Landgericht Hannover
Urt. v. 17.01.2002, Az.: 3 S 1254/01-80
Voraussetzungen für die Zulassung einer Berufung; Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen; Voraussetzungen für die Minderung des Reisepreises bei entgangener Urlaubsfreude
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 17.01.2002
- Aktenzeichen
- 3 S 1254/01-80
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 29493
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2002:0117.3S1254.01.80.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 26.06.2001 - AZ: 560 C 5659/01
Rechtsgrundlagen
- § 398 BGB
- § 543 Abs. 1 ZPO
Fundstellen
- NJW-RR 2002, 701 (Volltext mit red. LS)
- RRa 2002, 122-123
- RRa 2002, 190
Verfahrensgegenstand
Reisepreisminderung u.a.
In dem Rechtsstreit
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 13.12.2001
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Landgericht ... sowie
der Richterinnen am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 26.6.2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover - 560 C 5659/01 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
- Ohne Tatbestand gemäss § 543 Abs. 1 ZPO -
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht etwaige Minderungsansprüche des Klägers als durch die vorprozessual geleistete Zahlung der Beklagten in Höhe von 550,00 DM hinreichend abgegolten angesehen.
Was die Geltendmachung etwaiger Gewährleistungsansprüche seiner Mitreisenden, Frau ..., anbelangt, so fehlt dem Kläger die Aktivlegitimation. Zwar hat unstreitig der Kläger allein die streitbefangene Reise über das Reisebüro bei der Beklagten gebucht. Auch ist, wenn der Vertragsschluss durch ein Familienmitglied für sich und seine Angehörigen (Ehegatte, Kinder) erfolgt, davon auszugehen, dass der Anmeldende auch insoweit Vertragspartner des Reiseveranstalters ist und er alleine den Reisepreis zahlen will (vgl. AG Düsseldorf, NJW-RR 1999, Seite 567; Führich, Reiserecht, 3. Aufl., Seite 96). Bei einer Buchung für den Träger eines fremden Namens, wie im vorliegenden Fall, deuten die Umstände jedoch regelmässig darauf hin, dass der Anmeldende als Vertreter des Dritten gehandelt hat und damit mehrere Reiseverträge vorliegen. Da der Kläger nicht vorgetragen hat, bei Buchung der Reise darauf hingewiesen zu haben, dass er allein Vertragspartner der Beklagten werden will, sind nach den genannten Grundsätzen im Hinblick auf die Namensverschiedenheit des Klägers und seiner Begleiterin zwei Reiseverträge mit der Beklagten zustandgekommen. Unerheblich ist, ob der Kläger, wie er in der Berufungsinstanz behauptet, die Reise seiner Freundin geschenkt hat. Denn eine etwaige Schenkung betrifft nur das Innenverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Begleiterin (wer bezahlt im Endeffekt die Reise?), nicht aber das Aussenverhältnis zu dem Vertragspartner, der Beklagten. Dem Kläger stehen insoweit auch keine Gewährleistungsansprüche aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) zu. Er hat eine Abtretungsvereinbarung zwischen Frau ... und ihm nicht einmal ansatzweise dargetan. Der Kläger kann mithin nur Ansprüche bezogen auf seinen Reisevertrag mit der Beklagten und daher nur bezogen auf den auf ihn entfallenden Reisepreis, der sich auf 1.718,00 DM beläuft (die Kosten für die Reiserücktrittsversicherung finden bei der Errechnung eines Minderungsbetrages keine Berücksichtigung), geltend machen.
Was die von dem Kläger gerügten Mängel anbelangt, so geht die Kammer mit dem Amtsgericht davon aus, dass es durch Bautätigkeiten in der noch nicht vollständig fertiggestellten Hotelanlage zu Beeinträchtigungen gekommen ist. So hat es Lärmbelästigungen durch Arbeiten im Poolbereich gegeben, auch war die Treppe zum Strand noch nicht fertiggestellt. Was den letztgenannten Mangel anbelangt, so hat sich die Beklagte aber immerhin insoweit um Abhilfe bemüht, als jedenfalls an einigen Tagen ein kostenloser Bustransfer zum Strand zur Verfügung gestellt wurde, so dass jedenfalls an diesen Tagen ein Mangel der Reiseleistung nicht vorgelegen hat. Soweit der Kläger moniert, dass am Pool Arbeiten mit elektrischen Geräten ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt worden sind, ist nicht erkennbar, inwieweit er hierdurch beeinträchtigt worden ist. Da er sich zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht selbst im Pool aufgehalten hat, bestand jedenfalls für ihn keine Gesundheits- oder gar Lebensgefahr. Das blosse "Mitansehenmüssen", wie Arbeiten ohne ausreichende Sicherung vorgenommen werden, stellt noch keinen Mangel dar. Der Kläger muss sich auch vor Augen halten, dass die Sicherheitsstandards in südeuropäischen Ländern nicht unbedingt mit deutschen Sicherheitsvorschriften vergleichbar sind. Zudem ist hier auch die Eigenverantwortung der Hotelgäste gefragt. Soweit der Kläger darüberhinaus rügt, dass Umkleidekabinen im Hallenbad als Werkzeugkammer benutzt wurden oder noch nicht fertiggestellt waren, vermag die Kammer nicht zu erkennen, inwieweit hierin ein Mangel liegen soll; bei einem Sommerurlaub auf Fuerteventura, bei dem sich die Reisenden ohnehin entweder im Poolbereich oder am Strand aufhalten, kommt diesem Umstand jedenfalls keine besondere Bedeutung zu. Hinsichtlich der von dem Kläger monierten starken Lärmbelästigung auf dem Zimmer durch permanente Baggertätigkeiten und sonstige Bauarbeiten fehlt es dem Vortrag des Klägers insoweit an hinreichender Substanz, als der Kläger nicht dargetan hat, wann genau morgens mit den Baggerarbeiten begonnen wurde und wie lange sie (ununterbrochen?) anhielten. Auch hat der Kläger nicht vorgetragen, in welcher Entfernung zu seinem Hotelzimmer sich der Bagger jeweils befunden hat bzw. ob sein Hotelzimmer auf der der "Baustelle" zugewandten Seite gelegen war. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um das Mass der Beeinträchtigung durch den von dem Bagger ausgehenden Lärm hinreichend quantifizieren zu können. Eine Vernehmung der von dem Kläger hierzu benannten Zeugen kam nicht in Betracht, weil es sich hierbei um eine unzulässige Ausforschung handeln würde. Was die von dem Kläger weiter beanstandete Unsauberkeit des Hotelzimmers anbelangt (verunreinigte Wände durch Mückenflecke, sandiger Fussboden, defekte Toilette), so sieht die Kammer hierin keine Mängel, die Minderungsansprüche auslösen könnten. Mückenflecke an den Wänden kommen gerade in südlichen Ländern immer wieder vor; es ist dem Hotelier aber nicht zuzumuten, die Wände quasi bei jedem Zimmerwechsel neu zu weissen. Was den Wasseraustritt am Boden der Toilette anbelangt, so hat der Kläger nicht vorgetragen, ob ständig oder nur bei Benutzung der Spülung Wasser ausgetreten ist und in welchem Umfang überhaupt sich Wasser am Boden der Toilette befand (war der ganze Badezimmerboden überschwemmt oder nur ein Bereich um den Toilettenboden herum?). Gelegentlicher Sand auf dem Fussboden der Hotelzimmer lässt sich bei einem Strandurlaub kaum vermeiden, dies stellt aber ebenso wie die vorgenannten Umstände lediglich eine nicht zur Minderung berechtigende Unannehmlichkeit dar. Gleiches gilt für die vorübergehende Nichtnutzbarkeit des Aussenpools am 9.7.2000 sowie den Umstand, dass am 14.7.2000 in der Zeit zwischen 16.00 Uhr und 17.00 Uhr keine Hamburger und Hot Dogs vorrätig waren und es am 15.7.2000 ab 15.00 Uhr kein Bier mehr gab. Was den Aussenpool anbelangt, so konnte immerhin die Hälfte des Pools genutzt werden, die übrige Hälfte war auch nur in der Zeit zwischen 9.30 Uhr und 13.30 Uhr wegen des Rettungsschwimmerkurses für die Hotelgäste gesperrt. Dass der verbliebene Teil für den Kläger nicht ausreichend gross war, um dort zu schwimmen, hat der Kläger nicht dargetan. Der Kläger übersieht desweiteren, dass auch ein "all inclusive"-Angebot nicht beinhaltet, dass sämtliche Speisen durchgängig zur Verfügung gehalten werden müssen. Der Hotelgast muss, wenn eine bestimmte Speise oder ein Getränk vorübergehend mal "vergriffen" ist, dann eben auf andere Getränke oder Speisen ausweichen. Es kann dem Hotelier jedenfalls nicht angesonnen werden, ständig von jedem Gericht und jedem Getränk eine so grosse Menge vorzuhalten, dass bei grossem Ansturm der Gäste auch jeder damit bedient werden kann. Ob der Kläger durch das Fehlen eines funktionsfähigen Radios beeinträchtigt war, hat er nicht näher vorgetragen. Da er sich tagsüber offenbar entweder am Poolbereich oder am Strand aufgehalten hat, kann hierin jedenfalls keine gravierende Beeinträchtigung gesehen werden. Von dem - von dem Kläger behaupteten - Brand eines Baggers und dem Niederschlagen eines Gastes durch einen der Kellner war der Kläger selbst nicht betroffen, so dass er hieraus auch keinerlei Minderungsansprüche herleiten kann. Inwieweit das Geschirr und die Tischdecken im Restaurantbereich schmutzig waren, hat der Kläger nicht näher ausgeführt (klebten z.B. Speisereste an den Tellern und an den Bestecken?). Die im Salat vorgefundenen Läuse wurden jedenfalls nach zweimaliger Bitte entfernt; Ungeziefer in Blattsalaten oder Gemüse kommt überdies immer mal wieder vor und lässt sich auch bei sorgfältiger Zubereitung nie ganz vermeiden. Was die Schimmelpilze an der Garnierung des Buffets anbelangt, so hat der Kläger nicht hinreichend substantiiert dargelegt, wo genau sich diese befunden haben und welches Ausmass sie hatten, insbesondere, ob sie mit den eigentlichen Speisen des Buffets in Berührung kamen. Nicht einlassungsfähig ist der Vortrag des Klägers, dass im Restaurant ein Kellner aus Gläsern getrunken habe, die er dann an Gäste weitergegeben haben soll. Hier ist ausserdem auch nicht ersichtlich, inwieweit der Kläger selbst davon betroffen war. Dass die Klimaanlage in dem Hotelzimmer defekt war, war dem Kläger vor Antritt der Reise bekannt. Zwar stellt dies gleichwohl einen Mangel dar, den die Beklagte abzugelten hat, denn sie hatte dem Kläger als Ausgleich einen Betrag von 50,00 DM pro Woche zugesagt. Auch dieser Mangel ist jedoch durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten in Höhe von 550,00 DM mit abgegolten, da als gravierendere, zu einer Minderung berechtigte Mängel neben dem Fehlen der Klimaanlage im wesentlichen nur die Lärmbelästigungen durch die noch anhaltende Bautätigkeit und der noch nicht fertiggestellte Weg zum Strand verbleiben, wobei, was die Lärmbelästigung anbelangt, ein höherer Minderungsbetrag als 20 % des Reisepreises mangels substantiierten Vertrags des Klägers nicht in Betracht kommt. Der gezahlte Betrag von 550,00 DM entspricht aber in etwa einer Reisepreisminderung von 32 %, so dass auch weitere Beeinträchtigungen des Klägers hierdurch abgegolten sind. Wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2001 bestätigt hat, befindet sich der von der Beklagten übersandte Verrechnungsscheck noch in der Akte des Hauptbevollmächtigten des Klägers, so dass der Kläger nicht gehindert ist, den Scheck einzulösen.
Angesichts einer allenfalls gegebenenfalls Minderungsquote von 32 % besteht kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz. Nach § 651 f Abs. 2 BGB kann der Reisende dann, wenn die Reise erheblich beeinträchtigt wird, auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Nach der Rechtsprechung der Kammer kann von einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise erst dann gesprochen werden, wenn die vorhandenen Mängel der Reiseleistung zu einer Minderung des Reisepreises von mindestens 50 % berechtigten. Dies ist hier aber, wie dargelegt, nicht der Fall. Für die Voraussetzungen des § 651 f Abs. 1 BGB hat der Kläger nichts dargetan.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gegen die Beklagte zu, §§ 823, 847 BGB. Eine Herpesinfektion kann man sich auf allerlei Art und Weise zuziehen, die mit etwaigen unhygienischen Zuständen im Hotel nichts zu tun haben müssen. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, wie viele weitere Hotelgäste während seines Aufenthalts in der Hotelanlage ebenfalls von einer Herpesinfektion "betroffen" waren. Für einen epidemieartigen Ausbruch der Erkrankung ist jedenfalls nichts erkennbar. Der Kläger trägt danach aber (weiterhin) die Beweislast für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den von ihm bemängelten Zuständen in der Hotelanlage und dem Auftreten der Herpesinfektion. Dieser lässt sich jedoch durch die von ihm beantragte Vernehmung seiner Begleiterin als Zeugin nicht nachweisen, da eine Herpesinfektion, wie angeführt, bekanntlich vielerlei Ursachen haben kann und durch eine Vernehmung der Freundin des Klägers andere Ursachen als die von ihm behauptete nicht sicher ausgeschlossen werden könnten.
Mangels etwaiger Ansprüche des Klägers auf Ersatz materieller oder immaterieller Schäden hat auch der Feststellungsantrag des Klägers keinen Erfolg. Bezüglich etwaiger materieller Schäden fehlt es im übrigen an jeglicher Darlegung, welche Art von Schäden hier auf Seiten des Klägers künftig zu erwarten sein könnten.
Die Kostenentscheidung für die danach erfolglose Berufung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.