Sozialgericht Osnabrück
v. 17.05.2017, Az.: S 16 AS 534/13

Bibliographie

Gericht
SG Osnabrück
Datum
17.05.2017
Aktenzeichen
S 16 AS 534/13
Entscheidungsform
Gerichtsbescheid
Referenz
WKRS 2017, 53715
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit dem vorliegenden Verfahren gegen den Ausführungsführungsbescheid der Beklagten vom 17.04.2013, mit dem diese der Gerichtsbescheid vom 08.04.2013 in dem Verfahren S 16 AS 502/11 umsetzte.

In dem mit „Betreff: Ausführungsbescheid“ überschriebenen „Schreiben“ der Beklagten (Bl. 1973 der VA) heißt es wie folgt:

„Sehr geehrte Frau A.,

in Ausführung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Osnabrück vom 08.04.2013 (S 16 AS 502/11) werden für die Zeit vom 01.06.2011 bis zum 30.11.2011 weitere Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 4,80 EUR bewilligt.

Die sich daraus ergebende Höhe Ihrer Leistungen in dem betreffenden Zeitraum entnehmen Sie bitte den beigefügten Horizontalübersichten, die Gegenstand dieses Bescheides sind.“

Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 27.04.2013 (Bl. 2.142 der VA), auf den bezüglich des Inhalts verwiesen wird.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2013 (W 526/13) als unbegründet zurück. Ein Rechtsbehelf gegen einen Ausführungsbescheid könne nur dann Erfolg haben, als er einen Regelungsgehalt hat, der über den Ausspruch des Grundurteils hinausgehe. Vorliegend regele der Ausführungsbescheid nichts, was über den Gerichtsbescheid hinausgehe.

Am 23.06.2013 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen wörtlich,

1. den Änderungsbescheid des Beklagten Jobcenter Osnabrück vom 17.04.2013 Frau D. und den Widerspruchsbescheid des Beklagten Jobcenter Osnabrück, 26402-00526/13 vom 18.06.2013 Frau E. aufzuheben,

2. das Sozialamt der Stadt Osnabrück zu verurteilen, den Leistungsanspruch der Klägerin neu zu berechnen, insbesondere auch ohne 2. Person im Ein-Personen-Haushalt der Klägerin, unter Gewährung eines Mehrbedarfs für die zentrale Wassererzeugung und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zu KdU, diesen Leistungsanspruch der Klägerin zu bescheiden und diesen Leistungsanspruch unter Anrechnung bereits erfolgter Zahlung unverzüglich an die Klägerin auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.

Ergänzend wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Gerichtsakten verwiesen. Die Aktien Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte über den vorliegenden Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Angelegenheit weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeit aufweist, der Sachverhalt in dem für die Entscheidung maßgeblichen Umfang hinreichend aufgeklärt ist und die Beteiligten zu dieser Vorgehendweise angehört worden sind, § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Klage ist bereits unzulässig.

1. Die Kammer konnte ohne Hinzuziehung eines besonderen Vertreters über die Klage entscheiden.

Nach näherer Prüfung liegt hier – trotz des gegenteiligen Hinweises vom 23.12.2016 – eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Beiordnung vor. Grund für die zunächst angenommene gegenteilige Ansicht war der Beschluss des BSG vom 21.09.2016 (B 8 SO 126/15 B).

Hier hat das BSG wie folgt ausgeführt:

Zwar sind Ausnahmen von der Vertreterbestellung für zulässig erachtet worden, wenn unter Anlegung eines strengen Maßstabs das Rechtsmittel eines Prozessunfähigen "offensichtlich haltlos" ist (BSGE 5, 176, 178 f), was insbesondere bei absurden Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz oder bei offensichtlich unschlüssigem Vorbringen anzunehmen ist, etwa wenn kein konkreter Streitgegenstand erkennbar ist, nur allgemeine Ausführungen ohne irgendeinen Bezug zum materiellen Recht geäußert werden oder wenn das Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen war (BSG SozR 4-1500 § 72 Nr 2 RdNr 10).

BSG, Beschluss vom 21. September 2016 – B 8 SO 126/15 B –, Rn. 8

Im vorliegenden Fall liegt ein solcher Ausnahmefall – trotz der hohen Anforderungen, die das BSG hieran stellt – nach Ansicht der Kammer vor, da bereits ein Klageverfahren vorausgegangen ist. Die Klägerin richtet sich gegen einen Umsetzungsbescheid – obwohl Sie zudem Berufung eingelegt hat (L 15 AS 143/13). Dieser Fall ist nach Ansicht der Kammer mit dem aufgeführten Fall vergleichbar, dass das Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen war. Zwar wurden hier zum konkreten Zeitraum nicht bereits mehrere, sondern ein Verfahren durchgeführt. Allerdings liegt die Besonderheit hier darin, dass sich die Klägerin unmittelbar gegen die Umsetzung wehrt, die keinerlei Regelungsgehalt enthält, sondern lediglich die Entscheidung der Kammer umsetzt (siehe dazu sogleich unter 2).

In einem solchen Fall ist ein besonderer Vertreter nicht beizuordnen. Dabei kann die Kammer offen lassen, ob dies noch unter die Ausführungen des BSG zu einzelnen den Ausnahmefällen subsumiert werden kann, da die Kammer bei einer Klage gegen einen reinen Umsetzungsbescheid jedenfalls ein Maß an Aussichtslosigkeit der Klage als gegeben ansieht, dass eine Beiordnung – auch unter Berücksichtigung des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) – nicht als notwendig und angemessen erscheinen lässt. Die Aufzählung des BSG ist nicht abschließend, wie sich an dem einleitenden Wort „insbesondere“ zeigt. Entscheidend ist, dass das BSG solche Fälle ausnahmen wollte, in denen das Klagebegehrten „offensichtlich haltlos“ ist. Dies ist hier nach Ansicht der Kammer der Fall.

2. Die Klage ist unzulässig.

Für die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage muss ein Verwaltungsakt vorliegen. Insoweit reicht bereits in der Zulässigkeit nicht das Behaupten des Vorliegens eines Verwaltungsakts (Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rn. 8a mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BSG). Ein solcher Verwaltungsakt liegt hier im Ausführungsbescheid nicht vor, da es an einer Regelung im Sinne des § 31 SGB X fehlt.

Diese Regelung muss nach dem Wortlaut des § 31 SGB X auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sein. Eine Regelung zielt allgemein ab auf die Begründung rechtlicher Verpflichtungen, entweder zu Lasten der Behörde oder zu Lasten des Bürgers. Dies ist der Fall, wenn Rechte begründet, abgelehnt, aufgehoben, festgestellt oder geändert werden oder wenn dies (jeweils) abgelehnt wird (siehe zum Vorstehenden: Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 31 SGB X, Rn. 40). Ob eine Regelung vorliegt, ist in Zweifelsfällen eine Frage der Auslegung. Hierbei ist nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen der Behörde abzustellen, wobei es auf den objektiven Sinngehalt der Erklärung ankommt, d.h. darauf, wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste. Es gelten die für die Auslegung von Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze der §§ 133, 157 BGB (siehe zum Vorstehenden: Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 31 SGB X, Rn. 57).

Danach ist hier eine Regelung im Sinne des § 31 SGB X nicht gegeben. Entspricht die Behörde lediglich der im Urteil auferlegte Verpflichtung, so liegt keine Regelung vor (BSG, Beschluss vom 18.09.2003, B 9 V 82/02 B). Dies ist hier der Fall. Der Ausführungsbescheid setzt lediglich den Gerichtsbescheid vom 08.04.2013 in dem Verfahren S 16 AS 502/11 um. Ein darüber hinausgehender Regelungsgegenstand ist nicht gegeben. Hieran ändert auch der Verweis auf die Horizontalberechnungen nichts, da auch dies lediglich eine Umsetzung der Entscheidung – unter Berücksichtigung der zusätzlich gewährten Leistungen – darstellt.

Eine Erfolgsaussicht der Klage ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte den Widerspruch unter diesen Umständen an sich als unzulässig und nicht als unbegründet hätte zurückweisen müssen. Hieraus ist eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht abzuleiten. Es handelt sich insoweit um einen unbeachtlichen Begründungsfehler.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich mit dem vorliegenden Verfahren gegen den Ausführungsführungsbescheid der Beklagten vom 17.04.2013, mit dem diese der Gerichtsbescheid vom 08.04.2013 in dem Verfahren S 16 AS 502/11 umsetzte.

In dem mit „Betreff: Ausführungsbescheid“ überschriebenen „Schreiben“ der Beklagten (Bl. 1973 der VA) heißt es wie folgt:

„Sehr geehrte Frau A.,

in Ausführung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Osnabrück vom 08.04.2013 (S 16 AS 502/11) werden für die Zeit vom 01.06.2011 bis zum 30.11.2011 weitere Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 4,80 EUR bewilligt.

Die sich daraus ergebende Höhe Ihrer Leistungen in dem betreffenden Zeitraum entnehmen Sie bitte den beigefügten Horizontalübersichten, die Gegenstand dieses Bescheides sind.“

Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 27.04.2013 (Bl. 2142), auf den bezüglich des Inhalts verwiesen wird.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2013 (W526/13) als unbegründet zurück. Ein Rechtsbehelf gegen einen Ausführungsbescheid könne nur dann Erfolg haben, als er einen Regelungsgehalt hat, der über den Ausspruch des Grundurteils hinausgehe. Vorliegend regele der Ausführungsbescheid nichts, was über den Gerichtsbescheid hinausgehe.

II.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen im Fall der Klägerin nicht vor. Sie kann zwar nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht tragen, doch bietet seine Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die Klage ist bereits unzulässig.

Für die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage muss ein Verwaltungsakt vorliegen. Insoweit reicht bereits in der Zulässigkeit nicht das Behaupten des Vorliegens eines Verwaltungsakts (Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rn. 8a mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BSG). Ein solcher Verwaltungsakt liegt hier im Ausführungsbescheid nicht vor, da es an einer Regelung im Sinne des § 31 SGB X fehlt.

Diese Regelung muss nach dem Wortlaut des § 31 SGB X auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sein. Eine Regelung zielt allgemein ab auf die Begründung rechtlicher Verpflichtungen, entweder zu Lasten der Behörde oder zu Lasten des Bürgers. Dies ist der Fall, wenn Rechte begründet, abgelehnt, aufgehoben, festgestellt oder geändert werden oder wenn dies (jeweils) abgelehnt wird (siehe zum Vorstehenden: Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 31 SGB X, Rn. 40). Ob eine Regelung vorliegt, ist in Zweifelsfällen eine Frage der Auslegung. Hierbei ist nicht auf den inneren, sondern auf den erklärten Willen der Behörde abzustellen, wobei es auf den objektiven Sinngehalt der Erklärung ankommt, d.h. darauf, wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste. Es gelten die für die Auslegung von Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze der §§ 133, 157 BGB (siehe zum Vorstehenden: Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 31 SGB X, Rn. 57).

Danach ist hier eine Regelung im Sinne des § 31 SGB X nicht gegeben. Entspricht die Behörde lediglich der im Urteil auferlegte Verpflichtung, so liegt keine Regelung vor (BSG, Beschluss vom 18.09.2003, B 9 V 82/02 B). Dies ist hier der Fall. Der Ausführungsbescheid setzt lediglich den Gerichtsbescheid vom 08.04.2013 in dem Verfahren S 16 AS 502/11 um. Ein darüber hinausgehender Regelungsgegenstand ist nicht gegeben. Hieran ändert auch der Verweis auf die Horizontalberechnungen nichts, da auch dies lediglich eine Umsetzung der Entscheidung – unter Berücksichtigung der zusätzlich gewährten Leistungen – darstellt.

Eine Erfolgsaussicht der Klage ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte den Widerspruch unter diesen Umständen an sich als unzulässig und nicht als unbegründet hätte zurückweisen müssen. Hieraus ist eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht abzuleiten. Es handelt sich insoweit um einen unbeachtlichen Begründungsfehler.

Die Kammer erwägt im vorliegenden Verfahren – trotz des gegenteiligen Hinweises vom 23.12.2016 – doch keinen besonderen Vertreter beizuordnen. Nach näherer Prüfung dürfte hier eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Beiordnung auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des BSG vom 21.09.2016 (B 8 SO 126/15 B) gegeben sein.

Das BSG hat wie folgt ausgeführt:

Zwar sind Ausnahmen von der Vertreterbestellung für zulässig erachtet worden, wenn unter Anlegung eines strengen Maßstabs das Rechtsmittel eines Prozessunfähigen "offensichtlich haltlos" ist (BSGE 5, 176, 178 f), was insbesondere bei absurden Klagebegehren ohne jeden Rückhalt im Gesetz oder bei offensichtlich unschlüssigem Vorbringen anzunehmen ist, etwa wenn kein konkreter Streitgegenstand erkennbar ist, nur allgemeine Ausführungen ohne irgendeinen Bezug zum materiellen Recht geäußert werden oder wenn das Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen war (BSG SozR 4-1500 § 72 Nr 2 RdNr 10).

(BSG, Beschluss vom 21. September 2016 – B 8 SO 126/15 B –, Rn. 8, juris)

Im vorliegenden Fall dürfte ein solcher Ausnahmefall – trotz der hohen Anforderungen, die das BSG hieran stellt – vorliegen, da bereits ein Klageverfahren vorausgegangen ist. Die Klägerin richtet sich gerade gegen den Umsetzungsbescheid – obwohl Sie zudem Berufung eingelegt hat (L 15 AS 143/13). Dieser Fall dürfte mit dem aufgeführten Fall vergleichbar sein, dass das Vorbringen bereits mehrmals Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen war. Zwar wurden hier zum konkreten Zeitraum nicht bereits mehrere, sondern ein Verfahren durchgeführt. Allerdings liegt die Besonderheit hier darin, dass sich die Klägerin unmittelbar gegen die Umsetzung wehrt, die keinerlei Regelungsgehalt enthält, sondern lediglich die Entscheidung der Kammer umsetzt.