Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 09.12.2003, Az.: 16 W 63/03
Maßgeblichkeit des ungekürzten Hauptsachestreitwerts für den Streitwert des selbstständigen Beweisverfahrens
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 09.12.2003
- Aktenzeichen
- 16 W 63/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 34006
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2003:1209.16W63.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 13.10.2003 - AZ: 13 OH 8/02
Rechtsgrundlagen
- § 4 ZPO
- § 15 GKG
Fundstellen
- BauR 2004, 1670 (amtl. Leitsatz)
- BauRB 2004, 69-70 (Volltext mit amtl. LS)
- DS 2004, 388-389
- NJW-RR 2004, 234 (Volltext mit red. LS)
- NZBau 2004, 391-392 (Volltext mit amtl. LS)
- OLGReport Gerichtsort 2004, 257-258
In dem selbständigen Beweisverfahren
...
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 28. Oktober 2003
gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 13. Oktober 2003
durch
den Richter am Oberlandesgericht ....... als Einzelrichter
am 9. Dezember 2003
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gemäß § 25 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat den Streitwert zutreffend festgesetzt.
Maßgeblich für den Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens ist nach überwiegender Auffassung und der ständigen Rechtsprechung des Senats der ungekürzte Hauptsachestreitwert, der sich in der Regel entsprechend den objektivierbaren Angaben des Antragstellers aus der Antragsschrift ergibt. Entscheidend ist dabei regelmäßig das zu Verfahrensbeginn (hier mit der Antragserweiterung im Schriftsatz der Antragstellerin vom 26. Februar 2003, §§ 4 ZPO, 15 GKG) vorgetragene Hauptsacheinteresse, nicht dagegen das Ergebnis der Beweisaufnahme am Ende des Verfahrens. Insbesondere kann für den Streitwert des Beweisverfahrens grundsätzlich nicht maßgebend sein, in welchem Umfang der Sachverständige nach Überprüfung die behaupteten Mängel tatsächlich bestätigt und wie hoch er danach die Höhe der Mängelbeseitigungskosten einschätzt. Wie auch sonst ist für die Bewertung des zu sichernden Anspruchs grundsätzlich auf die Tatsachenbehauptungen des Antragstellers bei Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens abzustellen (ebenso Senat, Beschluss vom 11. Juli 2000 - 16 W 27/00; OLG Celle, 16. Zivilsenat, OLGR Celle 1999, 199; OLG Celle, 14. Zivilsenat, OLGR Celle 1996, 142; OLG Oldenburg, OLGR Oldenburg 1995, 64; ebenso aus neuerer Zeit: OLG Dresden, Beschluss vom 20. Februar 2002, OLGR Dresden 2002, 240, zitiert nach [...]; OLG Braunschweig, Beschluss vom 26. November 2002, OLGR Braunschweig 2003, 115, zitiert nach [...]; OLG Celle, 6. Zivilsenat, OLGR Celle 2003, 136, zitiert nach [...]).
Die Ausrichtung an den objektivierbaren Kosten der Mangelbeseitigung dient der Korrektur offensichtlicher Über- oder Unterbewertungen des zu Verfahrensbeginn vom Antragsteller geschätzten Betrages. In diesem Sinne muss der Streitwert nicht in jedem Fall mit den Angaben des Antragstellers übereinstimmen, insbesondere wenn dieser die voraussichtlichen Kosten nur grob geschätzt hat.
Gemessen an diesen Grundsätzen, von denen abzuweichen der Senat hier auch keinen Anlass sieht, hat das Landgericht den Streitwert zutreffend auf 96.640 EUR festgesetzt. Die Antragstellerin verfolgte mit dem Beweisverfahren die Feststellung und Bewertung von insgesamt 42 Mängeln an diversen Häusern. Hierbei hat sie - als mit Bausachen jedenfalls vertraute Fachfirma - selbst mit der Antragstellung eine Bewertung sämtlicher von ihr gerügter Mängel differenziert vorgenommen (Bl. 93 - 151); so auch schon mit dem zu Beginn des Verfahrens zunächst gestellten Antrag, dem das Landgericht auch antragsgemäß entsprechend der Bewertung und dem Vortrag der Antragstellerin im Hinblick auf den Streitwert gefolgt war. Dass es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht auf den letztlich vom Gutachter festgestellten Kostenaufwand zur Mängelbeseitigung ankommen kann, zeigt auch der Blick auf etwa vom Sachverständigen im Ergebnis nicht festgestellte Mängel. Niemand würde hier auf die Idee kommen, diese mit Null zu bewerten, weil eben ein vom Antragsteller zunächst behaupteter Mangel sich nicht nachweisen lässt. Gleiches gilt im Prozessverfahren, in dem der Kläger beispielsweise Mangelbeseitigungskosten als Schadensersatz einklagt und diese Kosten in der Klageschrift und in dem Antrag mit 100.000 EUR beziffert. Wenn dann der später eingeschaltete Gutachter nur zu einem Schaden von 20.000 EUR käme, würde kein Gericht den Streitwert auf nur 20.000 EUR festsetzen. Der Senat vermag deshalb der von der Antragstellerin zitierten abweichenden Rechtsprechung der OLG Düsseldorf, Frankfurt (NJW-RR 2000, 613) und Naumburg (Beschl. vom 9. Juli 2003, 7 W 16/03) nicht zu folgen. Abgesehen davon betrifft die Entscheidung des OLG Düsseldorf (MDR 2001, 649) offensichtlich den hier nicht vergleichbaren Fall, dass dem Antragsteller dort die annähernd genaue Angabe des Mangelbeseitigungsaufwandes nicht möglich war und seine Angaben deshalb nur grob geschätzt waren. Dies widerspricht nicht der Rechtsprechung des Senats (siehe oben: objektivierbare Angaben), der mit der oben genannten Einschränkung offensichtliche Über- oder Unterbewertungen des Antragstellers durchaus korrigiert. Dazu besteht aber im hier vorliegenden Fall keine Veranlassung, zumal auch die Antragstellerin dazu nichts Konkretes vorträgt.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 25 Abs. 4 GKG.