Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 15.02.2002, Az.: 4 A 1470/00

Einkommensermittlung; pauschaler Abzug; Rückforderung; Steuer; Wohngeldbescheid

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
15.02.2002
Aktenzeichen
4 A 1470/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 41757
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Rückforderungsbescheid der Beklagten, durch den von ihm für die Zeit vom 1. September 1997 bis zum 31. Januar 1999 die Rückzahlung gewährten Wohngeldes in Höhe von 5.332,-- DM verlangt wird.

2

Der Kläger, der Biologie studiert und von September 1997 bis zum November 1999 den Beruf eines selbständigen Dienstleisters im Bereich der I K Technologien (Schulung und Dokumentation) ausgeübt hatte, war bis zum Januar 1999 gemeinsam mit seiner Ehefrau, die gelernte Erzieherin ist, und drei in den Jahren 1984, 1988 und 1995 geborenen Kindern Mieter einer 180 m² großen Wohnung in der K. 2 A in B.. Seither sind der Kläger und seine Familie, zu der seit März 1999 ein weiteres Kind gehört, Eigentümer eines Einfamilienhauses im B. 46 in B..

3

Am 31. Juli 1997 stellte der Kläger einen Wohngeld-Verlängerungsantrag, in dem er angab, dass er arbeitssuchend und seine Ehefrau arbeitslos sei. Durch Bescheid vom 22. September 1997 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Januar 1998 ein monatliches Wohngeld (Mietzuschuss) in Höhe von 320,-- DM, wobei sie als monatliche Einnahmen die Arbeitslosenhilfe der Ehefrau und das Kindergeld berücksichtigte und ein Familieneinkommen in Höhe von 19.855,06 DM ermittelte.

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Im Zusammenhang mit seinem am 12. Januar 1998 eingegangenen Verlängerungsantrag wies der Kläger auf seine seit September 1997 bestehende Selbständigkeit hin. Da er abgab, dass bisher keine Einnahmen verbucht seien, wurde durch Bescheid vom 9. Februar 1998 dem Kläger erneut - bei einem unveränderten Familieneinkommen von jährlich 19.855,06 DM - für die Zeit vom 1. Februar 1998 bis zum 31. Juli 1998 ein Mietzuschuss in Höhe von 320,-- DM im Monat bewilligt.

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In dem durch Antrag vom 10. Juli 1998 eingeleiteten Verlängerungsverfahren teilte der Kläger mit, dass er bisher keine Gewinne erzielt habe und seine Ehefrau weiterhin arbeitslos sei, so dass die Beklagte durch Bescheid vom 8. September 1998 ein monatliches Wohngeld in Höhe von 316,-- DM für die Zeit vom 1. August 1998 bis zum 31. Januar 1999 festsetzte, wobei wiederum als monatliche Einnahmen nur die Arbeitslosenhilfe der Ehefrau und das Kindergeld in die Berechnungen eingestellt wurde, was zu einem jährlichen Familieneinkommen in Höhe von 20.012,98 DM führte.

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Am 26. Januar 1999 stellte der Kläger einen erneuten Antrag auf Gewährung eines Mietzuschusses. Dabei legte er eine Einnahme-Überschussrechnung vor, die für das Jahr 1998 einen Jahresüberschuss (Betriebseinnahmen abzüglich Betriebsausgaben) in Höhe von 30.248,84 DM auswies. Nachdem die Beklagte dem Kläger mitgeteilt hatte, dass dieser Antrag nicht bearbeitet werden könne, weil er nicht mehr in der K. 2 A wohnhaft sei, beantragte der Kläger am 16. März 1999 Wohngeld in Form eines Lastenzuschusses für sein Eigenheim B. 46. In diesem Antrag gab er für das Jahr 1999 Bruttoeinnahmen von ca. 60.000,-- DM und Werbungskosten/Betriebsausgaben von ca. 20.000,-- DM an. Ferner reichte er den Einkommenssteuerbescheid des Finanzamtes W. für das Jahr 1997 vom 10. Mai 1999 ein, wonach die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 6.421,-- DM betrugen.

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Durch Bescheid vom 18. August 1999 hob die Beklagte ihren Wohngeldbescheid vom 22. September 1997 mit Wirkung vom 1. September 1997, ihren Wohngeldbescheid vom 9. Februar 1998 mit Wirkung vom 1. Februar 1998 und ihren Wohngeldbescheid vom 8. September 1998 mit Wirkung vom 1. August 1998 auf. Gleichzeitig wurde durch anliegende Wohngeldbescheide Nr. 1 bis 5 vom 20. Juli 1999 eine Neuberechnung vorgenommen, die ergab, dass für die Zeit vom 1. September 1997 bis zum 31. Dezember 1997 ein Mietzuschuss in Höhe von monatlich 21,-- DM festzusetzen sei, während er für die übrige Zeit (1. 1. 1998 bis 31. 1. 1999) nicht gewährt werden könne, weil das Familieneinkommen den Höchstbetrag nach Anlage 5 zu § 2 Wohngeldgesetz (WoGG) übersteige. Dabei ermittelte die Beklagte ein Familieneinkommen von jährlich 36.710,18 DM (Wohngeldbescheid Nr. 1 für die Zeit vom 1. 9. 1997 bis 31. 12. 1997), 44.161,09 DM (Wohngeldbescheid Nr. 2 für die Zeit vom 1. 1. 1998 bis zum 31. 1. 1998), 44.054,16 DM (Wohngeldbescheid Nr. 3. für die Zeit vom 1. 2. 1998 bis zum 31. 7. 1998), 44.212,08 DM (Wohngeldbescheid Nr. 4. für die Zeit vom 1. 8. 1998 bis zum 31. 12. 1998) und 57.612,94 DM (Wohngeldbescheid Nr. 5. für die Zeit vom 1. 1. 1999 bis zum 31. 1. 1999). Darüber hinaus forderte die Beklagte den Kläger auf, den Überzahlungsbetrag in Höhe von insgesamt 5.332,-- DM bis zum 20. September 1999 zu erstatten. Zur Begründung führte sie unter anderem aus: Die Aufhebung der Wohngeldbescheide sei vorzunehmen, weil bekannt geworden sei, dass sich das Familieneinkommen um mehr als 15 % erhöht habe. Diese sich aus § 29 Abs. 3 WoGG ergebene Voraussetzung liege hier vor, so dass über den betroffenen Bewilligungszeitraum neu zu entscheiden sei, wenn dies - wie im vorliegenden Fall - zu einem Wegfall oder zu einer Verringerung des Wohngeldes führe. Die Aufhebung für die Vergangenheit ab dem 1. September 1997 sei zwingend erforderlich, weil der Kläger der gesetzlichen Mitteilungspflicht über die Änderung der Verhältnisse im laufenden Bewilligungszeitraum zumindest grob fahrlässig nicht unverzüglich nachgekommen sei. Durch die Aufhebung der Wohngeldbescheide sei es zu einer Überzahlung von Wohngeld gekommen, die gemäß § 50 Abs. 1 Sozialgesetzbuch X (SGB X) zu erstatten sei und hiermit zurückgefordert werde.

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Gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. August 1999 legte der Kläger am 27. August 1999 Widerspruch ein: Für die Monate Januar, Februar und März 1999 habe er sowohl Miete für die K. 2 A als auch Abtrag für das Haus B. 46 bezahlt. Diese Überschneidung sei durch erforderliche Renovierungsarbeiten in beiden Objekten und durch die Geburt seines vierten Kindes bedingt gewesen. Eine Berücksichtigung dieser veränderten Wohnsituation sei nicht erkennbar. Eine Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X liege nicht vor, weil alle ihm bekannten Einnahmen direkt der Beklagten mitgeteilt worden seien.

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Den Widerspruch des Klägers wies der Landkreis C. durch Widerspruchsbescheid vom 29. August 2000 zurück: Die durch Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 1997 und durch die vorgelegte Einnahme-Überschussrechnung für das Jahr 1998 ausgewiesenen Gewinne in Höhe von 6.421,-- DM bzw. 30.248,84 DM stellten wohngeldrechtliche Einkünfte dar und seinen daher bei der Wohngeldberechnung zu berücksichtigen. Die nachträgliche Berücksichtigung dieser Einkünfte ergebe sich aus § 29 Abs. 3 WoGG, wonach das Wohngeld von Amts wegen neu zu berechnen sei, wenn sich das Familieneinkommen im Bewilligungszeitraum um mehr als 15 % erhöht habe. Dies sei hier zweifelsfrei der Fall. Die Beklagte habe daraufhin eine Neuberechnung durchgeführt. Diese Berechnungen würden der Rechtslage entsprechen und seien von dem Kläger auch nicht beanstandet worden. Ferner seien auch die gesetzlichen Vorschriften über die Rücknahme und die Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Wohngeldleistungen gemäß §§ 48 und 50 SGB X beachtet worden. Der von dem Kläger in seinem Widerspruchsschreiben vorgebrachten Argumentation, ab Januar 1999 sei sowohl seine Mietwohnung als auch sein Wohnhaus zu berücksichtigen könne nicht gefolgt werden, weil bei der Berechnung lediglich die Wohnung bzw. das Haus zu berücksichtigen sei, das auch tatsächlich zum Wohnen genutzt werde. Eine Erhöhung des Wohngeldanspruches trete insoweit nicht ein.

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Der Kläger hat am 28. September 2000 Klage erhoben und begründet diese unter anderem unter Vorlage der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 1998 und 1999 vom 24. Juli 2000 bzw. 9. April 2001 im Wesentlichen wie folgt:

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Der Wohngeldbescheid Nr. 1 für den Zeitraum vom 1. September 1997 bis zum 31. Dezember 1997 weise für ihn eine Jahreseinnahme von 19.263,-- DM aus. Es werde aber nach § 17 WoGG nur eine Kürzung um 12,5% vorgenommen, obwohl bei ihm § 17 Abs. 3 Nr. 2 WoGG zur Anwendung kommen müsse. Er habe für diesen Zeitraum Beiträge zur See-Krankenkasse geleistet und sei darüber hinaus einkommenssteuerpflichtig gewesen. Zwar habe sich in 1997 wegen der gerade aufgenommenen selbständigen Tätigkeit für ihn noch kein zahlbarer Betrag ergeben. Maßgebend für die Pauschale seinen aber vergleichbare Zeiträume, d. h., die steuerliche Veranlagung müsse dem Bewilligungszeitraum angepasst werden. Ihm sei bei der Berechnung des Wohngeldes ein Einkommen in Höhe von 19.263,-- DM angerechnet worden, das bei zeitgleicher Veranlagung auch zu einer Steuerpflicht geführt hätte. Daher sei die Pauschale auf 20 % zu erhöhen. Das Wohngeld sei somit von einem reduzierten Familieneinkommen in Höhe von 35.265,46 DM neu zu berechnen.

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Die Wohngeldbescheide Nr. 2 bis 4 für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 1998 berücksichtigten wiederum einen fehlerhaften Pauschalsatz nach § 17 WoGG. Einschlägig sei für ihn in diesem Jahr § 17 Abs. 4 WoGG, wonach 30 % von den Jahreseinnahmen abzusetzen seien. Er habe Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung bei der Künstlersozialkasse bezahlt und müsse, wie sich auch dem Steuerbescheid des Finanzamtes vom 24. Juli 2000 ergebe, für das Jahr 1998 auch Einkommenssteuer entrichten. Demnach reduziere sich das Familieneinkommen auf 41.136,21 DM (Wohngeldbescheid Nr. 2), 41.029,28 DM (Wohngeldbescheid Nr. 3) bzw. 41.187,20 DM (Wohngeldbescheid Nr. 4).

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Schließlich sei auch der Wohngeldbescheid Nr. 5 für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Januar 1999 hinsichtlich der in Abzug gebrachten Pauschale zu berichtigen. Es finde auch hier § 17 Abs. 4 WoGG Anwendung. Weiterhin seien seine monatlichen Einnahmen geschätzt worden und entsprächen nicht den Tatsachen. Aus selbständiger Tätigkeit habe er im Jahre 1999 lediglich einen Überschuss in Höhe von 6.118,82 DM erzielt. Seit dem 15. November 1999 beziehe er ein Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der VHS B.. Dieses habe bis Ende Dezember 1999 insgesamt 6.130,78 DM netto betragen. Nach Absetzung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages in Höhe von 2.000,-- DM und der 30%igen Pauschale des § 17 Abs. 4 WoGG verbleibe für ihn ein Jahreseinkommen in Höhe von 7.174,72 DM, so dass sich zuzüglich der Einnahmen seiner Ehefrau für die Wohngeldberechnung ein Familieneinkommen von 27.187,70 DM ergebe.

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Der Kläger beantragt,

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den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 18. August 1999 in Verbindung mit ihren Wohngeldbescheiden

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Nr. 1 bis 5 vom 20. Juli 1999 und den Widerspruchsbescheid des Landkreises C. vom 29. August 2000 aufzuheben, soweit nicht für die Zeit vom 1. September 1997 bis zum 31. Dezember 1997 Wohngeld in Höhe von 21,-- DM monatlich bewilligt worden ist.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie erwidert:

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Für das Jahr 1997 seien laut Steuerbescheid keine Steuern gezahlt und auch nicht festgesetzt worden. Gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 2 WoGG sei aber Voraussetzung für den Freibetrag, dass tatsächlich Steuern anfielen.

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Bei den Wohngeldbescheiden Nr. 2 bis 4 sei nur ein pauschaler Abzug von 20 % berücksichtigt worden, weil kein Nachweis vorliege, dass für das Jahr 1998 Steuern vom Einkommen festgesetzt bzw. bezahlt worden seien. Im Übrigen bestehe auch bei einem pauschalen Abzug von 30 % kein Wohngeldanspruch.

22

Hinsichtlich des Wohngeldbescheides Nr. 5 seien in dem Antrag für das Jahr 1999 von dem Kläger 20.000,-- DM als Betriebsausgaben angegeben worden. Sie sei davon ausgegangen, dass die Krankenversicherungs- und Rentenversicherungsbeiträge darin schon enthalten gewesen seien. Im Übrigen sei die Einschätzung des Einkommens von dem Kläger selbst vorgenommen worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A und B) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 18. August 1999 in Verbindung mit den Wohngeldbescheiden Nr. 1 bis 5 vom 20. Juli 1999 und der Widerspruchsbescheid des Landkreises C. vom 29. August 2000 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Vorauszuschicken ist dabei zunächst, dass Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens nur die Frage ist, ob die Beklagte für die Zeit vom 1. September 1997 bis zum 31. Januar 1999 das dem Kläger in Form eines Mietzuschusses gewährte Wohngeld in Höhe von insgesamt 5.332,-- DM zu Recht zurückgefordert hat. Soweit durch fünf weitere Wohngeldbescheide der Beklagten vom 17. August 1999 für die Zeit vom 1. Februar 1999 bis zum 31. Juli 1999 die Zahlung eines Lastenzuschusses abgelehnt worden ist, hat der Kläger hiergegen zwar auch am 27. August 1999 Widerspruch erhoben, über den aber bisher durch den Landkreis C. als zuständige Widerspruchsbehörde noch nicht entschieden worden ist. Hinzu kommt, dass der anwaltlich vertretene Kläger ausschließlich eine Anfechtungsklage bezüglich der Bescheide der Beklagten vom 18. August 1999 und des Landkreises C. vom 29. August 2000 erhoben hat.

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Die Beklagte war hier berechtigt, die ergangenen Wohngeldbescheide vom 22. September 1997, 9. Februar 1998 und 8. September 1998 aufzuheben und das Wohngeld, soweit es rechtswidrig bewilligt worden war, zurückzufordern.

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Haben sich im laufenden Bewilligungszeitraum die Einnahmen so erhöht, dass sich dadurch das Familieneinkommen um mehr als 15 vom Hundert erhöht, so ist gemäß § 29 Abs. 3 WoGG über die Gewährung von Wohngeld von Amts wegen vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an neu zu entscheiden, wenn dies zu einem Wegfall oder zu einer Verringerung des Wohngeldes führt. Danach waren die für den Zeitraum 1. September 1997 bis zum 31. Januar 1999 ergangenen bewilligenden Wohngeldbescheide teilweise bzw. insgesamt rechtswidrig, weil das in diesem Zeitraum von dem Kläger erzielte Einkommen unberücksichtigt geblieben war. Dies führt dazu, dass der Kläger für die Zeit vom 1. September 1997 bis zum 31. Dezember 1997 nur noch einen auf 21,-- DM im Monat verringerten Wohngeldanspruch hatte und er für die übrige Zeit gänzlich weggefallen ist.

29

Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der Verringerung des Wohngeldes für die Zeit vom 1. September 1997 bis 31. Dezember 1997 (Wohngeldbescheid Nr. 1 vom 20. 7. 1999) geltend macht, dass die Beklagte auf der Grundlage des § 17 Abs. 2 Nr. 1 WoGG zu Unrecht nur einen pauschalen Abzug in Höhe von 12,5 % vorgenommen habe, obwohl bei ihm nach § 17 Abs. 3 Nr. 2 WoGG ein pauschaler Abzug in Höhe von 20 % zu berücksichtigen sei, greift dieser Einwand schon deshalb nicht durch, weil nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift vorausgesetzt wird, dass das Familienmitglied, das diesen pauschalen Abzug in Anspruch nehmen will, neben Beiträgen zur Kranken- oder Rentenversicherung (hier: Beiträge an die See-Krankenkasse) auch Steuern vom Einkommen (tatsächlich) entrichtet hat. Eine fiktive Zahlung von Steuern, wie sie dem Kläger vorzuschweben scheint, reicht daher schon nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 2 bis 4 WoGG nicht. Im Übrigen würde dies aber auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung widersprechen. Bei der Ermittlung des Einkommens jedes einzelnen Familienmitgliedes nach den §§ 9 bis 16 WoGG ergibt sich ein Betrag, der sehr häufig deshalb nicht den diesem Mitglied tatsächlich zur Verfügung stehenden Einnahmen entspricht, weil zum Beispiel die Abzüge für Versicherungen und Steuern nicht berücksichtigt werden. Um daher bei der Einkommensermittlung zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit Rücksicht auf namentlich diese Belastungen den tatsächlichen Verhältnissen gerecht wird, hat der Gesetzgeber in § 17 WoGG gestaffelte Freibeträge eingeführt. Danach steht Wohngeldbeziehern, die weder Beiträge zur Sozialversicherung noch Steuern vom Einkommen entrichten, eine Grundpauschale von 6 % zu (§ 17 Abs. 1 WoGG), während die übrigen Wohngeldbezieher gemäß § 17 Abs. 2 bis 4 WoGG nach der Anzahl der maßgeblichen Belastungsfaktoren (Beiträge zur Krankenversicherung, Beiträge zur Rentenversicherung Steuern vom Einkommen) differenzierte Pauschalen erhalten. Bei Vorliegen nur eines Belastungsfaktors beläuft sich der Abzugsbeitrag auf 12,5 %, bei einer Kombination von zwei Belastungsfaktoren auf 20 % und bei einem Zusammentreffen von allen drei Belastungsfaktoren auf 30 % (vgl. zum Vorstehenden: Buchsbaum/Driehaus/Großmann/Heise, Wohngeldrecht, Stand: April 2000, § 17 Rdnr. 1 und 3). Da hier dem vorliegenden Einkommenssteuerbescheid des Finanzamtes W. vom 10. Mai 1999 eindeutig zu entnehmen ist, dass im Jahre 1997 Steuern vom Einkommen durch den Kläger nicht zu entrichten waren, standen ihm die zwischen September 1997 und Dezember 1997 erzielten Einnahmen in Höhe von 6.421,-- DM - mit Ausnahme der von ihm geleisteten Krankenversicherungsbeiträge - im Übrigen uneingeschränkt zur Verfügung, so dass bei lediglich einem vorliegenden Belastungsfaktor auch nur eine Pauschale von 12,5 % zu berücksichtigen war.

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Hinsichtlich des Zeitraumes vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 1998 (Wohngeldbescheide Nr. 2 bis 4 vom 20. 7. 1999) kann letztlich dahin stehen, ob die Beklagte zu Unrecht eine Pauschale von nur 20 % in ihre Berechnungen eingestellt hat. Zwar ist aufgrund des im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Einkommensteuerbescheides vom 24. Juli 2000 davon auszugehen, dass der Kläger für das Jahr 1998 Einkommenssteuer entrichtet hat. Dennoch ergibt sich daraus kein Anspruch auf Bewilligung eines Mietzuschusses. Wird ein 30%igen Abschlag nach § 17 Abs. 4 WoGG in Ansatz gebracht, verringert sich zwar das monatliche Familieneinkommen gegenüber den Berechnungen der Beklagten in den Wohngeldbescheiden Nr. 2 bis 5 anstelle von Beträgen zwischen 3.671,18 DM und 3.684,34 DM auf Beträge zwischen 3.419,11 DM und 3.432,27 DM. Gleichwohl folgt aber aus der für das Jahr 1998 maßgeblichen Wohngeldtabelle 1993 (Anlage 5 zu § 2 WoGG), dass bei einer zu berücksichtigenden Miete von 680,-- DM ein Wohngeldanspruch bei einer fünfköpfigen Familie bereits bei einem monatlichen Familieneinkommen von mehr als 3.100,-- DM entfällt.

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Schließlich steht dem Kläger auch für den Monat Januar 1999 (Wohngeldbescheid Nr. 5 vom 20. 7. 1999) kein Wohngeldanspruch zu. Die Beklagte hat zutreffend die von dem Kläger selbst in seinem Antrag auf Gewährung eines Lastenzuschusses vom 8. März 1999 gemachten Angaben zu den von ihm erwarteten Einnahmen aus seiner selbständigen Arbeit (Bruttoeinnahmen ca. 60.000,-- DM, Werbungskosten/Betriebsausgaben ca. 20.000,-- DM) ihren Berechnungen zugrunde gelegt, das heißt, es liegen gerade keine Schätzungen der Beklagten vor. Ausgehend von zu berücksichtigenden Jahreseinnahmen (abzüglich Werbungskosten und Familienfreibetrag) des Klägers in Höhe von 30.400,-- DM liegt es auf der Hand, dass auch ein pauschalierter Abzug von 30 % (= 21.280,-- DM) das Familieneinkommen im Bewilligungszeitraum auf lediglich 50.316,98 DM jährlich und damit 4.193,08 DM monatlich reduzieren würde. Dieser Betrag liegt damit ebenfalls über der sich aus der Wohngeldtabelle ergebenen Grenze(= 3.100,-- DM). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang erstmals im Klageverfahren durch Schriftsatz vom 3. November 2000 geltend gemacht und durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides vom 9. April 2001 sowie der Bezügeabrechnung der VHS B. nachgewiesen hat, dass er im Jahre 1999 Einkünfte aus Gewerbebetrieb/unselbständiger Arbeit in Höhe von 9.000,-- DM zuzüglich Einnahmen aus unselbständiger Arbeit in Höhe von 9.904,46 DM, also tatsächlich Gesamteinnahmen in Höhe von nur noch insgesamt 18.904,46 DM (statt der berücksichtigten 40.000,-- DM) erzielt habe, bleibt es ihm unbenommen, auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 WoGG bei der Beklagten einen Antrag auf Neubewilligung zu stellen, weil sich das Familieneinkommen für den hier noch streitigen Zeitraum (1. 1. 1999 bis 31. 1. 1999) um mehr als 15 % verringert hat.

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Sonstige Gründe, aus denen der angefochtene Rückforderungsbescheid der Beklagte rechtswidrig sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere lagen auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vor. Danach soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung aufgehoben werden, soweit - wie hier - nach seinem Erlass Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat. Dem Kläger stand für die hier streitigen Zeiträume aufgrund der im vorliegenden Anfechtungsverfahren maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Widerspruchsbescheid vom 29. August 2000) kein Wohngeld zu, so dass er die zu Unrecht erhaltenen Leistungen gemäß § 50 SGB X zu erstatten hat.