Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 18.12.2003, Az.: 6 U 67/03

Berechtigung zur Entziehung eines Auftrags gegenüber dem ersten Auftragnehmer und zur Beauftragung eines anderen Auftragnehmers mit Bauleistungen; Auswirkungen des Fehlens der Abnahme der Werkleistung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
18.12.2003
Aktenzeichen
6 U 67/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 34761
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2003:1218.6U67.03.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 19.02.2003 - AZ: 5 O 61/01

Fundstellen

  • BauRB 2004, VI Heft 3 (Kurzinformation)
  • BauRB 2004, 163-164 (Volltext mit amtl. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2004, 113-115

In dem Rechtsstreit
...
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ....... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ....... und .......
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Februar 2003 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Stade wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

1

A.

Die Beklagte verlangt restlichen Werklohn und die Klägerin Schadensersatz wegen schlechter Ausführung von Bauleistungen.

2

Für das Bauvorhaben "Erweiterung und Sanierung der Grundschule S." beauftragte die Klägerin die Beklagte mit den Rohbauarbeiten gemäß Auftragsschreiben vom 24. Juni 1999 (Anlagen K 1 und K 32) zu einem Auftragsvolumen von 141.284,44 DM und mit Schreiben vom 1. Juli 1999 (Anlagen K2 und K31) mit den Erdarbeiten zu einem Auftragsvolumen von 30.217,04 DM. Darüber hinaus kam es am 3. August 1999, 11. August 1999 und 18. August 1999 zu den aus den Anlagen K 3 - K 5 ersichtlichen Nachtragsvereinbarungen. Vertragsgrundlage war jeweils die VOB/B.

3

Im Hinblick auf die Wasser- und Durchfeuchtungsprobleme im Kellerbereich des betagten Schulgebäudes umfassten die Arbeiten der Beklagten u.a. die Freilegung und Abdichtung der Kellerwände im Außenbereich sowie die Anlegung einer Ringdrainage.

4

- 3 -

5

Der von der Klägerin mit der Bauleitung beauftragte Architekt R. erhob folgende

6

Beanstandungen gegenüber der Beklagten:

  • Bauprotokoll vom 15. Dezember 1999 (Anlage K 8)
  • Bauprotokoll vom 22. Dezember 1999 (Anlage K 9)
  • Bauprotokoll vom 12. Januar 2000 (Anlage K 10)
  • Bauprotokoll vom 26. Januar 2000 (Anlage K 11).

7

Nach Vornahme verschiedener Nachbesserungsarbeiten teilte der Architekt R. der Beklagten mit Schreiben vom 7. Februar 2000 (Anlage K 12) u.a. mit, dass auch nach Inbetriebnahme der Drainagepumpe immer noch die Wand im Tanklagerraum in einem Teilbereich von "ca. 3,00 (wohl: m2) feucht" sei. Er schlug vor, die Kellerwand in diesem Bereich neu aufzugraben und die Abdichtung sowie die Lage der Drainage zu überprüfen und forderte die Beklagte auf, die genannten Mängel bis zum 11. Februar 2000 zu beheben.

8

Ausweislich der Aktennotiz Nr. 10 vom 28. Februar 2000 (Anlage K 13) schlössen die Parteien folgende Vereinbarung:

"Es wird festgehalten, dass immer nach ergiebigem Regenfällen eine Durchfeuchtung der Außenwand des Tanklagerraumes stattfindet. Insbesondere an einer Stelle am Sockel ist die Durchfeuchtung so stark, dass das Wasser aus der Mauerwerksfuge austritt und auf dem Boden eine Pfütze bildet von ca. 3,5 m2.

Zwischen den Parteien wird einvernehmlich folgendes beschlossen:

1.
Der Bereich des Tanklagerraumes wird aufgegraben in Anwesenheit einesvon der Industrie- und Handelskammer benannten amtlich vereidigten Sachverständigen. Der Sachverständige soll danach feststellen, ob die Durchfeuchtungdurch einen Ausführungsmangel der Firma S. zu verantworten ist oder ob derMangel eine andere Ursache hat.

2.
Es wird ebenfalls vereinbart, dass sich alle Parteien dem Gutachten beugenund dieses als verbindlich anerkennen.

3.
Sollte die Durchfeuchtung auf einen Ausführungsmangel der Firma S. zurückzuführen sein, so sind sämtliche Kosten durch die Firma S. zu tragen. Sollte der Mangel nicht auf das Verschulden oder einen Mangel der Firma S. zurückzuführen sein, so sind die Kosten von der Stadt B. zu tragen."

9

Am 15. März 2000 führte der von der Industrie- und Handelskammer vorgeschlagene und von der Klägerin durch den Architekten R. beauftragte Dipl.-Ing. Ro. einen Ortstermin durch, von dem er die Beklagte zuvor nicht unterrichtet hatte und bei dem er eine Aufgrabung vorfand, die er nicht veranlasst hatte (Bl. 51 d.A.). Aufgrund des Ortstermins erstellte er seine gutachterliche Stellungnahme vom 27. März 2000 (Anlage K 14), die die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 29. März 2000 (Anlage K 28, Bl. 86 d.A.) mit der Aufforderung übersandte, "den gesamten Keller aufzugraben und die im Gutachten aufgezeigten Mängel an der Dämmung, Dränage, Abdichtung etc. sowie der nicht vorhandenen Flaschenkehle" bis zum 7. April 2000 zu beseitigen. Unter Hinweis auf § 5 Abs. 3 und 4 sowie § 6 Abs. 6 VOB/B setzte der Architekt R. der Beklagten mit Schreiben vom 7. April 2000 (Anlage K 29, Bl. 87 d.A.) eine Nachfrist bis zum 14. April 2000 und drohte an, bei fruchtlosem Fristablauf "diese Teilleistungen bei den Verträgen Rohbauarbeiten und Erdarbeiten" zu kündigen.

10

Mit Schreiben vom 17. April 2000 (Anlage K 30, Bl. 88 d.A.) teilte die Beklagte dem Architekten R. mit, dass sie das Gutachten nicht anerkennen könne, da sie vor der Erstellung weder über die Person des Gutachters noch den Umfang des Gutachtens unterrichtet worden sei und insofern keine Gelegenheit gehabt habe, die Arbeit des Gutachters selbst oder durch einen eigenen Sachverständigen zu beobachten. Daraufhin beauftragte die Klägerin die D. B. GmbH mit der Durchführung der vom Dipl.-Ing. Ro. für erforderlich gehaltenen Sanierungsarbeiten, die diese durchführte.

11

Auf die Rohbauarbeiten zahlte die Klägerin der Beklagten am 20. Oktober 1999 76.422,10 DM und am 26. Januar 2000 12.271,44 DM .Mit Schlussrechnung vom 29. Februar 2000 (Anlage K 6) verlangte die Beklagte weitere 56.284,28 DM. Zwischen den Parteien ist nunmehr unstreitig, dass die Restforderung der Beklagten für die Rohbauarbeiten nach der Rechnungsprüfung des Architekten gemäß der Anlage K 6 und dem Abzug für Bauwesenversicherung und Gewährleistung nur noch 47.326,57 DM beträgt (Bl. 4 d.A.).

12

Für die Erdarbeiten zahlte die Klägerin an die Beklagte einen Abschlag in Höhe von 22.587,16 DM. Mit Schlussrechnung vom 7. November 2000 (Anlage K 7) verlangte die Beklagte von der Klägerin weitere 6.251,76 DM. Der Architekt R. kürzte diese Rechnung gemäß Anlage K 7 auf handschriftlich 1.742,23 DM. Streitig ist zwischen den Parteien der vom Architekten vorgenommene Abzug für die unter Position 10.10.8 abgesetzte Dränpumpe in Höhe von 930 DM netto und der Abzug für eine Lohnstunde "Wechseln der Pumpe" in Höhe von 79,81 DM brutto.

13

Mit der Klage hat die Klägerin geltend gemacht:

Schlussrechnung der D. B. GmbH
vom 27. Juni 2000 (Anlage K 16) 50.723,02 DM
./. Restwerklohn Rohbauarbeiten 47.326,57 DM
./. Restwerklohn Erdarbeiten 1.742,23 DM
Rest 1.654,22 DM
Gutachten Ro. (Anlage K 17) 1.083,44 DM
Bodengutachten (Anlage K 18) 655,19 DM
Rohrbeschädigung (Anlage K 20) 3.006,30 DM
Aufräum- und Reinigungsarbeiten (Anlage K 22) 607,34 DM
Durchfeuchtungen vom Dach
Wasserschaden Dezember 1999 (Anlage K 23) 4.176,00 DM(=3.600 DM+ 16%)
Wasserschaden August 1999 (Bl. 14 -16 d.A.sowie Anlage K 24 - K 27) 50% von 4.665,70 DM = 2.332,85 DM.
Summe 13.515,02 DM(rechnerisch richtig: 13.515,34 DM)
entspricht 6.910,12 EUR.
14

Die Beklagte hat anerkannt (Bl. 25 d.A.):

Rohrbeschädigung 3.006,30 DM
Wasserschaden August 1999 (50% von 4.665,70 DM =) 2.332,85 DM
Bodengutachten 655,19 DM
Summe 5.994,34 DM.
15

Hilfsweise hat die Klägerin die Klage auf einen Rest von 986 DM (= 504,13 EUR) bezüglich der Anlage K 31 gestützt (Bl. 176 d.A.).

16

Mit der Widerklage hat die Beklagte von der Klägerin für die Rohbauarbeiten restlichen Werklohn in Höhe von 41.332,23 DM (= unstreitige 47.326,57 DM ./. anerkannter 3.006,30 DM + 2.332,85 DM + 655,19 DM) und restlichen Werklohn für die Erdarbeiten in Höhe von 2.900,82 DM (richtig: 2.900,84 DM, Bl. 90 d.A.), insgesamt also 44.233,05 DM (= 22.616 EUR) verlangt.

17

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Ro. (Bl. 51 d.A.), K. (Bl. 122 d.A.), Kö. (Bl. 123 d.A.) H. (Bl. 145 d.A.) und R. (Bl. 145 d.A.), der darüber hinaus eine schriftliche Aussage zu den Akten gereicht hat (Bl. 150 -157 d.A.). Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 171 ff. d.A.), hat das Landgericht die Klage abgewiesen und unter Abweisung der weitergehenden Widerklage die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 22.064,41 EUR nebst 10% Zinsen auf 21.132,38 EUR seit dem 29. Juni 2000 sowie auf weitere 931,58 EUR seit dem 1. Dezember 2000 zu zahlen.

18

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt,

19

die Beklagte könne von der Klägerin gemäß § 631 Abs. 1 BGB restlichen Werklohn in Höhe von 22.064,41 EUR verlangen (= 43.154,24 DM (richtig: 43.154,27 DM wie vom Senat mit Beschluss vom 9. Dezember 2003 (Bl. 284 d.A.) berichtigt) = restliche 41.332,22(23) DM für Rohbau + 1.822,02(04) DM für Erdarbeiten (= 2.900,82(84) DM -1.078,80 DM (= 930 DM Dränpumpe + 16% MWSt.)). Eine Lieferung der Dränpumpe für Netto 930 DM habe die Beklagte nicht bewiesen. Der Abzug von 79,81 DM durch den Architekten R. von der Schlussrechnung für die Erdarbeiten sei nicht gerechtfertigt, da es sich gemäß der Rechnung vom 22. März 2000 um die Auswechselung der von der Firma Si. gelieferten Tauchpumpe handele, wofür eine Verantwortlichkeit der Beklagten nicht nachvollziehbar sei. Die mit der Klage geltend gemachten und nicht anerkannten Schadensersatzansprüche ständen der Klägerin nicht zu. Die restlichen Sanierungskosten von 1.654,22 DM aus der Rechnung der D. B. GmbH könne die Klägerin nicht verlangen. Von einer Mangelhaftigkeit der Sanierung des Kelleraußenmauerwerks im Sinne des § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B i.V.m. der Schiedsabrede vom 28. Februar 2000 könne nach Aktenlage nicht ausgegangen werden. Bezüglich des Gutachtens R. würden sich erhebliche Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit aufdrängen. Auch die formalen Anforderungen an ein Schiedsgutachten gemäß §§ 317 ff. BGB seien nicht erfüllt. Der Zeuge Ro. habe ausgesagt, dass ihm gegenüber lediglich der für die Klägerin als Architekt tätige Zeuge R. als Auftraggeber aufgetreten sei. Es sei für ihn eindeutig gewesen, dass er ein Parteigutachten habe erstellen sollen. Deswegen habe er auch keinen Kontakt zu der Beklagten aufgenommen. Die Beklagte habe den Sachverständigen auch nicht nachträglich anerkannt. Dem Beweisangebot der Klägerin durch Zeugenvernehmung Ro. und R. sowie Sachverständigengutachten sei nicht nachzugehen gewesen. Vielmehr könne sich die Klägerin gemäß § 242 BGB nicht mehr auf Mängel berufen, soweit es sich um solche handele, welche der Vereinbarung vom 28. Februar 2000 zugrunde gelegen hätten. Insoweit habe die Klägerin treuwidrig die Feststellung etwaiger Mängel der Isolierungsarbeiten an der Kelleraußenwand inkl. der Anlegung einer Ringdrainage vereitelt. Dementsprechend entfalle auch ein Anspruch auf die Gutachterkosten. Zum Ersatz der Sanierungskosten wegen des zweiten Wasserschadens im Dezember 1999 sei die Beklagte nicht verpflichtet. Es fehle an Anhaltspunkten für eine Beschädigung des Flachdaches und eine Verursachung durch die Beklagte.

20

Mit der Berufung wendet die Klägerin ein, verfahrensfehlerhaft habe das Landgericht ihre Beweisantritte zur Vernehmung der Zeugen Ro. und R. und zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung der Mängel an den Isolierungsarbeiten und der Ringdrainage übergangen. Die Beklagte habe die Baugrube vor der Begutachtung besichtigt und Fotos gemacht (Bl. 30 d.A. sowie Anlage B 3). Hätte sich das Landgericht korrekt verhalten, wäre der Prozess anders entschieden worden. Der Mangel der Abdichtung hätte festgestellt werden können. Außerdem hätten die 56 Fotos des Architekten R. aus Mai 2000 vorgelegt werden können, die der Berufungsbegründung beigefügt seien. Auf die Ursächlichkeit der Mängel für die Feuchtigkeitseinwirkungen komme es nicht an.

21

Entgegen der Planung sei die Drainage zu hoch verlegt worden. Die Arbeiten der D. B. GmbH seien erforderlich gewesen. Die Kosten für den Gutachter seien notwendig gewesen. Die Kosten für die Aufräumarbeiten würden nicht mehr geltend gemacht. Eine Abnahme der Bauleistung sei nicht erfolgt. Gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B habe sie, die Klägerin, der Beklagten mit Schreiben vom 17. April 2000 (Bl. 268 d.A.) den Auftrag gekündigt. Die Entziehung des Auftrages habe keine Abnahmewirkung und führe auch nicht zu einer Umkehr der Beweislast.

22

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und unter Abweisung der Widerklage die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.464,44 EUR (= 8.731,68 DM) zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2000 zu zahlen.

23

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

25

B.

Die Berufung ist unbegründet.

26

Zwar beruht die Entscheidung des Landgerichts, die Beweiserhebung über Mängel der Arbeiten der Beklagten mit der Begründung abzulehnen, die Klägerin könne sich nach Treu und Glauben auf diese nicht mehr berufen, nachdem sie, ohne das vereinbarte Schiedsgutachten zu ermöglichen, saniert habe, auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 Alt. 1 ZPO), da für den Fall, dass eine Bestimmung im Sinne des Schiedsvertrages nicht mehr getroffen werden kann, § 319 Abs. 1 S. 2 BGB bestimmt, dass die Bestimmung durch Urteil zu erfolgen hat, wobei grundsätzlich auch die Vertragspartei, die die Nichtdurchführbarkeit der in erster Linie gewollten Bestimmung durch einen Dritten (hier Schiedsgutachten) verursacht hat, auf Leistung klagen kann (BGH NJW 2000, S. 2986 f. [BGH 07.04.2000 - V ZR 36/99], vgl. auch BGHZ 146, 280 ff. = NJW 2001, 1928 f. [BGH 12.01.2001 - V ZR 372/99]).

27

Doch stellt sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO analog).

28

1.

Die Klägerin kann keine Kostenerstattung aus der Sanierung durch die D. B. GmbH verlangen.

29

a)

Die Klagforderung war nicht auf § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B gestützt, wie das Landgericht angenommen hat (Bl. 180 d.A.), sondern auf § 8 Nr. 3 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 VOB/B. Denn eine Abnahme der Werkleistung hat die Klägerin nicht vorgetragen, sondern auf Seite 9 der Klageschrift (Bl. 9 d.A.) ausgeführt, das Auftragsverhältnis nach Ablauf der Nachfrist vom 14. April 2000 sowohl wegen der Erdarbeiten als auch wegen der Rohbauarbeiten gekündigt zu haben, nachdem sie mit Schreiben vom 7. April 2000 (Bl. 87 d.A.) der Beklagten angedroht hatte, nach fruchtlosem Ablauf der Frist zum 14. April 2000 den Vertrag wegen der Rohbauarbeiten und Erdbauarbeiten teilweise zu kündigen.

30

b)

Gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO durfte der nunmehr mit Schriftsatz vom 22. Mai 2003 innerhalb der Berufungsbegründungsfrist erfolgte Vortrag der Klägerin, dass die Auftragsentziehung mit Schreiben vom 17. April 2000 (Bl. 268 d.A.) erfolgt ist, berücksichtigt werden, da das Landgericht insoweit verfahrensfehlerhaft - wie oben ausgeführt - übersehen hat, dass der Kostenerstattungsanspruch auf eine Auftragsentziehung im Sinne des § 8 Nr. 3 VOB/B gestützt ist und eine solche Kündigung gemäß § 8 Nr. 5 VOB/B schriftlich zu erklären ist, sodass das Landgericht von der Klägerin eine Klarstellung hätte verlangen müssen, ob die in der Klageschrift vorgetragene Kündigung mündlich oder schriftlich erfolgt ist.

31

c)

Die Voraussetzungen für einen Kosterstattungsanspruch aus § 8 Nr. 3 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 VOB/B liegen aber nicht vor, da die Klägerin nicht im Sinne dieser Vorschrift berechtigt war, den Auftrag zu entziehen und die Arbeiten durch einen Dritten ausführen zu lassen.

32

Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1 VOB/B kann der Auftraggeber den Vertrag - ggs. auf einen in sich abgeschlossenen Teil der vertraglichen Leistungen beschränkt (§ 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 2 ,VOB/B) - kündigen, wenn im Fall des § 4 Nr. 7 VOB/B die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist. Nach § 4 Nr. 7 S. 3 VOB/B kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer, der der Pflicht zur Beseitigung des Mangels nicht nachkommt, eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels setzen und erklären, dass er ihm nach furchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe. Die Beklagte war aber nicht zur Beseitigung der geltend gemachten Mängel verpflichtet, als die Klägerin sie mit Schreiben vom 29. März 2000 bzw. 7. April 2000 aufforderte, den gesamten Keller aufzugraben und die im Gutachten aufgezeigten Mängel zu beseitigen. Denn durch die Vereinbarung vom 28. Februar 2000, die unstreitig in der Aktennotiz Nr. 10 vom 28. Februar 2000 (Anlage K 13) dokumentiert ist, haben die Parteien eine Schiedsabrede mit dem Inhalt getroffen, dass eine Pflicht der Beklagten, die geforderten Beseitigungsarbeiten zu erbringen, davon abhing, dass der Bereich des Tanklagerraumes in Anwesenheit eines von der Industrie- und Handelskammer benannten, amtlich vereidigten Sachverständigen aufgegraben wird und der Sachverständige danach feststellt, "ob die Durchfeuchtung durch einen Ausführungsmangel der (Beklagten) zu verantworten ist oder ob der Mangel eine andere Ursache hat". Die gutachterliche Stellungnahme des Dipl.-Ing. Ro. vom 27. März 2000 stellte aber kein Gutachten im Sinne dieser Schiedsabrede dar, weil dem Dipl.-Ing. Ro., wie von ihm als Zeuge bekundet (Bl. 51 d.A.), nichts davon bekannt war, dass er ein Schiedsgutachten erstellten sollte, er die Aufgrabung nicht veranlasst, sondern beim Ortstermin vorgefunden hat und eine Benachrichtigung der Beklagten über den Ortstermin nicht erfolgt war, worauf die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. April 2000 zutreffend hingewiesen hatte, sodass zu diesem Zeitpunkt eine erneute Begutachtung hätte veranlasst werden müssen, die Klägerin aber nicht berechtigt war, den Auftrag zu entziehen und die Arbeiten durch Dritte ausführen zu lassen.

33

2.

Aus den Gründen zu 1 folgt gleichzeitig, dass die Klägerin keine Erstattung der Kosten für den Dipl.-Ing. Ro. verlangen kann.

34

3.

Hinsichtlich des restlichen Werklohns für die Erdbauarbeiten weicht die Berechnung des Antrages in der Berufungsbegründung mit dem Betrag in Höhe von 1.742,23 DM, der sich aus der Verweisung auf den Schriftsatz vom 27. Juni 2002 ergibt (Bl. 76 f. d.A. i.V.m. Bl. 231 d.A.), von der Entscheidung des Landgerichts ab, das insoweit einen Werklohn in Höhe von 1.822,02 DM zuerkannt hat (rechne risch richtig 1.822,04 DM (s. Bl. 184 und 90 d.A. i.V.m. der Anlage K 7) = 2.900,84 DM -1.078,80 DM (= 930 DM Dränpumpe + 16% MWST)). Die Differenz in Höhe von 79,81 DM (= 1.822,04 DM -1.742,23 DM) beruht auf der Entscheidung des Landgerichts, dass der vom Architekten vorgenommene Abzug von 79,81 DM von der Schlussrechnung über die Erdarbeiten nicht nachvollziehbar sei (Bl. 186 d.A.). Jedoch enthält die Berufungsbegründung hinsichtlich dieser Position keinen Angriff, sodass es auch insoweit bei der Entscheidung des Landgerichts zu verbleiben hat.

35

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

36

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO für die Zulassung nicht vorliegen.