Landgericht Göttingen
Beschl. v. 16.12.2004, Az.: 10 T 126/04
Anspruch auf Aufhebung einer Postsperre; Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses im Falle verfahrensrechtlicher Überholung; Beseitigung der organisatorischen Folgen einer angeordneten Postsperre
Bibliographie
- Gericht
- LG Göttingen
- Datum
- 16.12.2004
- Aktenzeichen
- 10 T 126/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2004, 38353
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGGOETT:2004:1216.10T126.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Göttingen - 29.10.2004 - AZ: 74 IN 132/04
- nachfolgend
- BGH - 12.10.2006 - AZ: IX ZB 34/05
Rechtsgrundlagen
- § 6 Abs. 1 InsO
- § 21 Abs. 1 S. 2 InsO
In dem Insolvenzantragsverfahren
...
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen
durch
die Vorsitzende Richterin am Landgericht ... als Einzelrichterin
auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 2. November 2004
gegen den eine vorläufige Postsperre anordenden Beschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 29. Oktober 2004 - 74 IN 132/04 -
am 16. Dezember 2004
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: bis zu 1.000,- EUR.
Gründe
In dem o.g. Insolvenzantragsverfahren hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 29. Oktober 2004 eine vorläufige Postsperre angeordnet. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Postsperre erforderlich sei, weil der Antragsgegner weder dem vorläufigen Insolvenzverwalter noch dem Insolvenzgericht Auskünfte erteilt habe und zu dem gerichtlichen Anhörungstermin nicht erschienen sei.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner am 2. November 2004 sofortige Beschwerde eingelegt. Er meint, dass die Postsperre auf sachfremden Erwägungen des Richters beruhe. Offensichtlich habe es sich bei der Anordnung der Postsperre um eine Retourkutsche auf das gegen den Richter aufgrund einer Strafanzeige des Antragsgegners eingeleitete Ermittlungsverfahren gehandelt.
Mit Beschluss vom 5. November 2004 hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 26.11.2004 hat das Amtsgericht die vorläufige Postsperre aufgehoben. Die Beschwerdekammer hat den Antragsgegner darauf hingewiesen, dass ein Fall der verfahrensrechtlichen Überholung vorliege und er im Hinblick darauf das Rechtsmittel in der Hauptsache für erledigt erklären müsse.
Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2004 hat der Antragsgegner erklärt, dass der Beschluss, mit dem das Amtsgericht die Postsperre aufgehoben habe, die organisatorischen Folgen der angeordneten Postsperre nicht beseitigt habe. Nach wie vor sei dem Antragsgegner nicht möglich, unter der ... Kommunikation per Telefon, Fax oder Email zu führen. Im Hinblick darauf könne von einer verfahrensrechtlichen Überholung keine Rede sein.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 6 Abs. 1, 21 Abs. 1 S. 2 InsO statthaft, sie ist jedoch unzulässig, denn dem Antragsgegner fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Hier liegt ein Fall der verfahrensrechtlichen Überholung vor, denn im laufenden Verfahren vor Entscheidung des Beschwerdegerichts über das Rechtsmittel hat sich der Beschwerdegrund erledigt, so dass der Beschwerdeführer durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht mehr bessergestellt werden könnte (BGH NJW-RR 1995, 765 [BGH 18.01.1995 - IV ZB 22/94]). Das Amtsgericht hat, nachdem der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 29. Oktober 2004 sofortige Beschwerde eingelegt hat, mit Beschluss vom 26. November 2004 die angeordnete vorläufige Postsperre wieder aufgehoben. Zu diesem Zeitpunkt war über das Rechtsmittel des Antragsgegners noch keine Entscheidung durch die Beschwerdekammer ergangen. Tatsächlich könnte eine jetzt noch zu treffende Entscheidung in der Sache den Antragsgegner nicht mehr besser stellen, denn dadurch, dass das Amtsgericht die vorläufige Postsperre aufgehoben hat, ist der Antragsgegner nicht mehr beschwert. Ggf. für ihn aufgrund der Entscheidung des Amtsgerichts eingetretene nachteilige Folgen würden durch eine Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht mehr geändert werden.
Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob möglicherweise am 6. Dezember 2004 die organisatorischen Folgen der Postsperre noch nicht beseitigt waren. Seitens des Gerichts ist nach der Aufhebung der vorläufigen Postsperre alles veranlasst, um die Folgen zu beseitigen. Der Beschluss vom 26. November 2004, mit dem das Amtsgericht die Postsperre aufgehoben hat, ist noch am selben Tag der Deutschen Post mitgeteilt worden. Sofern aus organisatorischen Gründen, die im Bereich der Post liegen, der Antragsgegner gleichwohl nach Aufhebung der Postsperre keine Post bezogen haben sollte, ändert dies an den oben genannten Rechtsfolgen nichts.
Soweit der Antragsgegner ausführt, dass ihm unter der Kanzleianschrift ... bis zum 9. Dezember 2004 keine Telefon-, Fax- oder Email-Kommunikation möglich gewesen sei, beruht dies ohnehin nicht auf der vom Amtsgericht angeordneten Postsperre, denn die Postsperre bezog sich nur auf schriftliche Postsendungen, die für den Beschwerdegegner bestimmt waren. Diese waren aufgrund der Postsperre dem vorläufigen Insolvenzverwalter auszuhändigen. Kommunikation per Email, Telefax oder Telefon war durch die mit Beschluss vom 29. Oktober 2004 angeordneten Postsperre nicht betroffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Den Beschwerdewert hat die Kammer nach § 3 festgesetzt.