Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 28.02.2002, Az.: 6 B 27/02

Anbaustraße; Eigentümeridentität; Erschließungswirkung; Erschlossensein; Hinterliegergrundstück; Mehrfacherschließung

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
28.02.2002
Aktenzeichen
6 B 27/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 41622
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Erschließung von Hinterliegergrundstücken

Gründe

1

I. Die Antragstellerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit den Gesellschaftern A. D., C. M. und B. B., wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Straße H. in der Gemeinde S.. Die Gesellschafter der Antragstellerin sind jeweils gemeinschaftliche Eigentümer von drei rechtlich selbständigen bürgerlich-rechtlichen Grundstücken (Flurstück 82/77 (2.827 m²), Flurstück 82/78 (8.990 m²) und Flurstück 82/6 (3.457 m²). Diese Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 56 der Antragsgegnerin, der seit dem 13. August 1998 rechtsverbindlich ist und für die Grundstücke die Festsetzung Mischgebiet mit zweigeschossiger Bebaubarkeit trifft.

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Die Grundstücke liegen westlich der erstmalig hergestellten Straße H., die in diesem Bereich von Nord nach Süd verläuft. Der Straßenzug H. liegt selbst im unmittelbar angrenzenden Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 70 "Witting" der Antragsgegnerin. Von der Straße H. aus gesehen in westlicher Richtung und unmittelbar an die Straße angrenzend befindet sich zunächst das Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung 82/77. Auf diesem befindet sich ein Parkplatz. In westlicher Richtung schließt sich das Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung 82/78 an, das mit dem Hauptgebäude des hier betriebenen Alten- und Seniorenheimes bebaut ist. An der nordwestlichen Ecke dieses Grundstücks schließt sich dann das Grundstück mit der Flurstücksbezeichnung 82/6 an. Auf diesem Flurstück befindet sich ein weiteres Gebäude des Alten- und Seniorenheimes. Die beiden Gebäude sind durch einen überdachten Gang miteinander verbunden.

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Mit Bescheid vom 2. November 2001 zog die Antragsgegnerin die Mitglieder der Gesellschaft bürgerlichen Rechts für alle Grundstücke gemeinsam zu einem Erschließungsbeitrag für die Herstellung der Straße H. heran, wobei der auf das Grundstück entfallende Beitrag auf 118.563,60 DM festgesetzt wurde. Bei der Berechnung der Beitragsfläche legte die Antragsgegnerin gemäß § 7 Abs. 2 Ziffer 1 ihrer Erschließungsbeitragssatzung vom 11. November 1999 (Amtsblatt Landkreis Cuxhaven vom 9. Dezember 1999, S. 468 ff.) eine Grundstücksfläche von 15.274 m² für alle Grundstücke zugrunde, die wegen der zulässigen zweigeschossigen Bebaubarkeit um 50 % erhöht wurde.

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Gegen den Heranziehungsbescheid legte die Antragstellerin fristgerecht Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrug, es handele sich hier um selbständige Buchgrundstücke, die jeweils gesondert auf eine etwaige Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen geprüft werden müssten. Die Grundstücke könnten auch nicht als wirtschaftliche Grundstückseinheit verstanden werden. Ein solches Abweichen vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff sei unzulässig. Das Abweichen scheide hier aus, weil jedes der Grundstücke wegen seiner Größe selbständig bebaubar sei. Mithin sei nur das an die Straße H. unmittelbar angrenzende Flurstück 82/77 beitragspflichtig, da nur dieses Grundstück erschlossen werde. Die Antragstellerin beantragte außerdem die Aussetzung der Vollziehung.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2001 setzte die Antragsgegnerin gegen die Gesellschafter der Antragstellerin für jedes der drei Grundstücke getrennt einen eigenen Erschließungsbeitrag fest, und zwar 29.784,67 DM für das Flurstück 82/6, 77.455,66 DM für das Flurstück 82/78 und 24.356,74 DM für das Flurstück 82/77. Bei der Neufestsetzung des Beitrages wurde berücksichtigt, dass es sich bei der betriebenen Nutzung (Alten- und Pflegeheim) um eine gewerbliche Nutzung im beitragsrechtlichen Sinne handele, die mit einem erhöhten Ziel- und Quellverkehr verbunden sei. Außerdem heißt es zur Begründung, es sei unerheblich, ob die Erschließungsanlage von dem angrenzenden Grundstück auch tatsächlich in Anspruch genommen werde. Entscheidend sei allein die mögliche Inanspruchnahme der Erschließungsanlage. Die Flurstücke 82/78 und 82/6 stellten aus der Sicht der Erschließungsanlage Hinterliegergrundstücke dar. Diese Grundstücke würden durch die Erschließungsanlage ebenfalls erschlossen, da zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten Eigentümeridentität bestehe, so dass auch diese Hinterliegergrundstücke durch die Anbaustraße im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB und § 133 Abs. 1 BauGB erschlossen würden. Da Eigentümeridentität bestehe, liege es allein in der Hand des Eigentümers, mit Blick auf die Anbaustraße die Erreichbarkeitsanforderungen zu erfüllen, von denen das bundesrechtliche Bebauungsrecht und das landesrechtliche Bauordnungsrecht die bauliche oder gewerbliche Nutzung des Grundstückes abhängig machen. Dabei komme es nicht darauf an, ob das Vor- und Hinterliegergrundstück einheitlich genutzt würden, oder ob es durch das Vorderliegergrundstück zum Hinterliegergrundstück eine tatsächliche Zufahrt oder einen tatsächlichen Zugang gebe. Entscheidend für das Erschlossensein sei allein, dass das Grundstück der Anbaustraße wegen - andere Erschließungsanlagen hinweggedacht - baulich nutzbar sei. Davon sei aber stets dann auszugehen, wenn der Eigentümer selbst durch die entsprechende rechtliche Absicherung der Zuwegung die bauliche Nutzbarkeit des Hinterliegergrundstückes herstellen könne. Im Übrigen sei die einheitliche Nutzung der Flurstücke 82/5 und 82/6 durch eine Vereinigungsbaulast bestätigt. Mit dem Widerspruchsbescheid lehnte die Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung ab.

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Die Antragstellerin suchte daraufhin bei Gericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach und erhob gleichzeitig Klage (6 A 26/02). Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, die Grundstücke lägen sämtlich in dem Bebauungsplangebiet Nr. 56 und unterlägen einer Festsetzung als Mischgebiet. Auf den Flurstücken 82/78 und 82/6 seien zwei Gebäudekomplexe vorhanden, die zur Nutzung als Seniorenzentrum verpachtet seien. Auf dem Flurstück 82/77 sei ein Parkplatz errichtet worden, der allerdings nicht baurechtlich notwendige Voraussetzung für die Bebaubarkeit/Nutzung der Flurstücke 82/78 bzw. 82/6 gewesen sei. Die für die Nutzung bzw. Bebauung dieser Flurstücke notwendigen Parkplätze seien jeweils auf den anderen Grundstücken vorhanden. Diese Hinterliegergrundstücke würden durch die Anbaustraße auch nicht erschlossen. Es handele sich um selbständige Grundstücke, die durch die im Norden verlaufende H.-M.-S. ihre Zuwegung erhielten. Auch bestehe nur zur H.-M.-S. eine selbständige Zuwegung. Als Hinterliegergrundstücke seien diese Flächen grundsätzlich nicht durch die Anbaustraße erschlossen. Im Übrigen sei festzustellen, dass das Alten- und Pflegeheim lange vor Fertigstellung der Erschließungsanlage H. bereits genutzt worden sei. Es liege auch keine einheitliche Nutzung vor.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 9. Januar 2002 (6 A 26/02) gegen den Heranziehungsbescheid der Antragsgegnerin vom 2. November 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2001 anzuordnen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Eilrechtsschutzantrag abzulehnen.

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Sie tritt der Rechtsauffassung der Antragstellerin entgegen und führt unter Wiederholung der Begründung des Widerspruchsbescheides aus, dass die von der Straße H. aus gesehenen Hinterliegergrundstücke durch diese Straße erschlossen würden, denn wegen der bestehenden Eigentümeridentität stehe es allein im Belieben der Eigentümer, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Bebaubarkeit herzustellen, so dass von einer beitragsrechtlich relevanten Vorteilslage auszugehen sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin ergänzend Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Kammerberatung.

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II. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

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Gemäß § 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung in dem hier gegebenen Fall des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - Anforderung öffentlicher Abgaben - ganz oder teilweise anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegendes öffentliches Interesse gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle nicht erfüllt.

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Anhaltspunkte dafür, dass durch die von Gesetzes wegen angeordnete sofortige Vollziehung des Heranziehungsbescheides für die Gesellschafter der Antragstellerin Nachteile im Sinne einer unbilligen Härte entstehen könnten, die über die eigentliche Zahlungspflicht hinausgehen und die - auch bei einem evtl. Obsiegen in der Hauptsache - nicht oder nur schwer wieder gut zu machen wären, sind weder vorgetragen worden noch sind sie für die Kammer ersichtlich.

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Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Gesellschafter der Antragstellerin zu einem Erschließungsbeitrag für die drei Grundstücke sind die §§ 127 ff. Baugesetzbuch (BauGB) i.V.m. der Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 11. November 1999 (Amtsblatt für den Landkreis Cuxhaven vom 9. Dezember 1999 (S. 468 ff.)). Gemäß § 127 Abs. 1 BauGB erheben die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für Erschließungsanlagen, zu denen nach Abs. 2 Nr. 1 die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen gehören, einen Erschließungsbeitrag. Der zu ermittelnde beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage wird gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke verteilt, wobei gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 BauGB diejenigen Grundstücke der Beitragspflicht unterliegen, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Diese Voraussetzungen sind für sämtliche Grundstücke der Gesellschafter der Antragstellerin erfüllt. Diese Grundstücke sind erschlossen im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB und daher auch beitragspflichtig.

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Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das Bundesverwaltungsgericht geklärt, dass für Fälle der Eigentümeridentität, d.h. für Fälle, in denen, wie hier, Anlieger- und Hinterliegergrundstück im Eigentum derselben Person(en) bzw. Miteigentum derselben Person(en) stehen, die strikte Bindung an die bauordnungsrechtlichen Erreichbarkeitsanforderungen aufgegeben wird und es für die Erfüllung des § 133 Abs. 1 BauGB ausreicht, wenn der Eigentümer des Hinterliegergrundstücks dessen konkrete Bebaubarkeit herbeiführen kann. Ein Hinterliegergrundstück ist nach dieser Rechtsprechung wegen der Anbaustraße im Sinne des § 133 Abs. 1 BauGB bebaubar, wenn es in der Hand des Eigentümers liegt, mit Blick auf diese Anlage nicht nur etwaige tatsächliche Hindernisse in Gestalt etwa einer Böschung oder einer sonstigen natürlichen Gegebenheit auf dem Anliegergrundstück mit zumutbaren finanziellen Mitteln auszuräumen, sondern überdies "die Erreichbarkeitsforderungen" zu erfüllen, von denen das (bundesrechtliche) Bebauungsrecht und das (landesrechtliche) Bauordnungsrecht die bauliche oder gewerbliche Nutzung des Grundstücks abhängig machen. Dieses trifft nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel zu, wenn das Hinterliegergrundstück und das es von der Anbaustraße trennende Anliegergrundstück im Eigentum derselben Person stehen. Denn in diesem Fall ist es allein von dem Willen des Eigentümers abhängig, durch Schaffung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen die Erreichbarkeit des Hinterliegergrundstückes über das Vorderliegergrundstück sicherzustellen und so dem Grundstück das Erschlossensein zu vermitteln (vgl. insoweit § 5 Abs. 2 Nds. BauO sowie BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1993 - 8 C 35.92 -, BVerwGE 92,157 ff. = NVwZ 93, 1206 und Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 17, Rdnr. 78).

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Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung, worauf die Antragsgegnerin in ihrer Erwiderung auch zutreffend hingewiesen hat, gleichzeitig ausdrücklich klargestellt, dass es beitragsrechtlich irrelevant ist, ob die Herstellung einer Zufahrtsmöglichkeit für den Grundstückseigentümer in der gegenwärtigen Situation wirtschaftlich unsinnig oder schlicht nicht gewollt ist, zumal diese Fragen allein von den Interessen des Grundstückseigentümers abhängen. Diesem ist es aber beitragsrechtlich verwehrt, durch seine persönlichen Dispositionen darüber zu entscheiden, ob ein Grundstück der Beitragspflicht unterliegt oder nicht. Diese Entscheidung hat bereits der Gesetzgeber in § 133 Abs. 1 BauGB getroffen.

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Diese Voraussetzungen liegen auch hier vor. Es liegt allein in der Macht der Grundstückseigentümer, denen die Flurstücke 82/77, 82/78 und 82/6 gemeinsam gehören, durch die Schaffung der entsprechenden rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen die Erreichbarkeit der Hinterliegergrundstücke über die jeweiligen Vorderliegergrundstücke bzw. allein über das Flurstück 82/77 herzustellen. Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass eine solche gemeinschaftliche Nutzung der Grundstücke zur Zeit nicht gewünscht oder gewollt ist, da es für das Merkmal des Erschlossenseins ausreicht, wenn die Möglichkeit hierzu besteht.

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Ebenfalls unbeachtlich für die Beitragspflicht der beiden Hinterliegergrundstücke ist, dass diese zur Zeit eine Zuwegung zur H.-M.-S. haben. Das Vorhandensein dieser Zuwegung steht der gleichzeitigen Erschließung durch die Straße H. im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB nicht entgegen. Bei der Bestimmung, ob ein Grundstück von einer Erschließungsanlage erschlossen wird, ist von der bestimmungsmäßigen Funktion dieser Anlage auszugehen. Für eine Anbaustraße im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, um die es sich bei der Straße H. unzweifelhaft handelt, werden die Grundstücke erschlossen, denen die jeweiligen Anliegerlage ihrer bestimmungsmäßigen Funktion entsprechend das vermittelt, das für die Bebaubarkeit an wegemäßiger Erschließung erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1986 - 8 C 51. und 52.85 -, BVerwGE 74, 149 (153 ff.) = NVwZ 86, 1023). Die Straße H., an die das Grundstück 82/77 angrenzt, stellt für dieses Grundstück und wegen der Eigentümeridentität auch für die dahinterliegenden Grundstücke eine wegemäßige Erschließung dar und damit die Bebaubarkeit im Sinne des Grundstücks gemäß § 5 der NBauO sicher, denn es schafft die Möglichkeit, mit Kraftfahrzeugen an das Grundstück bzw. die Grundstücke heranzufahren und von dort die Grundstücke zu erreichen.

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Die Straße H. verliert gegenüber den Grundstücken der Gesellschafter der Antragstellerin ihre Erschließungswirkung auch nicht dadurch, dass die beiden Hinterliegergrundstücke bereits durch die H.-M.-S. erschlossen werden und die Zuwegung dieser Grundstücke ausschließlich zu dieser Straße besteht. Zwar wird ein Grundstück grundsätzlich durch die von ihm aus nächst erreichbare fahrbare und selbständige Verkehrsanlage im Sinne der §§ 127 Abs. 2 Nr. 1 und 123 Abs. 2 BauGB wegemäßig erschlossen. Das heißt indes nicht, dass ein Grundstück nicht auch durch mehrere Anbaustraßen verkehrsmäßig erschlossen werden kann, wie dies bei sog. Eckgrundstücken grundsätzlich der Fall ist (vgl. Driehaus, a.a.O., 6. Aufl., § 17, Rdnr. 88 m.w.Nw.). Die Frage, ob ein Grundstück (auch) durch eine zweite (oder gar dritte) Anbaustraße erschlossen ist, beantwortet sich nach den gleichen Kriterien, die für das Erschlossensein durch die erste Anbaustraße maßgeblich sind. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass bei der Beantwortung der Frage, ob die jetzt abzurechnende Anbaustraße dem Grundstück eine Erschließung vermittelt oder nicht, eine bereits vorhandene weitere Anbaustraße unberücksichtigt bleiben muss (vgl. Driehaus, a.a.O., Rdnr. 89 m.w.Nw.). Auf die Grundstücke der Antragstellerin bezogen bedeutet dies, dass eine Erschließung durch die Straße H. unter der Voraussetzung, dass die schon vorhandene H.-M.-S. "hinweggedacht" wird, ohne Zweifel besteht.

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Ebenfalls unbeachtlich für die Beitragspflicht der Grundstücke der Gesellschafter der Antragstellerin ist, dass die beiden Hinterliegergrundstücke bereits vor der erstmaligen Herstellung der Straße H. bebaut waren. Die Grundstücke der liegen allesamt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 56 Osteracker aus dem Jahre 1998. Dieser Bebauungsplan setzt für diese Grundstücke Mischgebiet mit zweigeschossiger Bebaubarkeit fest. Damit liegen die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 Satz 1 BauGB vor, denn die planerische Festsetzung der Bebaubarkeit der Grundstücke ist durch die Ausnutzung nicht gegenstandslos geworden. Die Festsetzung des Bebauungsplanes bleibt bestehen und garantiert u.a. auch eine Wiederbebaubarkeit der Grundstücke. Die Auffassung der Antragstellerin würde anderenfalls zu dem vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollten Ergebnis führen, dass bei Anlage eines Baugebietes diejenigen Grundstücke von der Beitragspflicht entbunden werden könnten, die - zufällig - vor der endgültigen Fertigstellung der Anbaustreifen bebaut wurden. Dies ist mit dem Ziel größtmöglicher Beitragsgerechtigkeit offensichtlich nicht vereinbar.