Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 07.02.2014, Az.: VgK-51/2013

Verletzung der Rechte des Bieters wegen schlechter Wertung seines Personalkonzeptes im Verhandlungsgespräch i. R. der Vergabe von Jahresabschlussprüfungen für niedersächsische Hochschulen

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
07.02.2014
Aktenzeichen
VgK-51/2013
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 12619
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx,
- Antragstellerin -
gegen
das Land Niedersachsen, vertreten durch xxxxxx,
- Antragsgegner -
beigeladen:
1. xxxxxx,
- Beigeladene zu 1 -
2. xxxxxx,
- Beigeladene zu 2 -
wegen
VOF-Verhandlungsverfahren Vergabe von Jahresabschlussprüfungen und Testat der Jahresabschlüsse, Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und der wirtschaftlichen Verhältnisse einzelner Hochschulen und Einrichtungen
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden RD Gaus, den hauptamtlichen Beisitzer BOR Peter und den ehrenamtlichen Beisitzer KOAR Holger Schulz auf die mündliche Verhandlung vom 30.01.2014
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist. Das Vergabeverfahren wird in den Stand vor Aufforderung der bisher ausgewählten Bewerber zur Verhandlung bzw. Abgabe der Angebote zurückversetzt. Der Antragsgegner wird bei fortbestehender Vergabeabsicht verpflichtet, die ausgewählten Bewerber zur Verhandlung aufzufordern, dabei alle Zuschlagskriterien einschließlich der Unterkriterien anzugeben, deren Anwendung vorgesehen ist. Er hat dabei unter Angabe einer Wertungsmatrix auch anzugeben, wie die einzelnen Unterkriterien gewichtet werden. Im Übrigen hat der Antragsgegner bei fortbestehender Vergabeabsicht die aus den Gründen ersichtliche Rechtsauffassung der Vergabekammer zu beachten.

  2. 2.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  3. 3.

    Die Kosten trägt zur Hälfte die Antragstellerin, zu einem Viertel der Antragsgegner und zu einem weiteren Viertel die Beigeladene zu 1. Der Antragsgegner ist jedoch von der Entrichtung seines Kostenanteils persönlich befreit.

  4. 4.

    Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten zur Hälfte zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Antragstellerin notwendig.

  5. 5.

    Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner und der Beigeladenen zu 1 die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten je zur Hälfte zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die Beigeladene zu 1 notwendig.

Begründung

Das xxxxxx als Antragsgegner hat mit EU-Vergabebekanntmachung vom xxxxxx.2013 die Jahresabschlussprüfungen verschiedener niedersächsischer Hochschulen und Einrichtungen des Landes als Rahmenvertrag für den Zeitraum von 2014 bis 2018 europaweit im Verhandlungsverfahren gem. VOF ausgeschrieben. Der Auftrag war in zwei Lose unterteilt. Die Bieter konnten auf ein oder beide Lose bieten.

Zum Nachweis der Eignung forderte der Antragsgegner im Abschnitt III.2.1) der Bekanntmachung u. a. die die Vorlage eines Nachweises als Wirtschaftprüfer, Angaben über Qualifikation und Erfahrung des Personals, Referenzen aus den letzten drei Jahren, die mit den zu vergebenden Leistungen vergleichbar sein sollten, sowie weitere Erklärungen gem. § 5 Abs. 5 c - h VOF. Unter dem Abschnitt III.2.2) der Bekanntmachung forderte der Antragsgegner u. a. eine Erklärung zur hinreichenden Kapazität zur Durchführung der Prüfungen an allen Orten. Gem. Abschnitt IV.2.1) der Bekanntmachung sollten bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes der Preis mit einer Gewichtung von 40 %, die Referenzen/Erfahrung mit einer Gewichtung von 40 % und die Eignung des Prüferteams mit einer Gewichtung von 20 % gewertet werden. Weitere Vorgaben, etwa zur Vergabe von Punkten in den aufgeführten Bereichen oder dazu, wie die Preise untereinander in Relation gesetzt werden sollten, enthielten die Bekanntmachung und die sonstigen Vergabeunterlagen nicht.

Bis zum Ende der Angebotsfrist am xxxxxx.2013 gaben insgesamt 13 Bieter ein Angebot ab. Die Antragstellerin und die Beigeladenen zu 1 und 2 boten jeweils auf beide Lose. Nachdem der Antragsgegner nach einer ersten Durchsicht der Angebote 3 Bieter unwidersprochen vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen hatte, forderte er die verbleibenden 10 Bieter am 28.10.2013 zu Verhandlungsgesprächen am 28. und 29.11.2013 auf. Zur Vorbereitung und Durchführung der Verhandlungsgespräche bildete der Antragsgegner eine aus 5 Personen bestehende Vergabekommission, die im Vorfeld der Gespräche einen für alle Bieter gleichlautenden fünfseitigen Fragenkatalog mit hochschulspezifischen bzw. für die Jahresabschlussprüfungen relevanten Fragen entwickelte. Allen Bietern wurde jeweils 1,5 Stunden Zeit gegeben, ihr Unternehmen vorzustellen und die Fragen des Fragenkataloges zu beantworten. Die Antworten der Bieter wurden für jeden Bieter protokolliert und in der Vergabeakte dokumentiert.

Nach den Verhandlungsgesprächen wurden die Gespräche bzw. die Angebote durch die Vergabekommission beurteilt. Die Beurteilung erfolgte dabei verbal wertend ohne erkennbare Berücksichtigung der bekannt gemachten Gewichtungen und wurde in einer hierfür vorgesehenen Zeile des Fragenkatalogs dokumentiert.

Für die Antragstellerin wurde folgende Bewertung vorgenommen:

"Die xxxxxx verfügt über keine praktischen Erfahrungen bei der Prüfung von öffentlichen Hochschulen. Die xxxxxx konnte das Personalkonzept zur Zusammensetzung der Prüfungsteams mit für die Prüfung von Jahresabschlüssen an Hochschulen qualifizierten Mitarbeitern nicht überzeugend vermitteln. Der xxxxxx kann damit der Zuschlag nicht erteilt werden."

Die Beigeladene zu 1 erhielt folgende Bewertung:

"Die Vorstellung des Unternehmens hat überzeugt. Die xxxxxx waren gut mit den nds. Gegebenheiten und Vorschriften vertraut. Das Team verfügt über langjährige Erfahrungen bei der Prüfung der Jahresabschlüsse von Hochschulen in xxxxxx. Die Sicherstellung von erfahrenen Prüfungsteams konnte überzeugend vermittelt werden. xxxxxx erhält den Zuschlag für Los Nr. 1."

Die Beigeladene zu 2 erhielt folgende Bewertung:

"Der xxxxxx wird aufgrund der langjährigen Erfahrungen bei der Prüfung von Hochschulen eine uneingeschränkte Eignung testiert. Die xxxxxx ist auf die Prüfung der Jahresabschlüsse in Niedersachsen spezialisiert, mit den niedersächsischen Besonderheiten und Regelungen vertraut und führt die Prüfungen mit einer Null-Toleranz-Grenze durch. Wirtschaftliche Aspekte stehen der Entscheidung nicht entgegen, da das Honorarangebot im Mittelfeld liegt. Die xxxxxx erhält den Zuschlag für Los Nr. 2."

Schließlich teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Schreiben vom 10.12.2013 mit, dass ihr der Zuschlag nicht erteilt werden könne, da sie über keine praktischen Erfahrungen bei der Prüfung von Jahresabschlüssen von öffentlichen Hochschulen verfüge und darüber hinaus das Personalkonzept zur Zusammensetzung qualifizierter Prüfungsteams nicht überzeugend vermittelt werden konnte. Der Antragsgegner beabsichtige, den Zuschlag für das Los 1 auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 und für Los 2 auf das Angebot der Beigeladenen zu 2 zu erteilen. Eine Bezugnahme auf § 101 a GWB und den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses enthielt das Schreiben nicht.

Auf die Bietermitteilung hin rügte die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18.12.2013 die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes. Sie rügte u. a., dass sie ihre Eignung für die Prüfung von Jahresabschlüssen öffentlicher Hochschulen durch den Nachweis vergleichbarer Leistungen entgegen der Darstellung des Antraggegners durchaus belegt habe und auch die Zusammensetzung qualifizierter Prüfungsteams und deren ausreichender Kapazität im Rahmen der Angebotslegung und des Bietergesprächs nachgewiesen habe. Weiterhin rügt sie, dass der Antragsgegner bei der Angebotswertung eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vorgenommen habe.

Nachdem der Antragsgegner bis zu dem ihm gesetzten Termin auf die Rüge nicht antwortete, beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 23.12.2013 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Soweit der Antragsgegner die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin damit begründe, dass sie über keine praktischen Erfahrungen bei der Prüfung von öffentlichen Hochschulen verfüge, sei vorliegend festzustellen, dass der Antragsgegner in der Vergabebekanntmachung im Abschnitt III.2.1) Referenzen aus den letzten drei Jahren gefordert habe, die mit der zu vergebenden Leistungen vergleichbar seien. Vergleichbar bedeute vorliegend aber nicht identisch. Der Nachweis eines identischen Leistungsbildes sei vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 1 VOF auch weder gerechtfertigt noch von der Norm gefordert. Hätte der Antragsgegner als Referenz ein identisches Leistungsbild, d. h. die Prüfung von Jahresabschlüssen öffentlicher Hochschulen gewünscht, so wäre er gem. § 10 Abs. 2 VOF verpflichtet gewesen, dies vollständig in der Vergabebekanntmachung kundzutun, was jedoch den Marktzutritt für neue Marktteilnehmer unmöglich gemacht und damit dem Wettbewerbsgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB zuwidergelaufen wäre.

Vergleichbar seien vorliegend ähnliche, in ihrem Schwierigkeitsgrad gleich hohe, Leistungen. Derartige nach Art, Umfang und Schwierigkeitsgrad mit der Jahresabschlussprüfung vergleichbare Leistungen habe die Antragstellerin jedoch auf den Seiten 8 und 9 ihres Angebotes aufgelistet und im Anschluss an das Verhandlungsgespräch durch Vorlage einer weit ausführlicheren Referenzliste von Universitäten, Hochschulen und anderen Bildungsträgern ergänzt, bei denen sie insbesondere Steuerberatungsleistungen und Mittelverwendungsprüfungen sowie Jahresabschlussprüfungen bei privaten Bildungseinrichtungen erbracht habe. Insoweit sei die Versagung des Zuschlages mit der Begründung, die Antragstellerin verfüge über keine praktischen Erfahrungen bei der Prüfung von Jahresabschlüssen von öffentlichen Hochschulen, unzulässig.

Der weitere Versagungsgrund, wonach das Personalkonzept der Antragstellerin zur Zusammensetzung qualifizierter Prüfungsteams beanstandet werde, greife im Rahmen der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bieters vermittelnden Eignungskriterien i. S. d. § 5 Abs. 4 und 5 VOF ebenfalls nicht durch.

Nach Abschnitt III.2.2) der Vergabebekanntmachung war der generelle Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nach § 5 Abs. 4 VOF zu erbringen, d. h. insbesondere nach dessen lit. c) durch eine Erklärung über den Gesamtumsatz und den Umsatz für die ausgeschriebenen Leistungen in den letzten drei Geschäftsjahren. Diese Nachweise seien von der Antragstellerin auf Seite 6 ihres Angebotes sowie die Aufstellungen in der Anlage 5 zum Angebot erbracht worden. Als weiteres Eignungskriterium war gem. Abschnitt III.2.2) der Bekanntmachung eine Erklärung zur hinreichenden Kapazität zur Durchführung der Prüfungen an allen Orten verlangt worden, die von der Antragstellerin in der Anlage 10 zum Angebot ebenfalls abgegeben und im Verhandlungsgespräch näher erläutert wurde. Vor diesem Hintergrund könne die Versagung des Zuschlags nicht darauf gestützt werden, dass ein Konzept zur Durchführung der Prüfungen an allen Orten nicht vorliege und damit die fachliche Eignung im Sinne des § 5 Abs. 5 VOF nicht gegeben sei.

Im Übrigen gelte auch hier, dass der Antragsgegner die Vorlage eines Personalkonzepts zum Zwecke der Darlegung erforderlicher Prüfungskapazitäten an allen Orten in der Vergabebekanntmachung zum Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit i. S. d. § 5 Abs. 4 oder der fachlichen Eignung i. s. d. § 5 Abs. 5 VOF nicht verlangt habe. Die Versagung des Zuschlags vor dem Hintergrund fehlender Eignungskriterien im Nachhinein an das Nichtvorliegen eines solchen Personalkonzepts zu knüpfen, stelle sich nach Maßgabe der Vollständigkeit der Angabe der Eignungskriterien gem. § 10 Abs. 2 VOF als unzulässig dar.

Schließlich stellten die bei der Bewertung des Angebotes herangeführten Gründe keine im Rahmen der Zuschlagsentscheidung gem. § 11 Abs. 4 und 5 VOF zu berücksichtigende Kriterien, sondern Eignungskriterien i. S. d. § 10 Abs. 1 und 2 VOF dar, deren Berücksichtigung vor dem Hintergrund eines "Mehr an Eignung" und der klaren und nachvollziehbaren Abgrenzung von Zuschlags- und Eignungskriterien gem. § 11 Abs. 5 Satz 2 unzulässig sei.

Die vom Antragsgegner zur Versagung des Zuschlags auf das Angebot der Antragstellerin angeführten Gründe seien bereits auf der Ebene der allgemeinen Eignungsbewertung "verbraucht" worden. Würde im Rahmen der Bewertung des Angebotes die Jahresabschlussprüfung von öffentlichen Hochschulen als zulässiges Zuschlagskriterium angesehen werden, würde ein Umstand der bereits zur generellen Eignung des Bieters beigetragen habe, im Rahmen eines "Mehr an Eignung" für die Zuschlagsentscheidung relevant werden. Damit läge keine klare und nachvollziehbare Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien i. S. d. § 11 Abs. 5 Satz 2 VOF vor.

Auf der Ebene der Angebotswertung seien allein die in den Ausschreibungsunterlagen aufgeführten Zuschlagskriterien gem. § 11 Abs. 4 und 5 VOF ausschlaggebend. Danach dürfe der Umstand, dass die Antragstellerin keine Referenzleistungen mit Jahresabschlussprüfung von öffentlichen Hochschulen vorzuweisen hatte, für die Zuschlagsentscheidung nicht relevant werden.

Die Antragstellerin beantragt:

  1. 1.

    Der Antragsgegner wird verpflichtet, das Vergabeverfahren "Öffentliche Ausschreibung gemäß Vergabebekanntmachung xxxxxx: Neubestellung der Wirtschaftsprüfer für die Jahresabschlussprüfungen einzelner Hochschulen und Einrichtungen im Geschäftsbereich des xxxxxx" in den Stand vor der Angebotswertung zurückzuversetzen und die Angebotswertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

  2. 2.

    Der Antragstellerin wird umfassende Akteneinsicht in die Vergabeakten der Antragsgegnerin gewährt.

  3. 3.

    Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird gemäß § 128 Abs. 4 GWB für notwendig erklärt.

  4. 4.

    Dem Antragsgegner werden die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin auferlegt.

Der Antragsgegner beantragt,

die Anträge der Antragsstellerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Nachprüfungsantrag sei bereits unzulässig soweit er sich gegen die behauptete unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien richte. Die beabsichtigte Wertung der Angebote sei bereits aus der Vergabebekanntmachung ersichtlich gewesen und hätte deshalb bis zum Ablauf der Frist zur Abgabe der Teilnahmeanträge gerügt werden müssen. Dass eine derartige Vermischung einen Vergaberechtsverstoß darstelle, ergebe sich auch mit hinreichender Deutlichkeit aus der Regelung des § 11 Abs. 5 Satz 2 VOF, so dass der vermeintliche Verstoß für die Antragstellerin ohne weiteres erkennbar gewesen sei.

Ebenfalls unzulässig sei der Antrag, soweit er sich gegen die Wertung des Loses 2 richte. Hier habe die Antragstellerin das zweithöchste Angebot abgegeben. Selbst wenn die Antragstellerin bei den übrigen Kriterien die höchstmögliche Bewertung erreicht hätte, läge sie auf einem abgeschlagenen Rang, da dem Antragsgegner mehrere preisgünstigere Angebote ohne Ausschlussgründe vorliegen würden. Der Antragstellerin fehle es insoweit an der Antragsbefugnis.

Darüber hinaus sei der Nachprüfungsantrag auch unbegründet.

Bei der Entscheidung über die Auftragserteilung gem. § 11 Abs. 5 VOF seien nur auftragsbezogene Aspekte berücksichtigt worden. Diese seien in die Bewertung der einzelnen Zuschlagskriterien eingeflossen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass dem Antragsgegner auf dieser Tatbestandsebene ein Beurteilungsspielraum zustehe.

Hinsichtlich der Bewertung des Angebotes der Antragstellerin sei zu beachten, dass der Antragsgegner in der Vergabebekanntmachung die Vorlage von Referenzen gefordert habe, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sein sollten. Den von der Antragstellerin vorgelegten Referenzen sei zu entnehmen gewesen, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit zwar u. a. Hochschulen beraten habe, jedoch bislang noch an keiner Hochschule - sei es in privater oder staatlicher Trägerschaft - eine Jahresabschlussprüfung durchgeführt habe. Bei den von der Antragstellerin durchgeführten Jahresabschlussprüfungen habe es sich um kleinere Einrichtungen gehandelt, die hinsichtlich ihrer Komplexität mit Hochschulen per se nicht vergleichbar seien. Insofern seien die angegebenen Referenzen weder mit der vorgesehenen Leistung vergleichbar noch gar identisch, weil sowohl das Volumen als auch der Schwierigkeitsgrad deutlich unter dem Niveau der zu vergebenden Leistung gelegen hätten. Dem entsprechend habe die Vergabekommission in Bezug auf die eingeschränkte Eignung der Antragstellerin - anders als bei den Beigeladenen - dieser bei diesem Kriterium nicht die volle Punktzahl erteilt.

Vor diesem Hintergrund hätte die Vergabekommission mangels vergleichbarer Leistungen sogar die fehlende fachliche Eignung der Antragstellerin feststellen können. Die Kommission habe sich jedoch mit Blick auf Leitgedanken, dass neuen Marktteilnehmern der Marktzutritt nicht völlig verschlossen bleiben dürfe, dafür entschieden, die Antragstellerin zu einem Verhandlungsgespräch einzuladen, um feststellen zu können, ob diese möglicherweise dennoch die bestmögliche und damit wirtschaftlichste Leistung erwarten lasse. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang mit Blick auf die im Nachgang zum Verhandlungsgespräch vorgelegte "weit ausführlichere Referenzliste" zu insinuieren versuche, sie verfüge auch über Erfahrungen bei Jahresabschlüssen von privaten Hochschulen, verschweige sie dabei, dass sie die besagten Mandate erst in zeitlicher Koinzidenz zum Verhandlungsgespräch habe akquirieren können.

Soweit die Antragstellerin rüge, dass vorliegend eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien stattgefunden habe, sei dieser Auffassung Rechtsprechung und Kommentierung entgegenzuhalten, nach der es durchaus für statthaft gehalten werde, besondere Erfahrungen eines Bieters dann in die letzte Wertungsstufe einzustellen, wenn sie sich leistungsbezogen auswirken, namentlich eine Gewähr für eine bessere Leistung bieten würden. Der Auftraggeber dürfe bei der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes danach auch solche, an und für sich als Eignungsmerkmale einzustufende Faktoren berücksichtigen, die nach den von ihm ermessensfehlerfrei aufgestellten Prüfungsmaßstäben einen spezifischen Bezug zur Auftragsausführung aufweisen würden, eine ordnungsgemäße Erfüllung erwarten ließen und die sich nach seinem Verlangen im Angebot ausdrücklich niederschlagen sollen. Aus Gründen der Gleichbehandlung und Transparenz seien diese Kriterien vom Auftraggeber aber in der Vergabebekanntmachung klar und unmissverständlich zu benennen, was vorliegend auch geschehen sei.

Dass die Bewertung tatsächlich allein auftragsbezogen erfolgte, zeige sich auch deutlich an dem im Verhandlungsgespräch einheitlichen verwendeten Fragenkatalog. Gem. § 11 Abs. 6 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 VOF würden die Vertragsverhandlungen u. a. dazu dienen, dem Auftraggeber ein Bild darüber zu vermitteln, welcher Bieter eine qualitätsvolle Ausführung erwarten lasse. Bei dieser Entscheidung stehe dem Auftraggeber ein sachgemäßer Beurteilungsspielraum zu. Dies gelte innerhalb der VOF umso mehr, als dass die Entscheidung mangels vergleichbarer Angebote in weiten Teilen eine Prognoseentscheidung sei, der naturgemäß ein spekulatives Element innewohne.

Mit Blick auf die zu vergebenden Lose sei für das Los 2 zunächst festzustellen, dass dieses wegen des im Vergleich zu den anderen Bietern deutlich überhöhten Preises als unwirtschaftlich anzusehen war und schon aus diesem Grund unberücksichtigt bleiben musste. Hinsichtlich des Loses 1 habe die Antragstellerin zwar das preislich deutlich günstigste Angebot abgegeben. Gerade dieser Umstand habe aber bei der Vergabekommission durchgreifende Zweifel daran aufkommen lassen, dass die Antragstellerin den Aufwand, der mit der Durchführung der Jahresabschlüsse der in dem Los zusammengefassten Hochschulen verbunden sei, zutreffend einzuschätzen vermöge, woraus sich die Einschätzung ergeben habe, dass die Antragstellerin die ausgeschriebene Leistung nicht ordnungsgemäß werde erbringen können.

Die Beigeladenen zu 1 hat in der mündlichen Verhandlung Antragszurückweisung beantragt,

die Beigeladene zu 2 hat keine Anträge gestellt. Beide haben zum Verfahren nicht schriftlich Stellung genommen.

Die Vergabekammer hat mit Verfügung des Vorsitzenden vom 22.01.2014 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 12.02.2014 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 30.01.2014 Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist nur teilweise zulässig, allerdings insoweit auch begründet. Die Antragstellerin ist nach der Rechtsprechung des OLG Celle mit ihren Rügen zu einem wesentlichen Anteil präkludiert, weil sie die aus der Vergabebekanntmachung erkennbaren Fehler nicht bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist im Verhandlungsverfahren gerügt hat. Soweit sie nicht präkludiert ist, stellt die Vergabekammer eine wesentliche Verletzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 1, § 97 Abs. 7 GWB auf die Durchführung eines transparenten Vergabeverfahrens fest. Der Antragsgegner hat die Wertung auch hinsichtlich des gerügten Personalkonzepts aufgrund nicht transparenter Zuschlagskriterien vorgenommen (nachfolgend zu 3a). Er hat seine Wertungskriterien nicht abschließend vor Beginn der Wertung entwickelt (nachfolgend zu 3b). Eine vorab erstellte Wertungsmatrix fehlt, ebenso eine Dokumentation der Wertung der Angebote im direkten Vergleich gemäß den transparenten Kriterien der Matrix (nachfolgend zu 3d).

1. Im vorliegenden Nachprüfungsverfahren findet die Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen in der Fassung vom 18.11.2009 sowie die Vergabeverordnung (VgV) in der Fassung vom 12.07.2012 Anwendung. Das streitbefangene Vergabeverfahren wurde mit europaweiter Bekanntmachung vom xxxxxx.2013, also vor Inkrafttreten der Änderung der VgV vom 15.10.2013 eingeleitet.

2. Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig. Bei dem Antragsgegner handelt es sich um eine Landesbehörde, somit um den gemäß Vertretungserlass (Nds. MBl. 2012 Nr. 26, S. 578) vertretungsbefugten Teil einer Gebietskörperschaft gemäß § 98 Nr. 1 GWB. Es liegt ein öffentlicher Auftrag gemäß § 99 GWB vor, da der Antragsgegner einen geldlichen Vertrag über die Beschaffung von Dienstleistungen zu schließen beabsichtigt.

Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gemäß § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, welche durch Rechtsverordnung gemäß § 127 GWB festgelegt sind. Gemäß § 2 Nr. 2 VgV in der zur Bekanntmachung geltenden Fassung galt für alle Liefer- und Dienstleistungsaufträge ein einheitlicher Schwellenwert von 200.000 €. Der Antragsgegner hat gemäß Ziffer II.2.1) der Bekanntmachung eine Schätzung bekanntgegeben, damit seine Verpflichtung aus § 12 Abs. 2 a VOF erfüllt. Zwar ist die Wertberechnung bei Rahmenverträgen, die noch keine unmittelbare Leistungspflicht auslösen, schwierig. Jedoch ergibt sich aus der Höhe der eingegangenen Angebote zu beiden Losen über die zur Berechnung des Wertes gemäß § 3 Abs. 6 VgV maßgeblichen Vertragslaufzeit von 5 Jahren eindeutig, dass sich die Prognose des Antragsgegners aus der europaweiten Vergabebekanntmachung als zutreffend erwiesen hat.

Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 1 GWB antragsbefugt, da sie als Bieterin ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung eigener Rechte durch die beabsichtigte Erteilung des Zuschlages an die Beigeladene zu 1 für das Los 1 und die Beigeladene zu 2 für das Los 2 geltend macht. Sie trägt sinngemäß vor, dass der Antragsgegner Eignungs- und Zuschlagskriterien vermengt habe, und dass die Begründung der ablehnenden Bieterinformation vom 10.12.2013 nicht überzeugend sei, weil praktische Erfahrungen bei der Prüfung von Jahresabschlüssen nicht spezifiziert auf den Kreis der öffentlichen Hochschulen gefordert worden seien und die Behauptung, sie habe ihr Personalkonzept zur Zusammensetzung qualifizierter Prüfungsteams nicht überzeugend vermitteln können, ihrer Präsentation in dem Verhandlungsgespräch nicht gerecht werde.

Voraussetzung für die Antragsbefugnis ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB, dass das den Nachprüfungsantrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass die Antragstellerin diejenigen Umstände aufzeigen muss, aus denen sich schlüssig die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt (vgl. Boesen, Vergaberecht, 1. Auflage, § 107, Rdnr. 52). Die Antragstellerin hat konkret dargelegt, dass der Antragsgegner anders und daher intransparent gewertet habe, als in der Bekanntmachung dargestellt. Es sei nicht gefordert worden, dass spezifische Erfahrungen bei der Prüfung öffentlicher Hochschulen erforderlich seien und die Darstellung, das Personalkonzept habe nicht überzeugend vermittelt werden können, sei unzutreffend und werde den Inhalten der Bewerbung nicht gerecht. Ob sich die dargestellte Rechtsverletzung bestätigt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern eine Frage der Begründetheit des Antrages (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2006, VII Verg 23/06, Ziff. 1a, zitiert nach VERIS).

Die Antragstellerin hat die mit ihrem Nachprüfungsantrag geltend gemachten Vergaberechtsverstöße teilweise rechtzeitig im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB gerügt.

Der Antragsgegner hat die Antragstellerin erstmals im Bieterinformationsschreiben vom 10.12.2013 über seine Wertung ihres im Verhandlungsgespräch dargestellten Personalkonzepts und ihre seiner Ansicht nach fehlende Erfahrung bei der Prüfung öffentlicher Hochschulen informiert.

Gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht unverzüglich gerügt hat. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Voraussetzung ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Für die Antragstellerin waren die schlechte Wertung ihres Personalkonzepts und die fehlende Erfahrung erstmals aus dem Bieterinformationsschreiben erkennbar.

Als unverzüglich gilt grundsätzlich ein Zeitraum von ein bis drei Tagen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 18.09.2003, Az.: 1 Verg 3/03; Bechtold, GWB, § 107, Rdnr. 2). Bei Einschaltung eines Anwaltes bzw. Prüfung schwieriger Rechtsfragen wird die Frist regelmäßig auf eine Woche ausgedehnt (vgl. VK Nordbayern, Beschluss vom 08.06.2011 - 21.VK3194-14/11; OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, WVerg 6/10; OLG München, Beschluss vom 15.03.2012, Verg 2/2; VK Bund, Beschluss vom 17.01.2008, VK1-152/07). Neuerdings nimmt das OLG München sogar eine Rügefrist von sieben Werktagen an (OLG München, Beschluss vom 19.12.2013 - Verg 12/13), das OLG Düsseldorf sogar von 11 Tagen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2013 - Verg 7/13).

Die Antragstellerin ist nicht identisch mit der sie hier im Nachprüfungsverfahren vertretenen Rechtsanwalts GmbH gleichen Namens. Sie hatte daher wie ein rechtlich nicht beratener Anbieter Veranlassung, nach Erhalt des Bieterinformationsschreibens gemäß § 101a GWB rechtlichen Rat bei ihrer Schwestergesellschaft einzuholen. Somit gelten bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs "unverzüglich" die allgemeinen Grundsätze für die rechtliche Beratung eines Anbieters auch für die Antragstellerin in diesem Nachprüfungsverfahren.

Diese Frist hat die Antragstellerin gewahrt, indem sie auf die Bieterinformation vom 10.12.2013 binnen einer Woche am 18.12.2013 eine Rüge erhob. Der Antragsgegner versandte seine Bieterinformation gemäß § 101a GWB vom 10.12.2013 nicht vorab per Fax. Vielmehr ist mit dem Absendestempel der Versand ausschließlich per Post dokumentiert. Daher ging die Bieterinformation frühestens am 11.12.2013 bei der Antragstellerin ein. Da es sich nicht um einen Verwaltungsakt handelt, kann sich der Antragsgegner auch nicht auf die (widerlegliche) Zugangsfiktion des § 41 VwVfG binnen drei Tagen berufen. Die Rüge vom 18.12.2013, welche die Antragstellerin vorab per Fax übersandte, ging daher selbst bei schnellstmöglichem Zugang innerhalb einer Woche nach Kenntnis des Inhaltes des Absageschreibens und der darin enthaltenen möglichen Vergabeverstöße bei dem Antragsgegner ein, war daher nach den obigen Gesichtspunkten ohne weiteres unverzüglich.

Inhaltlich befasst sich die Rüge unter Ziffer II sowie III 2 mit der schlechten Bewertung des Personalkonzepts und unter I 1, 3, 5 mit dem Wertungskriterium "Jahresabschlussprüfung von öffentlichen Hochschulen". Dabei resultierte das Missverständnis, es habe sich bei der Ablehnung um einen nachträglichen Eignungsmangel gehandelt, aus der für eine Wertung auf der 4. Wertungsstufe atypischen Formulierung des Antragsgegners.

Soweit die Antragstellerin ihre Rüge inhaltlich darauf aufbaut, dass hier die Eignungs- und Zuschlagskriterien in unzulässiger Weise miteinander vermengt worden seien, ist sie damit gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 GWB präkludiert. Nach dieser Vorschrift sind Verstöße gegen Vergabevorschriften, die schon aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber zu rügen. Der Verstoß war bereits aus der öffentlichen Bekanntmachung Abschnitt IV.2.1) erkennbar, wo die Eignung des Prüferteams als Zuschlagskriterium benannt wird. Somit hätte die Antragstellerin dies bereits bis zur Abgabe des Teilnahmeantrags rügen müssen.

Nach einem bisher nicht veröffentlichten Beschluss des OLG Celle vom 07.11.2013 (13 Verg 8/13) sei die unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien für den fachkundigen Anbieter ohne weiteres erkennbar (anders noch OLG Celle, Beschluss vom 07.11.2011 - 13 Verg 9/11). Es könne von einem durchschnittlichen Bieter nunmehr verlangt werden, dass er die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bzw. des Europäischen Gerichtshofes zur rechtsfehlerhaften Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien kenne. Der Vergabeverstoß eines "Mehr an Eignung" nach der grundlegenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 24.01.2008 (C-532/06) und des Bundesgerichtshofs vom 15.04.2008 (X ZR 129/06) sei Gegenstand einer Vielzahl obergerichtlicher Entscheidungen gewesen und wiederholt in den Fachpublikationen thematisiert worden (ebenso OLG München, Beschluss vom 25.07.2013 - Verg 7/13).

Der zweite Abschnitt des vierten Teils des GWB enthält ein Antragsverfahren, ist daher auf dem Individualrechtsschutz, nicht auf dem Gedanken der staatlichen Aufsicht aufgebaut (Kadenbach in Willenbruch/Wieddekind Vergaberecht Kompaktkommentar, 2. Auflage 11. Los, § 107 GWB Rdnr. 3). Der Bieter darf sich daher nicht darauf verlassen, dass die Vergabestelle stets in vorbildlicher Weise das Vergaberecht beachtet, sondern er hat sich zumindest insoweit mit den vergaberechtlichen Grundsätzen vertraut zu machen, als es aus der Sicht ex ante erforderlich scheint, um die eigenen Rechte gegenüber dem Konkurrenten und ggf. auch einer rechtsfehlerhaft handelnden Vergabestelle zu wahren. Ob der Anbieter den jeweiligen Verstoß kennen muss, hängt objektiv davon ab, wie offensichtlich dieser Verstoß ist, und subjektiv, ob solche Kenntnisse zum Berufsbild des Antragstellers gehören.

Die Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien ist eine objektive inhaltliche Vorgabe, die sich auf eine breite und altbekannte Rechtsprechung (BGH, NJW 1998, 3644 [BGH 08.09.1998 - X ZR 109/96]; EUGH, NZBau 2010, 120 [EuGH 12.11.2009 - Rs. C-199/07]) stützt. Sie ist von der Vergabestelle stets einzuhalten. Zur diesbezüglichen Rügepflicht des Anbieters hat das OLG München mit Beschluss vom 25.07.2013 (Verg 7/13) wie das OLG Celle angenommen, dass das Gebot der strengen Trennung von Zuschlags- und Eignungskriterien zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise in einem VOF-Verfahren (dort Architektenplanung) gehört. Das OLG München ist daher der Auffassung, dass eine Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist zu rügen sei. In einer weiteren Entscheidung vom 21.11.2013 (Verg 9/13) hat das OLG München hervorgehoben, dass trotz einer gewissen Bewegung in diesem Feld (vgl. hierzu Dittmann, NZBau 2013, 746ff) auch im VOF-Verfahren jedenfalls derzeit streng zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien zu unterscheiden ist. In jener Entscheidung war die Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien rechtzeitig gerügt worden, so dass insoweit kein Entscheidungsbedarf bestand.

Das OLG Düsseldorf hat zwar mit Beschluss vom 12.06.2013 (Verg 7/13) bestätigt, dass bei VOF-Vergaben "derzeit noch" das Gebot der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien gilt. Das OLG Düsseldorf hat sich jedoch zur Rügepflicht anders verhalten. Es hat eine Rüge nach 11 Tagen als rechtzeitig angesehen und überdies die nicht gerügte Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bei der Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung festgestellt und in seiner Entscheidung (von Amts wegen) ausdrücklich aufgeführt. Auch das OLG Frankfurt hat mit Beschluss vom 28.05.2013 (11 Verg 6/13) die Pflicht zur Trennung von Eignung und Zuschlagskriterien hervorgehoben, ist jedoch ohne nähere Begründung (A.2.) davon ausgegangen, dass dies für den Antragsteller erst im Nachprüfungsverfahren erkennbar geworden sei.

Das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 21.12.2012 (15 Verg 10/12) noch offen gelassen, ob bei der Kenntnis vom Vergabeverstoß objektiv auf die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Unternehmens oder subjektiv auf den Kenntnisstand des konkreten Unternehmens abzustellen ist. Konkret hat es die Kenntnis aber erst bejaht, als der Anbieter rechtlichen Rat einholte. Allein aus einer etwaigen Erfahrung eines Bieters in Vergabeverfahren könne bei lebensnaher Betrachtung nicht darauf geschlossen werden, dass auch die rechtlichen Grundlagen des Vergaberechtes in ihren Einzelheiten, insbesondere nicht hinsichtlich der Voraussetzungen für einen erfolgreichen Nachprüfungsantrag und hier wiederum die Fähigkeit, Eignungs- und Zuschlagskriterien zu unterscheiden, bekannt seien. Damit hat das OLG Karlsruhe im Unterschied zu OLG Celle und OLG München die Anforderungen an die Rechtskenntnis nicht dem Anbieter, sondern bei anwaltlicher Beratung dem Rechtsanwalt des Anbieters auferlegt.

Hier verfügt die Antragstellerin in ihrem Stammpersonal über mehrere Rechtsanwälte. Die vom Antragsgegner angesprochene Mitgliedschaft in einem internationalen Netzwerk unabhängiger Rechtsanwaltskanzleien ist keine betriebsintern zuzurechnende Kenntnis der Antragstellerin, sondern eine enge, gleichwohl externe Verbindung, daher nicht andres zu behandeln als die Einschaltung eines Rechtsanwaltes. Aufgrund der rechtlichen Qualifikation der unmittelbar bei der Antragstellerin beschäftigten Rechtsanwälte können rechtliche Kenntnisse allgemeiner Art von der Antragstellerin erwartet werden. Auf den von der Antragstellerin im nachgelassenem Schriftsatz erhobenen Einwand, die betriebseigenen Rechtsanwälte seien konkret nicht mit dem Fall befasst worden, kommt es nicht an, da es eine Obliegenheit des Auftragnehmers ist, in jeder Phase des Vergabeverfahrens das eigene Personal optimal einzusetzen.

Der Antragsgegner hat seine Annahme, dass die Antragstellerin als Steuerberatungsgesellschaft und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft spezifisch vergaberechtlich hinreichend bewandert ist oder hätte sein müssen, um einen solchen Verstoß erkennen zu können, nicht belegt. Das Vergaberecht ist eine komplexe Spezialmaterie abseits allgemeiner Rechtskenntnisse. Es gehört fachanwaltlich gemäß § 14e Nr. 3 der Fachanwaltsordnung zum Bau- und Architektenrecht, nicht zum Insolvenz- Banken- oder Handelsrecht, welche eine noch hinreichende Nähe zum Berufsbild der Wirtschaftsprüfer aufweisen. Das vom Antragsgegner genannte Wettbewerbsrecht ist zwar im UWG und u.a. auch im GWB enthalten, gehört jedoch zu den Fachanwaltsgebieten gemäß § 14 h und § 14 j Fachanwaltsordnung. Ob der Antragstellerin wie einem Ingenieur- oder Architektenbüro (vgl. § 34 Abs. 3 Nr. 6, 7, § 39 Abs. 3 Nr. 6, 7 § 43 Abs. 3 Nr. 6, 7 und Anlage 1 zur HOAI 2013, Ziffer 1.1.2 Leistungsphase 6 und 7) abverlangt werden kann, als alltägliche Notwendigkeit Rechtskenntnisse im Vergaberecht vorzuhalten bleibt unklar. Die anwaltliche Sorgfaltspflicht enthält weder aus der allgemeinen Fortbildungspflicht gemäß § 43a Abs 6 RAO, noch über die fachspezifische Fortbildungspflicht aus § 15 Fachanwaltsordnung die Verpflichtung, fachfremdes Spezialwissen vorhalten zu müssen. Allenfalls aus einer darzulegenden wiederholten Beteiligung an öffentlichen Vergaben ließe sich die Annahme herleiten, dass die Antragstellerin vergaberechtlich bewandert sein könnte oder gar müsste.

Die Antragstellerin hat unwiderlegt erstmals nach Erhalt der Bieterinformation vom 10.12.2013 den anwaltlichen Rat der Schwestergesellschaft eingeholt, wäre somit unter Zugrundelegung der Auffassung des OLG Karlsruhe nicht präkludiert. Die Vergabekammer sieht sich hier an die Rechtsprechung des OLG Celle gebunden, welches eine berufsbildspezifische Differenzierung der vom Anbieter vorzuhaltenden Kenntnisse noch nicht vornimmt. Die Vermengung von Eignungs- und Zuschlagskriterien war hier aus der Wortwahl der Bekanntmachung ebenso offenkundig, wie in dem vom OLG Celle im November 2013 entschiedenen Fall, so dass die Antragstellerin dies unter Berücksichtigung der hiesigen Rechtsprechung bis zur Abgabe des Teilnahmeantrages hätte rügen müssen.

Diese Präklusion erfasst allerdings nicht das der Antragstellerin erstmals aus dem Absageschreiben erkennbare Zuschlagskriterium "Erfahrung bei der Prüfung von Jahresabschlüssen öffentlicher Hochschulen" und die oben genannte schlechte Wertung ihres im Verhandlungsgespräch dargestellten Personalkonzepts.

3. Wie sich in der mündlichen Verhandlung ergab, hat der Antragsgegner für keines der Zuschlagskriterien eine transparente und nachvollziehbare Wertung vorgenommen. Die Antragstellerin ist durch die unzureichende Wertung in ihren Rechten aus § 97 Abs. 1, § 97 Abs. 2 und Abs. 7 GWB verletzt.

a) Die Antragstellerin ist durch die schlechte Wertung ihres Personalkonzeptes im Verhandlungsgespräch in ihren Rechten aus § 97 Abs. 1, § 97 Abs. 2 und Abs. 7 GWB verletzt. Es ist unklar geblieben, ob die Wertung des Personalkonzepts ein Unterkriterium zu dem bekanntgegebenen Zuschlagskriterium "Referenzen/Erfahrungen", oder "Eignung des Prüferteams" ist. Die Vergabekammer ordnet die Darstellung des Personalkonzepts hier eher der "Eignung des Prüferteams" zu, weist aber darauf hin, dass sich die Entscheidung auch bei einer Zuordnung zu einem anderen Zuschlagskriterium nicht ändert. Für das weitere Vergabeverfahren geht die Vergabekammer davon aus, dass aufgrund der Rügepräklusion die eigentlich unzulässige Verbindung von Eignungs- und Zuschlagskriterien hier ausnahmsweise als fiktiv zulässig anzusehen ist, so dass das vom Antragsgegner rechtswidrig verwendete Zuschlagskriterium "Eignung des Prüferteams" im Weiteren wie ein zulässig gesetztes Zuschlagskriterium behandelt wird. Die vorgenommene Wertung war intransparent.

Gemäß § 11 Abs. 5 VOF berücksichtigen die Auftraggeber verschiedene, durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigte Kriterien. Beispiele sind in dieser Vorschrift genannt. Bei einer qualifizierten persönlichen Dienstleistung ist die Darstellung eines Personalkonzepts ein nachvollziehbares und übliches Unterkriterium. Gemäß § 11 Abs. 4 VOF haben die Auftraggeber in der Aufgabenbeschreibung oder der Vergabebekanntmachung oder (spätestens) der Aufforderung zur Angebotsabgabe alle Zuschlagskriterien anzugeben, deren Anwendung vorgegeben ist. Sie haben auch anzugeben, wie die einzelnen Kriterien gewichtet werden. Die "Eignung des Prüferteams" sollte mit 20 Punkten von 100 möglichen Punkten bewertet werden, so wie in der Vergabebekanntmachung unter Ziffer IV.2. dargestellt. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin und den anderen Bietern in der Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 28.10.2013 nicht mitgeteilt, für welche Art von Leistungen die Höchstpunktzahl von 40 bzw. 20 Punkten vergeben werden sollten und wie die weitere Abstufung geplant sei. Das ist vergaberechtswidrig, wenn Unterkriterien wie die Darstellung des Personalkonzepts bei der Wertung berücksichtigt werden sollten.

Der Auftraggeber muss grundsätzlich allen am Auftrag interessierten Unternehmen alle Kriterien und deren relative Bedeutung, die bei der Bestimmung ihres Angebots berücksichtigt werden, im Zeitpunkt der Vorbereitung der Angebote bekannt machen. Es dürfen keine Unterkriterien oder Gewichtungsregeln angewendet werden, die der Auftraggeber den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat, der Auftraggeber darf keine Bewertungskriterien zurückhalten (OLG Celle, Beschluss vom 21. 01 2013, Az.: 13 Verg 12/12; OLG Celle Beschluss vom 12.01.2012, 13 Verg 8/11 für ein Verfahren nach EG-VOL/A mit Hinweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.05.2008 - VII-Verg 5/08, zitiert nach [...], Tz. 22; Beschluss vom 11. Mai 2011, VII-Verg 64/10; OLG München, Beschluss vom 21. Mai 2010 - Verg 2/10, zitiert nach [...], Tz. 117; EuGH, Urteil vom 24. Januar 2008 -C-532/06 "Liniakis", zitiert nach [...], Tz. 37). Der BGH hat jüngst (Beschluss vom 07.01.2014, X ZB 15/13) für die Wertung von Nebenangeboten Ähnliches festgestellt: "Die vergaberechtskonforme Wertung von (Neben)Angeboten, die den vorgegebenen Mindestanforderungen genügen, ist durch Festlegung aussagekräftiger, auf den jeweiligen Auftragsgegenstand und den mit ihm zu deckenden Bedarf zugeschnittener Zuschlagskriterien zu gewährleisten, die es ermöglichen, das Qualitätsniveau von (Neben)Angeboten und ihren technisch-funktionellen und sonstigen sachlichen Wert über die Mindestanforderungen hinaus nachvollziehbar und überprüfbar mit dem für die Hauptangebote nach dem Amtsvorschlag vorausgesetzten Standard zu vergleichen." Das gilt erst recht für die Wertung der Hauptangebote und ist seit längerem allgemeiner Stand der Rechtsprechung (vgl. VK Bund, Beschluss vom 12.04.2013 - VK 1-15/13 mit weiteren Nachweisen).

Der Antragsgegner hat in der mündlichen Verhandlung das Ergebnis der Antragstellerin bei dem weiteren bekannt gegebenen Zuschlagskriterium "Eignung des Prüferteams" mit 5 von 20 Punkten nicht aus der Vergabeakte herleiten können. Der Vertreter des Antragsgegners hat mündlich aus seiner persönlichen Erinnerung dargestellt, welche Aspekte ihm im Vorstellungsgespräch an der Vorstellung der Antragstellerin missfallen haben oder im Verhältnis zu den Beigeladenen weniger aussagekräftig waren, als deren Darstellung. In der Aufforderung zur Angebotsabgabe fehlen aber benannte Unterkriterien auf die die Antragstellerin ihre Präsentation hätte einrichten können. Außerdem fehlt an anderer Stelle der Vergabeakte die Subsumtion des Präsentationsergebnisses unter diese Unterkriterien. Selbst eine den Anbietern übermittelte Skala der subjektiven Eindrücke aus der Beurteilungskommission, die zum Beispiel wie Schulnoten aufgebaut werden könnten, fehlt.

Als weitere denkbare Unterkriterien kämen solche zur auftragsbezogenen Qualifikation der geplanten Mitarbeiter im Prüfteam, der Zahl der eingesetzten Mitarbeiter und der Dauer des vorgesehenen Einsatzes in Mann/Stunden in Betracht.

Die Vergabekammer hat dem Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung aufgezeigt, dass die von ihm in den einzelnen Vorstellungsgesprächen protokollierten Angaben zur Eignung des Prüferteams keine Rückschlüsse auf die Qualifikation der jeweiligen Teilnehmer des Prüferteams zulassen. Nach der Auswertung der vom Antragsgegner erstellten Protokolle entsteht der Eindruck, dass die Antragstellerin und die Beigeladene zu 1 bis 2 jeweils gleichermaßen qualifiziertes Prüfungspersonal vorgesehen hatten.

Auch quantitativ ist die vorgenommene Differenzierung nicht aus der Vergabeakte nachvollziehbar. Die Antragstellerin hat 18 bis 25 Personen für beide Lose einsetzen wollen. Die Beigeladene zu 1 will nach dem Protokoll einen Prüfleiter und drei Mitarbeiter für zwei bis drei Wochen einsetzen. Erst aus der Anmerkung der Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung hat sich ergeben, dass diese vier Mitarbeiter nicht für ein Los, sondern für eine Universität vorgesehen seien. Bei 8 Universitäten würde die Beigeladene zu 1 somit 24 Personen in einem Los einsetzen.

Die Beigeladene zu 2 schließlich hat nach der Dokumentation sechs Prüfungsleiter, die durch sechs Prüfer unterstützt werden sollten, vorgesehen, also insgesamt 12 Personen. Aus diesen Protokollangaben ist nicht ersichtlich, warum der Antragsgegner den Angeboten der Beigeladenen zu 1 und 2 trotz deutlich abweichenden Personaleinsatzes jeweils die Höchstzahl von 20 Punkten für dieses Kriterium vergeben hat, dem Angebot der Antragstellerin mit einem im Mittelfeld liegenden Personalansatz jedoch nur 5 Punkte.

Somit ist die Wertung durch den Antragsgegner hier intransparent. Es bleibt unklar, warum das von der Antragstellerin vorgelegte Personalkonzept deutlich weniger überzeugt hat, als die Konzepte der Beigeladenen.

b) Der Antragsgegner hat auch die Bewertungsunterkriterien für das Zuschlagskriterium "Erfahrung/Referenzen" unter Verstoß gegen § 11 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 VOF der Antragstellerin und den anderen Bietern nicht mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe und damit vor Beginn der Wertung mitgeteilt. Die nachträgliche Einführung eines Wertungsunterkriteriums "Praktische Erfahrung bei der Prüfung von Jahresabschlüssen öffentlicher Hochschulen" ist daher intransparent.

Der Antragsgegner hat für das Zuschlagskriterium "Erfahrung/Referenzen" überhaupt keine Differenzierung vorgenommen, obwohl sich das bei einer Wertung mit 40 % aufgedrängt hätte. Wie die Beigeladene zu 2 in der mündlichen Verhandlung zutreffend angemerkt hat, findet sich die einzige Einschränkung zum Merkmal "Referenzen" nicht bei den Zuschlagskriterien, sondern in Ziffer III2.1. der Bekanntmachung bei den bieterbezogenen Eignungsnachweisen gemäß § 5 Abs. 5 b) VOF. Die dort vorgenommene interpretationsbedürftige Eingrenzung auf "vergleichbare" Referenzen fehlt bei den Zuschlagskriterien.

Der Antragsgegner hätte die Möglichkeit gehabt, gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 VOF die bekannt gemachten Zuschlagskriterien bis zu Aufforderung zur Angebotsabgabe zu konkretisieren. Er hat von dieser Möglichkeit jedoch nicht Gebrauch gemacht, vielmehr nachträglich das ihm vor der Einladung zum Verhandlungsgespräch (Blatt 396) also noch rechtzeitig per E-Mail vom 15.10.2013 (Blatt 355) an ihn herangetragene Wertungskriterium "Prüfungserfahrung im Bereich der öffentlichen Verwaltung bzw. im Hochschulbereich" in intransparenter Weise zum Gegenstand seiner Vergabeentscheidung gemacht. Das Offenlassen konkreter, bereits fest geplanter Bewertungsmaßstäbe ist vergaberechtlich unzulässig (OLG Celle Beschluss vom 21. 01 2013, Az.: 13 Verg 12/12). Die Bieter müssen vorab angemessen über Kriterien und Modalitäten informiert werden, aufgrund derer das wirtschaftlichste Angebot ermittelt wird (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.06.2013, VII Verg 8/13, und Beschluss vom 30.07.2009, VII Verg 10/09). Nach der Rechtsprechung der Europäischen Gerichtshofes darf ein öffentlicher Auftraggeber keine Gewichtungsregeln oder Unterkriterien für die Zuschlagskriterien anwenden, die er den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat (EuGH, Urteil vom 24.01.2008, C-532/06). Andererseits hat der Antragsgegner zu berücksichtigen, dass jede genauere Spezifizierung der geforderten Erfahrungen eines sachlichen Grundes bedarf. Wollte der Antragsgegner also nur Erfahrungen mit einem bestimmten Hochschultyp positiv werten, oder solche Erfahrungen besonders positiv werten, so bedürfte es neben der Offenlegung der Unterkriterien gegenüber den Anbietern hierfür in der Dokumentation einer nachvollziehbaren und objektiven Begründung, die den Verdacht einer möglichen Diskriminierung entkräften kann.

Hier hätten sich Unterkriterien zur europaweiten oder der aufgrund konkreter spezifischer Gründe eingeschränkten Erfahrung der Anbieter im Hochschulbereich angeboten. Diese hätte der Antragsgegner quantitativ und qualitativ staffeln können. Die Vergabestelle wird bei der nachzuholenden Benennung der Unterkriterien allerdings auch zu berücksichtigen haben, dass jedes Zuschlagskriterium geeignet ist, den Wettbewerb einzuschränken. Für jedes Kriterium ist daher zu prüfen, ob aus verständiger Sicht der Vergabestelle ein berechtigtes Interesse an dem aufgestellten Kriterium besteht, so dass diese als sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig erscheint und den Bieterwettbewerb nicht unnötig einschränkt (vgl. VK Niedersachsen, Beschluss vom 18.11.2011, VgK-50/2011 zu einschränkenden Eignungskriterien). Im Vorgriff auf die aus der Vergabeakte ersichtlichen Anregungen Dritter zur Wertung (Blatt 355) weist die Vergabekammer darauf hin, dass der Auftraggeber keine Unterkriterien festlegen darf, welche geeignet sind, Bieter zu diskriminieren (OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.10.2010 11 Verg 7/10; ähnlich auch OLG Hamburg, Beschluss vom 24.09.2010 Verg 2/10 jeweils zit. nach VERIS). Kenntnisse zur Jahresabschlussprüfung im Hochschulbereich sind gut nachzuvollziehen. Kenntnisse des niedersächsischen Hochschulsystems oder Kenntnisse von Hochschulen in öffentlicher Trägerschaft sind nur dann nicht diskriminierend, wenn grundlegende konkret zu dokumentierende Unterschiede bestehen, diese konkrete Auswirkungen auf den Vertragsgegenstand haben und wenn einem neu in dieses Marktsegment eintretenden Anbieter die Einarbeitung im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung nicht oder nur sehr schwer möglich wäre. Die bisherige Darstellung in der Antragserwiderung, niedersächsische Hochschulen verfügten über eine außerordentliche Komplexität und einen hohen Differenzierungsgrad ist nicht konkret genug.

c) Auch die weiteren vom Antragsgegner vorgetragenen Argumente, weshalb der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin erfolglos bleiben müsse, sind nicht überzeugend. Die Antragstellerin hat in Los 1 preislich das günstigste Angebot abgegeben. Die erstmals im Nachprüfungsverfahren erhobene Einwendung des Antragsgegners, dieses Angebot sei unangemessen niedrig, trägt nicht den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu 1. Zum einen gibt es in der VOF keine dem § 19 EG Abs. 6 VOL/A vergleichbare Rechtsgrundlage, die es untersagt, den Zuschlag auf Preise zu erteilen, die in einem offenbaren Missverhältnis zur Leistung stehen. Ob daraus zu folgern ist, dass ein Ausschluss wegen unangemessen niedriger Preise in der VOF nicht zulässig sei (OLG München, Beschluss vom 09.02.2009, Verg 27/08), oder aber ob in diesem Fall die Ausschlussberechtigung direkt aus Artikel 55 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18 EG hergeleitet werden muss (so Müller-Wrede, VOF-Kommentar, 4. Auflage, § 11, Rdnr. 58), kann hier offen bleiben. Denn unter Übertragung der Rechtsprechung zu § 19 EG Abs. 6 VOL/A auf die VOF bestünde erst dann ein Anlass, die Unangemessenheit eines Angebotes zu prüfen, wenn das günstigste Angebot vom nächstgünstigsten Angebot je nach Branche mehr als 20 % abweicht (sog. Aufgreifschwelle VK Niedersachsen, Beschluss vom 14.12.2012 - VgK-48/2012 mit weiteren Nachweisen). Dies ist bei Los 1 nicht der Fall, vielmehr weichen die Angebote der Antragstellerin und des nächst günstigen Anbieters nur um 9,12 % voneinander ab. Darüber hinaus ist bei einem Preisabstand jenseits der Mindestaufgreifschwelle nicht etwa ohne weitere Anhörung der Ausschluss zulässig. Vielmehr ist zuerst aufzuklären, ob es sachliche Gründe gibt, die das niedrige Angebot rechtfertigen. Es gibt kein generelles Verbot eines Unterkostenangebotes, vielmehr dient die Aufklärung oder der nachfolgende Ausschluss des ungewöhnlich niedrigen Angebotes ausschließlich dem Interesse des Auftraggebers daran, dass der obsiegende Anbieter über die gesamte beabsichtigte Vertragsdauer hinweg leistungsfähig ist, oder das Unterkostenangebot in einer Marktverdrängungsabsicht abgibt (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.01.2013 - Verg W 13/12). Dazu fehlt es an einem substantiierten Vortrag des Antragsgegners.

d) Der Antragsgegner hat darüber hinaus gegen § 12 Abs. 2c, e VOF verstoßen. Auch hierdurch ist die Antragstellerin in ihrem Recht auf ein transparentes Verfahren gemäß § 97 Abs 1 GWB verletzt. Die Vergabestelle hat gemäß § 12 Abs. 1 VOF das Vergabeverfahren von Anbeginn an fortlaufend zu dokumentieren, so dass die einzelnen Stufen des Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen, sowie - hier relevant - die Begründung der einzelnen Entscheidungen festgehalten werden.

Nach der neueren Rechtsprechung zur Dokumentationspflicht und zum Beschleunigungsgrundsatz (BGH, Beschluss vom 08.02.2011, XZB 4/10, Rdnr. 71 bis 73; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.03.2011, Verg 63/10, Beschluss vom 08.09.2011, Verg. 48/11; OLG Celle, Beschluss vom 13.01.2011, 13 Verg 15/10; a. A. noch OLG Celle, Beschluss vom 11.02.2010 - 13 Verg 16/09) ist eine etwaige Wiederholung einer Wertung aufgrund von Dokumentationsmängeln nur geboten, wenn eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung bei alleiniger Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation im Nachprüfungsverfahren zweifelhaft ist. Das OLG Düsseldorf räumt dem Auftraggeber sogar die Möglichkeit ein, im Nachprüfungsverfahren maßgebliche Erwägungen nachzuholen, dann allerdings mit Auswirkungen in der Kostenentscheidung. Selbst wenn also ein Dokumentationsmangel vorliegen sollte, führt das in der Praxis eher selten zu einer Maßnahme nach § 114 GWB. Hier liegen erhebliche Dokumentationsmängel vor, zu denen erstmals in der Verhandlung vor der Vergabekammer mündlich Nachbesserungen vorgenommen worden sind. Auch unter Berücksichtigung dieses Vortrags bleibt es bei erheblichen wertungsrelevanten Dokumentationsmängeln.

Gemäß § 12 Abs. 2c VOF umfasst die Dokumentation u.a. mindestens die Gründe für die Ablehnung der nicht berücksichtigten Bewerber. Hier hat der Antragsgegner zwar am Ende jedes Verhandlungsprotokolls Gründe für die Ablehnung der unterlegenen Bieter festgehalten und diese Gründe den unterlegenen Bietern wie auch der Antragstellerin mitgeteilt. Bei der internen Dokumentation dieser Gründe handelt es sich jedoch nicht um eine abgeschlossene Wertung des gesamten Angebotes, sondern um einzelne, herausgegriffene Argumente, die es nach Auffassung des Antragsgegners verbieten, der Antragstellerin (und anderen Anbietern) den Zuschlag zu erteilen. Solches findet nicht in der Wertung auf der 4. Stufe, sondern allenfalls bei der Eignungsprüfung statt. Nicht ohne Grund hat daher die Antragstellerin die Ablehnungsgründe nicht etwa als Auszug aus der gesamten umfassenden Wertung ihres Angebotes verstanden, sondern als nachträglich erhobene Einwände gegen ihre Eignung. Der Antragsgegner hat aber die Eignung der Antragstellerin auf den Blättern 331a, 331b der Vergabeakte zu einem frühen Zeitpunkt festgestellt. Der Vergabeakte ist auch nicht entnehmbar, dass der Antragsgegner Veranlassung sah, diese Feststellung der Eignung der Antragstellerin zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzuheben oder anzuzweifeln. Die auf Blatt 10 der Antragserwiderung dargestellte eingeschränkte Eignung mit der Folge, das bei den Zuschlagskriterien nicht die volle Punktzahl vergeben worden sei, ist nicht dokumentiert, wäre auch im Übrigen wegen der strikten Trennung der Eignungsprüfung auf der 2. Wertungsstufe von der eigentlichen Wertung auf der 4. Wertungsstufe eine vergaberechtsfremde Vorgehensweise.

Gemäß § 12 Abs. 2 e) VOF umfasst der Mindestinhalt der Dokumentation auch die Gründe für die Auswahl des jeweiligen Bieters. Die Vergabekammer hat in der mündlichen Verhandlung erkennen können, dass eine strukturierte Wertung des Gesamtangebotes der Antragstellerin wie aber auch der anderen Teilnehmer am Verhandlungsverfahren nicht stattgefunden hat. Dementsprechend gibt es weder eine Bewertungsmatrix in der Vergabeakte, noch eine Dokumentation eines an diese Bewertungsmatrix angelehnten Wertungsergebnisses. Das abschließende Wertungsgespräch von zweieinhalb Stunden Dauer, auf das der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung erstmals hingewiesen hat, ist nicht dokumentiert, auch nicht als Ergebnisvermerk.

Der Antragsgegner hat erstmals in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die Antragstellerin in dem Kriterium Referenzen/Erfahrung nur 5 von 40 möglichen Punkten erhalten habe. Die Beigeladenen hätten jedoch jeweils die volle Punktzahl erhalten. Bei einem so wesentlichen Vergabekriterium, welches mit nahezu der Hälfte der Gewichtung in die abschließende Wertung einfließt, ist es nicht nachvollziehbar, dass weder eine Binnendifferenzierung in Unterkriterien, wie sie der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung dargestellt hat, in der Vergabeakte enthalten ist, noch eine zusammenfassende Begründung der Entscheidung.

Gleiches gilt für die Dokumentation der Wertung des Preises. Bei der Wertung der Preise muss sich jeder gesparte EURO immer gleichermaßen auswirken. Dies ist zu dokumentieren. Die preisliche Wertung des Angebots der Beigeladenen zu 1 ist nicht dokumentiert. Die dokumentierte Begründung für den Zuschlag an die Beigeladene zu 2, ihr Honorarangebot liege im Mittelfeld, wir den obigen Anforderungen nicht gerecht.

Die vom Antragsgegner erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Differenzierung, dass das niedrigste Angebot 40 Punkte erhalten habe (gemäß dem Anteil der Wertung) bei den jeweils nächst höheren Angeboten dann 8 Punkte abgezogen worden seien, bis schließlich das sechstplatzierte Angebot und alle in der Reihenfolge nachstehenden Angebote keine Punkte mehr erhalten hätten, ist nicht dokumentiert. Über dies hat die Vergabekammer gravierende Zweifel an der Angemessenheit dieser Vorgehensweise. Diese Abstufung der Punkte entspricht nicht der Validität der Unterschiede in den Angeboten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.04.2010, VII Verg 53/09, für ein gelungenes Beispiel). Eine pauschale Abstufung um jeweils 8 Punkte, unabhängig davon, wie gering der Abstand zwischen den jeweiligen Angeboten gewesen ist, ist rechtswidrig.

Hier gibt es stattdessen zahlreiche erprobte, einfache und transparente Berechnungsmethoden. Als Beispiel seien genannt: Bruttopreis des günstigsten Angebotes multipliziert mit 40 und dividiert durch den Bruttopreis des jeweils zu wertenden Angebotes, oder: Niedrigstes Angebot erhält Hundert Punkte, ein fiktives Angebot mit dem doppelten Wert des niedrigsten Angebots erhält 0 Punkte, die weiteren eingegangenen Angebote werden linear interpoliert, das Ergebnis mit dem Wertungsanteil, hier also 0,4 multipliziert. Diese Berechnungsmethoden ermöglichen es, die Preise in dem Maße abzustufen, wie sie für den Auftraggeber vorteilhaft sind. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb im Los 1 der Zweit- und Drittplatzierte, die nur um 1 % voneinander abweichen, nach der von dem Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragenen Bewertung 8 Punkte auseinander liegen sollen.

4. Gemäß § 114 Abs. 1 GWB hat die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und die Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Diese Vorschrift vermittelt der Vergabekammer einen weiten Entscheidungsspielraum, der nur im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Schranken findet. Die Vergabekammer ist an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken (§ 114 Abs. 1 Satz 2 GWB). Die gewählte Maßnahme muss sich eignen, die Rechtsverletzung sicher zu beseitigen. Sie soll aber gleichzeitig aber auch das mildeste der geeigneten Mittel hierfür sein. Von den hier festgestellten Verstößen gegen drittschützendes Vergaberecht ist die Aufforderung zur Angebotsabgabe ohne festgelegte und den Bietern mitgeteilte Wertungsmatrix einschließlich der folglich nicht nachvollziehbaren Wertung der Angebote nicht vom Ausschluss wegen verspäteter Rüge umfasst.

Eine Verpflichtung, das Vergabeverfahren ab der Aufforderung zum Verhandlungsgespräch/Angebotsabgabe zu wiederholen ist geeignet, die Verletzung der Rechte der Antragstellerin zu heilen.

Der Antragsgegner soll mit der Aufforderung zum Verhandlungsgespräch/zur Angebotsabgabe die Zuschlagskriterien vollständig und unter Angabe der Unterkriterien allen bis dahin verbliebenen Anbietern mitteilen. Anschließend soll er erneut in die Angebotswertung und Angebotsverhandlung eintreten. Er soll die Wertung unter Berücksichtigung aller bekannt gegebenen Zuschlagskriterien sowie unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durchführen. Er soll all diese Entscheidungen zeitnah und nachvollziehbar dokumentieren. Diese Möglichkeit der Fehlerkorrektur ist das Mittel mit der geringsten Eingriffstiefe, um gegenüber der Antragstellerin eingetretenen Rechtsverletzungen sicher zu beseitigen.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechtes vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).

Die in Ziffer 2 des Tenors festgesetzte Gebühr ergibt sich aus einer Interpolation des Auftragswertes innerhalb des Gebührenrahmens gemäß § 128 Abs. 2 GWB. Die von der Vergabekammer festzusetzende regelmäßige Mindestgebühr beträgt 2.500 €, die Höchstgebühr 50.000 € und die Höchstgebühr in Ausnahmefällen 100.000 €.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 € eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996 - 1998) gegenübergestellt. Dazwischen wird interpoliert.

Der zugrunde zu legende Auftragswert beträgt nach der Angebotssumme der Antragstellerin für beide Lose hochgerechnet auf die vorgesehene Vertragdauer von 5 Jahren xxxxxx € brutto. Dieser Betrag entspricht dem Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Bei einer Angebotssumme von xxxxxx € brutto ergibt sich eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €. Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein. Gutachterkosten oder Kosten durch Zeugenvernehmungen in der mündlichen Verhandlung sind nicht angefallen.

Die in Ziffer 3 des Tenors verfügte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Nachprüfungsverfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zunächst zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner und die Beigeladene zu 1, welche eigene Anträge gestellt hat, im Nachprüfungsverfahren zur Hälfte unterlegen sind. Zwar ist Vergabekammer im Ergebnis etwas über die Anträge der Antragstellerin aus der Antragsschrift vom 23.12.2013 hinausgegangen, jedoch ist auch zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag teilweise unzulässig war. Den Anteil des nicht unerheblichen Unterliegens der Antragstellerin im Verhältnis zum Antragsgegner und der Beigeladenen zu 1 schätzt die Vergabekammer mit 50 % ein (vgl. OLG Celle, 30.09.2010 - 13 Verg 10/10 zit. nach ibr-online).

Die Beigeladene zu 1 ist dem Antragsgegner mit Anträgen beigetreten, hat sich daher dem vollen Kostenrisiko ausgesetzt. Daher sieht die Vergabekammer eine Beteiligung der Beigeladenen zu 1 an den Verfahrenskosten des Nachprüfungsantrags in gleicher Höhe wie für den Antragsgegner als geboten an, so dass ihr wie dem Antragsgegner die Verfahrenskosten teilweise und untereinander gleichermaßen aufzuerlegen sind.

Der Antragsgegner ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 BVwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04). Daher sieht die Vergabekammer von der sonst üblichen gesamtschuldnerischen Haftung der teilweise Unterlegenen für die Gebühren ab und legt die Gebührenpflichtigkeit je zu einem Viertel dem Antragsgegner und der Beigeladenen zu 1, und zur Hälfte der Antragstellerin auf.

Gemäß Ziffer 4 des Tenors hat der Antragsgegner der Antragstellerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Kosten und damit die Anwaltskosten teilweise zu erstatten. Da der Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren teilweise unterlegen ist, hat er gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 GWB die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen erforderlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen. Aus den obigen Gründen ist die Beigeladene an den Kosten der Antragstellerin gleichermaßen zu beteiligen.

Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war antragsgemäß auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren notwendig war. Obwohl das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, ist wegen der Komplexität des Vergaberechts, des Verfahrensrechts im Nachprüfungsverfahren sowie der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltliche Beratung und Begleitung für die Antragstellerin erforderlich.

Gemäß Ziffer 5 des Tenors hat die Antragstellerin dem Antragsgegner als Auftraggeber und der Beigeladenen zu 1 die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen und damit die Anwaltskosten gemäß § 128 Abs. 4 GWB zur Hälfte zu erstatten.

Die anwaltliche Vertretung des Auftraggebers im Nachprüfungsverfahren gehört nicht grundsätzlich zu den notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Grundsätzlich ist der Auftraggeber gehalten, im Rahmen seiner Möglichkeiten vorhandenes juristisch geschultes Personal auch im Nachprüfungsverfahren einzusetzen. Auftragsbezogene Rechtsfragen aus dem Bereich der VOL/A oder VOB/A wird das regelmäßig mit der Vergabe betraute Personal sachkundig beantworten können, so dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für eine geschulte Vergabestelle mit großer Routine regelmäßig nicht notwendig sein wird, wenn auftragsbezogene Fragen Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.01.2011, Verg 60/10; OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011, 13 Verg 17/10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.06.2010, 15 Verg 4/10; OLG München, Beschluss vom 11.06.2008, Verg 6/08, und vom 28.02.2011, Verg 23/10). Aus diesem Grund wären für den Antragsgegner die Kosten einer anwaltlichen Beratung hier notwendig und damit erstattungsfähig gewesen. Außerdem ist das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus sowohl nationalem Recht als auch dem Europarecht, die nicht immer im Gleichklang stehen. Soweit der Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens daher hauptsächlich rechtliche Probleme des GWB sind, ist auch für eine routinierte Vergabestelle im Einzelfall die anwaltliche Vertretung des Antragsgegners durchaus angemessen.

Die Kosten der Beigeladenen zu 1 sind ebenfalls teilweise erstattungsfähig. Nach § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB sind Aufwendungen des Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie aus Billigkeitsgründen der unterlegenen Partei auferlegt. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit voraus, dass der Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschluss vom 9. Februar 2010 - Verg W 10/09, zitiert nach [...] Tz. 46; OLG Celle Beschluss vom 29.06.2010, 13 Verg 4710 zit. nach ibr-online) Die aktive Beteiligung sah die Rechtsprechung (BGH NZBau 2001, 151) ursprünglich erst dann als gegeben an, wenn der Beigeladene sich - entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO - umgekehrt auch selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hatte, indem er selbst eigene Sachanträge gestellt hatte. Inzwischen muss lediglich eine dem Beitritt eines Streithelfers der ZPO vergleichbare Unterstützungshandlung erkennbar sein, an Hand derer festzustellen ist, welches (Rechtsschutz-)Ziel ein Beigeladener in der Sache verfolgt (OLG Celle, Beschluss vom 27. August 2008 - 13 Verg 2/08). Ist eine solche nicht ersichtlich, handelt es sich bei den entstandenen Aufwendungen des Beigeladenen nicht um solche zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (OLG Celle Beschluss vom 29.06.2010, 13 Verg 4710 zit. nach ibr-online). Hat sich die Beigeladene in einen bewussten Interessengegensatz zu der Antragstellerin gestellt und sich dadurch aktiv am Verfahren beteiligt, dass sie eigene Anträge gestellt und diese begründet oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat, entspricht die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen regelmäßig billigem Ermessen (vgl. Brauer in Kulartz/Kus/Portz, GWB, § 128 Rn. 37; OLG Celle Beschluss vom 12.01.2012 13 Verg 9/11).

Hier hat nur die Beigeladene zu 1, nicht aber die Beigeladene zu 2 den Antragsgegner und damit die teilweise obsiegende Partei aktiv unterstützt, indem sie eigene Anträge gestellt hat. Somit hat sie im Verhältnis zur Antragstellerin in gleicher Weise einen Kostenerstattungsanspruch. Für die Beigeladene ist die aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ersichtliche Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes aus den gleichen Gründen notwendig, wie für die Antragstellerin. Ihr Vorbringen in der mündlichen Verhandlung ist dahingehend zu verstehen gewesen, dass sie diesen sachdienlichen Antrag hat stellen wollen.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

xxxxxx

Die Beigeladene zu 1 wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den Betrag von xxxxxx € unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gaus
Peter
Schulz