Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 21.02.2002, Az.: 2 A 2014/99

Kinderspielplatz; Rücksichtnahmegebot

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
21.02.2002
Aktenzeichen
2 A 2014/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43437
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Kläger wenden sich gegen eine Baugenehmigung der Beklagten vom 2. Juli 1999, durch die die Nutzung des Spielplatzes E. in B. baurechtlich legalisiert worden ist.

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Die Kläger sind seit 1995 Eigentümer des Flurstückes 14/40, Flur 2, Gemarkung B. (Postanschrift: A. R. E. 12), das mit einem Gartenhofhaus bebaut ist und im Westen an einen mit Geh- und Leitungsrechten belasteten, 5 m breiten Privatweg grenzt. Ebenfalls an diesen Privatweg angrenzend, und zwar mit seiner östlichen Grundstücksseite, ist das im Eigentum der Beklagten stehende, 1.387 m² große Flurstück 14/71, Flur 2, Gemarkung B., belegen, das die Beklagte von Ende der 70er Jahre bis Mitte 1999 als Spiel- und Bolzplatz genutzt hat und das seither nur noch als Spielplatz zur Verfügung stehen soll. Im Süden des Flurstückes 14/71 verläuft die öffentliche Straße A. R. E., im Westen liegt der öffentliche Gehweg E. und im Norden grenzt ein weiterer Privatweg an.

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Die Grundstücke der Kläger und der Beklagten gehören zum Geltungsbereich der am 15. Juni 1977 als Satzung beschlossenen, am 10. November 1977 durch den damaligen Regierungspräsidenten in S. genehmigten und am 19. Januar 1978 in dem Amtsblatt des Landkreises S. Nr. 3 bekannt gemachten 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 42 K. der Beklagten. Nach den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen der 1. Änderungssatzung wird das gesamte Flurstück 14/71 als Grünfläche mit dem Planzeichen für Sportanlagen und der Zweckbestimmung Bolzplatz ausgewiesen. Westlich des Gehweges mit der heutigen Bezeichnung E. ist eine weitere Grünfläche dargestellt, allerdings ist diese mit dem Planzeichen und der textlichen Zweckbestimmung Spielplatz versehen. Das Grundstück der Kläger gehört zu einem Bereich, der als Reines Wohngebiet (WR) festgesetzt ist.

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Nachdem sich die Kläger seit August 1996 wiederholt bei der Beklagten über die Nutzung des Spiel- und Bolzplatzes E., insbesondere wegen unzumutbarer Lärmimmissionen beschwert hatten, erhoben sie am 6. November 1997 Klage bei dem erkennenden Gericht (6 A 1928/97). Durch Urteil vom 11. Februar 1999 verurteilte die 6. Kammer die Beklagte, den Spiel- und Bolzplatz E. nicht (mehr) ohne Baugenehmigung als Spiel- und Bolzplatz zu nutzen. Rechtsmittel hiergegen legte die Beklagte nicht ein.

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Daraufhin beantragte das Amt für Soziales und Jugend der Beklagten bei dem Bauamt der Beklagten unter dem 26. März 1999, geändert durch Antrag vom 8. Juni 1999 die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzung des Flurstückes 14/71 als Spielplatz. Die zum Gegenstand des Verfahrens gemachte Baubeschreibung sah die Anlegung eines Sandspielplatzes mit folgenden acht Geräten vor:

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1 Kletterkombigerät mit Rutsche

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2 Spielhäuser ~ 1,5 x 2 m

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1 Lauftrommel

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1 Wippe

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1 Schaukel

11

1 Pendelschaukel "Krake"

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1 Federwippe

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Der Zugang zu diesem Spielplatz sollte von dem Gehweg E. aus erfolgen und im Übrigen sollte das Grundstück eine umlaufende, 5 m breite Rabatte mit Erlen und Strauchbepflanzung erhalten.

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Die beantragte Baugenehmigung erteilte die Beklagte unter dem 2. Juli 1999. Sie enthielt unter anderem folgende Nebenbestimmungen:

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4. Für den Betrieb des Spielplatzes sind die schalltechnischen Orientierungswerte nach DIN 18005 maßgebend. Danach sind in reinen Wohngebieten, wie hier vorhanden, folgende Immissionsrichtwerte der Lärmbelastung zulässig:

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tags:    50 dB

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nachts:            35 dB

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Die genannten Werte beziehen sich auf folgende Zeiten:

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tags:    06:00 - 22:00 Uhr

20

nachts:            22:00 - 06:00 Uhr

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5. Die Nutzung des Spielplatzes wird nur für die Zeit von

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07:00 - 20:00 Uhr

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begrenzt genehmigt.

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6. Die Nutzung des Spielplatzes ist nur für Kinder im Alter von bis zu

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14 Jahren zulässig.

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7. Auf die vorstehend genannten Zeiten und Altersbeschränkung ist durch die Aufstellung mindestens eines gut lesbaren Schildes am Zugang zum Spielplatz deutlich hinzuweisen.

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Gegen diese Baugenehmigung legten die Kläger am 16. Juli 1999 Widerspruch ein und führten zur Begründung im Wesentlichen aus: Es bestünden Zweifel an der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Spielplatzes. Dessen Betrieb führe wegen des geringen Abstandes zu ihrem Wohnhaus zu einer unzumutbaren Lärmbelästigung, die das Maß dessen, was in einem ausgewiesenen Reinen Wohngebiet zulässig sei, überschreite. Es sei auch nicht erkennbar, dass bei der Auswahl der Lage des Spielplatzes die nachbarschützenden Vorschriften auch nur ansatzweise berücksichtigt worden seien. Im Übrigen stimmten auch die eingereichten Bauunterlagen nicht mit den Verhältnissen vor Ort überein. Tatsächlich seien die Grenzabstände zwischen dem Spielplatz und ihrem unmittelbar angrenzenden Grundstück deutlich geringer und es seien auch nicht nur acht, sondern dreizehn Spielgeräte aufgestellt worden, deren Inanspruchnahme zu einer erheblich höheren Lärmbeeinträchtigung führe. Auch die genehmigten Nutzungszeiten und der Benutzerkreis würden nicht eingehalten. Tatsächlich werde der Spielplatz bis weit nach 20.00 Uhr benutzt. Insbesondere würden dort regelmäßig bis in die Nachtstunden Jugendliche über 14 Jahre Fußball spielen.

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Den Widerspruch der Kläger wies die Bezirksregierung L. durch Widerspruchsbescheid vom 5. November 1999 zurück und begründete dies unter anderem wie folgt: Der Bereich, in dem sich das Baugrundstück befinde, sei dort als Grünfläche mit der Zweckbestimmung Bolzplatz festgesetzt. Der genehmigte Spielplatz habe dort zugelassen werden dürfen. Ausnahmsweise könnten auch planmäßig zulässige Vorhaben die Rechte eines Nachbarn verletzen, wenn sie gegen das in § 15 Abs. 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) verankerte Gebot der Rücksichtnahme verstießen. Unzumutbare Beeinträchtigungen durch Lärmimmissionen gingen aber von dem genehmigten Spielplatz nicht aus. Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass auch in Reinen Wohngebieten Spielplätze grundsätzlich zulässig und die mit einer bestimmungsgemäßen Nutzung eines Kinderspielplatzes verbundenen Beeinträchtigungen von den Nachbarn grundsätzlich hinzunehmen seien. Das Gericht habe ausgeführt. dass - mit Ausnahme von Bolzplätzen - Kinderspielplätze, die nach ihrer Ausstattung für Kinder bis zu 14 Jahren eingerichtet seien, sozialadäquate Einrichtungen innerhalb der Wohnbebauung seien. Nur in besonders gelagerten Einzelfällen, etwa wegen ihrer Lage unmittelbar neben Wohnräumen könnten sie nach § 15 BauNVO unzulässig sein oder - um Interessenkonflikte auszugleichen - Nutzungsbeschränkungen in zeitlicher Hinsicht bedürfen. Die Beklagte habe sich bei Erteilung der Baugenehmigung an diesen Zulässigkeitskriterien orientiert und die Nutzung des Spielplatzes auf Kinder bis zu 14 Jahren beschränkt. Eine Nutzung durch ältere Jugendliche oder Erwachsene sei von der Baugenehmigung nicht gedeckt und könne mit bauordnungsrechtlichen Mitteln unterbunden werden. Eine ungenehmigte Nutzung könne aber nicht zum Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens gegen die Baugenehmigung gemacht werden. Schließlich handele es sich hier auch nicht um einen Einzelfall, der den Spielplatz in dem genehmigten Umfang als ausnahmsweise unzulässig erscheinen lasse. Das Grundstück der Kläger grenze mit Wohnräumen nicht unmittelbar an das Spielplatzgrundstück, sondern es werde von diesem durch einen ca. 5 m breiten Privatweg getrennt. Darüber hinaus sei der Spielplatz in einer Breite von ebenfalls ca. 5 m durch Bäume und Büsche einzugrünen und werde insoweit von der benachbarten Wohnbebauung abgeschirmt. Kinderspielplätze in Wohngebieten lägen naturgemäß nicht abseits jeglicher Bebauung, sondern würden in der Regel so in die Wohnbebauung integriert, dass sie von den in einem Wohngebiet lebenden Kindern gefahrlos erreicht werden könnten.

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Die Kläger haben am 6. Dezember 1999 Klage erhoben und wiederholen im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen. Sie weisen insbesondere nochmals darauf hin, dass die Nebenbestimmungen der Baugenehmigung hinsichtlich der Anzahl der Spielgeräte, der Nutzungszeiten und des Benutzerkreises weiterhin nicht eingehalten würden. Soweit sie darüber hinaus vorgetragen haben, dass die Grenzabstände zwischen dem Spielplatz und ihrem Wohngrundstück erheblich geringer seien, als in den genehmigten Bauunterlagen angegeben, haben sie diesen Einwand in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrecht erhalten.

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Die Kläger beantragen,

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die Baugenehmigung der Beklagten vom 2. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L. vom 5. November 1999 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie vertritt unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L. weiterhin die Auffassung, dass das Rücksichtnahmegebot durch die erteilte Baugenehmigung nicht verletzt sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A bis C) und der Bezirksregierung L.(Beiakte D) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.

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Die angefochtene Baugenehmigung der Beklagten vom 2. Juli 1999 für den von ihr auf dem Flurstück 14/71 betriebenen Kinderspielplatz und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung L. vom 5. November 1999 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen die Kläger daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Auf eine Nachbarklage ist durch das Gericht nicht umfassend die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Baugenehmigung zu überprüfen, sondern eine solche Klage kann nur Erfolg haben, wenn die angefochtene Baugenehmigung - auch wenn sie objektiv rechtswidrig sein sollte - den Nachbarn zugleich in seinen subjektiven Rechten verletzt. Es ist daher nur zu prüfen, ob durch die streitige Baugenehmigung eine Rechtsnorm verletzt wird, die - zumindest auch - dem Schutz des Nachbarn dient, die also eine drittschützende Wirkung hat. Eine solche drittschützende Wirkung vermitteln nur solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts (vgl. zu diesem Begriff im Einzelnen: § 2 Abs. 10 Nds. Bauordnung - NBauO -), die (auch) der Rücksichtnahme auf individuelle Interessen und deren Ausgleich untereinander dienen. Darüber hinaus ist Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle in dem vorliegenden Verfahren nur das durch die streitigen Bescheide genehmigte Bauvorhaben.

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Gemessen hieran vermag die Kammer nicht festzustellen, dass die streitige Baugenehmigung nachbarliche Rechte der Kläger verletzt.

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Zwar ist den Klägern zuzustimmen, dass die genehmigte Errichtung eines Spielplatzes auf dem Flurstück 14/71 nicht den planungsrechtlichen Festsetzungen der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 42 K. entspricht, weil der rechtsverbindliche Bebauungsplan für dieses Grundstück auf der Grundlage des bei seinem Inkrafttreten im Januar 1978 maßgeblichen § 9 Abs. 1 Nr. 15 Bundesbaugesetz (BBauG) eine Grünfläche mit der Zweckbestimmung Sportplatz und der weiteren Konkretisierung Bolzplatz festsetzt. Dem widerspricht die Genehmigung eines Spielplatzes auf diesem Grundstück, wie sich nicht nur aus der Unterscheidung zwischen Sport- und Spielplatz in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BBauG und den unterschiedlichen Planzeichen (vgl. Ziffer 9 der anzuwendenden Planzeichenverordnung vom 19. 1. 1965), sondern insbesondere auch aus dem Umstand ergibt, dass nach diesem Bebauungsplan ein Spielplatz an einer weiter westlich des Gehweges E. gelegenen Stelle vorgesehen ist.

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Auf diesen Rechtsverstoß können sich die Kläger im Ergebnis aber nicht mit Erfolg berufen. Bei der Festsetzung Grünfläche/Sportplatz/Bolzplatz handelt es sich ganz offensichtlich nicht um eine nachbarschützende Festsetzung über die Art der baulichen Nutzung, sondern um eine städtebauliche Festsetzung, die keine nachbarschützende Wirkung entfaltet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 6. 10. 1989 - 4 C 14.87 -, BVerwGE, 82, 343), der die Kammer folgt, ist bei einem Verstoß gegen nicht nachbarschützende Festsetzungen des Bebauungsplanes Rechtsschutz in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO (hier: in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. 9. 1977) unter Berücksichtigung der Interessenbewertung des § 31 Abs. 2 BBauG zu gewährleisten, das heißt, es kommt im Ergebnis darauf an, ob die Kläger geltend machen können, durch die bebauungsplanwidrige Genehmigung des Kinderspielplatzes werde das Gebot der Rücksichtnahme verletzt.

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Dem Rücksichtnahmegebot kommt eine drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Dies gilt für diejenigen Fälle, in denen - erstens - die tatsächlichen Umstände handgreiflich ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen ist, und - zweitens - eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist. Die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist, sind dabei gegeneinander abzuwägen.

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Ausgehend hiervon ist nicht ersichtlich, dass der streitige Spielplatz der Beklagten - so wie er genehmigt worden ist - den Klägern gegenüber rücksichtslos wäre. Die Errichtung eines Kinderspielplatzes ist nicht nur innerhalb, sondern auch - wie hier - am Rande eines Reinen Wohngebietes als sozial adäquate Ergänzung der Wohnbebauung grundsätzlich allgemein zulässig. Ein solcher Platz ist eine für die altersgemäße Entwicklung eines Kindes wünschenswerte, wenn nicht sogar erforderliche Einrichtung, um einem Kind einen von Beeinträchtigungen der Umwelt weitgehend ungestörten Aufenthalt im Freien zu ermöglichen und ihm unter anderem Gelegenheit zu geben, sein Sozialverhalten im Spiel mit anderen Kindern zu trainieren. Seinem jeweiligen Alter entsprechend ist ein Kind sowohl bei seinem Aufenthalt auf dem Spielplatz als auch auf dem Hin- und Rückweg auf eine Beaufsichtigung angewiesen. Dies gilt naturgemäß vor allem für Kleinkinder. Um den Bedürfnissen der Kinder und etwaiger Betreuungspersonen Rechnung zu tragen, gehören Kinderspielplätze in die unmittelbare Nähe einer Wohnbebauung und sind als deren sinnvolle Ergänzung anzusehen. Art und Umfang der Benutzung und seine Ausstattung sind insbesondere von dem Alter der Kinder abhängig. Die mit der Benutzung eines Kinderspielplatzes für die nähere Umgebung unvermeidbar verbundenen Auswirkungen - vorwiegend Geräusche - sind ortsüblich und sozial adäquat. Die mit seiner bestimmungsgemäßen Nutzung verbundenen Beeinträchtigungen sind daher von den Nachbarn hinzunehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1991 - 4 C 5.88 -, NJW 1992, 410 = BRS 52 Nr. 47).

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Nach Prüfung der genehmigten Bauvorlagen der Beklagten handelt es sich bei der streitigen Anlage um einen Kinderspielplatz herkömmlicher Art. Darunter fallen solche Spielplätze, bei denen im Wesentlichen Geräusche als Folge der natürlichen Lebensäußerung von Kindern entstehen. Sie unterscheiden sich von sogenannten Abenteuer-, Bau- oder Robinsonspielplätzen, auf denen die Kinder, und zwar regelmäßig unter Aufsicht, handwerkliche Tätigkeiten verrichten, etwa hämmern, nageln, sägen und mit Wasser und Feuer umgehen dürfen (vgl. hierzu: VGH Mannheim, Urt. v. 22. 7. 1997 - 5 S 917/96 -, BRS 59 Nr. 61 = BRS 60 Nr. 66). Angesichts der genehmigten Ausstattung des Spielplatzes E., dessen Zielgruppe Kinder bis zu 14 Jahre sind, mit einem Kletterkombigerät nebst Rutsche, zwei jeweils ca. 1,50 m x 2 m großen Spielhäusern, einer Lauftrommel, einer Wippe, einer Schaukel, einer Pendelschaukel Krake und einer Federwippe kann hier das Vorliegen eines herkömmlichen Kinderspielplatzes nicht in Zweifel gezogen werden.

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Dass dieser Spielplatz gleichwohl den Klägern gegenüber rücksichtslos wäre, lässt sich nicht feststellen. Eine Rücksichtslosigkeit im Einzelfall kann sich insbesondere bei besonderer Größe des Spielplatzes, wegen der Anzahl der Spielgeräte, bei einem Abenteuerspielplatz sowie bei unmittelbar neben Wohnraum gelegenen Spielplätzen ergeben. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor. Weder die Größe (1.387 m²) noch die Anzahl und Art der genehmigte Spielgeräte sind hierfür eine Indiz. Sie dienen allein dazu, dem natürlichen Bewegungsdrang von Kindern Raum zu geben. Eine darüber hinaus gehende Attraktivität auch für andere Benutzergruppen geht von den Geräten nicht aus. Auch ist die Anlage nicht als Abenteuerspielplatz ausgestaltet, sondern entspricht einem - wenn auch durchaus mit etwas höherwertigen Spielgeräten ausgestatteten - herkömmlichen Kinderspielplatz. Schließlich grenzt die Spielfläche des streitigen Spielplatzes - was inzwischen unstreitig ist - auch nicht unmittelbar an Wohnräume. Zwischen dem Gartenhofhaus der Kläger ist nicht nur ein 5 m breiter Privatweg, sondern auch eine ebenfalls 5 m breite bepflanzte Rabatte vorhanden. Unabhängig hiervon wird aber dem Ruhebedürfnis der Kläger insbesondere dadurch Rechnung getragen, dass durch die Nebenbestimmungen zu der Baugenehmigung vom 2. Juli 1999 einerseits die Nutzungszeit des Spielplatzes E. von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr begrenzt wird und andererseits die Beklagte verpflichtet ist, bei der Nutzung die für ein Reines Wohngebiet geltenden Immissionsrichtwerte von tagsüber 50 dB (A) einzuhalten, so dass auch vor diesem Hintergrund keine Rede davon sein kann, dass die Kläger durch die genehmigte Nutzung des Kinderspielplatzes unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt werden.

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Schließlich führt auch der Umstand, dass nach dem Vorbringen der Kläger der Spielplatz von Jugendlichen über 14 Jahre und von Erwachsenen noch nach 20.00 Uhr als Treffpunkt und zum Fußballspielen in den Abendstunden genutzt wird, ebenso wenig zu einer anderen Beurteilung, wie das Vorbringen der Kläger, dass die genehmigte Anzahl der Spielgeräte überschritten werde, die nach den Bauvorlagen vorgesehene Anpflanzung nur unvollständig vorhanden sei und die aufgestellte Hinweistafel andere als die durch die Baugenehmigung zugelassene Nutzungszeiten nenne. Eine bestimmungswidrige Nutzung als durch Kinder von bis zu 14 Jahren und Abweichungen der Beklagte von dem Genehmigungsinhalt ändern nichts daran, dass die Kläger den Kinderspielplatz in der genehmigten Form hinnehmen müssen. Eine von einer streitigen Baugenehmigung abweichende Nutzung zwar kann unter den Voraussetzungen des § 89 Nds. Bauordnung einen Anspruch des Nachbarn auf baupolizeiliches Einschreiten begründen, insbesondere obliegt es hier der Beklagten auch, den Betrieb des Platzes so zu organisieren, dass vermeidbare Lärmbelästigungen für die Anwohner verhindert und gegen eine missbräuchliche Benutzung geeignete und angemessene Vorkehrungen getroffen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1991, a. a. O.), sie führt aber nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung.