Landgericht Hannover
Urt. v. 22.11.2002, Az.: 13 O 134/02

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
22.11.2002
Aktenzeichen
13 O 134/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 35153
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:2002:1122.13O134.02.0A

In dem Rechtsstreit

...

wegen Schadensersatzes aus Anlageberatung

hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover im schriftlichen Verfahren nach Schriftsatznachlass bis zum 22.11.2002 durch

...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12 042,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz bis 31.12.2001 nach DÜG, ab 01.01.2002 nach BGB seit dem 15.11.2001 zu zahlen und ihn hinsichtlich der Verbindlich- keiten aus dem Darlehensvertrag Nr. 9368812160 mit der BHW Bank in Höhe von ursprünglich DM 46 667,00 vom 30.08.1996 freizustellen Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte des Klägers an der Beteiligung an der "Dreiländer Beteiligung Objekt DLF 94/17 - Walter Fink - KG" vom 29.07.1996 mit einem ... Nominalbetrag von 20 451,68 € (DM 40 000,00).

  2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

  3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2% und die Beklagte 98%.

  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.

  5. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen behaupteter fehlerhafter Anlageberatung auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte ist ein in ganz Deutschland tätiges Wirtschaftsberatungs- und Finanzbetreuungsunternehmen. Sie unterhält mit Hilfe ihrer selbstständigen Handelsvertreter eine Außendienstorganisation.

2

Vermittelt durch den Handelsvertreter der Beklagten, ..., erwarb der damals 32 Jahre alte Kläger einen Anteil am DLF 94/17 in Höhe von 40 000,00 DM, wobei die Zeichnung des Anteils am 29.07.1996 erfolgte. Der Kläger war im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbes Ingenieur und verdiente damals 2 950,00 DM netto. Der Anteil am DLF 94/17 wurde von dem Kläger über ein ebenfalls über die Mitarbeiter der Beklagten vermitteltes Darlehen bei der BHW Bank AG in Höhe von 46 666,70 DM finanziert. Der Kläger widerrief die auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung mit Schreiben vom 04.10.2002. Die BHW Bank wies mit Schreiben vom 24.10.2002 den Widerruf als unberechtigt zurück.

3

Bei dem Dreiländer Fonds 94/17 handelt es sich um einen in Form einer Kommanditgesellschaft organisierten geschlossenen Immobilienfonds, der Immobilien und Wertpapiere in Deutschland, der Schweiz und den USA unterhält, darunter das Freizeit- und Erlebniszentrum International in Stuttgart, dessen Hauptmieterin die Stella AG war. Diese führte in den Räumlichkeiten das Musical "Miss Saigon" auf, bis sie 1999 insolvent wurde. Der Fonds weist allenfalls einen Wert von maximal 30% des ursprünglichen Fondsvermögens aus. Infolge von Mietausfällen reduzierten sich die Ausschüttungen des Fonds, die bis 1997 jährlich 7% betrugen, 1998 auf 5%, 1999 auf 3%, 2000 auf 0 und betragen seit 2001 2,2%.

4

Der Kläger begehrt mit der Klage die Zahlung von Schadensersatz, nämlich Rückzahlung des Agios von 4 666,70 DM, der Abwicklungsgebühr von 2 000,00 DM und Erstattung der Zins- und Tilgungsleistungen gegenüber der BHW Bank AG und Freistellung von verbliebenen Verbindlichkeiten gegenüber der BHW Bank AG Zug um Zug gegen Abtretung seiner Ansprüche aus dem DLF 94/17. Die Ausschüttungen des Fonds hat sich der Kläger zunächst in Höhe von 7 830,00 DM (4 003,42 €) anrechnen lassen und sodann die von der Beklagten aufgestellte Abrechnung, nach der die Ausschüttungen 4 252,83 € betragen, nicht bestritten.

5

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 22.10.2001 forderte der Kläger die Beklagte vergeblich unter Fristsetzung bis zum 14.11.2002 zum Anerkenntnis der Verpflichtung Schadensersatz zu leisten auf.

6

Der Kläger behauptet, er sei anlageunerfahren gewesen und habe nicht einmal einen Prospekt erhalten. Er sei nicht über die tatsächlichen Risiken und Nachteile des Fonds aufgeklärt worden, die Beratung sei nur werbend erfolgt Er sei nicht über die Risiken der vollständigen Finanzierung aufgeklärt worden, ihm sei anhand einer Beispielrechnung erklärt worden, dass die monatlichen Belastungen durch steuerliche Vorteile und Ausschüttungen ausgeglichen würden. Es sei - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - kein Hinweis auf negative Presse erfolgt. Der Handelsvertreter der Beklagten habe jedoch Kenntnis von der negativen Presse gehabt. Es seien keine Hinweise auf Risiken erteilt worden.

7

Der Kläger beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 12 291,66 nebst 5% Zinsen per anno über den jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 DÜG hieraus seit dem 15.11.2001 zu bezahlen und ihn hinsichtlich der Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag Nr. 9368812160 mit der BHW Bank AG in Höhe von ursprünglich DM 46 667,00 vom 30.08.1996 freizustellen Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte des Klägers an der Beteiligung an der "Dreiländer Beteiligung Objekt DLF 94/17 - Walter Fink - KG" vom 29.07.1996 mit einem Nominalbetrag von € 20 451,68 (DM 40 000,00).

8

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

9

Die Beklagte meint, sie sei nicht passivlegitimiert, weil die Beratung durch einen selbstständigen Handelsvertreter erfolgt sei, für dessen Handeln sie nicht einzustehen brauche. Sie bestreitet den vom Kläger vorgetragenen Beratungsinhalt und behauptet, dem Kläger sei ein Prospekt ausgehändigt worden, der ausreichend aufkläre und anhand dessen der Handelsvertreter ... den Kläger in allen Einzelheiten über die Anlage informiert habe. Der Prospekt stelle die Risiken des Fonds ausreichend und umfassend dar, weitergehende Prüfungspflichten habe die Beklagte nicht gehabt. Der Zeuge P.... habe den Kläger auch über die Risiken der Fremdfinanzierung aufgeklärt. Soweit kritische Artikel in Brancheninformationsdiensten erschienen seien, seien sie dem Handelsvertreter nicht bekannt gewesen, er habe die Artikel auch nicht zu kennen und deren Inhalt weiterzugeben brauchen. Im Gegenzug verweist die Beklagte auf positive Berichterstattung der seriösen Wirtschaftspresse sowie darauf, dass dem Kläger ein Widerrufsrecht zustand, das er nicht ausgeübt hätte. Auch habe der Kläger nach der Vermittlung an Beschlüssen der Gesellschaft teilgenommen und hierdurch eine neue Anlageentscheidung getroffen. Schließlich müsse sich der Kläger entgegenhalten lassen, dass er nicht auf die Möglichkeit eingegangen sei, seinen Anteil gegen Rückzahlung von 85% oder 95% des Nominalwertes zurückzugeben. Dazu hätte der Kläger Anlass gehabt, nachdem er das Schreiben des Walter Fink vom 21.07.1998 bzgl. der wirtschaftlichen Krise der Deyhle-Gruppe erhalten hätte. Wegen der Widerrufsmöglichkeit nach § 3 HWIG stünde dem Kläger kein Anspruch gegen die Beklagte zu. Weiter müsse sich der Kläger erhaltene persönliche steuerliche Vorteile anrechnen lassen. Schließlich rügt die Beklagte, der Kläger habe die rechtlichen Voraussetzungen der Zug- um Zugverurteilung nicht dargetan.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

11

Die Klage ist überwiegend begründet, sie war nur hinsichtlich eines Teils der Zins- und Tilgungsleistungen zurückzuweisen.

12

I.

Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger aufgrund einer positiven Vertragsverletzung eines Anlageberatungsvertrages Schadensersatz zu leisten.

13

1.

Zwischen den Parteien ist ein Anlageberatungsvertrag vermittelt durch den Handelsvertreter ... zustande gekommen. Tritt ein Anlageinteressent an einen Anlageberater oder ein Anlageberater an einen Anlageinteressenten heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgespräches angenommen ( BGHZ 100, 117, 118 ). Ein solcher Vertrag kam hier durch das Gespräch zwischen dem Kläger und dem für die Beklagte tätigen Handelsvertreter ... zustande. Die Handelsvertreter der Beklagten suchten den Kläger aus eigenem Antrieb auf und ließen sich von dem Kläger einen sogenannten Expertisen-Auftrag unterzeichnen, in dem er den sogenannten Wirtschaftsberater unter anderem mit der Erstellung eines individuellen, ganzheitlichen Finanzkonzeptes beauftragte. Der Anlageberatungsvertrag kam sodann durch die Gespräche zwischen dem Kläger und dem Handelsvertreter ... im Juli 1996 zustande.

14

Vertragspartner des Klägers ist die Beklagte, denn der Handelsvertreter ... trat für diese auf. Ihr Einwand, der Handelsvertreter sei selbstständig, persönlich und wirtschaftlich unabhängig überzeugt für die Frage der Passivlegitimation nicht. Die Beklagte muss sich - wie der BGH entschieden hat ( BGH NJW 1998,1854,1856 [BGH 05.03.1998 - III ZR 183/96]) - das Handeln des Handelsvertreters zulassen, weil sie das mit der Arbeitsteilung verbundene Personalrisiko zu tragen hat, woran auch nichts ändert, dass sie sich selbstständiger Handelsvertreter bedient. Im übrigen wird zur Frage der Passivlegitimation auf die ausführlichen Erwägungen des OLG Celle in dessen Urteil vom 15.08.2002 (11 U 291/01) verwiesen.

15

2.

Der Handelsvertreter ... hat die sich aus dem Beratungsvertrag ergebenen Pflichten verletzt, wofür die Beklagte gem. § 278 BGB einzustehen hat.

16

Die Beratung eines Anlageinteressenten durch seinen Berater im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages hat sowohl anlage- als auch anlegergerecht zu erfolgen. Diesen Anforderungen ist der Handelsvertreter ... nicht gerecht geworden, indem er dem Kläger nicht in ausreichendem Maße über die Risiken und Besonderheiten des DLF 94/17 aufgeklärt hat, es unterlassen hat, auf kritische Pressestimmen bzgl. dieses Fonds hinzuweisen und den Kläger nicht ausreichend über die Risiken einer Fremdfinanzierung informiert hat.

17

a)

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Handelsvertreter ... den Kläger nur werbend beraten hat, denn die Beklagte hat selbst nicht vorgetragen, dass ihr Berater eine anleger- und anlagegerechte Beratung vorgenommen hat. Nach dem Vortrag der Beklagten ist die Risikodarstellung von dem Handelsvertreter anhand des von den Initiatoren der Anlage stammenden Fondsprospektes durchgeführt worden. Damit war die Beratung aus folgenden Gründen unzureichend, die das OLG Celle in seiner bereits zitierten Entscheidung wie folgt dargestellt hat und die auch für den vorliegenden Fall Geltung haben.

"Der Prospekt über die Fondsanlage ist unübersichtlich und undeutlich. Der Anleger, der sich aus ihm über die Risiken informieren will, findet in der von der Beklagten eingereichten Fassung (Auflage Mai 1996), von der der Senat zu deren Gunsten ausgehen kann, eine Untergliederung "Risiken und Chancen", die sich von S. 77 bis 84 kleingedruckt engzeilig und zweispaltig hinzieht. Die hier enthaltenen Risikohinweise kranken daran, dass keine zusammenstellende Aufzählung und Gewichtung der Risiken stattfindet.

Die Risiken werden vereinzelt dargestellt. Beispieisweise wird das Risiko der dauerhaften Auslastung der Aufführungen des Musical Saigon zwar aufgezeigt, aber durch den sogleich nachfolgenden Verweis auf die Erfolge der Aufführungen von "Cats, Starlight Express und Phantom der Oper" unverzüglich wieder abgeschwächt (Prospekt S. 79), Es fehlt an dieser Stelle die thematisch hierher gehörende Auseinandersetzung mit der Erfolgsprognose für das konkrete Musical und die Parallelproduktion "Die Schöne und das Biest", die im 2. Bauabschnitt in der Musicalarenen aufgeführt werden sollte. Ferner fehlt der deutliche Hinweis im Zusammenhang mit der Darstellung der Auslastungsrisiken, das aufgrund der starken Ausrichtungen des Hotelbetriebes, der Schwabenquelle und des Einkaufs- und Erlebniszentrums auf die Musicalgäste in Stuttgart bei ansonsten für Publikumszulauf ungünstiger Stadtrandlage ein erhöhtes Risiko bestand. Von diesem Risiko waren nicht nur die Musicalarenen selbst betroffen, sondern etwa 50% des Einlagekapitals insgesamt und von demjenigen Teil des Kapitals, der in Deutschland investiert werden sollte (gut 53% der Fondsinvestition laut Prospekt S. 5). Der ganz überwiegende Teil, mit Ausnahme desjenigen vergleichsweise geringen Betrages, der auf die Seniorenresidenz Baden-Baden entfiel. Damit hingen die Investitionen in Deutschland gang überwiegend vom Prosperieren der Mieterin der Musicalpaläste, der Stella AG ab, bzw. davon, ob im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Stella AG rasch und leicht ein anderer Betreiber gefunden werden konnte, der das Immobilienkonzept nahezu unverändert zu nutzen bereit war. Das wirtschaftliche Wohl und Wehe der Stella AG hatte also beträchtlichen unmittelbaren und mittelbaren Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebes von etwa 50% der Fondsimmobilien bzw. des Fondsvermögens. Das wird mit hinreichender Klarheit aber an keiner Stelle des Prospektes mitgeteilt.

Ob in diesem Mangel an gewichteter Information ein Prospektmangel zu sehen wäre, darauf kommt es in diesem Rechtsstreit nicht an. Ein Anlageberater jedenfalls, der eine solche Anlage mit derartigem Prospekt vertreibt, schuldet eine eigene Prüfung, Gewichtung und Benennung der wesentlichen Risiken der Anlage, wenn diese sich im Prospekt an keiner Stelle geballt und zusammengefasst und in leicht nachvollziehbarer Form befindet. Eine derartige pointierte und gewichtete Information gegeben zu haben, deren Übermittlung sich im Streitfall auch schon aufgrund der Länge der Ausführungen des Prospekts, die insgesamt etwa 90 Seiten ausmachen, und damit für nicht professionelle Anleger kaum überschaubar sind, aufgedrängt hätte, nimmt die Beklagte nicht für sich in Anspruch."

18

Dieser Bewertung des Prospektes steht nicht entgegen, dass der Prospekt von der Wollert-Elmendorff Deutsche Industrie Treuhand GmbH geprüft worden ist und diese auch die Angriffe des OLG Celle für unberechtigt hält. Denn zum einen geht es in dem hiesigen Rechtstreit nicht um Prospekthaftungsansprüche sondern um Ansprüche gegen ein Beratungsunternehmen, das gerade von Kunden in Anspruch genommen wird, um eine individuellere verständlichere und auch objektivere Beratung zu erhalten, als sie durch einen vom Fondsinitiator aufgelegten Prospekt erfolgen kann. Zum anderen ist es nachvollziehbar, dass die WEDIT versucht, die letztlich gegen sie selbst gerichteten Angriffe in den Urteilen des OLG Celle abzuwehren.

19

b)

Der Handelsvertreter ... hat ferner den Kläger pflichtwidrig nicht über kritische Pressestimmen zum DLF 94/17 informiert, wozu er jedoch verpflichtet war, unabhängig davon, ob er die einschlägigen Mitteilungen kannte oder nicht. Seit dem 30.09.1994 waren in Brancheninformationsdiensten wie kapitalmarktintern (kmi) verschiedene Berichte erschienen, in denen eine Beteiligung beim DLF 94/17 als "mittelbare unternehmerische Beteiligung an der Rolf-Deyle-Gruppe" bewertet wurde und darauf hingewiesen wurde, dass Risiken wie Mietausfall oder Leerstand nicht einkalkuliert seien (kmi vom 30.09.1994, 29.12.1994, 08.09.1995, 22.09.1995,17.11.1995, 22.12.1995, 26.01.1996, 16.02.1996 und 23.02.1996). Diese Artikel sind der Kammer aus dem hier anhängigen Parallelverfahren, insbesondere dem Verfahren 13 O 3037/01 bekannt. Ob die Beklagte verpflichtet war Brancheninformationsdienste wie kmi auszuwerten und ggf. durch ihre Handelsvertreter die Kunden auf negative Berichterstattung hinzuweisen, kann dahingestellt bleiben, denn sie war jedenfalls verpflichtet, die seriöse allgemeine Wirtschaftspresse auszuwerten, zu der die Wirtschaftswoche gehört. In deren Ausgabe vom 23.03.1995 war ebenfalls eine kritische Stellungnahme zum DLF 94/17, die ebenfalls deutlich macht, dass das Wohl und Wehe des Fonds von dem Erfolg des Musicals Miss Saigon abhängig war und damit genau das Risiko beschrieben hat, das sich später realisierte und zum Einbruch des Fonds geführt hat.

20

Die Kammer meint in Übereinstimmung mit dem OLG Celle, dass der Berater seine Kunden jedenfalls auf die in diesem Artikel niedergelegten Warnungen hinweisen musste. Dabei ist es unerheblich, dass die Verfasserin dieses Artikels die Prognose der vom Fonds gehaltenen Immobilien möglicherweise deswegen zurückhaltend bewertet hat, weil sie keine näheren Kenntnisse hatte. Denn in jedem Fall hat sie die später realisierten Risiken erkannt und beschrieben.

21

c)

Die oben unter a) und b) geforderte detaillierte Aufklärung des Klägers war nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Vertreter ... entsprechend der Behauptung der Beklagten dem Kläger einen Prospekt hinsichtlich des DLF 94/17 übergeben hat. Denn der Prospekt weist zwar verschiedentlich auf mögliche Gefahren hin, relativiert und verschleiert diese jedoch sodann wieder. Aus ihnen wird nicht deutlich, dass die Investitionen in ganz Deutschland ganz überwiegend vom Prosperieren der Mieterin der Musicalpaläste, der Stella AG abhing, bzw. von der Frage, ob ggf. ein Nachfolgemieter für die Spezialimmobilie gefunden werden könne. Eine Aufklärung über das Mietausfallrisiko hat der Berater ebenfalls nicht vorgenommen, obwohl auch dieses zu seinen pflichtgemäßen Aufgaben als Anlageberater gehört hätte. Zur näheren Begründung wird auch insoweit auf das Urteil des OLG Celle verwiesen, in dem es heißt:

"Die Beklagte ist bei ihrer durch den Handelsvertreter anhand des Prospektes vorgenommenen Beratungen des Klägers in ihrer vorstehend unter aa) dargestellten Pflicht auch keineswegs dadurch ausreichend nachgekommen, dass im Prospekt im Rahmen der Ausführungen zum Investitionsteil Deutschland bei der Darstellung der Risiken und Chancen davon die Rede ist, dass durch zukünftige Entwicklungen insbesondere Mietausfälle auch ein vollständiger Vermögensverfall eintreten kann (S. 78 des von der Beklagen eingereichten Prospekts der 8. Aufl.) und der Handelsvertreter auf diese Passage hingewiesen haben mag. Diese Angabe ist nicht hinreichend deutlich. Sie wird nicht in Zusammenhang gestellt mit der Erfolgsprognose von Musicalaufführungen in einem prozentual besonders schwergewichtigen Investitionsteil, sondern im Zusammenhang mit nicht absehbaren Zukunftsentwicklungen insbesondere durch Verbesserungen der Telekommunikation und des Datenverkehrs und des Individualverkehrs. Der erforderliche Bezug zu dem Problem des Musicalerfolges wird nicht hergestellt. Zudem schließt sich an diese Passage nicht etwa die Risikobewertung des Stuttgarter Objekts an, sondern es folgen Ausführungen zur Seniorenresidenz Baden-Baden. Damit ist die an dieser Stelle vorgenommene Warnung außer Zusammenhang gesetzt zu dem größten Anlageteil, nämlich dem Stuttgarter Musical-Projekt nebst Hotel, Badewelt und Nebeneinrichtungen. Nähere Ausführungen hierzu beginnen ohne Bezug zur Passage, die vor dem Totalverlust des Anlagekapitals warnt, erst eine Spalte später.

Auch die näheren Angaben zu dem Stuttgarter Freizeit- und Erlebniszentrum, S. 79 f. des Prospekts, enthalten genügende Risikohinweise nicht. Hier werden die Risiken nur vereinzelt dargestellt, aber an keiner Stelle zusammengefasst und gewichtet. Das Risiko der dauerhaften Auslastung der Aufführungen des Musical "Miss Saigon" wird zwar aufgezeigt, aber durch den sogleich nachfolgenden Verweis auf die Erfolge der Aufführungen von "Cats, Starligth Express und Phantom der Oper" sofort wieder abgeschwächt Eine Auseinandersetzung mit der Erfolgsprognose für das konkrete Musical fehlt.

Es wird sodann zwar darauf hingewiesen, dass im Rahmen der 15jährigen Mietzeit durch die Stella AG das Musical Miss Saigon wahrscheinlich durch eine Nachfolgeproduktion würde ersetzt werden müssen. Hierfür werden aber keine zeitlichen Dimensionen genannt; vielmehr werden statt der notwendigen argumentativen Unterfütterung des Risikohinweises etwa aufkommende Bedenken dadurch sogleich zerstreut, dass auf die Nutzbarkeit der Baulichkeiten auch für die Nachfolgeproduktionen und darauf hingewiesen wird, dass das Management der Stella AG nur solche Musicals in Angriff nehme, die in den USA und Großbritannien mit großem Erfolg liefen."

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d)

Der Handelsvertreter ... hat die Pflichten aus dem Beratungsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten weiter dadurch verletzt, dass er den Kläger nicht ausreichend über die Risiken einer Fremdfinanzierung seines Anteils am DLF 94/17 über ein Bankdarlehen aufgeklärt hat Bei dem Dreiländer Fond 94/17 standen dem Kläger zwar die Ausschüttungen von zunächst 7% per anno zu, so dass die Kosten einer Fremdfinanzierung jedenfalls überwiegend gedeckt waren. Es bestand jedoch von vornherein das Risiko, dass die Ausschüttungen des Fonds sinken oder ausbleiben würden. Dabei trägt der Kläger das volle wirtschaftliche Risiko, dass auf der einen Seite die Erträge ausbleiben, die Belastungen auf der Finanzierungsseite aber unverändert bleiben oder nach Ablauf der Zinsbindungsfrist sogar ansteigen. Auf dieses Risiko der Fremdfinanzierung hätte der Handelsvertreter ... die Klägerin hinweisen müssen. Dass dies geschehen ist, hat die Beklagte nicht ausreichend konkret dargelegt, denn ihr Vortrag, der Kläger sei von dem Zeugen ... ausführlich über die sich aus der Fremdfinanzierung ergebenden Konsequenten belehrt worden, ist ohne Substanz, weil nicht dargelegt ist, auf welche konkreten Risiken hingewiesen worden ist.

23

3.

Die Beklagte hat dem Kläger das negative Interesse zu ersetzen, das heißt, er ist so zu stellen, als wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Da der Kläger nach dem Grundsatz des aufklärungsrichtigen Verhaltens die Geschäftsanteile nicht erworben und das Darlehen zur Finanzierung des Geschäftsanteils nicht aufgenommen hätte, hat er Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung.

24

Der erstattungsfähige Schaden des Klägers beläuft sich auf insgesamt 12 042,26 €.

25

Unstreitig hat der Kläger nämlich Zins- und Tilgungsleistungen für die Zeit von 1996 bis einschließlich Mai 2000 in Höhe von insgesamt 16 295,08 € (31 870,41 DM) erbracht. Von diesem Betrag sind anrechenbare Ausschüttungen des Fonds in Höhe von 4 252,82 € abzuziehen, denn die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 24.10.2002 als Anlage B 58 eine von der KC erstellte Auflistung über die von dem Kläger empfangener

26

Ausschüttungen eingereicht, ausweislich derer der Kläger in der Zeit seit seinem Beitritt bis einschließlich März 2002 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt ... 4 252,82 € erhalten hat Die Richtigkeit dieser Auflistung hat der Kläger nicht mehr bestritten.

27

Weitergehende steuerliche Nachteile muss sich der Kläger nach Auffassung der Kammer jedoch nicht anrechnen lassen. Die Kammer hält insoweit an ihrer bisherigen Auffassung fest, dass steuerliche Nachteile aufgrund der innegehabten Gesellschafterstellung den steuerlichen Nachteilen, die durch das Ausscheiden aus der Gesellschaft anfallen, gleichwertig gegenüberstehen und deshalb im Wege der Vorteilsausgleichung im Zivilprozess bei der Berechnung des Schadensersatzes nach § 249 BGB jedenfalls in der Regel vernachlässigt werden können. Durch die Entscheidung des BGH ( NJW 2002, 1711 [BGH 14.01.2002 - II ZR 40/00]) sieht sich die Kammer in ihrer Auffassung bestärkt, denn in diesem Fall hat der BGH entschieden, dass Steuervorteile nicht zu berücksichtigen sind, "wenn die Schadensersatzleistung für den Kläger ebenfalls zu versteuern ist. Da eine KG Einnahmen aus Gewerbebetrieb nach § 15 EStG erzielt, gilt gleiches auch für die Kommanditisten, so dass alle Einnahmen der Anleger aus ihrer Kommanditeinlage der Steuer unterfallen (vgl. auch BGHZ 74,103,114 ff. )" (BGH a.a.O. III, IV b)). Diese Auffassung wird auch von Reiter, Methner in ihrer Anmerkung zu den Urteilen des OLG Geile vom 15.08.2002 - 11 U 291/01 und 11 U 341/01 - geteilt (Verbraucher und Recht 2002, 398, 402).

28

4.

Der Kläger muss es sich schließlich auch nicht nach § 254 BGB schadensmindernd anrechnen lassen, dass er seine Anteile am DLF 94/17 nicht veräußert hat. Zum einen hat er unstreitig kein konkretes Angebot erhalten, zum anderen bestreitet er, das Schreiben vom 21.07.1998 des persönlich haftenden Gesellschafters des DLF 94/17, Herrn W.... F.... über die wirtschaftliche Krise der Deyhle-Gruppe als Hauptaktionären der Stella AG erhalten zu haben, so dass aus seiner Sicht keine Veranlassung bestand, den Fonds in dem Zeitraum von September 1998 bis November 1999 zu verkaufen. Beweis für diese Behauptung hat die Beklagte auch nicht angetreten.

29

5.

Auch die Tatsache, dass der Kläger den Darlehnsvertrag mit Schreiben vom 04.10.2002 widerrufen hat, führt nicht zu einem Ausschluss der Haftung der Beklagten. Die BHW Bank AG hat mit Schreiben vom 24.10.2002 den erklärten Widerruf als unberechtigt zurückgewiesen, so dass der Schaden des Klägers nicht entfallen ist.

30

Ein Mitverschulden des Klägers nach § 254 BGB kann nur dann angenommen werden, wenn eine Klage des Klägers gegen die Bank auf Rückzahlung der gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen Aussicht auf Erfolg versprechen würde, wobei die Erfolgsaussicht vom Schädiger zu beweisen ist.

31

Hier steht dem Kläger kein Widerrufsrecht nach § 1 HWiG in der bis zum 30.09.2000 geltenden Fassung zu, denn der Kläger wurde ausweislich des in Ablichtung eingereichten Darlehnsvertrages (Anlage K 4 zur Klageschrift) nach § 2 HWiG ordnungsgemäß belehrt.

32

Nach § 5 Abs. 2 HWiG ist nur das Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) anzuwenden, wenn § 1 Abs. 1 VerbrKrG gegeben ist. Das ist hier der Fall.

33

Dies hat zur Folge, dass bei verbundenen Geschäften zusätzlich § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG anzuwenden ist. Danach muss die Belehrung den Hinweis enthalten, dass im Falle des Widerrufs auch der verbundene Kaufvertrag nicht wirksam zustande kommt. Nach § 9 Abs. 4 VerbrKrG gilt dies auch für Kredite, die zur Finanzierung des Entgelts für eine andere Leistung als die Lieferung einer Sache gewährt werden. Diese Belehrung wurde dem Kläger bei Abschluss des Darlehnsvertrages nicht erteilt. Sie war hier aber auch entbehrlich, weil kein verbundenes Geschäft vorliegt. Ein verbundenes Geschäft erfordert eine so enge Verbindung, dass sich die beiden Verträge als Teilstücke einer rechtlich oder wenigsten wirtschaftlich tatsächlichen Einheit eng ergänzen. Dabei muss der Kredit zu dem Zweck gewährt werden, die Vergütung aus dem anderen Geschäft zu begleichen, und es muss eine wirtschaftliche Einheit beider Verträge durch das Zusammenwirken von Kreditgeber und Verkäufer gegeben sein.

34

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

35

Das Darlehen wurde nämlich zur freien Verwendung gewährt, was eine Zweckbindung entfallen lässt. Außerdem wurde das Darlehen dem Kläger erst einen Monat nach seiner Beitrittserklärung gewährt.

36

Der Kläger kann daher der Bank nicht entgegenhalten, dass der Kreditvertrag wirksam widerrufen sei, so dass er auch zukünftig aus dem Darlehensvertrag gegenüber der

37

BHW Bank AG verpflichtet ist und ihm insoweit ein Freistellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht.

38

Auch die Tatsache, dass der Kläger nach dem Anteilserwerb Rechte als Gesellschafter in Abstimmungen ausgeübt hat, führt nicht zu einer Unterbrechung der Kausalität und damit nicht zu einem Haftungsausschluss der Beklagten.

39

II.

Der Zinsanspruch ist gem. §§ 284, 288 Abs. 1 BGB alter Fassung, §§ 286, 288, 247 BGB neuer Fassung begründet.

40

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.