Landgericht Hannover
Urt. v. 24.05.2002, Az.: 1 S 1703/01
Möglichkeit einer Mietminderung wegen fehlender Kacheln in Bad und Küche; Beurteilung der Mietminderung unter Berücksichtigung der Tatsachen im Einzelfall
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 24.05.2002
- Aktenzeichen
- 1 S 1703/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 25433
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2002:0524.1S1703.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 13.09.2001 - AZ: 532 C 08040/01
Rechtsgrundlage
- § 535 S. 2 BGB
Fundstelle
- WuM 2003, 317 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 03. Mai 2002
durch ...,
den ... und
die ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.09.2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover (Az.: 532 C 08040/01) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert 2. Instanz: 1.043,04 Euro (= DM 2.040,00).
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO a. F.).
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch gemäß § 535 Satz 2 BGB auf Zahlung weiteren Mietzinses i.H.v. DM 2.040,00 für den Zeitraum 01.05.1999 bis 30.04.2001. Die Beklagten waren insoweit zur Minderung des Mietzinses um 10 % gemäß § 537 Absatz 1 BGB berechtigt, weil die von ihnen gemietete Wohnung über 24 Monate lang mit einem erheblichen Mangel behaftet war.
Zur Begründung wird zunächst auf die völlig zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, die auch unter Berücksichtigung des umfangreichen Berufungsvorbringens Bestand haben. Die Kammer hält gemäß § 287 Absatz 2 ZPO unter Berücksichtigung aller Umstände und nach Einsichtnahme der von beiden Parteien eingereichten Fotos eine Mietminderung in Höhe von DM 2.040,00 in voller Übereinstimmung mit der Entscheidung des Amtsgerichts für angemessen.
Ergänzend wird auf folgendes hingewiesen:
Es ist nicht nachvollziehbar, wieso die Klägerin nunmehr jegliche Minderungsansprüche verneint, die sie in 1. Instanz noch zumindest in geringem Umfang zubilligen wollte, Schon nach der von ihr angewandten Tabelle ergäbe sich nach Berechnung der Kammer eine Minderung von über 5 %. Das von der Klägerin angeführte Schema darf aber nicht überschätzt werden. Es darf nicht dazu führen, die Mietminderung auf ein Rechenexempel zurückzuführen.
Vielmehr ist eine Prüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles durchzuführen.
Es ist unerheblich, wer das Rohr verkleidet und die Fliesen angebracht hat, da unstreitig vor Bauausführung das Abwasserrohr verkleidet war und auch die Fliesen vorhanden waren. Die Klägerin musste deshalb nach Beendigung der Bauarbeiten den ursprünglichen Zustand unverzüglich wieder herstellen. Fehlende Fliesen und ein unverkleidetes Abwasserrohr in einer Küche betreffen nicht nur wegen der optischen Beeinträchtigung den Geltungswert, sondern auch den Funktionswert des Raumes. Es ist gerichtsbekannt, dass ein offenes Rohr stärkere Fließgeräusche verursacht, als ein verkleidetes. Dazu bedarf es weder einer Inaugenscheinnahme, noch der Einholung eines Sachverständigengutachtens. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann die Küche auch nicht mit einem haustechnischen Raum (z.B. Besenkammer oder Abstellraum) verglichen werden. Selbst wenn es sich nicht um eine Essküche handelt, werden dort Speisen zubereitet und kommen dort Familie und auch Gäste zusammen. Die Kammer hält es nicht nur für "unappetitlich", sondern auch für ausgesprochen unhygienisch, wenn in einer täglich mehrfach benutzten Küche, zumal im Bereich der Spüle, mehrere Fliesen fehlen und in diesem Raum über ca. 2,6 m × 0,25 m eine unverkleidete Hauptleitung für das Abwasser eines Mehrfamilienhauses verläuft.
Schließlich wird die Höhe der Minderung von 10 % hier durch die Dauer der Beeinträchtigung mit gerechtfertigt. Die Klägerin hätte nach Beendigung der Bauarbeiten unverzüglich wieder den ursprünglichen Zustand herstellen müssen. Dass sie - trotz mehrfacher Abmahnung, danach erfolgter Mietminderung und späterem Vergleichsangebot der Beklagten - über 24 Monate lang untätig geblieben ist, ist nicht zu rechtfertigen. Diese vorsätzliche Untätigkeit über einen so langen Zeitraum rechtfertigt im vorliegenden Fall eine Art "Druckzuschlag".
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit geht zurück auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO analog i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO (dazu auch LG Landau, NJW 2002, S. 973 [LG Landau 31.01.2002 - 1 S 308/01]).
Streitwertbeschluss:
Streitwert 2. Instanz: 1.043,04 Euro (= DM 2.040,00).