maß nicht unerheblich, da das Zusammenwirken der beiden Behörden durch verschiedene Regelungen und Erlasse normiert sei. Dieser Umstand weist dem vorliegenden Fall indes keine besondere rechtliche Schwierigkeit zu. Allerdings war die Regelung des § 14 NVwKostG nicht bereits Gegenstand des zitierten Senatsbeschlusses vom 14. Juli 2011. Das ist für den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO jedoch ohne Bedeutung. Rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur dann ausgeschlossen, wenn ein vergleichbarer Fall vom Berufungsgericht bereits einmal entschieden worden ist. Vielmehr reicht es aus, wenn er ohne größere Probleme durch Auslegung der zugrundeliegenden Rechtsnormen entschieden werden kann. Das ist im Hinblick auf die Ausführungen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ersichtlich der Fall.

3. Der vom Beklagten weiterhin geltend gemachte Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor. Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich wäre und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum die Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren.

Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht.

Die zunächst als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage, „ob alle Regelungen, die im Allgemeinen Teil einer Gebührenordnung stehen zumindest theoretisch auf jeden im anliegenden Kostentarif aufgeführten Gebührentatbestand Anwendung finden können müssen, damit dieser Gebührentatbestand auch angewendet werden darf“, wäre in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich. Eine Gebührenerhebung kommt im vorliegenden Fall aus den zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genannten Gründen nicht in Betracht. Auf die vom Verwaltungsgericht lediglich zur weiteren Stützung seiner Argumentation ins Feld geführte Auslegung des § 1 GOVet (S. 17 f. des Urteilsabdrucks) kommt es hingegen nicht an. Auch das Verwaltungsgericht hat diesen Ausführungen ersichtlich keine tragende, sondern nur eine ergänzende Funktion beigemessen, was sich schon daraus ergibt, dass es sein bisher gefundenes Ergebnis durch diese Erwägungen lediglich bestätigt sieht.

Die Frage der Auslegung des § 14 NVwKostG rechtfertigt ebenfalls keine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung. Die Voraussetzungen der Erhebung einer Leistungsgebühr lassen sich der Vorschrift - soweit es den vorliegenden Fall betrifft - mit ausreichender Klarheit entnehmen. Wirken mehrere Behörden aufgrund ihrer gemeinsamen Zuständigkeit bei der Durchführung einer von einem Dritten veranlassten einheitlichen Amtshandlung arbeitsteilig zusammen, so ist für eine Gebührenerhebung der beteiligten Stellen gegeneinander kein Raum.

Es ist auch nicht Aufgabe eines Berufungsverfahrens „grundsätzlich zu klären, wann bei Tätigwerden von zwei Behörden eine Amtshandlung der einen Behörde gegenüber der anderen Behörde vorliegt, die dann auch gebührenpflichtig wäre“. Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 14. Juli 2011 - 13 LA 24/11 - in hinreichender Klarheit ausgeführt, dass in der vorliegenden Konstellation nicht von einer Amtshandlung des Beklagten gegenüber dem Kläger ausgegangen werden kann. Weitergehende Argumente, die diese Rechtsauffassung erschüttern könnten, lassen sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen. Dies gilt auch im Hinblick auf die Regelung des § 2 NVwKostG. Es sind jenseits einer gemeinsam wahrgenommenen Zuständigkeit weiterhin durchaus Konstellationen denkbar, in denen eine Behörde gegenüber einer anderen eine Amtshandlung vornimmt, die unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NVwKostG zu einer Gebührenpflicht führt. Eine abschließende Beschreibung etwaiger Fallgruppen entspricht nicht dem Sinn und Zweck eines Berufungsverfahrens, das der Entscheidung eines konkreten Falles dient.

Letztlich handelt es sich bei der dem Verfahren zugrundliegenden GOVet um auslaufendes Recht, so dass auch aus diesem Grunde eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht in Betracht kommt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 124, Rdnr. 10, m.w.N.). Die GOVet ist mit Ablauf des 2. Dezembers 2014 außer Kraft getreten und durch die GOVV ersetzt worden. Die Regelung des § 6 GOVV trägt der Konzeption des § 4 NVwKostG durch Erhebung eines Gebührenzuschlags und dessen Weiterleitung an die Körperschaft, deren Dienststelle an der Amtshandlung oder Leistung mitgewirkt hat, Rechnung. Aus diesem Grunde wird sich die für diesen Rechtsstreit entscheidungserhebliche Frage der Berechtigung des Beklagten zur Erhebung einer Gebühr gegenüber den kommunalen Untersuchungsbehörden künftig nicht mehr stellen. Anhaltspunkte dafür, dass die mit der Auslegung der GOVet zusammenhängenden Rechtsfragen weiterhin für einen nicht überschaubaren Personenkreis von Bedeutung sein könnten, sind nicht ersichtlich.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.