Sozialgericht Osnabrück
Urt. v. 21.09.2017, Az.: S 19 U 162/16
Bibliographie
- Gericht
- SG Osnabrück
- Datum
- 21.09.2017
- Aktenzeichen
- S 19 U 162/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 24680
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie am 16.12.2015 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten hat.
Die A. geborene Klägerin ist beschäftigt als Verwaltungsangestellte bei der Stadt A-Stadt im Fachbereich "Finanzen und Controlling", dort im Fachdienst "Rechnungswesen und Sondervermögen". Die Stadt A-Stadt ist unterteilt in 4 große Bereiche. Der Fachbereich "Finanzen und Controlling", in dem ca. 90 bis 100 Mitarbeiter arbeiten, gehört zu dem Bereich "Finanzvorstand" und umfasste 7 Unterbereiche bzw. Fachdienste, u.a. den Fachdienst "Rechnungswesen und Sondervermögen".
Am 16.12.2015 fand eine teambildende Maßnahme des Fachdienstes "Rechnungswesen und Sondervermögen" nach Feierabend statt. Um 16:30 Uhr war die gemeinsame Anfahrt zur Kletterhalle, die Maßnahme endete nach dem Abendessen um ca. 21:15 Uhr.
In der Kletterhalle erlitt die Klägerin einen Unfall, als sie beim Sprung von der Kletterwand unglücklich mit dem linken Bein auf der Matte aufkam. Sie wurde notfallmäßig in das Klinikum A-Stadt eingeliefert. Dort wurde eine Unterschenkelfraktur mit Tibiaschaftfraktur links festgestellt. Die Klägerin befand sich bis zum 25.12.2015 in stationärer Behandlung.
Auf Nachfrage des Beklagten teilte der Zeuge C., seit einem Jahr Fachdienstleiter des Fachdienstes "Rechnungswesen und Sondervermögen", mit, dass die teambildende Maßnahme des Fachdienstes mit anschließenden gemeinsamen Essen im Rahmen einer Weihnachtsfeier stattgefunden habe. Sie sei durch ihn nach Abstimmung mit der Fachbereichsleitung veranlasst worden. Die Kosten seien von den Mitarbeitern selbst getragen worden, er selbst habe eine Runde Getränke übernommen. Die Teilnahme sei allen neun Mitarbeitern ermöglicht, jedoch habe eine Person krankheitsbedingt nicht teilnehmen können.
Mit Bescheid vom 02.03.2016 lehnte der Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 16.12.2015 mit der Begründung ab, dass dieser nicht infolge der Verrichtung der versicherten Tätigkeit eingetreten sei. Die Veranstaltung sei lediglich von einem kleinen Unterbereich durchgeführt worden. Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls wäre eine Veranstaltung auf der Ebene des gesamten Fachbereiches "Finanzen und Controlling" erforderlich gewesen. Zudem habe die Veranstaltung außerhalb der Arbeitszeit stattgefunden und nicht auf Veranlassung der Betriebsleitung, sondern nur auf Veranlassung des Fachdienstleiters der teilnehmenden Gruppe.
Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass es sich bei dem Fachdienst nicht um einen kleinen Unterbereich, sondern um eine eigene Organisationseinheit handele, die dem Fachbereich "Finanzen und Controlling" zugeordnet sei. Es habe keine gemeinsame Weihnachtsveranstaltung auf Fachbereichsebene stattgefunden. Die Klägerin verwies ferner auf das Urteil des Bundessozialgericht (BSG) vom 26.06.2014 - Az.: B 2 U 7/13 R).
Auf Nachfrage des Beklagten teilte die Zeugin D., die als Verwaltungswirtin bei der Stadt A-Stadt im Fachbereich "Finanzen und Controlling" im Fachdienst "Zentrale Aufgabe" tätig ist, mit Schreiben vom 12.04.2016 mit, dass keine rechtliche Verpflichtung zur Teilnahme bestanden, dies aber dem Wunsch und der Erwartung der Fachbereichsleitung entsprochen habe. Eine Anrechnung als Arbeitszeit sei nicht erfolgt, hierzu gäbe es bei den örtlichen Dienstvorschriften keinen Spielraum. Betriebliche Veranstaltungen würden im kommunalen Bereich nicht finanziert, daher würden die Kosten von den Mitarbeitern selbst getragen. Die Zahlung einer Getränkerunde sei vom Fachdienstleiter privat erfolgt. Die Freigabe von außerdienstlichen Aktivitäten mit dem Ziel der Teambildung erfolge in Abstimmung mit der Fachbereichsleitung nach mündlicher Genehmigung. Da der Zeuge C. eine neue Führungskraft gewesen sei, sei die Durchführung einer solchen Maßnahme üblich gewesen und erwartet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Aufgrund der personellen Größe habe keine versicherte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vorgelegen. Das von der Klägerin zitierte Urteil des BSG stelle noch keine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung dar.
Mit der hiergegen am 13.07.2016 vor dem Sozialgericht Osnabrück erhobenen Klage verweist die Klägerin ergänzend auf das weitere Urteil des BSG vom 05.07.2016 (Az.: B 2 U 19/14 R).
Die Klägerin beantragt,
- 1.
den Bescheid des Beklagten vom 02.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2016 aufzuheben,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass sie am 16.12.2015 einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen weiterhin für zutreffend.
Die Kammer hat zunächst die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angehört und sodann die Zeugin D. sowie den Zeugen C. vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist als mit einer Anfechtungsklage verbundene Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Die grundsätzliche prozessrechtliche Nachrangigkeit der Feststellungsklage steht nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der die Kammer folgt, in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen. Begehrt der Versicherte nämlich allein die von dem Unfallversicherungsträger abgelehnte Feststellung des Vorliegens eines Versicherungsfalls, kann er durch die Verbindung einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage unmittelbar eine rechtskräftige, von der Verwaltung nicht mehr beeinflussbare Feststellung erlangen. Damit wird in diesen Fällen sein Begehren jedenfalls genauso wirksam durchgesetzt wie mit einer (die Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsakts umfassenden) Verpflichtungsklage. Das gem. § 55 Abs. 1 SGG erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin liegt insoweit auch vor.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat es in ihrem Bescheid vom 02.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2016 zutreffend abgelehnt, das Ereignis vom 16.12.2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin bei dem Unfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ist danach grundsätzlich erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat, sog. haftungsbegründende Kausalität. Dabei gilt hinsichtlich des Beweismaßstabes, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit besteht demgegenüber nur in Zusammenhang mit der Prüfung der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen den vorgenannten Voraussetzungen (vgl. BSG vom 2. April 2009 - Az.: B 2 U 29/07 R, Rdnr. 15 f. m. w. N.).
Zwar ist die Klägerin bei der Beklagten im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Ereignisses im Rahmen ihrer Tätigkeit als Beschäftigte bei der Stadt A-Stadt nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gegen Unfall versichert gewesen. Sie hat auch am Unfalltag während der teambildenden Maßnahme ein von außen auf ihren Körper einwirkendes Ereignis, damit einen Unfall, mit körperlicher Schädigungsfolge erlitten. Jedoch kann nicht festgestellt werden, dass die von der Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls ausgeübte Tätigkeit - das Klettern in der Kletterhalle während der teambildenden Maßnahme des Fachdienstes "Rechnungswesen und Sondervermögen" - unter dem Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung gestanden hat.
Für die Annahme eines Arbeitsunfalls ist regelmäßig erforderlich, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang). Dabei kommt es für den erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen der zum Unfall führenden Verrichtung und der versicherten Tätigkeit darauf an, dass die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignete, dazu bestimmt war, den Zwecken des Unternehmens zu dienen. Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte liegt vor, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen. Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zurzeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (BSG, Urteil vom 05.07.2016, Az.: B 2 U 19/14 R - Rdnr. 12 m.w.N.).
Mit der Teilnahme an der teambildenden Maßnahme hat die Klägerin keine sich aus ihrem Arbeitsvertrag ergebende Haupt- oder Nebenpflicht erfüllt, so dass grundsätzlich keine versicherte Tätigkeit als Beschäftigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vorgelegen hat. Nach den übereinstimmenden und glaubhaften Aussagen der Klägerin sowie der Zeugen D. und C. war die Teilnahme freiwillig. Es handelte sich somit um eine rechtlich nicht geschuldete und von der Stadt A-Stadt nicht abverlangte Teilnahme nach Arbeitsende.
Eine den Versicherungsschutz als Beschäftigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII begründende Tätigkeit ist jedoch nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der die Kammer in ständiger Rechtsprechung folgt, auch die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, z.B. an einer betrieblichen Weihnachtsfeier. Die in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliederten Beschäftigten unterstützen durch ihre von der Unternehmensleitung gewünschte und ggf. sogar geforderte Teilnahme das von ihr dadurch zum Ausdruck gebrachte Unternehmensinteresse, die betriebliche Verbundenheit zu fördern. Der Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung rechtfertigt es daher, die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Bestandteil der geschuldeten versicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu betrachten (BSG, Urteil vom 05.07.2016, a.a.O., - Rdnr. 13 m.w.N.).
Liegt daher eine im Schutzbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liegende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung vor, reicht es aus, wenn zum Zeitpunkt des Unfalls eine auf die Teilnahme an der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung gerichtete Handlungstendenz der Klägerin vorgelegen hat. Jedoch kann unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass es sich bei der teambildenden Maßnahme am 16.12.2015 um eine im Schutzbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liegende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt hat.
Die allein auf Richterrecht beruhende Einbeziehung der Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung in den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz ist eng zu begrenzen, zumal der Gesetzgeber sie bis heute nicht - auch nicht anlässlich der Neukodifizierung des Unfallversicherungsrechts im SGB VII - durch eine ausdrückliche normative Regelung nachvollzogen hat (Urteil des LSG Hessen vom 29. April 2014, Az.: L 3 U 125/13).
Die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung kann der versicherten Tätigkeit daher nur zugerechnet werden, wenn die Veranstaltung der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient, die Veranstaltung deshalb allen Beschäftigten des Unternehmens, gegebenenfalls auch einer kleineren Einheit, offen steht, von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gefördert oder gebilligt und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen wird (Urteile des BSG vom 22.09.2009, Az.: B 2 U 27/08 R, Rdnr. 11 ff. m.w.N., vom 26.06.2014, Az.: B 2 U 7713 R sowie vom 05.07.2016 - a.a.O.).
Für die Beurteilung, ob eine Veranstaltung diese Voraussetzungen erfüllt, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich (BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004, Az: B 2 U 47/03 R). Dabei ist zu beachten, dass Veranstaltungen zur Freizeitgestaltung oder zur Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen der Beschäftigten auch dann nicht unter Versicherungsschutz stehen, wenn sie im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit erfolgen und von dem Unternehmen gebilligt oder unterstützt werden. Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen ist selbst dann nicht versichert, wenn diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden (BSG, Urteil vom 22.09.2009, Az.: B 2 U 27/08 R, Rdnr. 11 m.w.N.).
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist zwar unter Berücksichtigung der aktuellen Entscheidungen des BSG nicht mehr die personelle Größe entscheidend, sondern ob die Veranstaltung einen betrieblichen Zweck verfolgt. Ausreichend hierfür ist, dass durch die Veranstaltung das Betriebsklima gefördert und der Zusammenhalt der Beschäftigten untereinander gestärkt wird. Ein unfallversicherungsrechtlich schützenswerter betrieblicher, dem Unternehmen dienender Zweck kann daher auch dann schon erreicht und gefördert werden, wenn kleinere Untergliederungen eines Betriebs Gemeinschaftsveranstaltungen durchführen, so dass es auf die tatsächliche Anzahl der Teilnehmenden im Sinne einer absoluten Untergrenze nicht ankommt (BSG vom 05.07.2016, a.a.O., Rdnr. 17).
Erforderlich ist es jedoch weiterhin, dass die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung durch die Unternehmensleitung oder im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung als deren eigene Veranstaltung durchgeführt wird.
Zu beachten ist, dass betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen im Interesse gerade auch des allein die Beitragslast tragenden Unternehmers sein müssen, um unter den Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung fallen zu können. Die Teilnahme der Betriebsleitung oder des Unternehmers persönlich ist hierfür nicht erforderlich, wenngleich es ihr natürlich weiterhin offensteht, ihr Einvernehmen mit solchen dezentralen Gemeinschaftsveranstaltungen auszuschließen und lediglich zentrale Feiern zu dulden. Voraussetzung ist jedoch, dass die jeweilige Betriebsleitung durch jahrelange Praxis klar zu erkennen gibt, dass sie jeweils Feiern wünscht. Notwendig ist weiterhin, dass die Feier allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des jeweiligen Teams offensteht und die jeweilige Sachgebiets- oder Teamleitung entsprechend dem zuvor hergestelltensachgebietsbezogene "Einvernehmen" mit der Betriebsleitung auch an der Veranstaltung teilnimmt (BSG vom 05.07.2016 - a.a.O., Rdnr. 17).
Veranstalten Beschäftigte aus eigenem Antrieb und Entschluss eine Feier, steht diese nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt auch dann, wenn die Unternehmensleitung Kenntnis von der Veranstaltung hat und sich positiv zur Durchführung der Feier äußert. Billigt die Unternehmensleitung sie nicht als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, steht die Feier nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Zwar kann es bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, die ausnahmsweise nur in einzelnen organisatorischen Einheiten eines Unternehmens, z.B. in einzelnen Betriebsstätten oder Filialen, stattfinden, genügen, dass die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit die Veranstaltung als eigene initiiert, durchführt oder durchführen lässt. Das Einvernehmen der jeweiligen Leitung der organisatorischen Einheit des Unternehmens kann in diesen Fällen jedoch nur dann das erforderliche Einvernehmen der Unternehmensleitung ersetzen, wenn die Leitung der Unternehmenseinheit gerade zur Durchführung einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung befugt ist (BSG vom 26. Juni 2014, Az.: B 2 U 7/13 R, Rdnr. 14).
Diese Vorgaben berücksichtigend erfüllt im vorliegenden Fall die im Rahmen einer Weihnachtsfeier stattgefundene teambildende Maßnahme des Fachdienstes "Rechnungswesen und Sondervermögen" nicht die Voraussetzungen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung. Zwar haben die Klägerin und die Zeugen bei ihren Anhörungen und Vernehmungen die Auffassung haben erkennen lassen, dass sie die Teilnahme an der teambildenden Maßnahme als dienstlich empfunden haben, weil dies üblich sei und erwartet werde, jedoch stützen sie dies erkennbar auf bloße subjektive Einschätzungen und Erwartungshaltungen. So hat die Klägerin auf Nachfrage ausgeführt, dass es ihre Vermutung sei, dass es auffalle, wenn man nicht an den Veranstaltungen teilnehme, was auch Auswirkungen bei Beförderungen haben könne. Die Zeugin D. hat ausgeführt, dass ihrer Kenntnis nach die Feiern dem Fachbereichsleiter wichtig seien und er deshalb auch teilnehmen wolle. So müsse für eine Feier eines Fachdienstes ein neuer Termin gesucht werden, weil der Fachbereichsleiter an diesem Termin nicht teilnehmen kann. Jedoch hat der Fachbereichsleiter an der in diesem Verfahren streitigen Veranstaltung am 16.12.2015 aus zeitlichen Gründen nicht teilgenommen, eine Terminverlegung war nicht erforderlich.
Das erforderliche Einvernehmen mit der Unternehmensleitung - hier mit der Fachbereichsleitung - und eine sich hieran anschließende aktive Förderung der konkreten Veranstaltung kann nicht festgestellt werden.
In dem vom BSG aktuell entschiedenen Fall (Urteil vom 05.07.2016 - a.a.O.) war es für ein solches Einvernehmen ausreichend, dass der Dienststellenleiter in einer schriftlich protokollierten Dienstbesprechung mit den jeweiligen Sachgebietsleitern vereinbart, dass die jeweiligen Sachgebiete Weihnachtsfeiern veranstalten dürfen und dass kein Verstoß gegen diese Vereinbarungen vorgelegen hat. Das übergeordnete dienstliche Interesse an der jeweils sachgebietsbezogenen Feier ergab sich daraus, dass die Beschäftigten eine Zeitgutschrift in Höhe von 10 v.H. der wöchentlichen Arbeitszeit erhielten.
Im Unterschied hierzu hat im vorliegenden Fall im Hinblick auf die konkrete Maßnahme am 16.12.2015 keine generelle Vereinbarung vorgelegen. Lediglich hinsichtlich des einmal jährlich stattfindenden Fachbereichsausfluges sowie für das jährlich stattfindende Betriebsfest gibt es nach den Ausführungen der Klägerin und der Zeugen konkrete Vereinbarungen mit der Betriebsleitung, bei der Teilnahme am Betriebsfest erfolgt zudem auch die Anrechnung einer Zeitgutschrift von 2 Stunden. Entsprechende Vereinbarungen mit Anweisungen sind jedoch hinsichtlich der hier streitigen teambildenden Maßnahme nicht erfolgt.
Zwar finden nach der Aussage der Zeugin D. auf Fachbereichsebene jährlich Weihnachtsfeiern statt, daneben auch Feiern der einzelnen Fachdienste, letztere auch im Einverständnis mit dem Fachbereichsleiter. Im Vordergrund der Veranstaltung am 16.12.2015 stand nach der Aussage des Zeugen C. jedoch nicht die Durchführung einer Weihnachtsfeier, sondern die teambildende Maßnahme. Da der Termin im Dezember stattgefunden hat, wurde sie lediglich als Weihnachtsfeier deklariert. Zudem war die Art der Veranstaltung mit dem Programmpunkt des Kletterns in der Kletterhallte nicht typisch für eine Weihnachtsfeier. Im Übrigen hat im Folgejahr keine eigene Weihnachtsfeier des Fachdienstes stattgefunden, sondern nur ein Treffen mit zwei anderen Fachdiensten auf dem Weihnachtsmarkt. Die konkreten Programmpunkte am 16.12.2015 sind mit dem Fachbereichsleiter auch nicht abgestimmt worden. Nach der Aussage des Zeugen C. war ihm die Durchführung einer teambildenden Maßnahme sehr wichtig, weil im Fachdienst eine Personalfluktuation bestand und er als relativ junger Mensch neu in leitender Position war. Zwar hat sich der Zeuge C. die Genehmigung im Rahmen eines Gespräches mit dem Fachbereichsleiter eingeholt, der ihm auch positiv bestätigt habe, dass eine solche Maßnahme gerne gesehen werde. Die weitere Planung erfolgte jedoch intern im Fachdienst selbst, der Fachbereichsleiter hat nicht teilgenommen. Auch kann nach den Aussagen der Zeugen auch nicht festgestellt werden, dass es eine Art betriebliche Übung dahingehend gibt, dass stets im Falle eines Wechsels im Bereich der Fachdienstleiter eine teambildende Maßnahme durchgeführt wird.
Da es - wie oben ausgeführt - nicht ausreicht, dass die Unternehmensleitung Kenntnis von der Veranstaltung hat und sich positiv zur Durchführung der Feier äußert, kann im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung nicht festgestellt werden, dass die Veranstaltung im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung als deren eigene Veranstaltung durchgeführt worden ist. Bei der Veranstaltung am 16.12.2015 handelte es sich um eine eigene Veranstaltung des Fachdienstes, ohne dass hierzu eine Verpflichtung bestand. Ebenso wie in dem vom BSG am 26.06.2014 entschiedenen Fall (a.a.O.) reicht die Initiierung und Organisation lediglich durch den Fachdienstleiter nicht aus, der Veranstaltung am 16.12.2015 den Charakter einer von der Unternehmensleitung getragen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung zu geben.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.