Landgericht Göttingen
Beschl. v. 01.12.2004, Az.: 10 T 128/04

Anforderungen an die Durchführung eines Insolvenzverfahrens; Voraussetzungen für das Vorliegen von Insolvenzgründen; Anforderungen an die Festsetzung der Vergütung eines Insolvenzverwalters

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
01.12.2004
Aktenzeichen
10 T 128/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 34412
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2004:1201.10T128.04.0A

Fundstellen

  • DStZ 2005, 320 (Kurzinformation)
  • NZI 2005, 340-341 (Volltext mit red. LS)
  • NZI (Beilage) 2005, 23* (amtl. Leitsatz)
  • ZIP 2005, 590 (Volltext mit red. LS)
  • ZInsO 2005, 48-49 (Volltext mit red. LS)
  • ZVI 2006, 44
  • ZVI (Beilage) 2006, 44 (red. Leitsatz)

Gründe

1

Der Antragsteller ist Mitglied des Gläubigerausschusses in dem o.g. Insolvenzverfahren. Er hat mit Schriftsatz v. 19.3.2004 die Festsetzung seiner Vergütung beantragt. Dabei ist er von einem Zeitaufwand von 66 St. à 50 EUR ausgegangen, die er in einer Anlage zu dem Antrag erläutert hat. Ferner begehrt er die Festsetzung von Fahrtkosten und ist dabei von 0,30 EUR pro Kilometer ausgegangen.

2

Insgesamt beantragt der Antragsteller die Festsetzung einer Vergütung i.H.v. 4.659,72 EUR.

3

Mit Beschl. v. 5.11.2004 hat das AG die Vergütung des Antragstellers auf insgesamt 4.231,33 EUR festgesetzt. Dabei hat das AG von den vom Antragsteller geltend gemachten 66 Std. sechs Stunden abgesetzt. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, die Fahrzeiten zu den Sitzungen v. 24.2.2000 und 22.11.2000 seien mit jeweils einer Stunde weniger zu berechnen, weil der Antragsteller zu diesen Terminen jeweils 95 Kilometer weniger gefahren sei als zu den übrigen Sitzungen des Gläubigerausschusses. Weiterhin seien abzusetzen die Stunden, die der Antragsteller in Ansatz gebracht habe für den Zeitaufwand zur Bearbeitung des Rechtsstreits gegen die A-Gesellschaft. Die Aufgaben des Gläubigerausschusses zur Beschlussfassung über die Einleitung des Rechtsstreits gem. § 160 InsO seien bereits in der Gläubigerausschusssitzung v. 12.4.2000 erfüllt gewesen. Ein weitergehendes Tätigwerden sei nicht erforderlich gewesen. Soweit der Antragsteller in dieser Angelegenheit darüber hinaus tätig geworden sei, habe dies eher den Interessen der von ihm vertretenen Gläubigerin gedient. In Bezug auf die Fahrtkosten ist das AG von 0,27 EUR pro gefahrenem Kilometer ausgegangen und hat insoweit auf § 9 ZSEG Bezug genommen.

4

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde. Er trägt vor, für die Fahrten am 24.2.2000 und 22.11.2000 müsse berücksichtigt werden, dass diese Fahrten im Spätherbst bzw. zur Winterzeit stattgefunden hätten, was sich auf den Straßenzustand ausgewirkt habe. Es sei allgemein bekannt, wie die Straßen zu dieser Jahreszeit im Bereich der Kesseler Berge beschaffen seien. Nicht begründet sei auch die Absetzung der vier Stunden für die Tätigkeit in Bezug auf den Rechtsstreit gegen die Gesellschaft A. Insoweit gehöre es zu den Aufgaben eines Gläubigerausschussmitglieds, den Insolvenzverwalter bei seiner Geschäftsführung zu überwachen. Er habe diese Überwachungsfunktion in einer unübersichtlichen Verfahrenssituation wahrgenommen. Das AG habe den Prozessstoff insoweit berücksichtigen müssen. Darüber hinaus meint der Antragsteller, dass die Fahrtkosten nach den steuerlichen Sätzen, mithin i.H.v. 0,30 EUR pro Kilometer abzurechnen seien.

5

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 6, 64 Abs. 3 InsO zulässig und hat insoweit Erfolg, als der Beschluss aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das AG zurückzuverweisen ist. Der angefochtene Beschl. v. 5.11.2004 ist verfahrensfehlerhaft. Das AG hat die notwendige Anhörung der Gläubigerversammlung vor der Festsetzung der Vergütung nicht beachtet. Vor der Festsetzung der Vergütung ist die Gläubigerversammlung notwendig mit der Vergütung zu befassen. Sofern - wie hier - der Antrag des Gläubigerausschussmitglieds auf Festsetzung der Vergütung rechtzeitig vorliegt, ist die Gelegenheit zur Stellungnahme regelmäßig im Schlusstermin zu geben (vgl. Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, Rn. 262; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung in Insolvenzverfahren, 2. Aufl. § 17 InsVV Rn. 10; Kübler/Prütting/Eickmann, Vergütungsrecht, 2. Aufl. § 17 Rn. 15). Da hier der Schlusstermin noch nicht stattgefunden hat und auch das AG. I.Ü. keine Gelegenheit zur Äußerung gewährt hat, ist der Beschluss unter Verletzung des rechtlichen Gehörs zustande gekommen. Dieser Verfahrensmangel erfordert die Aufhebung des Beschlusses.

6

Die Kammer merkt jedoch bereits Folgendes an:

7

Soweit das AG sechs Stunden, die der Antragsteller aufgeführt hat, nicht berücksichtigt hat, ist die Entscheidung des AG zutreffend. Es ist nicht zu beanstanden, dass das AG von der Fahrtzeit zwei Stunden nicht berücksichtigt hat. Da zwei Termine des Gläubigerausschusses in Göttingen stattfanden, mithin der Antragsteller insoweit jeweils 95 Kilometer weniger fahren musste, ist nicht nachvollziehbar, dass er für dieses Termine denselben Fahrzeitaufwand in Ansatz gebracht hat, wie für die Termine, die in Osterode und damit räumlich weiter entfernt stattfanden. Auch die Erklärung des Antragstellers, dass die Termine, die in Göttingen stattfanden. Im Spätherbst bzw. im Winter waren und allgemein bekannt sei, wie die Straßenverhältnis im Bereich der Kasseler Berge seien, reicht dies nicht aus, um die erhöhte Fahrtzeit substantiiert darzulegen. Ob tatsächlich an den betreffenden Tagen die Straßenverhältnisse eine längere Fahrzeit erforderten, hat der Antragsteller nicht substantiiert dargetan, insbesondere ist dies dem Gericht auch nicht aufgrund eigener Wahrnehmung oder Kenntnis bekannt.

8

Zutreffend hat das AG darüber hinaus den Zeitaufwand des Antragstellers von vier Stunden für die Befassung mit dem Rechtsstreit gegen die A-Gesellschaft nicht anerkannt. Das AG hat zutreffend ausgeführt, dass der Gläubigerausschuss über diese Angelegenheit in der Ausschusssitzung v. 12.4.2000 beraten und einen entsprechenden Beschluss gefasst hat. Inwieweit der Antragsteller darüber hinaus für seine Tätigkeit als Gläubigerausschussmitglied weitere vier Stunden verwendet hat, hat er in keiner Weise substantiiert dargetan. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass er im Zusammenhang mit der Gläubigerausschusssitzung v. 12.4.2000 weitere 10 Stunden Bearbeitungszeit angesetzt hat mit der Begründung "Klärung zur Abweichung Beschluss Gläubigerversammlung/Gläubigerausschuss am 29.2.2000/12.4.2000". Inwieweit darüber hinaus noch vier Stunden für die Bearbeitung des Rechtsstreits gegen die A-Gesellschaft für die Tätigkeit als Gläubigerausschussmitglied erfolgt sind, ergibt sich nicht.

9

Zutreffend ist die Auffassung des Antragstellers in Bezug auf die Höhe der Fahrtkosten. Der Aufwand für die im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Tätigkeit als Gläubigerausschussmitglied gefahrenen Kilometer ist zu erstatten. Dabei ist nach den Sätzen der Steuerverwaltung abzurechnen (MünchKomm-InsO/Nowak, § 18 InsVV Rn. 4).