Landgericht Stade
Beschl. v. 26.07.2004, Az.: 7 T 151/04

Ankündigung einer Restschuldbefreiung

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
26.07.2004
Aktenzeichen
7 T 151/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 38977
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGSTADE:2004:0726.7T151.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Cuxhaven - 06.05.2004 - AZ: 12 IK 15/00
nachfolgend
BGH - 09.03.2006 - AZ: IX ZB 209/04

Fundstelle

  • ZVI 2006, 352-353

In dem Insolvenzverfahren
...
hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Stade
durch
den Richter Dr. Petershagen als Einzelrichter
am 26.07.2004
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 26.05.2004 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cuxhaven vom 06.05.2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 400.748,97 ?

Gründe

1

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den ebenso wie auf den übrigen Akteninhalt zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht dem Schuldner eine Restschuldbefreiung in Aussicht gestellt.

2

In dem Schlusstermin vom 30.09.2003 hatte der Beschwerdeführer die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Absatz 1 Nr. 4 InsO beantragt. Im Protokoll ist hierzu wörtlich vermerkt:

"Ich beantrage wegen gerichtlich festgestellter Gläubigerbenachteiligung die Restschuldbefreiung gem. § 290 Absatz 1 Nr. 4 InsO zu versagen und nehme insoweit Bezug auf das Urteil des Amtsgerichts Cuxhaven vom 28.09.2001, Az.: 5 C 477/00".

3

Das amtsgerichtliche Urteil vom 28.09.2001, Az. 5 C 477/00 befasst sich inhaltlich mit einer auf das Anfechtungsgesetz gestützten Klage des Beschwerdeführers gegen die Lebensgefährtin des Schuldners. Dieser wurde ausweislich der Urteilsgründe am 25.01.2000 ein GmbH-Anteil zu einem Wert von 4.500 DM verkauft. Das Amtsgericht stellte in den Urteilsgründen fest, dass der Gesellschaftsanteil tatsächlich einen Wert von 12.500 DM gehabt haben müsse und dass von einer Benachteiligungsabsicht des Schuldners auszugehen sei, weil diese vermutet werde und auf die im übrigen aus weiteren Indizien, insbesondere der Veräußerung unmittelbar nach Ablauf einer vom Beschwerdeführer gesetzten Zahlungsfrist, geschlossen werde. Dieses Urteil wurde durch Entscheidung des Landgerichts Stade vom 28.05.2002 bestätigt.

4

Das Amtsgericht hat zur Begründung des Beschlusses vom 06.05.2004, mit dem die Restschuldbefreiung angekündigt wird, ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Schlusstermin das Urteil des Amtsgerichts Cuxhaven vom 28.09.2001 nicht vorgelegt und den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung daher nicht ausreichend begründet habe. Zudem sei der Schuldner in dem Verfahren 5 C 477/00 weder Partei, noch sonstiger Verfahrensbeteiligter gewesen, so dass er die dort getroffenen Feststellungen nicht gegen sich gelten lassen müsse.

5

Der Beschwerdeführer hat zur Begründung seiner Beschwerde gegen diesen Beschluss ausgeführt, dass er seinen Antrag im Schlusstermin ausführlich mündlich begründet und das Urteil des Amtsgerichts Cuxhaven vom 28.09.2001 auch vorgelegt habe. Die Anfechtung in dem Verfahren 5 C 477/00 habe im übrigen materiell-rechtlich auch gegen den Schuldner gewirkt.

6

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass sich die Vorlage des Urteils und auch eine Erörterung des dem Urteil zugrundeliegenden Sachverhaltes dem Protokoll nicht entnehmen lasse.

7

Die gemäß § 289 Absatz 2 InsO zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

8

Der Gläubiger hat nicht belegen können, dass sein auf Versagung der Restschuld gerichteter und auf § 290 Absatz 1 Nr. 4 InsO gestützter Antrag rechtzeitig begründet und glaubhaft gemacht wurde. Ein solcher Antrag ist im Schlusstermin zu stellen und zu begründen. Eine nachträgliche Begründung oder Glaubhaftmachung ist nicht mehr möglich (LG München, ZinsO 2001, 767; Kübler/Prütting, § 290 InsO, Rn. 6). Vorliegend ergibt sich aus dem Protokoll vom 30.09.2003 nicht, dass eine Urteilsausfertigung bzw. eine Kopie desselben zu den Akten gereicht werden sollte. Auch eine umfangreichere Erörterung des Sachverhaltes ist dem Protokoll nicht zu entnehmen. Eine solche Erörterung wäre aber schon deshalb erforderlich gewesen, um dem Schuldner die Gelegenheit zu einer Erwiderung zu geben. Zumindest bei der Tatsache der Vorlegung eines Urteils zur Glaubhaftmachung des (Sach-)antrags nach § 290 Absatz 1 Nr. 4 InsO handelt es sich - nicht zuletzt wegen der einschneidenden Folgen für den Schuldner - um einen wesentlichen Vorgang i.S.v. § 160 Absatz 2 ZPO, dessen Protokollierung erforderlich war (vgl. Zöller, § 160 ZPO, Rn. 3 für die Vorlage von Urkunden). Insoweit ist die Beweiskraft des Protokolls (§ 165 ZPO) zu berücksichtigen. In Ermangelung einer - vom Instanzgericht vorzunehmenden (Zöller, § 164 ZPO, Rn. 11) - Protokollberichtigung kann das Beschwerdegericht einen abweichenden Sachverhalt, wie er vom Beschwerdeführer vorgetragen wird, nicht berücksichtigen.

9

Hinzu kommt, dass auch bei Heranziehung des amtsgerichtlichen Urteils eine Glaubhaftmachung nicht in ausreichendem Maße erfolgt sein dürfte. Eine Glaubhaftmachung erfordert die Feststellung einer überwiegende Wahrscheinlichkeit der Behauptung (Kübler/Prütting, § 290 InsO, Rn. 4 a). Die Vorlage einer (rechtskräftigen) Entscheidung kann hierfür zwar ausreichend sein (vgl. BGH, Beschluss vom 11.09.2003, Az. IX ZB 37/03 = NJW 2003, 3558 für einen Strafbefehl). Das amtsgerichtliche (Zivil-) Urteil entfaltete jedoch lediglich prozessuale Bindungswirkungen zwischen dem Beschwerdeführer und der Lebensgefährtin des Beklagten. Das Amtsgericht hat in seiner Entscheidung zudem ausgeführt, dass der Benachteiligungsvorsatz vermutet und im übrigen aus vom Kläger vorgetragenen Indizien geschlossen werde. Der Schuldner war - was sich auch aus dem Akteninhalt des Verfahrens 5 C 477/00 ergibt - weder als Zeuge, noch als Partei gehört worden. Er hatte den Gesellschaftsanteil auch nicht unentgeltlich überlassen, sondern zu einem Preis von 4.500 DM veräußert. Gerade bei dem Versagungstatbestand des § 290 Absatz 1 Nr. 4 InsO, bei dem das subjektive Moment beim Schuldner in Form von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bezüglich der Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger eine entscheidende Rolle spielt, ist es nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Amtsgericht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Gläubigerbenachteiligungstatbestand und die entsprechenden subjektiven Umstände diesem Urteil nicht hat entnehmen können.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Der Beschwerdewert ergibt sich aus § 3 ZPO (Summer der Insolvenzforderungen nach § 38 InsO).

Dr. Petershagen