Landgericht Stade
Beschl. v. 22.12.2004, Az.: 9 T 299/04

analoge Anwendung; Analogie; Antragsrücknahme; Antragsteller; bauliche Veränderung; Beschlussanfechtungsverfahren; Beschlussfassung; Breitbandkabelanschluss; entsprechende Anwendung; Kabelempfangsanlage; Kostenentscheidung; Kostentragung; Mehrheitsbeschluss; modernisierende Instandsetzung; Modernisierung; Satellitenempfangsanlage; Wohnungseigentumsverfahren; Wohnungseigentümerbeschluss; Wohnungseigentümergemeinschaft

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
22.12.2004
Aktenzeichen
9 T 299/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 50913
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG - AZ: 5 II 25/04 WEG

Tenor:

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tostedt wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten sowie die notwendigen Auslagen der Beschwerdegegner im Beschwerdeverfahren werden den Beschwerdeführern auferlegt.

Der Gegenstandswert wird auf bis zu € 300,00 festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beschwerdeführer beantragten die Aufhebung eines Gemeinschaftsbeschlusses, mit dem die Errichtung einer gemeinschaftlichen Fernseh-Satellitenempfangsanlage als Ersatz für eine vorhandene Kabelempfangsanlage mehrheitlich beschlossen wurde. Sie haben ihren Antrag ausschließlich damit begründet, es handele sich bei dieser Maßnahme um eine bauliche Veränderung, die nur einstimmig beschlossen werden dürfe. Der Antrag richtete sich gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft und gegen die Verwalterin.

2

Die Beschwerdegegner haben die Auffassung vertreten, es handele sich um eine modernisierende Instandsetzung, die auch mehrheitlich beschlossen werden dürfe. Sie haben ausführlich zum Erfordernis der Modernisierung und zur Auswahl der Satellitenempfangsanlage vorgetragen.

3

Das Amtsgericht hat am 10.09.2004 darauf hingewiesen, dass ein Fall der modernisierenden Instandsetzung gegeben sein dürfte. Daraufhin haben die Beschwerdeführer ihren Antrag mit Schreiben vom 02.11.2004 zurückgenommen. Das Amtsgericht hat sodann im angefochtenen Beschluss die Kosten und die außergerichtlichen Auslagen der Antragsgegner den Beschwerdeführern auferlegt und den Gegenstandswert auf bis zu € 1.000,00 festgesetzt. Dieser Beschluss wurde den Beschwerdeführern am 11.11.12004 zugestellt. Mit ihrer am 24.11.2004 eingegangenen sofortigen Beschwerde tragen sie vor, dass kein Anlass bestanden habe, von der Regel des § 47 Satz 2 WEG abzuweichen, wonach außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Ein Fall der erkennbaren Erfolglosigkeit habe nicht vorgelegen. Das Amtsgericht hat nach Nichtabhilfebeschluss die Akten der Kammer vorgelegt.

4

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdefrist ist gewahrt. Bei einem Gegenstandswert der Hauptsache von € 1.000,00 wäre gegen eine Hauptsacheentscheidung die sofortige Beschwerde eröffnet gewesen. Die Beschwer, d.h. die Belastung mit den Anwaltskosten der Beschwerdegegner, beträgt bei diesem Gegenstandswert und Personenmehrheit auf Seiten der Beschwerdegegner mehr als € 100,00 (§ 20 a Absatz 2 FGG).

5

Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zu recht hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass im Fall einer Antragsrücknahme der Rechtsgedanke des § 269 ZPO zum Tragen kommt (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG. 9. Auflage, § 47, Rn. 44). Dies entspricht ständiger Rechtsprechung der Kammer. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz lässt die Kammer dann zu, wenn die Rechtslage unklar war und die Rücknahme auf die vom Gericht vermittelte Einsicht in die Aussichtslosigkeit des eigenen Begehrens zurückzuführen ist.

6

Zwar lag hier eine Rücknahme nach gerichtlichem Hinweis vor. Allerdings kann die Rechtslage nicht als unklar oder komplex angesehen werden. Die angefochtene Beschlussfassung regelte die Erneuerung der Anlage. Dass hierfür kein Anlass bestand, haben die Beschwerdeführer weder behauptet noch dargelegt. Bei einer Erneuerung liegt jedoch grundsätzlich ein Fall der modernisierenden Instandsetzung vor, worauf das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat.

7

Doch selbst wenn - wie von den Beschwerdeführern behauptet - ein Fall der baulichen Veränderung vorgelegen hätte, bedeutet dies nicht zwingend ein Einstimmigkeitserfordernis. Gemäß § 22 Absatz 1 Satz 2 WEG ist die Zustimmung eines Wohnungseigentümers dann nicht erforderlich, wenn er durch die bauliche Veränderung nur unwesentlich beeinträchtigt ist. Dass insbesondere die Beschwerdeführer hier durch die Errichtung einer gemeinschaftlichen Satellitenanlage mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt werden, wird zwar in der Antragsschrift behauptet, jedoch nicht ausreichend dargelegt. Die Kammer sieht im Aufbau einer Satellitenantenne nicht ohne weiteres einen erhebliche Eingriff in die Statik des betroffenen Gebäudes oder eine Beeinträchtigung des optischen Gesamteindrucks der Anlage. Dazu hätte es weiteren Vortrags bedurft.

8

Unter Berücksichtigung dieser - im wesentlichen vom Amtsgericht ebenfalls genannten - Umstände ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden. Da die sofortige Beschwerde demnach offensichtlich erfolglos war, waren gemäß § 47 Satz 2 WEG hier den Beschwerdeführern auch die außergerichtlichen Auslagen der Beschwerdegegner im Beschwerdeverfahren aufzuerlegen. Hinsichtlich der außergerichtlichen Auslagen der Beschwerdegegnerin zu 1), der Verwalterin, gilt dies ohnehin, da kein Grund ersichtlich ist, weshalb die Beschwerdeführer ihren Antrag neben der Wohnungseigentümergemeinschaft auch gegen die Verwalterin gerichtet haben: Angefochten wurde ein Beschluss der Gemeinschaft, nicht eine Handlung der Verwalterin.

9

Der Gegenstandswert bemisst sich an den zu erwartenden Anwaltskosten der Beschwerdegegner in erster Instanz.