Landgericht Stade
Urt. v. 31.03.2004, Az.: 2 S 81/03
Arzthonorar bei operativen Leistungen
Bibliographie
- Gericht
- LG Stade
- Datum
- 31.03.2004
- Aktenzeichen
- 2 S 81/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 51110
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGSTADE:2004:0331.2S81.03.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Tostedt - AZ: 5 C 327/01
Fundstelle
- GesR 2004, 344-345
Amtlicher Leitsatz
Arzthonorar bei operativen Leistungen
Zu den methodisch notwendigen operativen Einzelschritten im Sinne von § 4 Abs. 2 a Satz 2 GOÄ zählen nur die standardmäßigen Teilschritte.
In dem Rechtsstreit
...
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... , den Richter am Landgericht ... , den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Tostedt vom 03. April 2003 - 5 C 327/01 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
- 2.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- 3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
- 4.
Wert der Beschwer: 976,16 €.
Gründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsvorbringen des Beklagten führte zu keiner Abänderung der angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung.
I.
Die Kammer hat ergänzend gemäß Beschluss vom 15. Oktober 2003 den vom Amtsgericht eingeschalteten Sachverständigen dazu befragt, ob die unter den Nummern 2103, 2113, 2258 und 2255 berechneten Maßnahmen in der unter Nr. 2151 aufgeführten übergreifenden operativen Leistung (endoprothetischer Totalersatz von Hüftpfanne und Hüftkopf) regelmäßig enthalten sind, also typischerweise mit dieser Leistung verbunden sind, bzw. zu den standardmäßigen routinemäßigen Teilschritten gezählt werden können. Auf das unter dem 17.11.2003 erstattete fachorthopädische Ergänzungsgutachten des Sachverständigen wird Bezug genommen.
II.
Der Kläger hat einen Honoraranspruch gegen den Beklagten aus §§ 611, 612 BGB hinsichtlich der angesetzten Leistungsziffern 2103, 2113, 2258 und 2255. Eine Honorarvereinbarung ist zwischen den Parteien nicht abgeschlossen worden, sodass sich die Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ richtet. Der Anspruch auf Vergütung von ärztlichen Leistungen nach § 4 Abs. 2 GOÄ ist im Zusammenhang mit § 4 Abs. 2 a GOÄ zu beurteilen. Dieser lautet: "Für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, kann der Arzt eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies ; gilt für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte." Dieses sog. Zielleistungsprinzip als Grundlage der GOÄ formuliert auch die Allgemeine Bestimmung zu Abschnitt L (Chirurgie, Orthopädie) prägnant: "Zur Erbringung der in Abschnitt L aufgeführten typischen operativen Leistungen sind in der Regel mehrere operative Einzelschritte erforderlich. Sind diese Einzelschritte methodisch notwendige Bestandteile der in der jeweiligen Leistungsbeschreibung genannten Zielleistungen, so können sie nicht gesondert berechnet werden." Vorbereitungs-, Hilfs- und Begleitverrichtungen haben also keinen eigenständigen Leistungscharakter und sind von der Zielleistung mit abgegolten.
Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den mit den Nummern 2103, 2113, 2258 und 2255 abgerechneten Leistungen nicht um zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis unter Nr. 2151 aufgeführten operativen Leistung (endoprothetischer Totalersatz von Hüftpfanne und Hüftkopf) methodisch notwendig operative Einzelschritte gehandelt hat. Zu den methodisch notwendigen operativen Einzelschritten im Sinne von § 4 Abs. 2 a Satz 2 GOÄ zählen nur die standardmäßigen routinemäßigen Teilschritte (siehe auch das vorgelegte Urteil des LG Karlsruhe vom 28.03.2003 - 1 S 206/02 -). Die gegenteilige Auffassung des Beklagten lässt sich nicht mit dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 a GOÄ sowie der Allgemeinen Bestimmung des Abschnitts L des Gebührenverzeichnisses vereinbaren. Die methodisch notwendigen operativen Einzelschritte sind gerade nicht mit den medizinisch notwendigen Schritten zur Herbeiführung des Operationserfolges gleichzusetzen. Der Begriff der methodisch notwendigen Einzelschritte ist ungleich enger.
Die unter den Leistungsziffern Nr. 2103, 2113, 2258 und 2255 in Rechnung gestellten Maßnahmen beruhen jeweils auf eigenständiger Indikation. Für den standardisierten und routinemäßigen Weg hin zur Einsetzung einer Hüftgelenksprothese sind diese Leistungen methodisch nicht erforderlich. Die Zielleistung "endoprothetischer Totalersatz von Hüftpfanne und Hüftkopf" in Nr. 2151 erfasst hier gerade nicht die Behandlung der gesamten Erkrankung im Hüftgelenk, was zu einer Art Fallpauschale führen würde. Die Kammer ist nicht befugt, die klare gegenteilige Vorgabe des Verordnungsgebers zu korrigieren. Insbesondere ist die Kammer nicht befugt, sich von sozialpolitischen Überlegungen leiten zu lassen.
Das Amtsgericht ist nach sachverständiger Beratung rechtsfehlerfrei hinsichtlich der streitigen 4 Leistungsziffern hiernach zu richtigen Ergebnissen gelangt. Die Kammer hat zur Absicherung dieses Ergebnisses den Sachverständigen nochmals ergänzend befragt. Die fachorthopädische Ergänzung des Sachverständigen Dr. ... führt zu keiner anderen Bewertung und bestätigt, dass es sich bei den hier 4 streitigen Leistungen nicht um Standard- und routinemäßige Teilschritte der unter Ziffer 2151 abgerechneten operativen Leistung gehandelt hat. Die Kammer sieht keinen Anlass, die Bewertung als methodisch eigenständige Leistungen in Zweifel zu ziehen.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. i, 708 Nr. 10 analog, 713 ZPO.
Ein Grund, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung; weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Kammer hat keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt. Zur einzelfallbezogenen Betrachtung nach sachverständiger Beratung anhand der eindeutigen Vorgabe des Verordnungsgebers erscheint der Kammer eine Klärung durch eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht notwendig.
Streitwertbeschluss:
Da der Wert der Beschwer nicht über 20.000,00 € liegt, ist eine revisionsrechtliche Prüfung nicht eröffnet (§ 26 Ziffer 8 EGZPO).