Landgericht Hannover
Beschl. v. 28.02.2002, Az.: 9 T 2227/01

3 Monate; Anspruchsgeltendmachung; Ausschlußfrist; Betreuerbestellung; Betreuervergütung; Betreuung; Betreuungsjahr; Dreimonatsfrist; Fälligkeitsregelung; Jahrespauschale; Kalenderjahr; pauschale Aufwandsentschädigung

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
28.02.2002
Aktenzeichen
9 T 2227/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 43724
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Celle - 19.06.2002 - AZ: 10 W 3/02

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Betreuers wird der angegriffene Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 12. November 2001 abgeändert und dem Betreuer für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 27. Oktober 2000 eine pauschale Aufwandsentschädigung i. H. v. € 253,09 (= DM 495,--) zugesprochen.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

1

Der Betreuer hat mit Antrag vom 24. September 2001, eingegangen am 25. September 2001, (Bl. 98 d.A.) beim Amtsgericht Hannover eine pauschale Aufwandsentschädigung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2000 geltend gemacht.

2

Das Amtsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung vom 12. November 2001, (Bl. 114 d.A.) zugegangen am 23. November 2001, (Bl. 116 d.A.) den Antrag in Übereinstimmungen mit den Entscheidungen des Landgerichts Hannover vom 2. Juli 2001 (...) und vom 19. Dezember 2001 (...) als verfristet gem. § 1835 a Abs. 4 BGB zurückgewiesen, da eine pauschale Aufwandsentschädigung kalenderjährlich bis zum 31. März d. Folgejahres geltend zu machen sei. Hiergegen wendet sich die gem. § 56 g Abs. 5 FGG zulässige und mit Eingang am 28. November 2001 fristgerechte sofortige Beschwerde, (Bl. 117 f. d.A.) mit der u.a. vorgetragen wird, dass eine Verfristung nicht eingetreten und die Ausschlussfrist auf anwaltliche Betreuer nicht anwendbar sei.

3

Der Bezirksrevisor bei dem Amtsgericht Hannover schloss sich der Auffassung des Amtsgerichts Hannover in seiner Stellungnahme vom 7. Februar 2002 (Bl. 122 ff. d.A.) mit einer ausführlichen Begründung und unter Bezugnahme auf die unterschiedlichen Auffassungen der Beschwerdekammern des Landgerichts Hannover an.

4

Die Entscheidung des Amtsgericht Hannover war wie geschehen abzuändern.

5

Dem Beschwerdeführer konnte nicht gefolgt werden, soweit die Frist des § 1835 a Abs. 4 BGB als unabwendbar auf anwaltliche Betreuer angesehen wird, da es sich insofern gerade nicht um einen Anspruch, der seinen Ursprung im anwaltlichen Gebührrecht hat, handelt, sondern um einen solchen, der originär zivilrechtlich mit der dafür angeordneten besonderen Ausschlussfrist ist.

6

Die Kammer hält jedoch an ihrer Auffassung fest, dass für die Frist zur Geltendmachung des Anspruchs auf pauschale Aufwandsentschädigung nicht an das Kalenderjahr, sondern an das Betreuungsjahr anzuknüpfen ist. Dieses ergibt nach ihrer Auffassung aus einer Zusammenschau mit § 1835 a Abs. 2 BGB, wonach die Aufwandsentschädigung erstmals ein Jahr nach der Bestellung des Betreuers zu zahlen ist. Diese Fälligkeitsregelung ist jedoch nach Ansicht der Kammer auch auf die Ausschlussfrist des Abs. 4 anzuwenden, (so auch: Diederichsen in Palandt 61 § 1835 a Rn. 6) um Verwerfungen zwischen dem Zeitpunkt der erstmaligen Zahlung nach Abs. 2 und der Ausschlussfrist des Abs. 4 zu vermeiden, da andernfalls bei Bestellung des Betreuers nach dem ersten Quartal eines Jahres der (erstmalige) Anspruch auf Zahlung ausgeschlossen sein könnte, bevor er fällig geworden ist. Darüber hinaus ist dadurch generell eine gleichlange Frist für alle Betreuungsfälle unabhängig vom Zeitpunkt der Betreuerbestellung gewährleistet. Schließlich ist dadurch auch ein gewisser Gleichklang auch mit der Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB erreicht, der für i. e. abgerechnete Aufwendungen eine Frist von 15 Monaten ab der Entstehung bestimmt, da derartige Aufwendungen erst ab der Betreuerbestellung entstehen können und somit im Einzelfall die Frist noch deutlich über den 31. März eines jeden Folgejahres hinausgeschoben wird.

7

Nicht zu entscheiden war im vorliegenden Fall, wie der Fristbeginn zu bestimmen ist, wenn die Bestellung des Betreuers zu einem anderen Zeitpunkt als dem Beginn der Betreuung erfolgt, jedoch legt es der Wortlaut des § 1835 a Abs. 2 BGB nahe, insofern an den Bestellungszeitpunkt anzuknüpfen.

8

Die Kammer hält weiterhin an ihrer Auffassung im Beschluss vom 21. Mai 2001 (9 T ...) fest, dass der Betreuer sodann noch 15 Monate Zeit zur Beantragung der pauschalen Aufwandsentschädigung hat. § 1835 a Abs. 4 BGB bestimmt, dass der Anspruch erlischt, "wenn er nicht binnen drei Monaten nach Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entsteht, geltend gemacht wird". Abzustellen ist folglich auf das Jahr, in dem der Anspruch entsteht, nicht auf das Jahr, für das er entsteht. Ein Anspruch entsteht, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Ausweislich § 1835 a Abs. 1 BGB ("der für ein Jahr") und Abs. 2 ("jährlich zu zahlen") ist Voraussetzung für einen Anspruch auf pauschale Aufwandsentschädigung aber der Ablauf eines Jahres. Dies wird auch im Beschluss des Landgerichts Hannover vom 19. Dezember 2001 festgestellt, wenn dort das Erwachsen des Anspruchs für das Jahr 1997 als "mit dem Ablauf des 31.12.1997" angenommen wird. Ablauf ist dabei nur dahingehend zu verstehen, dass das Jahr gänzlich vorüber ist. Folglich entsteht der Anspruch erst mit Beginn des ersten Tages des Folgejahres, unabhängig von der Beurteilung, ob nun auf das Kalenderjahr oder das Betreuungsjahr abgestellt wird. Dieses Jahr, in dem der Anspruch entsteht, muss nun ebenfalls abgelaufen sein, bevor die Dreimonatsfrist beginnt. Somit ergibt sich eine Frist von 15 Monaten ab dem Jahr, für das der Anspruch begehrt wird (so auch: Diederichsen in Palandt 61 § 1835 a Rn. 6).

9

Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies:

10

<...>

11

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 13 a FGG, 14, 131 KostO.

12

Der Geschäftswert wird gem. § 30 KostO auf € 306,78 (= DM 600,--) festgesetzt.

13

Die abweichende Rechtsprechung der <...> und der <...> Zivilkammer hat die Kammer veranlasst, im vorliegenden Fall wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die sofortige weitere Beschwerde gem. § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG zuzulassen.