Landgericht Hannover
Urt. v. 23.12.2002, Az.: 20 S 100/02
Minderung des Reisepreises wegen erheblicher Bautätigkeit in unmittelbarer Nähe der Clubeinrichtungen und Mängeln der Unterkunft; Erheblickeitsgrenze für einen Schadensersatzanspruch wegen entgangener Urlaubsfreuden
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 23.12.2002
- Aktenzeichen
- 20 S 100/02
- Entscheidungsform
- Schlussurteil
- Referenz
- WKRS 2002, 29430
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:2002:1223.20S100.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 13.08.2002 - AZ: 555 C 1413/02
Rechtsgrundlagen
- § 651e BGB
- § 651f Abs. 2 BGB
Fundstelle
- RRa 2003, 93 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreitverfahren
hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 21.11.2002
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...
die Richterin am Landgericht Dr. ... und
die Richterin am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird das am 13. August 2002 verkündete Teilanerkenntnis - und Schlussurteil des Amtsgerichts Hannover unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird auf ihre Anerkenntnisse verurteilt, an die Kläger 586 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.3.2002 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger 83 % und die Beklagte 17 %.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger 90 % und die Beklagte 10 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 3092, 51 EUR
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
Soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz einen weiteren Betrag in Höhe von 300 EUR anerkannt hat, war sie entsprechend durch Anerkenntnisurteil zu verurteilen.
Im übrigen ist die Berufung unbegründet.
Mit den in 1. und 2. Instanz anerkannten sowie den vorprozessual gezahlten Beträgen erhalten die Kläger insgesamt 40 % des Reisepreises zurück. Das darüber hinaus gehende Minderungsverlangen ist ebenso wie der geltend gemachte Schadensersatz unbegründet.
Das Amtsgericht hat zutreffend als Mangel die erhebliche Bautätigkeit in unmittelbarer Nähe der zentralen Clubeinrichtungen, die Unzulänglichkeiten im Servicebereich sowie die Mängel der Unterkunft (Badezimmertür) bewertet. Insoweit wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob auch die von den Klägern pauschal dargestellten Mängel im Service- und Verpflegungsbereich vorgelegen haben.
Selbst unter Berücksichtigung dieser Punkte als relevant ist eine höhere Minderung als 40 % des Reisepreises nicht gerechtfertigt.
Weitere minderungsrelevante Mängel sind von den Klägern nicht dargestellt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen. Mit ihrer Berufung haben die Kläger lediglich ihren erstinstanzlichen Vortrag ohne substanzielle Vertiefung wiederholt.
Den Klägern ist nicht darin zu folgen, dass das Amtsgericht oder die Kammer Beweis durch Zeugenvernehmung und Inaugenscheinnahme des in einem anderen Rechtsstreit vorgelegte Video zu erheben hat. Hinreichend ist, dass die Darlegungen der klagenden Partei zur Begründung ihres Anspruchs als zutreffend unterstellt und bei der Bemessung der Höhe des Mangels berücksichtigt werden. Dies ist geschehen. Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, dass das Gericht zur Illustration des Klagebegehrens eine Beweisaufnahme durchführt, um ggf. einen nicht bereits in der Klage dargestellten Umfang der Mangelhaftigkeit zu erforschen.
Schadensersatzansprüche nach § 651 f Abs. 2 BGB stehen den Klägern nicht zu.
Die Kammer folgt dem Amtsgericht und bleibt bei ihrer Rechtsprechung, das grundsätzlich ein Schadensersatz nach § 651 f Abs. 2 BGB nur in Betracht kommt, wenn eine Minderung des Reisepreises von mindestens 50 % vorliegt. So wie die Kündigung des Reisevertrages gem. § 651 e BGB nur bei einer erheblichen Beeinträchtigung in Betracht kommt, ist Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden nur dann zu gewähren, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt; diese Erheblichkeitsgrenze ist erst bei einer hälftigen Reisebeeinträchtigung gegeben.
Anlaß davon abzuweichen, hat die Kammer nicht aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft vom 12.03.2002 (Rs.C-168/00). Der EuGH hat darin lediglich im Hinblick auf das österreichische Recht, das keine dem § 651 f Abs. 2 BGB entsprechende Vorschift hat, ausgesprochen, dass Artikel 5 der Richtlinie 90/314über Pauschalreisen dahin auszulegen sei, dass er dem Verbraucher grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens, einschließlich des Schadens wegen entgangener Urlaubsfreude, verleihe, der auf der Nichterfüllung oder einer mangelhaften Erfüllung der eine Pauschalreise ausmachenden Leistungen beruhe. Sonstige Regelungen für diesen Schadensersatzanspruch sind jedoch in der Richtlinie nicht enthalten, außer, dass die Mitgliedsstaaten zulassen können, dass die Entschädigung vertraglich eingeschränkt wird (§ 651 k BGB). Die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs auf Ersatz des hier von den Klägern begehrten immateriellen Schadens wegen entgangener Urlaubsfreude richten sich damit nach nationalem Recht, mithin nach § 651 f Abs. 2 BGB. Dieser ist auch in der bislang geltenden richterlichen Anwendung richtlinienkonform.
Die Entscheidungen über die Nebenfolgen beruhen auf §§ 92, 97, 713 in Verbindung mit 708 Ziffer 10 analog ZPO.
Streitwertbeschluss:
Streitwert für das Berufungsverfahren: 3092, 51 EUR