Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 22.02.2002, Az.: 3 A 1121/01
Abschiebungshindernis; Abschiebungsschutz; Existenzgrundlage; extreme Gefahrenlage (Sierra Leone); Versorgungs- oder Sicherheitslage
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 22.02.2002
- Aktenzeichen
- 3 A 1121/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 42351
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 53 AuslG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Keine extreme Gefahenlage i.S.d. § 53 Abs. 6 AuslG in Sierra Leone seit Herbst 2001
Tatbestand:
Der Kläger begehrt seine Anerkennung als Asylberechtigter. Er ist - nach eigenen Angaben - am 04. März 1983 geboren und sierra-leonischer Staatsangehöriger. Er will im Juni 2001 mit dem Schiff von F. nach H. gekommen sein. Auf seinen Asylantrag vom 08.Juni 2001 wurde er am 21. Juni 2001 angehört. Als Grund, Sierra Leone verlassen zu haben, gab er an: Seine Eltern lebten nicht mehr und er habe in der K.-Street in F. gelebt. Die Rebellen fingen Leute, die für sie arbeiten müssten. Sie kämpften gegen die Regierung und wenn sie kämen, flüchteten diejenigen, die nur flüchten könnten. Aus Angst davor und vor dem Krieg sei auch er geflohen. Einzelheiten über das Fluchtschiff (Nationalität) kenne er nicht.
Die Beklagte sah in den Schilderungen keine asylrelevanten Verfolgungstatbestände, zweifelte aufgrund fehlender Ortskenntnisse an seiner Herkunft jedenfalls aus F. und nahm als Fluchtanlass allein die wirtschaftliche Not- und Mangelsituation in Sierra Leone an. Sie wies darauf hin, dass sich die Lage in Sierra Leone aktuell konsolidiert und verbessert habe. Deswegen lehnte sie das Asylbegehren mit Bescheid vom 20. August 2001, zugestellt am 22. August 2001, als offensichtlich unbegründet ab und hielt auch das Begehren nach § 51 AuslG für offensichtlich und das nach § 53 AuslG für unbegründet. Mit Nr. 4 des Bescheides forderte die Beklagte den Kläger zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung nach Sierra Leone an.
Eilantrag und Klage vom 05. Dezember 2001 begründete der Kläger mit einer allgemeinen Lageschilderung aus Sierra Leone. Nach rechtskräftiger Versagung von Eilrechtsschutz mit Beschluss vom 11. September 2001 (3 B 1124/01), trug er Weiteres nicht vor.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 20. August 2001 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, ganz hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 53 AuslG für Sierra Leone vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die angefochtene Entscheidung.
Der Beteiligte hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der zuständigen Ausländerbehörde (L. C.) Bezug genommen. Die in der Sitzungsniederschrift genannten Erkenntnismittel sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist offensichtlich unbegründet.
Mit zutreffenden Erwägungen, wie das Gericht schon im rechtskräftigen Eilbeschluss vom 11. September 2001 (3 B 1124/01) ausgeführt hat, hat die Beklagte mit Bescheid vom 20. August 2001 das Asylbegehren und den Antrag festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 AuslG vorliegen, als offensichtlich unbegründet ablehnt. Ebenso wenig konnte das Vorliegen der Voraussetzen des § 53 AuslG festgestellt werden. Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG daher abgesehen und es verbleibt auch hinsichtlich des Offensichtlichkeitsmaßstabes bei den Ausführungen im angefochtenen Bescheid und im rechtskräftigen Eilbeschluss. Im Übrigen ist gerade im Hinblick auf die Entscheidung nach § 53 AuslG auf die weitere Entwaffnung der Rebellen und die Beruhigung der Bürgerkriegssituation in Sierra Leone hinzuweisen (Vgl. FAZ vom 05.01.2002, UN setzen Tribunal in Sierra Leone ein, BZ vom 17.01.2002, Kriegsverbrechertribunal für Sierra Leone, NZZ vom 14.01.2002, Frieden in Sierra Leone nähergerückt, FAZ vom 31.01. 2002, Eine Stadt wie eine Anklage, UNHCR Genf, Presseerklärungen vom 12. und 13. 02. 2002).Dem folgt das Gericht. Die - nachvollziehbar - in der mündlichen Verhandlung geäußerte Angst des Klägers, es sei noch nicht vorbei, stellt diese Überzeugung nicht in Frage. Der Vortrag schließlich, niemanden in Sierra Leone zu haben, auch kein Haus und kein Zuhause, reicht zur Annahme einer extremen Gefahrenlage , wie es das Bundesverwaltungsgericht für die Anwendung des § 53 Abs. 6 AuslG fordert (zuletzt U. v. 12. Juli 2001, DVBl. 2001, S. 1772), nicht aus, auch nicht unter Berücksichtigung der Versorgungs- oder Sicherheitslage, wie sie sich seit Herbst 2001 darstellt (vgl. jüngst: OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 01.Februar 2002, 10 A 11812/01.OVG).
Damit war die Klage als offensichtlich unbegründet bzw. als unbegründet abzuweisen.