Sozialgericht Osnabrück
Beschl. v. 25.09.2017, Az.: S 44 AY 13/17 ER
Bibliographie
- Gericht
- SG Osnabrück
- Datum
- 25.09.2017
- Aktenzeichen
- S 44 AY 13/17 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 24660
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zum Aktenzeichen S 44 AY 14/17 wird abgelehnt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt mit dem vorliegenden Verfahren die Gewährung höherer Leistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der am A. in B., Elfenbeinküste, geborene Antragsteller ist ivorischer Staatsangehörigkeit und gehört der Volksgruppe der C. an. Er reiste am 09.11.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 01.12.2015 einen Asylantrag. Bei der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 12.01.2016 gab der Antragsteller an, er habe sein Heimatland wegen der Armut seiner Familie verlassen. Weitere Probleme habe es nicht gegeben. Zudem gab er an, er habe dort eine ID-Karte, eine Geburtsurkunde und eine Art Personalpapier gehabt. Diese Unterlagen habe er in D. verloren. Den Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 19.09.2016 als offensichtlich unbegründet ab. Zudem wurde die Zuerkennung einer Flüchtlingseigenschaft und das Bestehen subsidiären Schutzes ebenfalls jeweils als offensichtlich unbegründet abgelehnt und festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen würden. Mit Beschluss vom 04.10.2016 wies das Verwaltungsgericht Osnabrück einen Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab (5 B 341/16).
Mit Schreiben vom 26.10.2016 wurde der Antragsteller daraufhin aufgefordert, zur Klärung seiner aufenthaltsrechtlichen Situation unverzüglich telefonisch einen Termin zur Vorsprache bei dem Antragsgegner zu vereinbaren. Zudem wurde der Antragsteller auf die Passpflicht nach § 3 Abs. 1 AufenthG hingewiesen und aufgefordert, einen Pass oder Passersatz vorzulegen. Des Weiteren wurde der Antragsteller für den Fall, dass er keinen Pass oder Passersatz habe, auf seine Mitwirkungspflicht nach § 48 Abs. 3 AufenthG und § 49 Abs. 2 AufenthG hingewiesen. Die Adresse der zuständigen Botschaft wurde genannt.
Mit Schreiben vom 08.12.2016 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu einer beabsichtigten Verpflichtung zu einer Flüchtlingsintegrationsmaßnahme bei der Gemeinde A-Stadt für die Zeit vom 16.01.2017 bis 16.07.2017 an. Mit einem in den Akten wohl nicht befindlichen Bescheid vom 21.12.2016 wurde der Antragsteller wohl zur Wahrnehmung der angekündigten Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen herangezogen.
Mit Schreiben vom 04.01.2017 wurde der Antragsteller zu einer Vorsprache am 12.01.2017 um 10:00 Uhr aufgefordert. Dieser Aufforderung kam der Antragsteller, wenn auch nicht an dem konkreten Tag, so dennoch zumindest am 17.01.2017 nach. Nach der von dem Antragsteller unterschriebenen Niederschrift über diese Vorsprache beantragte der Antragsteller in diesem Termin eine Duldung. Der Antragsteller sei - so die Niederschrift weiter - auf seine ausländerrechtliche Situation und die bestehende Ausreisepflicht hingewiesen worden. Das Schreiben vom 26.10.2016 habe er erhalten und zur Kenntnis genommen. Ob er freiwillig ausreise, wisse er noch nicht. Er sei nicht im Besitz gültiger Heimreisedokumente. Um die Ausstellung neuer Dokumente habe er sich nicht bemüht. Er sei nochmals unter Hinweis auf die gesetzlichen Mitwirkungspflichten aufgefordert worden, ein gültiges Heimreisedokument zu beschaffen und der Ausländerbehörde vorzulegen.
Nach einem Vermerk vom 20.02.2017 sprach der Antragsteller an diesem Tag zwecks Duldungsverlängerung bei dem Antragsgegner vor. Auf Nachfrage habe der Antragsteller mitgeteilt, dass er sich bislang nicht um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht habe. Zudem habe er mitgeteilt, dass er nicht bereit sei, die Bundesrepublik Deutschland freiwillig zu verlassen. Der Antragsteller sei nochmals auf seine Passpflicht und seine vollziehbare Ausreisepflicht verwiesen worden.
Mit Schreiben vom 09.03.2017 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu einer geplanten Leistungsabsenkung wegen des Nichtantritts der vorgenannten Flüchtlingsintegrationsmaßnahme an. Diese Leistungskürzung setzte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30.03.2017 für den Monat Mai 2017 um. Mit weiterem Bescheid vom 30.03.2017 gewährte der Antragsgegner für den Monat 5.2017 185 EUR.
Am 16.05.2017 sprach der Antragsteller nach einem Vermerk des Antragsgegners erneut anlässlich der Verlängerung seiner Duldung vor. Der Inhalt des Vermerks ist mit dem Inhalt des Vermerks vom 20.02.2017 vergleichbar.
Mit Bescheid vom 16.05.2017 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller für den Monat Juni 2017 320,14 EUR. Dementsprechend wurde die Leistungskürzung nicht fortgesetzt. In diesem Bescheid heißt es wie folgt:
"Sehr geehrter Herr E.,
unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse erhalten Sie Leistung nach § 1 in Verbindung mit § 3 AsylbLG für den Monat 6.2017 in Höhe von 320,14 EUR."
Auf Seite 2 des Bescheides findet sich ein Berechnungsbogen für den Monat Juni 2017. Zudem enthält der Bescheid auf Seite 3 folgenden Hinweis:
"Bitte beachten Sie folgenden Hinweis:
Durch diesen Bescheid werden keine Leistungen über den laufenden Monat hinaus bewilligt. Für die Folgemonate werden diese Beträge jeweils monatlich im Voraus und ohne erneute Bescheiderteilung unter dem Vorbehalt gewährt, dass sich die tatsächlichen, rechtlichen und persönlichen Verhältnisse nicht ändern."
Mit Urteil vom 07.06.2017 wies das Verwaltungsgericht Osnabrück die Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 19.09.2016 zurück (5 A 1139/16).
Mit Schreiben vom 13.06.2017 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu einer geplanten Leistungskürzung an. Die Vorlage eines gültigen Reisepasses habe nicht stattgefunden. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2-4 AsylbLG habe der Antragsteller deshalb nur noch einen Anspruch auf Leistungen zur Deckung seiner Bedarfe an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorlägen, könnten ihnen auch andere Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG gewährt werden. Dem Antragsteller seien 185 EUR zu gewähren, wobei
auf die Abteilung 1 (Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke) 143,82 EUR,
auf die Abteilung 4 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung) 33,86 EUR und
auf die Abteilung 6 (Gesundheitspflege) 7,29 EUR entfielen.
Insoweit wurde auf "den besagten Heranziehungsbescheid" (wohl der Bescheid vom 21.12.2016) hingewiesen.
Mit Bewilligungsbescheid vom 19.07.2017 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller für den Monat August 2017 185 EUR. Der Antragsteller habe auf die Anhörung vom 13.06.2017 hin keine Reaktion gezeigt. Er sei seinen Mitwirkungspflichten bisher nicht nachgekommen und habe keinen Pass vorgelegt. Mit weiterem Bescheid vom 19.07.2017 gewährte der Antragsgegner die besagten 185 EUR. Dabei wurde für die Grundleistung ein Betrag von 219 EUR und für die Geldleistung für den Lebensunterhalt ein Betrag von 135 EUR zu Grunde gelegt. Hiervon wurde ein Sanktionsbetrag von 169 EUR in Abzug gebracht.
Gegen die Bescheide vom 19.07.2017 legt der der Antragsteller mit Schreiben vom 31.07.2017 (bei dem Antragsgegner eingegangen ebenfalls am 31.07.2017) Widerspruch ein. Nach einem handschriftlichen Vermerk vom 10.08.2017 teilte der Antragsteller an diesem Tag bei einer persönlichen Vorsprache mit, sich noch immer nicht um einen Reisepass bemüht zu haben.
Mit Antragsschrift 31.08.2017 hat sich der Antragsteller mit dem Ersuchen um einstweiligen Rechtsschutz an das Gericht gewandt. Die Leistungen seien auf 185 EUR monatlich gekürzt worden, was bedeute, dass ihm kalendertäglich nur 6,16 EUR für Essen und Hygieneartikel zur Verfügung stünden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe ausdrücklich festgestellt, dass das Existenzminimum absolut sei und nicht eingeschränkt werden könne. Insoweit verweist der Antragsteller auf das Urteil des BVerfG vom 18.07.2012 (1 BvR 10/10 u.a.). Auch der von dem Antragsgegner nach § 1a AsylbLG gestrichene bzw. gekürzte Beitrag zur gesellschaftlichen und sozialen Teilhabe und zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen zähle nach dem genannten Urteil des BVerfG zum verfassungsrechtlich garantierten menschenwürdigen Existenzminimum. Dieses dürfe auch nicht aus migrationspolitischen Erwägungen eingeschränkt werden. Die Erwägungen könnten kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen, da die in Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) garantierte Menschenwürde nicht aus migrationspolitischen Gründen relativiert werden könne. Nach einer Entscheidung des LSG Niedersachsen B-Stadt (Beschluss vom 17.08.2017, L 8 AY 17/17 B ER) sei die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 2 AsylbLG bzw. seiner Rechtsfolge auch nach dem Urteil des BSG vom 12.05.2017 (B 7 AY 1/16 R) ungeklärt, da das genannte Urteil des BSG die bis zum 13.10 2015 geltende Fassung des § 1a Nr. 2 AsylbLG betreffe. Zudem sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, welche Mitwirkungshandlung genau von ihm gefordert worden sein. Dies sei bei einer Leistungskürzung nach § 1a AsylbLG nach einer Entscheidung des SG München (Beschluss vom 31.01.2017, S 51 AY 122/16 ER) allerdings zu fordern. Der Vorwurf, er habe keinen Pass vorgelegt, reiche für eine Kürzung nach § 1a AsylbLG nicht aus. Da er keinen Pass habe, könne er einen solchen auch nicht vorlegen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2017 hat der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers vom 31.07.2017 gegen die Bescheide vom 19.07.2017 zurückgewiesen. Der Antragsteller sei vom Fachbereich Sicherheit und Ordnung am 26.10.2016 aufgefordert worden, einen gültigen Pass oder Passersatz vorzulegen. Ebenfalls sei darauf hingewiesen worden, dass nach § 48 Abs. 3 AufenthG die Verpflichtung zur Beschaffung von Identitätspapieren bestehe. Auch die genaue Anschrift der zuständigen Botschaft sei mitgeteilt worden. Dieser Aufforderung sei der Antragsteller, ebenso wie dem Erinnerungsschreiben vom 04.01.2017 nicht nachgekommen. Zudem halte das BSG die Regelung für verfassungsgemäß (Urteil vom 12.05.2017, B 7 AY 1/16 R). Gegen die Bescheide vom 19.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2017 hat der Antragsteller mit Klageschrift vom 15.09.2017 Klage erhoben (S 44 AY 14/17).
Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren sinngemäß,
- 1.
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 15.09.2017 gegen den Bescheid vom 19.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2017 anzuordnen,
- 2.
den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen nach dem AsylbLG in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Anträge abzulehnen.
Der Antrag zu 1 sei bereits unzulässig, da zuvor keine höheren Leistungen im Sinne eines Dauerverwaltungsaktes gewährt worden seien. Ausweislich des Bescheides der Samtgemeinde A-Stadt vom 16.05.2017 seien durch diesen Bescheid keine Leistung über den laufenden Monat hinaus gewährt worden. Für die Folgemonate seien die Beträge jeweils monatlich im Voraus und ohne erneute Bescheiderteilung unter Vorbehalt gewährt worden. Der Antrag zu 2 sei zulässig, jedoch unbegründet. Der Bewilligungsbescheid vom 19.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2017 sei rechtmäßig und verletzte den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
Ergänzend wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (zum Asylbewerberleistungsrecht sowie zum Ausländerrecht) sowie die Gerichtsakte verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Der Antrag zu 1 ist unzulässig, der Antrag zu 2 ist unbegründet.
1.
Der Antrag zu 1 ist unzulässig.
Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen hier nicht vor. Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ob die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen ist oder nicht, entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage einer Abwägung, bei der das private Interesse des Bescheidadressaten an der Aufschiebung der Vollziehung gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes abzuwägen ist. Um eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers zu treffen, ist zumindest erforderlich, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides bestehen. Ist in diesem Sinne eine Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens zu bejahen, ist weiterhin Voraussetzung, dass dem Betroffenen das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden kann, also ein gewisses Maß an Eilbedürftigkeit besteht (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.06.2007, L 28 B 753/07 AS ER).
Ein solcher Antrag ist hier - unabhängig davon, dass Widerspruch und Anfechtungsklage im Bereich des AsylbLG nach § 86a SGG von Gesetzes wegen bereits aufschiebende Wirkung haben, also nur eine Feststellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht käme - (auch) deshalb unzulässig, da die aufschiebende Wirkung keinen vorherigen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung wieder in Geltung treten lässt. Der vor dem Kürzungsbescheid erlassene Bescheid vom 16.05.2017 stellt keinen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar.
Für die Frage, ob ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des BSG der sogenannte Empfängerhorizont maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2007, B 9b AY 1/06 R). Entscheidend ist also, wie ein objektiver Dritter den Verwaltungsakt verstehen würde. Nach diesem Maßstab sprechen hier ganz überwiegende Gründe gegen eine Gewährung über den konkreten Monat hinaus. Entscheidend für eine Gewährung über den konkreten Monat hinaus spricht eine Leistungsgewährung "ab" einen bestimmten Datum (BSG, Urteil vom 08.02.2007, B 9b AY 1/06 R im Ergebnis offen gelassen). Im vorliegenden Fall wurden die Leistungen in dem genannten Bescheid aber für einen konkreten Monat (den Monat Juni 2017) gewährt. Nur für diesen Monat findet sich auf Bl. 2 des Bescheides zudem ein Berechnungsbogen. Gegen eine Gewährung über den konkreten Monat hinaus spricht hier zudem der Hinweis, dass keine Leistungen über den konkreten Monat erbracht werden (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 17.06.2008, B 8/9b AY 1/07 R ebenfalls im Ergebnis offen gelassen). Zwar kann trotz eines solchen Hinweises eine Gewährung über den konkreten Monat hinaus vorliegen, wenn der Bescheid im Übrigen (vor allem in seinem Tenor) eine abweichende Regelung trifft. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Daraus ergibt sich, dass die Merkmale, die gegen eine Gewährung mit Dauerwirkung sprechen, überwiegen.
2.
Der Antrag zu 2 ist unbegründet.
Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG liegen nicht vor. Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ebenfalls eine einstweilige Anordnung treffen. Hierfür bedarf es der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes durch den Antragsteller (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b, Rn. 27 ff.). Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit. Die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs betrifft demgegenüber die Prüfung der Erfolgsaussichten des geltend gemachten Anspruchs, d.h. der Rechtsanspruch muss mit großer Wahrscheinlichkeit begründet sein und aller Voraussicht auch im Klageverfahren bestätigt werden.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Antragsteller hat hier einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen der Leistungskürzung nach § 1a Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 AsylbLG liegen hier vor (dazu unter a). Die Kammer hält die Vorschrift zudem nicht für verfassungswidrig (dazu unter b).
a) Die Voraussetzungen des § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG i.V.m. § 1 Abs. 2 AsylbLG liegen vor.
Nach § 1a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG in der Fassung vom 31.07.2016 haben Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nach Satz 2 nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen nach Satz 3 auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG gewährt werden. Nach § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG gilt Absatz 2 entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AsylbLG, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Nach Satz 2 endet der Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG für sie mit dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Der Antragsteller hat seit geraumer Zeit nicht an seiner Passbeschaffung mitgewirkt und damit gegen seine Mitwirkungspflichten nach § 48 AufenthG verstoßen. Besitzt der Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz, ist er nach § 48 Abs. 3 AufenthG verpflichtet, an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken sowie alle Urkunden und sonstigen Unterlagen, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden auf Verlangen vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen. Gegen diese Mitwirkungspflicht hat der Antragsteller verstoßen. Durch die fehlenden Passpapiere ist eine Abschiebung nicht möglich. Andere Gründe, an denen eine Abschiebung scheitern könnte, sind hier nicht ersichtlich.
Der Antragsteller wurde auch hinreichend konkret zur Mitwirkung aufgefordert. Da mit der Bewilligung nach § 1a AsylbLG die Rechte des Leistungsberechtigten gegenüber der Regelbewilligung nach § 3 AsylbLG verkürzt werden, ist er vor der Entscheidung anzuhören (§ 28 VwVfG). Darüber hinaus ist spätestens im Rahmen der Anhörung vom Leistungsberechtigten eine konkrete Handlung oder Unterlassung zu verlangen und ihm hierfür eine angemessene Frist zu setzen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.09.2007, L 8 B 11/06 AY ER, siehe auch: SG Osnabrück, Beschluss vom 07.05.2013, S 44 AY 7/13 ER). Diese formellen Anforderungen sind hier erfüllt.
Eine Anhörung vor der abgesenkten Leistungsgewährung liegt vor. Zudem wurde der Antragsteller hinreichend zu einer konkreten Handlung aufgefordert. Zwar wurde in der Anhörung selbst lediglich auf die fehlende Vorlage eines Reisepasses verwiesen, was als Aufforderung im obigen Sinne deshalb zu unspezifisch sein könnte, weil der Antragsteller nach seinen Angaben in der Anhörung beim Bundesamt keinen Reisepass hat, also vor der Vorlage eines Passes die Mitwirkung bei der Beschaffung eines Passes oder Passersatzpapieres zeitlich vorrangig ist. Allerdings wurde der Antragsteller im Schreiben vom 26.10.2016 und bei den anschließenden Vorsprachen hinreichend belehrt und aufgefordert an der Pass(ersatzpapier) beschaffung mitzuwirken.
b) Zudem hält die Kammer die Norm nicht für verfassungswidrig.
Die Regelung in § 1 Abs. 2 AsylbLG (reduziertes physisches Existenzminimum) verstößt nach Ansicht der Kammer nicht gegen höherrangiges Recht, auch wenn die Rechtsfolge an die Grenze des verfassungsrechtlich noch Vertretbarem geht (so ausdrücklich auch: Wahrendorf in: Wahrendorf, AsylbLG, 1. Aufl. 2017, § 1a, Rn. 71; eine Verstoß gegen die Verfassung verneinen auch: Bayerisches LSG, Beschluss vom 11.11.2016, L 8 AY 29/16 B ER; SG Landshut, Beschluss vom 10.08.2016, S 11 AY 69/16 ER; Hohm in: GK-AsylbLG, § 1a, Rn. 33; andere Ansicht: Brings/Oehl in: ZAR 2016, 22, 25 ff.; zweifelnd ebenfalls: Oppermann in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014. § 1a AsylbLG, 2. Überarbeitung, Rn. 154 ff.; siehe zum SGB II bei Sanktionierung von 60% und mehr bei Gewährung des physische Existenzminimum durch Sachleistungsgewährung: Verfassungswidrigkeit verneinend: Berlit in: info also 2013, 195, 202 f.; Merold in: SGb 2016, 440, 443 f.; aus der Rechtsprechung: Bayerisches LSG, Urteil vom 19.03.2014, L 16 AS 383/11; SG Leipzig, Urteil vom 16.06.2015, S 24 AS 2264/14; angedeutet auch: BSG, Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 19/14 R, Rn. 54, 56; andere Ansicht: SG Gotha, Vorlagebeschluss vom 02.08.2016, S 15 AS 5157/14; SG Gotha, Vorlagebeschluss vom 26.05.2015, S 15 AS 5157/14; Neskovic/Erdem in: SGb 2012, Seite 134 ff.; Drohsel in: NZS 2014, Seite 96 ff.). Dabei lässt die Kammer offen, ob es sich um einen (gerechtfertigten) Eingriff (so zum SGB II: Merold in: SGb 2016, 440, 442) oder um eine (noch hinreichende) Ausgestaltung bei abgesenkter Leitungsgewährung (so zum SGB II: Berlit in: info also 2013, 195, 197; dem folgend: BSG, Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 19/14 R; so wohl auch: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29.05.2013, 1 BvR 1083/09, Rn. 10; das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums als Leistungsgrund einstufend ebenfalls: BSG, Urteil vom 12.05.2017, B 7 AY 1/16 R, Rn. 28) handelt. Das soziokulturelle Existenzminimum ist nicht absolut zu verstehen (dazu unter aa); die Einschränkung im konkreten Fall ist (noch) verhältnismäßig (dazu unter bb).
aa) Das soziokulturelle Existenzminimum ist nicht absolut zu verstehen, der Gesetzgeber kann es in Teilen von der Erfüllung von Obliegenheiten abhängig machen.
Das aus Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde) und Art. 20 Abs. 1 GG (Sozialstaatsgebot) hergeleitete Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bedarf der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber, der bestimmt, was das Existenzminimum ist (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, Rn. 133). Der Anspruch besteht verfassungsunmittelbar grundsätzlich also nur dem Grunde nach (Berlit in: info also 2013, 195, 197; BSG, Urteil vom 12.05.2017, B 7 AY 1/16 R, Rn. 27). Allerdings gewährleistet der Anspruch grundsätzlich das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, Rn. 135).
Das soziokulturelle Existenzminimum kann in konkreten Fällen aber verfassungsrechtlich zulässig beschränkt oder eingeschränkt werden (BSG, Urteil vom 12.05.2017, B 7 AY 1/16 R; so auch bereits die Kammer: SG Osnabrück, Beschluss vom 03.05.2017, S 16 AY 186/17 ER). Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gilt nicht absolut. Trotz der dogmatischen Anknüpfung des BVerfG an Art. 1 GG ist eine Beschränkung möglich. Die Anknüpfung an Art. 1 Abs. 1 GG sichert die Garantie aus dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) subjektiv-rechtlich ab (Berlit in: info also 2013, 195, 198). Das gesamte Existenzminimum hat aber nicht Teil an der aus der Menschwürde grundsätzlich folgenden Unabwägbarkeit von Eingriffen (Berlit in: info also 2013, 195, 197; ähnlich: Burkiczak in: SGb 2012, 324, 325; SG Osnabrück, Beschluss vom 03.05.2017, S 16 AY 186/17 ER). Der häufig als absolut verstandene Passus aus der AsylbLG-Entscheidung des BVerfG (1 BvL 10/10, Rn. 94: "Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG verlangt, dass das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss"; siehe etwa: SG Gotha, Vorlagebeschluss vom 02.08.2016, S 15 AS 5157/14, Rn. 226, 227) bezieht sich auf die gleichheitsrechtliche Problematik der unterschiedlichen Behandlung von Deutschen und Ausländern. Auch bei kurzzeitigem Aufenthalt in Deutschland besteht von Anfang an ein Anspruch auf Gewährleistung des Existenzminimums. Damit hat das BVerfG dogmatisch aber keine absolute Geltung des Grundrechts begründet. Anders wäre es nicht zu erklären, dass das Gericht den Ausschluss von Studenten, die BAföG beziehen könnten, als mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar angesehen hat (SG Osnabrück, Beschluss vom 03.05.2017, S 16 AY 186/17 ER unter Verweis auf: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2014, 1 BvR 886/11).
Die bisherigen Ausführungen des BVerfG bezogen sich vor allem auf die Leistungshöhe. Es wurden bislang keine Aussagen über Fällen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens getroffen. Die Aussagen aus dem sog. Regelsatzurteil (vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09) beziehen sich auf die Festsetzung des Bedarfs, die aus dem Urteil zum AsylbLG (vom 18.07.2012, 1 BvL 10/10 u.a.) neben dieser Feststellung - wie bereits erwähnt - vor allem auf die gleichheitsrechtliche Dimension der unterschiedlichen Behandlung von Deutschen und Ausländern. Zwar geht das Grundrecht auf Gewährleistungen eines menschenwürdigen Existenzminimums Art. 3 GG im Falle der Betroffenheit des Existenzminimums vor (siehe dazu ausführlich: Frerichs/Greiser in: 60 Jahre Sozialgerichtsbarkeit Niedersachsen und Bremen, 2014, 157, 197 ff.); dies steht jedoch nicht einer Einordnung der Ausführungen des BVerfG im Urteil zum AsylbLG (1 BvL 10/10) in einen gleichheitsrechtlichen Kontext entgegen (ähnlich: Berlit in: info also 2013, 195, 198). Die Ausführungen des BVerfG sind damit, soweit sie über den konkreten Fall hinausgehen, nicht tragend. Es liegt insoweit noch keine abschließende dogmatische Ausleuchtung des Grundrechts vor (SG Osnabrück, Beschluss vom 03.05.2017, S 16 AY 186/17 ER).
bb) Die Beschränkungen des Existenzminimums durch § 1a Abs. 3 AsylbLG stellen sich als (noch) verfassungsgemäß dar. Die Regelung verfolgt einen legitimen Zweck (dazu unter 1). Sie ist zur Durchsetzung dieses Zwecks zudem geeignet, erforderlich (dazu unter 2) und angemessen (dazu unter 3).
(1) Die Regelung verfolgt einen legitimen Zweck. Zweck der Vorschrift ist die Verhinderung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Leistungen nach dem AsylbLG (BSG, Urteil vom 12.05.2017, B 7 AY 1/16 R). Die Absenkung hat eine verhaltenslenkende Wirkung, dass der Leistungsberechtigte den ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten nachkommt. Dies stellt einen legitimen Zweck dar.
Hierin liegt kein Widerspruch zu der Aussage des BVerfG, dass das Existenzminimum nicht migrationspolitisch relativiert werden dürfe (dazu: BVerfG, Urteil vom 18.07.2012, 1 BvL 10/10 u.a.), da die Vorschrift § 1a Abs. 3 AsylbLG an ein konkretes Fehlverhalten und nicht an den ausländerrechtlichen Status oder das Fehlen eines solchen anknüpft (zu § 1a AsylbLG alte Fassung: BSG, Urteil vom 12.05.2017, B 7 AY 1/16 R, Rn. 32). Die Aussage des Bundesverfassungsgerichts bedeutet nach Ansicht der Kammer nur, dass der Regelsatz aus migrationspolitischen Erwägungen nicht niedrig gehalten werden darf, um Anreize zur Einwanderung in die Bundesrepublik Deutschland zu minimieren. Dies schließt aber nicht aus, dass im Einzelfall, wenn Mitwirkungshandlungen nicht erfolgt sind, eine Absenkung dennoch möglich ist (SG Osnabrück, Urteil vom 07.02.2017, S 44 AY 14/13).
(2) Die Regelung ist auch geeignet und erforderlich. Die Eignung der Regelung ist unproblematisch. Die Regelung ist auch erforderlich. Ein milderes, gleich effektives Mittel ist nicht ersichtlich. Gegen eine Steuerungswirkung durch das Leistungsrecht spricht im vorliegenden Fall insbesondere nicht, dass eine solche Steuerung allein durch das Ausländerrecht erfolgen sollte (so Oppermann in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1a AsylbLG, 2. Überarbeitung, Rn. 155). Im hier relevanten Fall des § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG, in dem es an den für die Abschiebung notwendigen Dokumenten fehlt, ist eine Durchsetzung der Ausreispflicht allein durch das Ausländerrecht ohne die Mitwirkung des Ausländers nicht möglich. Da viele Botschaften auf Passersatzpapieranträge von Ausländerbehörden nicht reagieren ist eine Durchsetzung des Ausländerrechts hier nicht unabhängig von dem Betroffenen möglich. Damit stellen die ausländerrechtlichen Möglichkeiten kein milderes gleich effektives Mittel zur Durchsetzung der Ausreisepflicht dar.
(3) Die Beschränkung ist auch noch verhältnismäßig im engeren Sinne (also angemessen). Die Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung verlangen dem Leistungsberechtigten nichts Unmögliches ab. Er schuldet nicht den Erfolg der Mitwirkungshandlung (BSG, Urteil vom 12.05.2017, B 7 AY 1/16 R, Rn. 34). Das bedeutet, dass er die Sanktionswirkung mit Nachholung der geforderten Mitwirkungshandlung - etwa der Vorsprache bei der Botschaft - (sofort) beenden kann (BSG, Urteil vom 12.05.2017, B 7 AY 1/16 R, Rn. 34; Hohm in: Hohm, GK-AsylbLG, § 1a, Rn. 33 und 306, Stand: 5/2016). Soweit ein anderer Grund die Abschiebung unmöglich macht, ist die Sanktion wegen der in § 1a Abs. 3 AsylbLG zu fordernden konkreten Kausalität zwischen dem Verhalten (oder Unterlassen) der Leistungsberechtigten und der fehlenden Möglichkeit der Abschiebung (siehe dazu: Oppermann in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 1a AsylbLG, 2. Überarbeitung, Rn. 68) zudem nicht mehr möglich.
Zwar ist es grundsätzlich problematisch, dass nach der Neuregelung des § 1a Abs. 2 AsylbLG keine Möglichkeit besteht, im Einzelfall Teile des soziokulturellen Teils des Existenzminimums (Abteilung 7-12) zu gewähren, die Kammer hat jedoch im Ergebnis zumindest keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung. § 1a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG ermöglicht zwar eine zusätzliche Gewährung von Leistungen nur bis zur Höhe des (vollen) physischen Existenzminimums. Eine darüber hinausgehende Gewährung von Leistungen zur gesellschaftlichen und sozialen Teilhabe, die etwa in § 31a Abs. 3 Satz 1 SGB II im Sanktionsrecht des SGB II grundsätzlich möglich ist, schließt § 1 Abs. 2 AsylbLG aus. Dies stellt sich nach Ansicht der Kammer im Ergebnis aber nicht als verfassungswidrig dar. Der Gesetzgeber kann für Fälle wie dem vorliegenden eine Gewährung des soziokulturellen Anteils des Existenzminiums ausschließen. Der Gesetzgeber kann für vollziehbar ausreisepflichtige Leistungsberechtigte, die nur deshalb noch nicht abgeschoben sind, da sie nicht an der Pass(ersatzpapier)beschaffung mitwirken, bestimmen, dass ein Bedarf für die Beziehungen zur Umwelt nicht mehr anerkannt wird. Eine Integration in die hiesige Gesellschaft wird in diesen Fällen schließlich vor dem Hintergrund der ausländerrechtlichen Vorgaben nicht mehr angestrebt.
Diese Beschränkung ist dem Gesetzgeber auch ohne Verstoß gegen die prozeduralen Vorgaben des BVerfG (Urteil vom 18.07.2012, 1 BvL 10/10 u.a.) möglich. Nach diesen prozeduralen Vorgaben obliegt es dem Gesetzgeber grundsätzlich, eine Absenkung des Existenzminiums anhand konkreter (Minder-)Bedarfe zeit- und realitätsnah zu bestimmen (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012, 1 BvL 10/10 u.a., Rn. 74; siehe dazu im vorliegenden Zusammenhang: Brings/Oehl in: ZAR 2016, 22, 27 ff.). Der Gesetzgeber muss bei einer Absenkung der Leistung nach dem AsylbLG also grundsätzlich ermitteln, dass die betroffene Personengruppe - etwa wegen eines nur kurzfristigen Aufenthalts im Bundesgebiet - tatsächlich bestimmte Bedarfe nicht hat. Diese Anforderungen des BVerfG beziehen sich jedoch erneut auf die allgemeine Festlegung der Höhe des Regelbedarfs, nicht auf die Reaktion auf missbräuchliches Verhalten.
Problematisch an der Regelung ist allerdings, dass auch das physische Existenzminiums unterschritten wird, indem dem Leistungsberechtigten die Bedarfe der Abteilung 3 (Bekleidung) grundsätzlich nicht gewährt werden. Damit geht der Gesetzgeber an die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen (im Ergebnis ebenso: Wahrendorf in: Wahrendorf, AsylbLG, 1. Aufl. 2017, § 1a, Rn. 71). Die verfassungsrechtlichen Bedenken greifen hier aber deshalb letztlich nicht durch, da der Gesetzgeber insoweit in § 1a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG eine Härtefallregelung geschaffen hat, also derartige Bedarfe im Einzelfall abgedeckt werden können. Das BSG hat ein teilweise Unterschreiten in dem zitierten Urteil vom 12.05.2017 (B 7 AY 1/16 R) ebenfalls gebilligt. Im zugrunde liegenden Fall war der für Bekleidung vorgesehene Betrag nur teilweise gewährt worden. Soweit aus dieser fehlenden Gewährung eine konkrete Bedarfsunterdeckung droht - der Leistungsberechtigte also nicht mehr genügend Kleidung hat - ist eine Gewährung dieser Leistungen möglich. Deshalb hat die Kammer im Ergebnis auch insoweit keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.