Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 10.12.2003, Az.: 15 UF 161/03
Aufhebung einer Ehe; Beurteilung eines Zusammenlebens "als Ehegatten"
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 10.12.2003
- Aktenzeichen
- 15 UF 161/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 34757
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2003:1210.15UF161.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Peine - 17.07.2003 - AZ: 10 F 1037/03
Rechtsgrundlagen
- § 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB
- § 1315 Abs. 1 Nr. 5 BGB
- § 1353 Abs. 1 BGB
Fundstelle
- FamRZ 2004, 949 (Volltext mit red. LS)
In der Familiensache
...
hat der 15. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2003
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Brick sowie
die Richter am Oberlandesgericht Dr. Meyer-Holz und Dr. Schwonberg
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 17. Juli 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Peine geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antrag auf Aufhebung der Ehe wird abgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Antragsgegnerin, über die nach §§ 631 Abs. 1, 612 Abs. 4 ZPO durch streitiges Urteil zu entscheiden ist (Zöller/Philippi, 23. Aufl., Rn. 9 zu § 612 ZPO), ist begründet.
Die am 18. November 2002 geschlossenen Ehe der Parteien ist nicht gemäß § 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB aufzuheben. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien zum Zeitpunkt der Eheschließung nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung der vor dem Standesbeamten am 11. November 2002 abgegebenen Erklärung darüber einig waren, keine Verpflichtung gemäß § 1353 Abs. 1 BGB begründen zu wollen. Denn nach der Anhörung der Antragsgegnerin im Berufungsrechtszug steht für den Senat fest, dass die Parteien nach der Eheschließung als Ehegatten miteinander gelebt haben, so dass die Aufhebung der Ehe gemäß § 1315 Abs. 1 Nr. 5 BGB ausgeschlossen ist.
Dass die Parteien "als Ehegatten miteinander gelebt haben", ist nach objektiven Indizien zu beurteilen. Hierfür ist der äußere Eindruck einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft, die im Normalfall durch gegenseitige Beistands- und Unterhaltsleistungen, häusliche Gemeinschaft sowie Geschlechtsverkehr gelebt wird (Palandt/Brudermüller, 62. Aufl., Rn. 14 zu § 1315 BGB), maßgebend, ohne dass die tatsächliche Dauer des Zusammenlebens entscheidend ist (Staudinger-Klippel, 13. Aufl., Rn. 27 zu § 1315 BGB; MünchKomm/Müller-Gindullis, 4. Aufl., Rn. 12 zu § 1315 BGB).
Die Antragsgegnerin hat in ihrer Anhörung vor dem Senat nachvollziehbar und glaubhaft geschildert, dass sie mit dem Antragsteller nach der Heirat bis zu dessen Auszug Mitte Januar 2003 in ihrer Wohnung in Peine zusammen gelebt habe. Die Antragsgegnerin hat weiter bekundet, dass sie den Antragsteller im gemeinsamen Haushalt versorgt habe. Zwischen beiden sei es regelmäßig zu intimen Kontakten gekommen. Der Antragsteller habe sich auch um die Erziehung der Kinder der Antragsgegnerin in der Weise gekümmert, dass er sie zur Schule gebracht und von dort abgeholt sowie ihnen bei den Hausaufgaben geholfen habe.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass beide Parteien am 12. November 2002 einen privatschriftlichen "Ehevertrag" formuliert und bereits hiernach eine größere gemeinsame Wohnung gefunden hatten. Schließlich haben die Parteien nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin Ende Februar /Anfang März einen Versöhnungsversuch unternommen.
Der Senat sieht, nachdem der Antragsteller trotz Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen war, von seiner Anhörung nach den §§ 631, 613 Abs. 1 ZPO ab. Da die Antragsgegnerin vor dem Senat im Wesentlichen ihre Angaben aus ihrer erstinstanzlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 3. April 2003 bestätigt hat, ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller seinerseits gegenüber seiner erstinstanzlichen Anhörung, die einer häuslichen Gemeinschaft nach der Heirat nicht entgegen steht, abweichende Angaben machen würde. Im Übrigen wäre im Falle des Nichterscheinens eine zwangsweise Vorführung (§ 613 Abs. 2 ZPO) des unter der Adresse einer Obdachlosenunterkunft gemeldeten Antragstellers, der nach der Zwangsräumung seiner bisherigen Wohnung zu seinem Prozessbevollmächtigten keinen Kontakt mehr hat, praktisch kaum durchführbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO. Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgt gemäß § 704 Abs. 2 ZPO nicht.
Dr. Meyer-Holz
Dr. Schwonberg