Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.03.2024, Az.: 4 LA 34/22
Abweisung eines Antrags auf Berufung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 27.03.2024
- Aktenzeichen
- 4 LA 34/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2024, 12538
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2024:0327.4LA34.22.00
Verfahrensgang
Rechtsgrundlage
- § 124 Abs. 2 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt. Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss mithin nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird. Nicht erforderlich ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg; denn das Zulassungsverfahren hat nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen.
Tenor:
Auf den Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer - vom 1. Dezember 2021 zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
Der unter anderem auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat Erfolg, weil aus den vom Kläger dargelegten Gründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, Beschl. v. 18.3.2022 - 2 BvR 1232/20 -, juris Rn. 23; Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, juris Rn. 96; Beschl. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, juris Rn. 19). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss mithin nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 -, juris Rn. 8 f.; Senatsbeschl. v. 11.7.2006 - 4 LA 62/06 -, juris Rn. 9; Nds. OVG, Beschl. v. 29.8.2023 - 9 LA 147/22 -, juris Rn. 3). Nicht erforderlich ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg; denn das Zulassungsverfahren hat nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (BVerfG, a.a.O.). Eine den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 5.2.2024 - 14 LA 71/23 -, juris Rn. 5; Beschl. v. 2.9.2021 - 11 LA 69/21 -, juris Rn. 9; Beschl. v. 17.6.2015 - 8 LA 16/15 -, juris Rn. 10; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 206 - jeweils m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Soweit der Kläger durch das von ihm angefochtene Urteil beschwert ist, hat er sich in der Begründung seines Zulassungsantrags mit den einzelnen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen, auf die das Verwaltungsgericht die teilweise Abweisung der Klage gestützt hat, in sehr ausführlicher Weise konkret und qualifiziert auseinandergesetzt. Er hat dabei für ein anderes Entscheidungsergebnis sprechende rechtliche und tatsächliche Argumente vorgebracht, die nicht von vornherein von der Hand zu weisen sind und daher einer eingehenderen Prüfung im Berufungsverfahren bedürfen. Das betrifft unter anderem die in der bisherigen Rechtsprechung des Senats ausdrücklich offen gelassene Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der §§ 5 und 7 NAGBNatSchG a. F. (vgl. Senatsurt. v. 30.6.2015 - 4 LC 285/13 -, juris Rn. 52) und daran anknüpfend die - vom Verwaltungsgericht bejahte - Notwendigkeit und Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung dieser Normen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Das Zulassungsverfahren wird als Berufungsverfahren fortgeführt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht. Die Berufung ist innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in B-Stadt einzureichen.