Vergabekammer Lüneburg
Beschl. v. 08.09.2014, Az.: VgK-30/2014

Anforderungen an die Vergabe von Leistungen eines Rettungsdienstes sowie des Unterhalts der dazugehörenden Einrichtungen

Bibliographie

Gericht
VK Lüneburg
Datum
08.09.2014
Aktenzeichen
VgK-30/2014
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 25706
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In dem Nachprüfungsverfahren
der xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Antragstellerin -
g e g e n
den Landkreis xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
- Antragsgegner -
beigeladen:
1. xxxxxx
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxx
Beigeladene zu 1.
2. xxxxxx
- Beigeladene zu 2.
wegen
Interimsbeauftragung mit Rettungsdienstleistungen,
hat die Vergabekammer durch den Vorsitzenden MR Gause, die hauptamtliche Beisitzerin Dipl.-Ing. Rohn und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn RA Hintz, auf die mündliche Verhandlung vom 08.09.2014
beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin durch die Entscheidung des Antragsgegners, die verfahrensgegenständlichen zusätzlichen Rettungsdienstleistungen über den für die Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens zur rechtskonformen Umsetzung des am 01.08.2014 in Kraft getretenen Bedarfsplans erforderlichen Vertragszeitraums von max. einem Jahr hinaus ausschließlich unter Berücksichtigung der beigeladenen Rettungsdienste als Bestandsdienstleister zu vergeben, in ihren Rechten verletzt ist.

  2. 2.

    Eine Beauftragung der bisherigen Leistungserbringer ohne förmliches Vergabeverfahren kann längstens für den Leistungszeitraum bis zum 31.07.2015 erfolgen.

  3. 3.

    Der Antragsgegner hat bei fortbestehender Absicht, die streitgegenständlichen Leistungen im Wege eines Dienstleistungsauftrages an Dritte zu beauftragen, hierzu so rechtzeitig eine Vergabebekanntmachung für eine öffentliche Ausschreibung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VOL/A zu veröffentlichen, dass die Leistungen ab dem 01.08.2015 nur auf der Grundlage eines vergaberechtsgemäßen, förmlichen Vergabeverfahrens erfolgen.

  4. 4.

    Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

  5. 5.

    Die Kosten werden auf xxxxxx € festgesetzt.

  6. 6.

    Die Kosten des Verfahrens haben der Antragsgegner und die Antragstellerin je zu 1/2 zu tragen. Der Antragsgegner ist jedoch von der Entrichtung des auf ihn entfallenden Kostenanteils befreit.

  7. 7.

    Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben einander die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen je zu 1/2 zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war sowohl für die Antragstellerin als auch für den Antragsgegner notwendig.

Begründung

I.

Gemäß Beauftragungsvertrag vom xxxxxx führen die Beigeladene zu 1 und die Beigeladene zu 2 Leistungen des Rettungsdienstes und des Unterhalts der dazugehörenden Einrichtungen im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners durch. Die Laufzeit des Vertrages ist unbestimmt. Das in § 13 festgelegte Entgelt wurde jährlich angepasst. Aktuell betreut die Beigeladene zu 1 vier und die Beigeladene zu 2 eine Rettungswache im Kreisgebiet.

Aufgrund von Strukturänderung im Rettungsdienstbereich wurde im Jahr 2013 die Fa. xxxxxx mit einer Untersuchung des Rettungsdienstes im Kreisgebiet beauftragt. Die Gutachter stellten u. a. fest, dass die durch die Verordnung über die Bemessung des Bedarfs an Einrichtungen des Rettungsdienstes vorgegebene Eintreffzeit von max. 15 Minuten nur in rd. 90 % der Notfälle eingehalten werden konnte und damit die angestrebte Quote von 95 % verfehlt wird.

Auf Basis des Gutachtens zur Organisation des Rettungsdienstes der Fa. xxxxxx und einer hieraus entwickelten Prioritätenliste vom 24.03.2014 hat der Antragsgegner seinen Bedarfsplan vom xxxxxx für den Rettungsdienstbereich des Landkreises xxxxxx vom xxxxxx gemäß § 4 Abs. 6 NRettDG fortgeschrieben. Der Bedarfsplan wurde am 18.07.2014 beschlossen und ist seit dem 01.08.2014 in Kraft.

Um bis zur rechtskonformen Umsetzung des Bedarfsplanes, die nach seiner Schätzung 1,5 bis 2 Jahre in Anspruch nehmen wird, insbesondere Hilfsfristüberschreitungen zu reduzieren, will der Antragsgegner vorab Sofortmaßnahmen mit den Beigeladenen xxxxxx und xxxxxx kurzfristig umsetzen. Hierüber wurden im April und im Juli 2014 Gespräche mit den Beigeladenen geführt. Nach einem Vertragsentwurf, Stand 7/2014, sollen folgende Sofortmaßnahmen durchgeführt werden:

- Etablierung eines 2. RTW in der Rettungswache xxxxxx (RTW 2) in der Zeit Mo. bis Fr. 9.00 Uhr - 21.00 Uhr, Sa. 9.00 - 21.00 Uhr, So/Fe. 9.00 - 21.00 Uhr. Bisherige Vorhaltung: keine. Anmerkung: der vorhandene KTW wird nach xxxxxx abgezogen.

- Aufbau der Vorhaltung des 2. RTW in der Rettungswache xxxxxx (RTW 8) in der Zeit Mo. bis Fr. 8.00 Uhr - 20.00 Uhr, Sa. 11.00 - 20.00 Uhr, So/Fe. 11.00 - 20.00 Uhr. Bisherige Vorhaltung: Mo. bis Fr. 7.00 - 15.00 Uhr.

- Einrichtung einer Außenstelle in xxxxxx. Zur Vermeidung von Hilfsfristüberschreitungen im Bereich der Samtgemeinde xxxxxx wird ein RTW der Rettungswache xxxxxx (RTW 3) zur Gebietsabdeckung nach xxxxxx in der Zeit Mo. bis So./Fe. 7.00 - 21.00 Uhr verlagert. In der Zeit Mo. bis So./Fe. 21.00 - 7.00 Uhr wird dieser RTW in der Rettungswache xxxxxx vorgehalten.

- Einrichtung einer Außenstelle in xxxxxx. Zur Vermeidung von Hilfsfristenüberschreitungen im Bereich der Samtgemeinden xxxxxx und xxxxxx wird ein RTW der Rettungswache xxxxxx (RTW 4) zur Gebietsabdeckung nach xxxxxx in der Zeit Mo. bis Sa. 8.00 - 18.00 Uhr, So./Fe. 9.00 - 18.00 Uhr verlagert. So./Fe. 18.00 - 9.00 Uhr wird dieser RTW in der Rettungswache xxxxxx vorgehalten.

- Aufbau der Vorhaltung des 3. RTW xxxxxx (RTW 5) Mo. bis Do. 8.00 - 20.00 Uhr, Fr. 8.00 - 24.00 Uhr, Sa. 8.00 - 24.00 Uhr, So./Fe. 9.00 - 21.00 Uhr. Bisherige Vorhaltung: Sa. 8.00 - 19.00 Uhr, So./Fe. 9.00 -20.00 Uhr.

- Entlastung der Notfallrettung durch zusätzliche Vorhaltung der KTW 1, 2 und 4 in xxxxxx, des KTW 5 in xxxxxx und des KTW 3 in xxxxxx.

- Verlegung KTW 1 von der Rettungswache xxxxxx zur Rettungswache xxxxxx

- Verlegung KTW 5 von der Rettungswache xxxxxx zum Notarztstandort xxxxxx.

- Verlagerung des KTW (Fern) von xxxxxx nach xxxxxx.

Die Mehrkosten für diese Maßnahmen beziffert der Antragsgegner insgesamt auf ca. 385.000 € pro Jahr.

Die Antragstellerin ist ein privater Dienstleister im Bereich des Rettungsdienstes. Sie hatte erstmals bereits im Mai und November 2010 gegenüber dem Antragsgegner ihr Interesse bekundet, in Zukunft Leistungen des bodengebundenen Rettungsdienstes für den Antragsgegner zu erbringen und hatte gefordert, die Antragstellerin an entsprechenden Ausschreibungen zu beteiligen. Aufgrund eines Zeitungsartikels in der örtlichen Presse am xxxxxx2014 über die Sitzung des Ausschusses für Brandschutz und Rettungswesen, in welcher der Rettungsdienstbedarfsplan vorgestellt worden war, sah sich die Antragstellerin veranlasst, mit Schreiben vom 14.07.2014 die aus ihrer Sicht rechtswidrige De-facto-Vergabe zu rügen. Gleichzeitig bewarb sie sich erneut auch um die Interimsvergabe von Aufträgen im Bereich des Rettungsdienstes. Die Antragstellerin führt aus, sie habe der Presse entnommen, dass der Antragsgegner Leistungen im Rahmen einer freihändigen Interimsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb für ca. 1,5 bis 2 Jahre an die Beigeladenen vergeben wird. Um eine vergaberechtskonforme Ausschreibung vorzubereiten, benötige man unter Beachtung der Rechtsprechung maximal 1Jahr. Sie beanstandet ferner alle Leistungserweiterungen oder Beauftragungen, die im Bereich Rettungsdienst und Krankentransport an die bisher beauftragten Bestandserbringer ohne gemeinschaftskonformes Ausschreibungsverfahren vergeben wurden.

Mit per Fax übersandtem Schreiben vom 23.07.2014 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie beanstandet eine Interims-De-facto-Vergabe für 1 1/2 bis 2 Jahre und begründet ihren Antrag unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Ausführungen im Rügeschreiben vom 14.07.2014. Mehrfach habe sie dem Antragsgegner gegenüber ihr Interesse sowohl an der Durchführung des Auftrages selbst als auch an der Durchführung von eventuellen Interimsaufträgen bekundet. Von Seiten des Antragsgegners habe sie keine Information gemäß §§ 101a bzw. 101b GWB über vergebene Aufträge erhalten.

Aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen geht sie davon aus, dass der Antragsgegner die beiden bisherigen Leistungserbringer (Beigeladene zu 1 und Beigeladene zu 2) ohne Ausschreibung aufgefordert hat, die lt. Rettungsdienstbedarfsplan, Stand 01.08.2014, erheblichen zusätzlichen Leistungen zu erbringen.

Die Sach- und Rechtslage zur Ausschreibungspflicht der Rettungsdienste bei dem vom Antragsgegner gewählten Submissionsmodell habe sich nicht zu seinen Gunsten geändert. Der vom Antragsgegner für erforderlich gehaltene Zeitraum von 1,5 bis 2 Jahren für eine Interimsvergabe sei nicht nachvollziehbar. Soweit der Antragsgegner diese Leistungen nicht selbst erbringen könne, habe er sie gemeinschaftskonform dem Wettbewerb zur Verfügung zu stellen.

Es gebe auch keine Gründe dafür, eine freihändige Vergabe mit einer besonderen Dringlichkeit zu rechtfertigen. Sofern eine Dringlichkeit bestehe, habe der Antragsgegner sie selbst verschuldet. Selbst bei einer Interimsvergabe wegen Dringlichkeit hätte der Antragsgegner durchaus eine Ausschreibung mit verkürzten Fristen durchführen können. Erschwerend komme hinzu, dass - auch durch ihre Nachfragen - dem Antragsgegner seit langem die Ausschreibungspflicht bewusst sei. Er habe diese jedoch nicht umgesetzt. Sie weist darauf hin, dass zwischen dem externen Gutachten der Fa. xxxxxx zur Organisation des Rettungsdienstes und dem Kreistagsbeschluss des Antragsgegners zur Umsetzung knapp vier Monate verstrichen sind.

Ihrer Meinung nach liegen auch keine Gründe vor, um die Leistungen freihändig an die Beigeladenen vergeben zu können. Fraglich sei, ob es sich überhaupt um Zusatzleistungen handelt oder nicht vielmehr um neue Hauptleistungen. Soweit der Antragsgegner erhebliche Kooperationsschwierigkeiten bei einer Zusammenarbeit mit einem dritten Rettungsdienstleister erwarte, geht sie von einer reinen Schutzbehauptung des Antragsgegners aus.

Die Antragstellerin trägt vor, dass der Antragsgegner in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit den beiden Beigeladenen eine Direktvergabe an diese bewirkt. Ferner meint sie, dass aus ihrer Sicht ein Beihilfeverstoß zugunsten der Beigeladenen vorliegt, und dass weitere sonstige Ansprüche aufgrund von Verstößen durch den Antragsgegner bestehen.

Sie geht auch davon aus, dass die Hilfsorganisationen ein rechtswidriges Kartell gebildet haben, da sie eine marktbeherrschende Stellung besitzen.

Schließlich vermisst die Antragstellerin eine fortlaufende Dokumentation des Verfahrens.

Die Antragstellerin beantragt

  1. 1.

    ein Nachprüfungsverfahren gemäß § 107 Abs. 1 GWB wird eingeleitet gegen eine bereits mit Dritten abgesprochene rechtswidrige De-facto-Vergabe hinsichtlich der Dienstleistungen im Bereich Rettungsdienst im Gebiet des Antragsgegners.

  2. 2.

    festzustellen,

    - dass die Antragstellerin durch die o. g. De-facto-Vergabe in ihren Rechten verletzt ist,

    - dass tatsächliche Beauftragungen im Bereich des Rettungsdienstes oberhalb der Schwellenwerte im Gebiet des Antragsgegners ohne ein gemeinschaftsrechtskonformes Auswahlverfahren rechtswidrig sind, die abgeschlossenen Verträge unwirksam sind und die Antragstellerin gemäß § 97 Abs. 7 GWB in ihren Rechten verletzen.

  3. 3.

    den Antragsgegner zu verpflichten, bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht, Dienstleistungen in dem o. g. Bereich nur nach einem gemeinschaftsrechtskonformen Vergabeverfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben.

  4. 4.

    Hilfsweise: Die Kammer wirkt unabhängig von unseren Anträgen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens hin (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB).

  5. 5.

    Die Vergabeakten des Antragsgegners werden hinzugezogen.

  6. 6.

    Der Antragstellerin wird Einsicht in die Vergabeakten des Antragsgegners gewährt.

  7. 7.

    Der Nachprüfungsantrag wird dem Antragsgegner - notfalls per Telefax - unverzüglich zugestellt.

  8. 8.

    Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt

  9. 9.

    Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Antragsgegner beantragt,

  1. 1.

    den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 23.07.2014 zurückzuweisen,

  2. 2.

    der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen

  3. 3.

    festzustellen, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung des Antragsgegners notwendig war.

Der Antragsgegner tritt dem Vortrag und der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen.

Er hält den Nachprüfungsantrag für unzulässig, da seiner Auffassung nach die Ausführungen der Antragstellerin weitgehend an den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten des streitgegenständlichen Sachverhalts vorbeigehen. Eine De-facto-Vergabe bzw. eine tatsächliche Beauftragung ohne ein gemeinschaftsrechtskonformes Auswahlverfahren habe bisher (noch) nicht stattgefunden. Unter Beachtung der Beschlussvorlage xxxxxx beabsichtige er vielmehr, die Rettungsdienstleistungen gemäß den EU-Vorgaben zu vergeben.

Soweit der Nachprüfungsantrag nicht unzulässig sei, sei er aber unbegründet.

Da er bei zwingender Dringlichkeit im Rahmen des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb die Rettungsdienstleistung vergeben darf, habe er sich aufgrund des Ergebnisses des beauftragten Gutachtens gezwungen gesehen, bis zum Abschluss eines förmlichen Verfahrens den Rettungsdienst interimsweise zu organisieren.

Soweit die Antragstellerin den Zeitraum der Interimsvergabe von 1,5 bis 2 Jahren beanstandet, vertritt der Antragsgegner die Auffassung, dass er erst aufgrund des Gutachtens überhaupt ein entsprechendes Vergabeverfahren in Angriff nehmen konnte. Um die zu erbringenden Rettungsdienstleitungen angesichts der komplexen Gestaltung des Verfahrens unter Hinzuziehung fachanwaltlicher Beratung und der Einbindung seiner politischen Gremien umzusetzen, habe er einen Zeitraum von 1,5 Jahren zumindest nicht für unrealistisch gehalten. Der zusätzliche Zeitraum von 6 Monaten solle nur unter besonderen Umständen als Puffer bei ev. durchzuführenden Nachprüfungsverfahren u. ä. dienen.

Bei seiner Vorgehensweise habe er auch den Wettbewerbsgrundsatz berücksichtigt. Aus seiner Sicht sei es unmöglich, auf die bisherigen Rettungsdienststrukturen einen Sonderauftrag für einen Dritten aufzusatteln. Angesichts der erforderlichen Integration und Implementierung der Sofortmaßnahmen in die bestehende Organisationsstruktur sowie der engen Verzahnung der einzelnen Maßnahmen untereinander war seine Vorgehensweise erforderlich. Wie der Liste der Sofortmaßnahmen zu entnehmen sei, beinhalteten diese vor allem eine Verlagerung von Rettungs- und Krankentransportwagen an andere Standorte.

Eine Vergabe der aufgrund des Gutachtens erforderlichen zusätzlichen Dienstleistungen ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb sei auch zulässig, da diese Leistungen die vorhandenen Verträge ergänzen. Es handele sich um echte Zusatzleistungen, deren Erfordernis erst durch das Gutachten offenbar wurde. Diese Leistungen seien seinerzeit bei Vertragsabschluss mit den beiden Beigeladenen nicht vorhersehbar gewesen.

Er weist darauf hin, dass die Sofortmaßnahmen auf das bestehende System und deren Strukturen aufbauen und im Falle der Einschaltung eines weiteren Dienstleisters Kooperationsschwierigkeiten zwischen den Beauftragten zu erwarten seien. Die umzusetzenden Sofortmaßnahmen können daher nur mit den bisherigen Beauftragten verwirklicht werden.

Soweit die Antragstellerin aufgrund der gewährten Akteneinsicht eine fehlende oder lückenhafte Dokumentation beanstande, sei darauf hinzuweisen, dass bislang keine Vergabe der Sofortmaßnahmen stattgefunden habe. Da er sich dem Rechtsgutachten der Beigeladenen zu 1 nicht angeschlossen habe, sei dieses Parteigutachten auch nicht Gegenstand des bisherigen Verfahrens.

Nach alledem entbehrten die von der Antragstellerin genannten zusätzlichen Anspruchsgrundlagen jeglicher tatsächlicher Grundlage.

Die Beigeladene zu 1 unterstützt den Vortrag des Antragsgegners.

Sie hält den Nachprüfungsantrag bereits für unzulässig, weil es keine abgeschlossenen Verträge gebe.

Der Antrag sei auch unbegründet. Die Verlagerung von bestehenden Ressourcen stelle keine wesentliche Änderung des beauftragten Leistungsumfanges dar. Soweit die Sofortmaßnahmen eine Aufstockung der Ressourcen vorsähen, sei eine Zusatzbeauftragung nicht vergaberechtswidrig. Der Antragsgegner dürfe die Sofortmaßnahmen wegen ihrer besonderen Dringlichkeit im Wege eines Verhandlungsverfahrens bzw. einer freihändigen Vergabe ohne Teilnahmewettbewerb vergeben. Da die Sofortmaßnahmen sich nicht sinnvoll vom Hauptauftrag trennen ließen und eine kurzfristige Einbindung eines neuen Rettungsdienstleisters zu erheblichen technischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen würden, komme auch keine Drittbeauftragung in Betracht.

Das Volumen der Sofortmaßnahmen überschreite auch nicht die in § 3 EG Abs. 4 f) VOL/A genannte Wertgrenze von 50 % des Hauptauftrages.

Die Beigeladene zu 2 hat sich nicht geäußert.

Die Vergabekammer hat mit Beschluss des Vorsitzenden vom 08.08.2014 gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 GWB die Frist für die abschließende Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren über die gesetzliche 5-Wochen-Frist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 GWB) hinaus bis zum 19.09.2014 verlängert.

Wegen des übrigen Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Vergabeakte und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 08.09.2014 Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und teilweise begründet.

Die Entscheidung des Antragsgegners, die Beigeladenen als Bestandsdienstleister für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren mit den verfahrensgegenständlichen, im Bedarfsplan vom 01.08.2014 als notwendig festgestellten zusätzlichen Rettungsdienstleistungen im Wege eines freihändigen Verfahrens zu beauftragen, verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten i. S. des § 97 Abs. 7 GWB, soweit die freihändige, exklusive Interimsbeauftragung der Beigeladenen den für die beabsichtigte Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung zur rechtskonformen Umsetzung des Bedarfsplanes erforderlichen Zeitraum überschreitet. Soweit sich die Antragstellerin darüber hinaus auch gegen eine kurzfristigere ausschließliche Interimsbeauftragung der Beigeladenen als Bestandsbeauftragte vom Antragsgegner als erforderlich festgestellten Sofortmaßnahmen wendet, ist der Nachprüfungsantrag dagegen unbegründet. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch darauf, auch während des notwendigen und damit zulässigen Interimszeitraumes mit den Sofortmaßnahmen, die teilweise in einer Verlagerung von Personal und Fahrzeugen aus den aktuell von den Beigeladenen betriebenen Rettungswachen und teilweise durch Aufstockung der vorhandenen Fahrzeuge und des eingesetzten Personals bestehen sollen, beauftragt zu werden. Aufgrund der vom Antragsgegner dargelegten Verzahnung der Sofortmaßnahmen mit dem laufenden Betrieb der Rettungswachen ist die ausschließliche interimsweise Beauftragung der Beigeladenen als Bestandsdienstleister recht- und zweckmäßig.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Bei dem Antragsgegner handelt es sich um eine Gebietskörperschaft und damit um einen öffentlichen Auftraggeber i. S. des § 98 Nr. 1 GWB. Der streitbefangene Auftrag übersteigt auch den für die Zuständigkeit der Vergabekammer maßgeblichen Schwellenwert gem. § 100 Abs. 1 GWB. Danach gilt der 4. Teil des GWB nur für solche Aufträge, die die Auftragswerte erreichen oder überschreiten, die durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt sind. Bei den verfahrensgegenständlichen Leistungen handelt es sich um die Durchführung von zusätzlichen Leistungen des Rettungsdienstes und damit um einen Dienstleistungsauftrag i. S. des § 99 Abs. 1 und Abs. 4 GWB, für den gem. § 2 Nr. 2 der Vergabeverordnung (VgV) in der aktuell geltenden Fassung ein Schwellenwert von 207.000 € gilt. Dieser Schwellenwert wird nach der Schätzung des Antragsgegners überschritten. Der Antragsgegner hat auf Nachfrage der Vergabekammer die Mehrkosten für die im Wege der Interimsbeauftragung beabsichtigten Maßnahmen auf ca. 385.308 € pro Jahr beziffert.

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt i. S. des § 107 Abs. 2 GWB, da sie als privater Dienstleister auf dem Gebiet der Rettungsdienstleistungen ein Interesse am Auftrag hat und bereits 2010 gegenüber dem Antragsgegner ihr potenzielles Interesse auch an interimsweise vergebenen Aufträgen auf dem Gebiet des Rettungsdienstes im Landkreis xxxxxx bekundet hat. Sie macht eine Verletzung von Rechten durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend, in dem sie die Auffassung vertritt, dass die ausschließliche Berücksichtigung der Beigeladenen als Bestandsdienstleister bei der unstreitig anstehenden Interimsvergabe im Rahmen der auf der Grundlage des am 01.08.2014 in Kraft getretenen Bedarfsplanes umzusetzenden Sofortmaßnahmen vergaberechtswidrig ist und insbesondere den vergaberechtlichen Wettbewerbsgrundsatz verletzt. Der Antragsgegner sei verpflichtet und angesichts der nach der VOL/A möglichen Ausschöpfung von kurzen Fristen auch in der Lage, die streitbefangenen Zusatzbeauftragungen im Rahmen eines rechtskonformen förmlichen Vergabeverfahrens unter Beteiligung auch der Antragstellerin zu vergeben. Zumindest müsse die Antragstellerin aber im Rahmen des vom Antragsgegner beabsichtigten freihändigen Verfahrens berücksichtigt werden. Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist, dass das Antrag stellende Unternehmen einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegt. Das bedeutet, dass der Antragsteller die Umstände aufzeigen muss, aus denen sich die Möglichkeit eines solchen Schadens ergibt. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber nicht überspannt werden (vgl. Byok/Jaeger, VergabeR, 2. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 954). Es genügt für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages, wenn der Bieter schlüssig einen durch die Rechtsverletzung drohenden oder eingetretenen Schaden behauptet, also darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können (vgl. BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 2 VR 2248/04; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107, Rdnr. 35 ff.). Ob tatsächlich der vom Bieter behauptete Schaden droht, ist eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 20.06.2006 - X ZB 14/06, zitiert nach VERIS). Die Antragstellerin hat eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Chancen auf den Zuschlag und damit einen möglichen Schaden schlüssig dargelegt.

Die Antragsbefugnis der Antragstellerin entfällt entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1. auch nicht dadurch, dass die verfahrensgegenständliche Beauftragung mit den Sofortmaßnahmen noch nicht erfolgt ist. Zwar ist unverzichtbare Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB, dass überhaupt ein konkreter Vergabevorgang vorliegt. Ansonsten kann das für § 107 Abs. 2 GWB erforderliche Interesse an einen zu vergebenden Auftrag von vornherein nicht bestehen (vgl. Reidt in: Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, 3. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 17). Voraussetzung für die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens ist grundsätzlich, dass ein formelles Vergabeverfahren stattgefunden hat bzw. eingeleitet wurde. Ein formelles Vergabeverfahren beginnt nach der Rechtssprechung erst dann, wenn die Vergabestelle nach außen erkennbar den ersten Schritt zur Durchführung desjenigen Verfahrens in die Wege leitet, welches zu einem konkreten Vertragsabschluss führen soll. Bei europaweiten Vergaben ist dies z. B. die Absendung der Vergabebekanntmachung an das EU-Amtsblatt (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.07.2012 - Verg 8/2012, zitiert nach ibr-online). Die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB ist gleichwohl nicht auf förmliche Vergabeverfahren i. S. des § 101 GWB beschränkt. Auch in den Fällen, in denen ein Auftraggeber zu Unrecht kein förmliches Vergabeverfahren durchführt, gleichwohl jedoch die Erteilung eines Auftrages erfolgen soll, ist gem. § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB ein Nachprüfungsverfahren zulässig. Dies ist dann der Fall, wenn eine unzulässige Direktvergabe/de-facto-Vergabe erfolgt ist oder eingeleitet wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 01.02.2005 - X ZB 27/04 = VergabeR 2005, Seite 328; Reidt, a. a. O., § 107 GWB, Rdnr. 17). Die Rechtssprechung hat es deshalb als ausreichend angesehen, dass ein Vergabeverfahren in einem "materiellen" Sinn stattgefunden hat (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.07.2012 - Verg 8/2012, zitiert nach ibr-online). Für den Beginn eines materiellen Vergabeverfahrens soll es daher ausreichend sein, dass sich der öffentliche Auftraggeber zur Deckung eines bestimmten Bedarfs entschlossen und mit dem Ziel eines Vertragsschlusses mit organisatorischen oder planerischen Schritten zur Durchführung des Beschaffungsvorganges begonnen hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.06.2001 - Verg 3/01 und vom 30.04.2003 - Verg 67/12; BayObLG, Beschluss vom 22.01.2002 - Verg 18/01 und vom 27.02.2003 - Verg 1/03). Dies ist der Fall, wenn ein Auftraggeber z. B. Angebote eingeholt, Bietergespräche geführt oder sogar bereits bewertet und sich für ein Angebot entschieden hat. Vorliegend beabsichtigt der Antragsgegner unstreitig, die Beigeladenen als Bestandsdienstleister mit den für die Umsetzung der Sofortmaßnahmen notwendigen zusätzlichen Dienstleistungen zu beauftragen und ist diesbezüglich bereits in detaillierte Abstimmungsbesprechungen mit den Beigeladenen eingetreten.

Die Antragstellerin ist auch ihrer Pflicht gemäß § 107 Abs. 2 Nr. 1 GWB nachgekommen, vor Anrufung der Vergabekammer den geltend gemachten Verstoß gegen die Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich zu rügen. Bei der Vorschrift des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB handelt es sich um eine Präklusionsregel unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Der Bieter soll Vergabefehler nicht auf Vorrat sammeln. Die Rügepflicht des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB entsteht, sobald ein Bieter oder Bewerber im Vergabeverfahren einen vermeintlichen Fehler erkennt. Vorausgesetzt ist die positive Kenntnis des Bieters von den Tatsachen. Die Antragstellerin hat aus einem dem Nachprüfungsantrag als Anlage 4 beigefügten Zeitungsartikel vom 27.06.2014 erfahren, dass die von dem Antragsgegner in Auftrag gegebene gutachterliche Bedarfsermittlung durch die Firma xxxxxx, im August 2013 durchgeführt und dabei festgestellt wurde, dass die geforderte Eintreffzeit nicht in den geforderten 96 % der Notfalleinsätze zu realisieren sei und dass die Verwaltung plane, mit verschiedenen Standortanpassungen und einer besseren Ausstattung der Rettungswachen die Eintreffzeiten der Rettungswagen am Unfallort auf max. 15 Minuten drücken zu können. Nach weiteren Recherchen, insbesondere der Prüfung der Beschlussvorlage der Verwaltung des Antragsgegners vom xxxxxx für die Sitzung des Kreistages am 18.07.2014 zum fortgeschriebenen Bedarfsplan und vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen im Vorgriff auf die Umsetzung des Bedarfsplanes hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 14.07.2014 gegenüber dem Antragsgegner gerügt, dass die vorgesehenen Sofortmaßnahmen ohne Ausschreibung erfolgen sollen und die Beigeladenen als bisherige Leistungserbringer auch die zusätzlichen Leistungen erbringen sollen. Ferner forderte die Antragstellerin den Antragsgegner auf, umgehend seiner Pflicht zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens nachzukommen und rügte für den Fall der Widersetzung gegen die Ausschreibungspflicht eine rechtswidrige de-facto-Vergabe an die Beigeladenen. Die Rüge erfolgte somit erst 17 Tage nach der erstmaligen Veröffentlichung des von der Antragstellerin zitierten Zeitungsartikels über die von der Verwaltung des Antragsgegners erforderlich gehaltenen kurzfristig umzusetzenden Sofortmaßnahmen. Nach der Rechtsprechung des OLG Koblenz (Beschluss vom 24.04.2003 - 1 Verg 2/03 und Beschluss vom 18.09.2003 - 1 Verg 4/04 = VergabeR 2003, Seite 709, 711) muss die Rüge grundsätzlich innerhalb von 1-3 Tagen nach Kenntnisnahme vom vermeintlichen Vergaberechtsverstoß erfolgen. Die Ausschöpfung der maximalen Rügefrist von zwei Wochen kann einem Antragsteller nach einhelliger Auffassung allenfalls dann zugestanden werden, wenn eine verständliche Abfassung der Rüge durch eine schwierige Sachverhalts- und Rechtslage erschwert wird und die Inanspruchnahme fachkundiger Unterstützung erfordert (vgl. Byok in: Byok/Jaeger, VergabeR, 3. Auflage, § 107 GWB, Rdnr. 61, m. w. N.).

Es kann unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtssprechung des OLG München (Beschluss vom 19.12.2013 - Verg 12/13, zitiert nach ibr-online) vorliegend dahinstehen, ob die Präklusionsregel gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des EuGH (Urteil vom 28.01.2010 in den Rs. C-406/08 und C-456/08) überhaupt noch anwendbar ist (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 07.05.2010, Az.: WVerg 6/10 und OLG Rostock, Beschluss vom 20.10.2010, Az.: 17 Verg 5/10, zitiert nach ibr-online; OLG Celle, Beschluss vom 16.09.2010, Az.: 13 Verg 8/10). Das OLG München hat in seiner Entscheidung vom 19.12.2013 - Verg 12/13 festgestellt, dass sich den zitierten EuGH-Entscheidungen zumindest entnehmen lasse, dass der Primärrechtsschutz nicht durch zu unklare Anforderungen verhindert werden soll. Das bedeute auch, dass bei einer Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen nicht zu kleinlich zu verfahren ist (ebenso bereits OLG München, Beschluss vom 06.08.2012 - Verg 14/12, zitiert nach ibr-online).

Vorliegend ist nicht zu beanstanden, dass die Antragstellerin ihre Rüge nicht unmittelbar aufgrund des kurzen Zeitungsartikels vom xxxxxx.2014, sondern erst nach weiteren Recherchen, insbesondere unter Zugrundelegung der Beschlussvorlage des Antragsgegners vom xxxxxx2014 für die Sitzung des Kreistages vom 18.07.2014 abgesetzt hat.

Darüber hinaus ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag geltend macht, bei der vom Antragsgegner beabsichtigten Interimsvergabe handele es sich um eine unzulässige de-facto-Vergabe i. S. des § 101 b Abs. 1 Nr. 2 GWB, für die die Rügeverpflichtung gem. § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB ausdrücklich nicht gilt (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.09.2009, Verg W 13/08; OLG Celle, Beschluss vom 29.10.2009 - 13 Verg 8/09). Der Nachprüfungsantrag ist daher zulässig.

2. Der Nachprüfungsantrag ist teilweise begründet. Zwar ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner entschieden hat, den sich auf der Grundlage des Gutachtens der Firma xxxxxx, der hieraus entwickelte Prioritätenliste vom 24.03.2014 und dem fortgeschriebenen Rettungsdienstbedarfsplan ergebenden Mehrbedarf und die daraus entwickelten Sofortmaßnahmen interimsweise durch eine zusätzliche, freihändige Beauftragung der Beigeladenen als Bestandsdienstleister zu decken. Eine Berücksichtigung der Antragstellerin oder weiterer potenzieller Anbieter bereits im Rahmen der Interimsvergabe ist vorliegend nicht geboten, da die Sofortmaßnahmen zu einem großen Teil in einer Verlagerung von personellen und logistischen Kapazitäten im Rahmen des Betriebes der bestehenden Rettungswachen und Außenstellen bestehen, die bereits Gegenstand der zurzeit noch laufenden Dienstleistungsverträge mit den Beigeladenen sind (im Folgenden a.). Eine interimsweise, freihändige Vergabe der Sofortmaßnahmen ist jedoch als besonders dringliche Leistung i. S. des § 3 Abs. 5 lit. g VOL/A nur für den Zeitraum vergaberechtmäßig, den der Antragsgegner für die Vorbereitung und Durchführung des von ihm beabsichtigten ordnungsgemäßen förmlichen Vergabeverfahrens zur Umsetzung des am 01.08.2014 in Kraft getretenen, fortgeschriebenen Bedarfsplanes für den Rettungsdienstbereich des Landkreises xxxxxx benötigt. Die Vergabekammer hält vorliegend eine interimsweise Beauftragung der Beigeladenen als Bestandsdienstleister im Wege einer freihändigen Vergabe für einen Zeitraum von max. 12 Monaten, gerechnet ab Inkrafttreten des fortgeschriebenen Rettungsdienstbedarfsplanes für angemessen und mit § 3 Abs. 5 lit. g VOL/A vereinbar. Soweit die Antragsgegnerin dagegen vorsieht, die Interimsbeaufragung darüber hinaus für einen Zeitraum von 1 1/2 bis max. zwei Jahren aufrechtzuerhalten, ist die Antragstellerin in ihren Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB verletzt (im folgenden b).

a) Die Rechtmäßigkeit der verfahrensgegenständlichen, zusätzlichen Dienstleistungsaufträge an die Beigeladenen als Bestandsdienstleister im Wege einer freihändigen Vergabe richtet sich vorliegend nach § 3 Abs. 5 VOL/A und nicht nach den Vorschriften für ein Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Teilnahmewettbewerb gem. § 3 EG Abs. 4 VOL/A. Bei Rettungsdienstleistungen handelt es sich um sog. nachrangige Leistungen gem. Anlage 1, Teil B, Kategorien 25 und 27 zur VgV, so dass die Vorschriften des Abschnitts 2 der VOL/A hier nur teilweise Anwendung finden, im Übrigen aber die Vorschriften der VOL/A, Abschnitt 1. Aus dem Abschnitt 2 der VOL/A kommen gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VgV nur die Bestimmungen des § 8 EG VOL/A, § 15 EG Abs. 10 VOL/A und § 23 EG VOL/A zur Anwendung, im Übrigen die Bestimmungen des ersten Abschnitts der VOL/A, mit Ausnahme von § 7 VOL/A (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 12.01.2012 - 13 Verg 9/11; Müller-Wrede, VOL/A, 3. Auflage, § 1 EG, Rdnr. 134; Marx in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 2. Auflage, § 1 EG, Rdnr. 44, 46). Der Antragsgegner ist gehalten, den fortgeschriebenen Bedarfsplan für den Rettungsdienstbereich des Landkreises xxxxxx vom 18.07.2014 vergaberechtsgemäß umzusetzen. Da er sich als Träger des Rettungsdienstes zulässigerweise entschieden hat, die von ihm gem. § 2 NRettDG sicherzustellenden Aufgaben des Rettungsdienstes nicht selbst zu erbringen, sondern gem. § 5 Abs. 2 NRettDG weiterhin durch geeignete Dritte im Wege eines Dienstleistungsauftrages zu gewährleisten, ist der Antragsgegner gem. § 3 Abs. 2 VOL/A nach geltender Rechtslage verpflichtet - wie von Ihnen beabsichtigt - die Dienstleistungsaufträge gem. § 3 Abs. 2 VOL/A in öffentlicher Ausschreibung zu vergeben. Dazu muss er die öffentliche Ausschreibung umgehend einleiten, um die Dienstleistungsaufträge so schnell wie möglich in vergaberechtskonformer Weise erteilen zu können. Alternativ zur Ausschreibung von Dienstleistungsaufträgen hätte der Antragsgegner gem. § 5 Abs. 5 NRettDG auch die Möglichkeit, die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen gem. § 2 NRettDG durch die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen an geeignete Dritte sicherzustellen.

Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner für den Zeitraum bis zur Beauftragung auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen, nunmehr umgehend durchzuführenden öffentlichen Ausschreibung der Rettungsdienstleistungen zur Vermeidung oder Reduzierung der festgestellten Hilfsfristüberschreitungen im Wege eines zusätzlichen, freihändigen Auftrags die Beigeladenen als Bestandsdienstleister mit den erforderlichen Sofortmaßnahmen zu beauftragen, um so seinem Sicherstellungsauftrag als Träger des Rettungsdienstes gem. § 2 NRettDG zu genügen. Gemäß § 3 Abs. 5 lit. g VOL/A ist eine freihändige Vergabe zulässig, wenn die Leistung aufgrund von Umständen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, besonders dringlich ist und die Gründe für die besondere Dringlichkeit nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sind. Die freihändige Vergabe ermöglicht die weitestgehende Reduktion der Förmlichkeit des Verfahrens. Die Anforderungen an die Dringlichkeit sind dementsprechend am höchsten. Sie ähneln jenen der "zwingenden, dringlichen Gründe" gem. § 3 EG Abs. 4 lit. d VOL/A (vgl. Kaelble in: Müller-Wrede, VOL/A, 4. Auflage, § 3, Rdnr. 54 ff.). Die Feststellung der besonderen Dringlichkeit erfordert eine Abwägung im Einzelfall. In die Abwägung einzustellen sind die grundsätzliche Pflicht des Auftraggebers zur Durchführung eines wettbewerblichen und transparenten Vergabeverfahrens und die durch das Ereignis bedrohten Rechtsgüter. Die Anforderungen an die besondere Dringlichkeit des § 3 Abs. 5 lit. g VOL/A sind dabei im Wesentlichen dieselben, wie jene, die an die "zwingende" Dringlichkeit oberhalb der Schwellenwerte gestellt werden. Die besondere Dringlichkeit muss objektiv nachweisbar vorliegen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn - wie im vorliegenden Fall - bedeutende Rechtsgüter, wie etwa Leib und Leben und hohe Vermögenswerte, unmittelbar gefährdet sind. Soweit sich der Auftragsgegenstand auf Dienst- oder Lieferleistungen der Daseinsvorsorge bezieht, ist in Rechtssprechung und Schrifttum anerkannt, dass der Grundsatz der Kontinuität dieser Leistungen eine nahtlose Weiterführung gegenüber den Nutzern erfolgt (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 19.10.2000 - 1 Verg 9/00 = VergabeR 2001, Seite 134 ff, 137); OLG Celle, Beschluss vom 29.08.2003 - 13 Verg 15/03).

Allerdings setzt der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 5 lit. g VOL/A voraus, dass die Gründe für die besondere Dringlichkeit nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sind. Vorliegend ist der Eintritt der besonderen Dringlichkeit nach Auffassung der Vergabekammer im Gegensatz zur Auffassung der Antragstellerin nicht der Sphäre des Antragsgegners zuzuordnen. Der Sachverhalt gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der kurzfristig zu deckende Mehrbedarf an Rettungsdienstleistungen auf ein Versäumnis des Antragsgegners als Träger des Rettungsdienstes zurückzuführen ist. Gemäß § 4 Abs. 6 NRettDG ist der Antragsgegner als Träger des Rettungsdienstes verpflichtet, den Bedarfsplan für den Rettungsdienstbereich fortzuschreiben. Zur Vorbereitung dieses neuen aktualisierten Bedarfsplanes hat der Antragsgegner im August 2013 die Firma xxxxxx beauftragt, eine Organisationsuntersuchung des Rettungsdienstes im Landkreis xxxxxx durchzuführen. Im Rahmen eben dieser Untersuchung haben die Gutachter u. a. festgestellt, dass die durch die Verordnung über die Bemessung des Bedarfs an Einrichtungen des Rettungsdienstes vorgegebene Eintreffzeit von max. 15 Minuten nur in rd. 90 % der Notfälle eingehalten werden konnte und damit die angestrebte Quote von 95 % verfehlt wird. Erst aufgrund dieses Gutachtens hat der Antragsgegner von der teilweisen Überschreitung der Hilfsfristen und des damit verbundenen, partiellen Mehrbedarfs an Rettungsdienstleistungen erfahren und diesen Mehrbedarf in einer auf der Grundlage des Gutachtens der Firma xxxxxx entwickelten Prioritätenliste vom 24.03.2014 konkretisiert. Er ist nunmehr als Träger des Rettungsdienstes gem. § 2 NRettDG gehalten, auf den festgestellten Mehrbedarf umgehend durch eine Umsetzung der erforderlichen Sofortmaßnahmen zu reagieren, um weiterhin die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsdienstleistungen zeitnah sicherzustellen. Eben diesem Zweck dient die interimsweise Vergabe der zusätzlichen Dienstleistungen an die Bestandsdienstleister.

Aber selbst wenn man mit der Antragstellerin die Auffassung vertreten würde, der Antragsgegner hätte den Mehrbedarf zu einem früheren Zeitpunkt erkennen können und dann - ggfl. unter Ausschöpfung aller vergaberechtlich zulässigen Fristverkürzungen - auch die verfahrensgegenständlichen Sofortmaßnahmen in einem förmlichen Verfahren hätte ausschreiben können, ist darauf hinzuweisen, dass anerkannt ist, dass eine zwingende Dringlichkeit für eine freihändige Vergabe nach § 3 Abs. 4 lit. g VOL/A oder für ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung gem. § 3 EG Abs. 4 lit. d VOL/A im Bereich der Daseinsvorsorge selbst dann gerechtfertigt ist, wenn die Gründe für die zwingende Dringlichkeit in der Sphäre des Auftraggebers begründet liegen. Diese Auslegung folgt aus Art. 14 a AEUV (konsolidierte Fassung des Vertrages über die Arbeitsweise der europäischen Union; ehemals Art. 16 EG). Artikel 14 AEUV verpflichtet die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten, die Funktionsfähigkeit der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse der Daseinsvorsorge zu garantieren (vgl. Aumont/Kaelble, NZBau 2006, Seite 280 ff., 285, 286). Als Bestandteil des Primärrechts ist Art. 14 AEUV bei der Auslegung der sekundärrechtlichen Vergaberichtlinien und der Gemeinschaftsrecht umsetzenden Vergabe- und Vertragsordnungen zu beachten. Zur Abwendung eines drohenden vertragslosen Zustandes oder einer Untervorsorgung im Bereich der Daseinsvorsorge kann entsprechend § 3 EG Abs. 4 lit. d VOL/A bzw. § 3 Abs. 4 lit. g VOL/A auf das Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung bzw. auf die freihändige Vergabe zurückgegriffen werden. Dies gilt grundsätzlich gerade auch für den Bereich der Daseinsvorsorge und damit auch für den Bereich der Rettungsdienstleistungen. Im Falle der zwingenden Dringlichkeit ist daher bei diesen Auftragsgegenständen im Zweifel auch die Zurechenbarkeit oder Vorhersehbarkeit der Funktionsstörung durch den Auftraggeber unbeachtlich (vgl. Kaelble, a. a. 0., § 3 EG, Rdnr. 158, 159, m. w. N.; OLG Dresden, Beschluss vom 25.02.2008 - WVerg 10/07). Auch ein Verschulden des Auftraggebers - was vorliegend nicht erkennbar ist - kann nicht die Aufrechterhaltung von Versorgungslücken bei Rettungsdienstleistungen zu Lasten der Bevölkerung und damit der Nutzer rechtfertigen. Im Lichte des Art. 14 AEUV ist insofern ausnahmsweise eine den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 4 lit. g VOL/A und des § 3 EG Abs. 4 lit. d VOL/A EG erweiternde Auslegung angezeigt.

Der Antragsgegner hat sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch im Rahmen des durch § 3 Abs. 5 lit. g VOL/A dem öffentlichen Auftraggeber eingeräumten Beurteilungsspielraumes gehalten, als er sich entschieden hat, die verfahrensgegenständlichen, für besonders dringlich erachteten Sofortmaßnahmen allein durch eine zusätzliche Beauftragung der Beigeladenen als Bestandsdienstleister umzusetzen. Zwar muss der Auftraggeber auch bei einer freihändigen Vergabe von besonders dringlichen Leistungen i. S. des § 3 Abs. 5 lit. g VOL/A den angesichts des zeitlichen Rahmens größtmöglichen Wettbewerb herstellen. Er muss also grundsätzlich mit mehreren Unternehmen verhandeln, wenn hierfür Zeit bis zum Eintreten des vertraglosen Zustandes bleibt (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 25.02.2008 - WVerg 10/07; OLG Hamburg, Beschluss vom 08.07.2008 - 1 Verg 1/08). Der öffentliche Auftraggeber muss die auf diesem Wege getroffene Auswahlentscheidung zudem sachlich begründen. Eine ausnahmsweise zulässige Interimsbeauftragung befreit ihn nicht von der Bindung an den Gleichbehandlungsgrundsatz, den Wettbewerbsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot. Der Auftraggeber darf daher nicht ohne weitere Begründung den bisherigen Auftragnehmer weiter - bzw. im vorliegenden Fall über das laufende Vertragsverhältnis hinaus zusätzlich - beauftragen, wenn innerhalb des ihm zur Verfügung stehenden Zeitrahmens auch andere Wettbewerber eingebunden werden können. Er muss zumindest prüfen, welche Unternehmen den Interimsauftrag übernehmen könnten und welche Beauftragung unter den gegebenen Umständen die wirtschaftlichste Lösung bietet (vgl. Kaelble, a. a. 0., § 3, Rdnr. 58). Die Antragstellerin hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei ihr um ein weltweit tätiges - unstreitig - geeignetes Rettungsdienstleistungsunternehmen handelt, das zudem auch ihre Bereitschaft zur Übernahme kurzfristig erforderlich werdender Interimsdienstleistungen bereits seit 2010 dem Antragsgegner angezeigt hat. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2014 auf den konkreten Vorhalt des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 1., wie denn die Antragstellerin den konkreten Mehrbedarf im Rahmen und in Zusammenarbeit mit dem bislang beauftragten Rettungsdiensten wirtschaftlich durchführen wolle erklärt, dass sie in der Lage sei, den konkreten Bedarf, der dann von dem Antragsgegner festzulegen ist, in jedem Falle durchzuführen. Hierbei würde die Antragstellerin nach eigenem Bekunden auch erhöhte Markteintrittskosten in Kauf nehmen. Im Hinblick auf die Frage, wie sich der gesamte Rettungsdienstleistungsmarkt nach Umsetzung der neuen EU-Richtlinien ab 2016 gestalten wird, sei es wichtig, in möglichst vielen Bereichen "einen Fuß in der Tür zu haben".

Diese sachlichen und wirtschaftlichen Erwägungen der Antragstellerin sind nachvollziehbar. Sie stehen jedoch nicht den in der Vergabeakte dokumentierten und durch den Antragsgegner im Nachprüfungsverfahren schriftsätzlich und mündlich erläuterten Erwägungen entgegen, die zu einer Beschränkung der verfahrensgegenständlichen freihändigen Vergabe der Sofortmaßnahmen an die Beigeladenen als Bestandsdienstleister und Betreiber der Rettungswachen im Landkreis xxxxxx geführt haben. Die Gründe für die Beschränkung des Wettbewerbs hat der Antragsgegner bereits in der Beschlussvorlage zum Bedarfsplan für den Rettungsdienst im Landkreis xxxxxx vom xxxxxx (Blatt 18 ff., 22, 25, 26 der Vergabeakte) dokumentiert. Daraus ergibt sich, dass die auch oben im Sachverhalt des vorliegenden Beschlusses aufgeführten, konkreten Sofortmaßnahmen als Interimslösung auf der Grundlage der bestehenden vertraglichen Strukturen realisiert werden sollen. Der Antragsgegner hat sich damit die entsprechenden Vorschläge der von der Firma xxxxxx erstellten Prioritätenliste vom 24.03.2014 (Blatt 11 und 12 der Vergabeakte) zu Eigen gemacht. Aus den verfahrensgegenständlichen Maßnahmen selbst folgt, dass es sich im Wesentlichen um Verlagerungen von bereits vorhandenen und von den Beigeladenen betriebenen Rettungswagen (RTW) oder Krankentransportwagen (KTW) incl. Rettungsdienstpersonal von einem Standort zu einem anderen handelt. So ist z. B. vorgesehen, je einen RTW von der Rettungswache xxxxxx zur Außenstelle xxxxxx bzw. xxxxxx und je einen KTW von der Rettungswache xxxxxx zur Rettungswache xxxxxx bzw. vom Standort xxxxxx zum Standort xxxxxx verlagert werden. Darüber hinaus ändern sich durch die vorgesehenen Sofortmaßnahmen die jeweiligen Vorhaltezeiten für die RTW in der Rettungswache xxxxxx (zweiter RTW) und in der Rettungswache xxxxxx (dritter RTW) bzw. für die KTW in xxxxxx, xxxxxx und xxxxxx. Die Sofortmaßnahmen bestehen somit im Wesentlichen darin, bereits vorhandene vertragsgemäße Ressourcen der Beigeladenen zwischen den betriebenen Rettungswachen zu verlagern, um so die im Rahmen der Fortschreibung des Rettungsdienstbedarfsplanes durch den Antragsgegner festgestellten, partiellen Hilfsfristüberschreitungen zu vermeiden oder zu reduzieren.

Die Sofortmaßnahmen stellen sich im Wesentlichen als Optimierung der laufenden, vertragsgemäßen Rettungsdienstleistungen dar. Dabei verkennt die Vergabekammer nicht, dass insbesondere durch die damit verbundenen erhöhten Einsatzzeiten des Rettungsdienstpersonals und die erforderliche Gebäudeanmietung für die Einrichtung der Außenstelle in xxxxxx und in xxxxxx sowie des zusätzlichen, zweiten RTW am Standort xxxxxx eine vergaberechtsrelevante, den Schwellenwert überschreitende Aufstockung des laufenden Betriebes verbunden ist. Der Antragsgegner hat jedoch nachvollziehbar und überzeugend dargestellt, dass auch dieser Mehrbedarf derart mit dem laufenden Betrieb der Rettungswachen und damit mit den Bestandsdienstleistungen verplant ist, dass eine Berücksichtigung der Antragstellerin oder weiterer potentiell geeigneter Rettungsdienstleister im Rahmen der vorliegenden Interimsvergabe weder zweckmäßig noch wirtschaftlich vertretbar sei.

Anders wäre die Sachlage nach Auffassung der Vergabekammer zu beurteilen, wenn der Rettungsdienstbetrieb im Landkreis xxxxxx um eine komplett neu einzurichtende und auszustattende Rettungswache samt Fahrzeugen und Personal ergänzt werden müsste. Eine solche Einrichtung und Vorhaltung wäre dann ohne Weiteres auch einem bislang nicht im Gebiet des Antragsgegners tätigen Rettungsdienstleister möglich. Vorliegend aber durfte und darf der Antragsgegner davon ausgehen, dass die für nötig befundenen und beabsichtigten Sofortmaßnahmen am zweckmäßigsten und wirtschaftlichsten durch Verlagerungen der vorhandenen Ressourcen in den von den Bestandsdienstleistern betriebenen Rettungswachen realisiert werden kann. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner sich unter Berücksichtigung aller Erwägungen entschieden hat, Sofortmaßnahmen allein mit den Beigeladenen als Bestandsdienstleister zu realisieren.

b. Die danach vorliegend gerechtfertigte freihändige Interimsvergabe ist allerdings als gebotene ultima ratio auf den unbedingt für die Durchführung eines vergaberechtsgemäßen förmlichen Vergabeverfahrens notwendigen Zeitraum zu begrenzen. Zulässig ist allein eine Interimsbeauftragung zur Erhaltung der Kontinuität der Dienstleistung (vgl. Kaelble, a. a. 0., § 3 EG, Rdnr. 164) und vorliegend insbesondere der kurzfristigen Deckung des festgestellten Mehrbedarfs zur Vermeidung der Hilfsfristüberschreitung. Die Interimsbeauftragung wird naturgemäß den Zeitraum für die Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens einbeziehen (vgl. KG, Beschluss vom 26.08.2005 - 2 Verg 10/05). Auf der einen Seite ist vorliegend für die Bemessung des vergaberechtlich zulässigen Interimszeitraumes zu berücksichtigen, dass es sich bei der Neuvergabe des kompletten Rettungsdienstes im Landkreis xxxxxx um ein komplexes Vergabeverfahren handelt. Auch ist zu erwarten, dass aufgrund der Anzahl der zu erwartenden Angebote der im Rahmen des Vergabeverfahrens und insbesondere für die Zuschlagserteilung erforderlichen Beteiligung der politischen Gremien des Antragsgegners davon auszugehen ist, dass bis zur Zuschlagsentscheidung in einem förmlichen Vergabeverfahren ein Zeitraum von mehreren Monaten erforderlich sein wird. Die Vergabekammer teilt auch die Auffassung des Antragsgegners und der Beigeladenen, dass insbesondere potenziell neue Leistungserbringer nach der Zuschlagserteilung einen zusätzlichen Vorbereitungszeitraum zur Übernahme des Rettungsdienstes benötigen, der einzuräumen ist, um die Chancengleichheit aller Anbieter zu gewährleisten und einen funktionsfähigen Rettungsdienst im Landkreis nicht zu gefährden.

Auf der anderen Seite ist aber zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner den konkreten, detaillierten Bedarf aufgrund des Gutachtens der Firma xxxxxx, der daraus entwickelten Prioritätenliste vom 24.03.2014 und des daraus entwickelten seit 01.08.2014 in Kraft getretenen, fortgeschriebenen Bedarfsplanes aktuell ermittelt und detailliert festgelegt hat. Der Antragsgegner ist somit in der Lage, umgehend Ausschreibungsunterlagen zu erstellen und die öffentliche Ausschreibung bekannt zu machen. Insgesamt hält die Vergabekammer deshalb einen Interimszeitraum von max. 12 Monaten, gerechnet ab Inkrafttreten des fortgeschriebenen Bedarfsplanes, für erforderlich, aber auch für ausreichend. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine freihändige Vergabe oder ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb stets nur die vergaberechtliche ultima ratio darstellt, sollte der Zeitraum einer Interimsbeauftragung regelmäßig ein Jahr nicht übersteigen. Der Auftraggeber darf die Dringlichkeit nicht zum Anlass nehmen, langfristige vertragliche Bindungen ohne wettbewerbliche Vergabe einzugehen (vgl. Kaelble, a. a. 0., § 3 EG, Rdnr. 167, m. w. N.).

Gemäß § 114 Abs. 1 GWB trifft die Vergabekammer die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist dabei an Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Die Vergabekammer hatte aus den o. g. Gründen zu berücksichtigen, dass die Interimsbeauftragung der Beigeladenen an sich vorliegend gerechtfertigt ist. Insoweit war der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin sowohl hinsichtlich der Hauptanträge als auch des hilfsweise gestellten Antrages als unbegründet zurückzuweisen. Die Antragstellerin ist jedoch in ihren Rechten i. S. des § 97 Abs. 7 GWB verletzt, soweit der Antragsgegner beabsichtigt, die Interimsbeauftragung für einen Zeitraum von 1 1/2 bis 2 Jahren aufrechtzuerhalten. Der Zeitraum für die Interimsbeauftragung darf aber als ultima ratio nur soweit bemessen werden, wie es erforderlich ist, die vom Antragsgegner beabsichtigte Neuausschreibung des Rettungsdienstes in einem ordnungsgemäßen, förmlichen Vergabeverfahren durchführen und damit den fortgeschriebenen Rettungsdienstbedarfsplan komplett umsetzen zu können. Die Vergabekammer hält dafür einen Zeitraum von max. 12 Monaten für ausreichend und angemessen. Im Hinblick auf die streitbefangene, vom Antragsgegner beabsichtigte Vertragsdauer hatte der Nachprüfungsantrag daher Erfolg.

III. Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 GWB in der seit dem 24.04.2009 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20.04.2009, BGBl. I, S. 790).

Es wird eine Gebühr in Höhe von xxxxxx € gemäß § 128 Abs. 2 GWB festgesetzt.

Der Gegenstandswert beträgt vorliegend xxxxxx €. Der Antragsgegner hat auf Nachfrage der Vergabekammer die Mehrkosten für die im Wege der Interimsbeauftragung beabsichtigten Maßnahmen auf ca. 385.308 € pro Jahr beziffert. Da der Antragsgegner eine Interimsbeauftragung der Beigeladenen von bis zu 2 Jahren beabsichtigt hatte, entspricht die geschätzte Vergütung für den gesamten streitbefangenen Vertragszeitraum dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin am Auftrag.

Die Gebührenermittlung erfolgt anhand einer Gebührentabelle des Bundeskartellamtes in der zzt. gültigen Fassung vom Dezember 2009. Hiernach wird der Mindestgebühr von 2.500 €(§ 128 (2) GWB) eine Ausschreibungssumme von bis zu 80.000 € zugeordnet und dem regelmäßigen Höchstwert von 50.000 € (§ 128 Abs. 2 GWB) eine Ausschreibungssumme von 70 Mio. € (höchste Summe der Nachprüfungsfälle 1996-1998) gegenübergestellt.

Bei einem Gegenstandswert von xxxxxx € ergibt sich nach der Gebührentabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von xxxxxx €.

Diese Gebühr schließt einen durchschnittlichen sachlichen und personellen Aufwand ein.

Die in Ziffer 2 des Tenors geregelte Kostentragungspflicht folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter, soweit er im Verfahren unterliegt, die Kosten zu tragen. Hier war zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag teilweise Erfolg hatte, soweit der Antragsgegner einen über den für die Vorbereitung und Durchführung eines ordnungsgemäßen förmlichen Vergabeverfahrens angemessenen Interimszeitraums hinaus gehenden freihändigen Auftrags von 1 1/2 bis 2 Jahren beabsichtigt hatte. Hinsichtlich der freihändigen Vergabe der verfahrensgegenständlichen Sofortmaßnahmen an sich und die diesbezügliche ausschließliche Berücksichtigung der Beigeladenen als Bestandsdienstleister ist der Nachprüfungsantrag dagegen unbegründet. Die anteilige Kostentragungspflicht entspricht daher dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens im Nachprüfungsverfahren (vgl. Beschluss des OLG Celle vom 06.06.2003, Az.: 13 Verg 5/03).

Der Antragsgegner ist jedoch von der Pflicht zur Entrichtung der Kosten gemäß § 128 Abs. 1 GWB i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG befreit (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 13.07.2005, Az.: 13 Verg 9/05; OLG Dresden, Beschluss vom 25. 01. 2005, Az.: WVerg 0014/04).

Gemäß § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG in entsprechender Anwendung war auf die Anträge der Antragstellerin und des Antragsgegners gem. Ziffer 7 des Tenors auszusprechen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwalts im Nachprüfungsverfahren sowohl für die Antragstellerin als auch für den Antragsgegner notwendig war:

Kosten der Antragstellerin:

Ungeachtet der Tatsache, dass das GWB für das Nachprüfungsverfahren 1. Instanz vor der Vergabekammer keine rechtsanwaltliche Vertretung vorschreibt, bedurfte die Antragstellerin gleichwohl wegen der Komplexität des Vergaberechts und des das Nachprüfungsverfahren regelnden Verfahrensrechts einerseits sowie auch der Komplexität des konkreten streitbefangenen Vergabeverfahrens rechtsanwaltlicher Beratung und Begleitung.

Kosten des Antragsgegners:

Gemäß Ziffer 7 des Tenors hat die Antragstellerin dem Antragsgegner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen und damit die Anwaltskosten zu 1/2 zu erstatten.

Die Erstattungspflicht der Antragstellerin bezüglich der Kosten des Antragsgegners, die diesem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, folgt aus § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 VwVfG. Danach war festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Antragsgegner im konkreten Verfahren erforderlich war. Auch wenn man von öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich verlangen darf, dass sie über das notwendige personelle Know-how bezüglich der für eine Ausschreibung erforderlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere der VOL/A und der VOB/A verfügen, bedurfte der Antragsgegner für eine angemessene Reaktion in der auch für einen erfahrenen öffentlichen Auftraggeber ungewohnten Situation eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens besonderen rechtskundigen Beistandes.

Nach den zu § 80 VwVfG geltenden Grundsätzen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes dann notwendig, wenn sie vom Standpunkt eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte (BVerwGE 55, 299, 306). Dies ist nach der herrschenden Lehre nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen, sondern entspricht der Regel (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 80, Rdnr. 45; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl., § 80, Rdnr. 81). Dieser Grundsatz soll allerdings nur im Verhältnis des Bürgers zum Staat gelten. Zugunsten der Ausgangsbehörde im Verwaltungsverfahren wird demgegenüber die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nur in besonders gelagerten Einzelfällen angenommen, da die Ausgangsbehörde in der Regel mit eigenem Fachpersonal so gut ausgestattet sein muss, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit, zu der auch die Mitwirkung im Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) gehört, ohne fremde Unterstützung ausführen kann. Diese für die Situation der Ausgangsbehörde in einem Widerspruchsverfahren zutreffende Auffassung kann jedoch nicht auf das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren übertragen werden. Schon beim materiellen Vergaberecht handelt es sich um eine überdurchschnittlich komplizierte Materie, die nicht nur in kurzer Zeit zahlreiche Veränderungen und Neuregelungen erfahren hat, sondern auch durch komplexe gemeinschaftsrechtliche Fragen überlagert ist. Entscheidend aber ist, dass das Nachprüfungsverfahren gerichtsähnlich ausgebildet ist, die Beteiligten also auch prozessuale Kenntnisse haben müssen, um ihre Rechte umfassend zu wahren. Deshalb ist im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren die nach § 80 VwVfG gebotene Rechtspraxis zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten nicht übertragbar (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: Verg 1/01; OLG Stuttgart, Beschluss v. 19.07.2000, 2 Verg 4/00, NZBau 11/2000, S. 543 ff.). Denn durch seinen Charakter als gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren unterscheidet sich das Vergabenachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer eben grundlegend von dem Widerspruchsverfahren nach der VwGO.

Ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen öffentlichen Auftraggeber notwendig war und dessen Kosten im Vergabeverfahren deshalb nach § 128 Abs. 4 GWB i. V. m. § 80 Abs. 2 VwVfG bzw. § 120 GWB i. V. m. § 78 Satz 1 GWB zu erstatten sind, kann aber nicht allgemein, sondern nur an Hand der Umstände des Einzelfalles entschieden werden und richtet sich nach den objektiv anzuerkennenden Erfordernissen im jeweiligen Einzelfall nach einer ex-ante-Prognose (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.02.2011 - 13 Verg 17/10, Beschluss vom 04.05.2011 -13 Verg 1/11). Bei der Abwägung der Einzelfallumstände ist zu berücksichtigen, ob die Problematik des Nachprüfungsverfahrens mehr auf auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen beruht und der öffentliche Auftraggeber über juristisch hinreichend geschultes Personal verfügt, welches zur Bearbeitung der im jeweiligen Nachprüfungsverfahren relevanten Sach- und Rechtsfragen in der Lage ist; dann soll eher keine Notwendigkeit bestehen. Wenn aber zu den auftragsbezogenen Rechtsfragen weitere, nicht einfach gelagerte Rechtsfragen hinzutreten, spricht dies wieder eher für die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Grundsätzlich trifft es auch immer noch zu, dass die Nachprüfungsverfahren unter einem enormen Beschleunigungs- und Zeitdruck stehen und das Vergaberecht eine komplexe Rechtsmaterie mit Vorschriften aus dem nationalen Recht und dem Europarecht darstellt, welche nicht immer im Gleichklang stehen. Auf der anderen Seite wird die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Vertretung des Auftraggebers vor der Vergabekammer regelmäßig eher nicht notwendig sein, wenn sich die darin aufgeworfenen Probleme in der Auseinandersetzung darüber erschöpfen, ob die Vergabestelle das von ihr im Rahmen des streitbefangenen Vergabeverfahrens ohnehin zu beachtende "materielle" Vergaberecht zutreffend angewandt hat, d. h. im Wesentlichen die Bestimmungen der Verdingungsordnung eingehalten sind. Denn dann ist - zumindest bei größeren Auftraggebern, die Vergaben nicht nur in Einzelfällen ausführen - der Kernbereich der Tätigkeit betroffen, deren Ergebnisse zu rechtfertigen eine Vergabestelle grundsätzlich auch ohne anwaltlichen Beistand in der Lage sein muss (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 22. Februar 2010 - WVerg 0001/10, zitiert nach [...], Tz 15 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Juni 2010 - 15 Verg 4/10, zitiert nach [...], Tz 54; OLG München, Beschluss vom 11. Juni 2008 - Verg 6/08, zitiert nach [...], Tz 13).

Nach dieser Maßgabe war es für den Antragsgegner im vorliegenden Vergabeverfahren notwendig, einen Bevollmächtigten zu beauftragen. Denn der Nachprüfungsantrag betraf nicht allein und auch nicht in erster Linie Probleme des gewöhnlichen materiellen, in den Vergabe- und Vertragsordnungen geregelten Vergaberechts, das eine Vergabestelle nach der oben zitierten aktuellen Rechtsprechung zumindest in der Regel auch ohne anwaltlichen Beistand rechtlich bewerten, einordnen und vertreten muss. Streitgegenstand waren hier insbesondere auch die verfahrensrechtlichen Regelungen des GWB in Bezug auf die Anfechtung einer de-facto-Vergabe und die dazu ergangene Rechtsprechung. Der Antragsgegner bedurfte daher anwaltlicher Unterstützung.

Die Antragstellerin wird aufgefordert, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft dieses Beschlusses den von ihr zu entrichtenden anteiligen Betrag von xxxxxx unter Angabe des Kassenzeichens

xxxxxx

auf folgendes Konto zu überweisen:

xxxxxx

IBAN: xxxxxx

IV. Rechtsbehelf

...

Gause
Rohn
Herr Hintz kann aufgrund dienstlicher Abwesenheit nicht selbst unterschreiben
Gause