Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 12.10.2000, Az.: 11 M 2455/00
Auflagen; Ausländer; Erwerbstätigkeitsverbot; ungeklärte Herkunft; Wohnsitzauflage
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 12.10.2000
- Aktenzeichen
- 11 M 2455/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2000, 41575
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 08.06.2000 - AZ: 10 B 2084/00
Rechtsgrundlagen
- § 56 Abs 3 S 2 AuslG
- § 56 Abs 3 S 3 AuslG
- § 13 Abs 1 GKG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen Auflagen zu einer Duldung (hier Wohnsitzauflage und Erwerbstätigkeitsverbot), mit denen die Aufnahme in das Modellprojekt für Ausländer ungeklärter Herkunft aufgrund der Erlasse des Nds. Innenministeriums vom 6. Februar 1998 und vom 24. August 2000 (Az.: 45.22-12231/3-45-4) ermöglicht und dessen Erfolg gewährleistet werden soll.
2. Zur Höhe des Streitwerts eines Verfahrens wegen Auflagen zur Duldung.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.
Es kann zugunsten des Antragstellers davon ausgegangen werden, dass hier entsprechend der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 3. 12. 1999 - 11 O 4393/99 -) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 25. 9. 1997 - 1 C 6.97 -, NVwZ 1998, 299) der Rechtsmittelausschluss nach § 80 AsylVfG nicht eingreift. Der Zulassungsantrag des Antragstellers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da die von dem Antragsteller geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts (§ 146 Abs. 4 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht bestehen. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht dem Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sowohl in der Form des Hauptantrages - Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage - als auch in der Form seines Hilfsantrages - Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs - nicht entsprochen.
Denn die Antragsgegnerin hat die dem Antragsteller erteilte Duldung zu Recht gemäß § 56 Abs. 3 Sätze 2 und 3 AuslG mit der Auflage "Erwerbstätigkeit nicht gestattet" und mit der Auflage, seinen Wohnsitz in der Gemeinschaftsunterkunft bei der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber in ... zu nehmen, versehen.
Die Herkunft und die Identität des Antragstellers, der behauptet hat, bhutanesischer Staatsangehöriger zu sein, sind ungeklärt. Der Antragsteller hat an deren Aufklärung nicht hinreichend mitgewirkt, so dass die Ausstellung von Passersatzpapieren und die Abschiebung des seit August 1998 vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellers bislang nicht möglich gewesen ist. Aufgrund dessen ist es sachgerecht, dass der Antragsteller in ein "Modellprojekt" aufgrund eines Erlasses des Niedersächsischen Innenministeriums vom 6. Februar 1998 aufgenommen worden ist, wonach Ausländer, deren Herkunft ungeklärt ist, in einer zentralen Aufnahmeeinrichtung untergebracht werden, wodurch kontinuierliche und intensive Bemühungen durch die mit dieser Aufgabe betrauten Bediensteten darauf hingewirkt wird, dass die betroffenen Ausländer an der Aufklärung ihrer Identität und der Ausstellung von Heimreisedokumenten mitwirken. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die hierfür notwendigen zahlreichen Kontaktaufnahmen und Betreuungsmaßnahmen nur möglich sind, wenn die ausreisepflichtigen Ausländer problemlos erreichbar sind und die spezifischen Kenntnisse und Erfahrungen der Mitarbeiter von Ausländerbehörden, von Sozialarbeitern und Dolmetschern unmittelbar vor Ort in einer zentralen Einrichtung vorhanden sind, und dass diese Voraussetzungen bei einer dezentralen Unterbringung der betroffenen Ausländer in den Gemeinden des Landes nicht gegeben wären.
Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die bisherige Erwerbstätigkeit des Antragstellers seine Aufnahme in dieses "Modellprojekt" und der Wohnsitzauflage zu seiner Duldung nicht entgegensteht. Zwar sollen nach dem genannten Erlass vom 6. Februar 1998 erwerbstätige Personen zunächst nicht in dieses Modellprojekt aufgenommen werden. Die Frage, ob hiervon im Einzelfall abgewichen werden kann, ist vom Verwaltungsgericht dahingehend beantwortet worden, dass jedenfalls im Falle von bhutanesischen Staatsangehörigen nach einer Absprache mit dem Niedersächsischen Innenministerium und im Hinblick auf den Wortlaut des Erlasses - "zunächst" - eine Erwerbstätigkeit der Aufnahme in das Modellprojekt nicht entgegensteht. Diese Frage ist nunmehr durch den Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 24. August 2000 (Az.: 45.22-12231/3-45-4) im Sinne der Auslegung durch das Verwaltungsgericht allgemein geklärt worden. Danach steht eine Erwerbstätigkeit der Aufnahme in die ZASt nicht entgegen, da es in den Fällen, in denen die Ausstellung von Heimreisedokumenten durch den Heimatstaat an der fehlenden oder unzureichenden Mitwirkung der betroffenen Ausländer scheitert, sachgerecht ist, die Erwerbstätigkeit durch eine entsprechende Auflage zur Duldung zu untersagen.
Das Erwerbstätigkeitsverbot selbst ist ebenfalls rechtmäßig, da - wie das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss zu Recht ausgeführt hat - anderenfalls das Ziel des Modellprojekts, durch kontinuierliche und intensive Bemühungen an einem zentralen Ort die Herkunft und Identität des Antragstellers zu klären, nicht erreicht werden könnte. Denn Voraussetzung für den Erfolg dieser Bemühungen ist, dass der Antragsteller jederzeit zur Verfügung steht. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt, wenn der Antragsteller tagsüber einer Erwerbstätigkeit nachgeht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Ausgehend davon, dass nach der Empfehlung in nr. 6.3. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 1996, 605) der Streitwert bei Rechtsstreitigkeiten über die Erteilung von Duldungen mit der Hälfte des Auffangwerts des § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG anzusetzen ist, hält der Senat bei den hier allein streitbefangenen Auflagen zu einer solchen Duldung einen Streitwert von 2.000,-- DM für angemessen (vgl. hierzu Beschl. d. Sen. v. 3. 12. 1999, a. a. O.).